Auf dem Marktplatz
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Lebenserinnerungen

Derwahl Freddy

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  1. 324 pages
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Auf dem Marktplatz

Lebenserinnerungen

Derwahl Freddy

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"Seit letztem Sommer habe ich täglich den Marktplatz in Augenschein genommen. Es sollte streng geschehen, wie mit der Lupe als Phänomen, das zu durchblicken, bestaunen und zu vertiefen ist. Ich wollte auf diesem Platz Lebensspuren finden."Die Autobiografie des Schriftstellers Freddy Derwahl (geb. 1946) erscheint zum 100. Jahrestag des Versailler Vertrages, der die Kreise Eupen-Malmedy Belgien zuschlug. Sein Leben beginnt in einer Zeit schmerzlicher Kriegsfolgen. Die deutsche Muttersprache ist im neuen Vaterland umkämpft. König Baudouin steht schüchtern auf dem Rathausbalkon von Eupen. Der junge Journalist engagiert sich inmitten von Bruderkrieg und Konspiration für eine tolerante Autonomie.Nach einer Sabbatzeit in einem Trappistenkloster in den USA führt ihn eine Begegnung mit dem Nobelpreisträger Heinrich Böll in die Literatur. Zahlreiche Bücher und Filme entstehen.Schwere Krankheiten und eine dadurch ausgelöste Lebenswende, die sich in spiritueller Lyrik und Tagebuchnotizen äußert, lassen seine Romane und Erzählungen persönlicher, intensiver werden. In der Stille des Hohen Venns, der Eifel und seines Gartens zieht Freddy Derwahl jetzt Resümee und nimmt uns mit auf den Marktplatz seines reichen Lebens.

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Information

Year
2019
ISBN
9783954414734

INTIME NOTIZEN AUS DER STILLE

Stockem, 1. Februar 2017

Die Diabetes-Werte sind seit Tagen nicht gut, nachts blitzartiges Aufwachen, Angstschweiß, Schlaflosigkeit.
Die neuesten Fotos aus dem Weltall verunsichern, wo sind wir in dieser schrecklichen Unendlichkeit? Beruhigend, es ist die Frage der Fragen aller Menschen aller Zeiten, ihr dramatisches Leben kann kein Sandkorn sein. Die einzige Chance: Gottvertrauen. »Du bist das Bildnis des unsichtbaren Gottes« (Kol 1,15).
Gnade ist immer Überfluss, doch ständig lockt der Feind sie zu verspielen.

Stockem, Mariä Lichtmess 2017

Die Messe zum 49. Todestag von Papa in verträumter Schreibarbeit vergessen. Doch bleibt er nahe. Die Worte an seine Schwester 1967 im Bavière-Hospital: »Ich habe heute die Kommunion empfangen und werde jetzt noch ein Vaterunser beten«, sie gelten für immer.
Fast 10.000 Anschläge über das musikalische Kulturzentrum in den Wäldern von Sylvanès, ein Porträt von André Gouzes im Deutschlandfunk hat mich bei der Recherche inspiriert. Freie Fahrt für alle persönlichen Beobachtungen: das Zittern seiner Hände, am Morgen der Geruch des Kaminfeuers, die kleinen Brüste der Kellnerin.

Stockem, 6. Februar 2017

Teresa wird Mutter. Wir sind in großer Freude. Vieles fällt von mir ab. Da ist noch eine unerwartete Art von Epiphanie: der treue Gott, seine Beruhigung in allen Irrungen.
Besuch bei Ritter Bourseaux, er schenkt mir ein Buch, das seiner Mutter gehörte: Eugen Gottlob Winkler, Gestalten und Probleme, Leipzig, 1937, u. a. über George, Jünger, Hölderlin, Claudel und Bloy. Alles Namen, die ich liebe.

Stockem, 7. Februar 2017

Rapha schreibt aus Paris über die depressive Gefahr zwischen Inspiration und Leere, zwischen Arbeit und Flucht. Sie schreibt Gedichte auf hohem Drahtseil. Ich halte sie für gefährdet. Durch wen oder was ist mir nicht klar.

Stockem, 8. Februar 2017

Plan, die letzte Februarwoche in Paris zu verbringen. Terminzusage von Eric Morin im Collège des Bernardins. Im März neun Tage mit Mona in die Provence. In der Karwoche Einkehrtage »Le Christ vulnérable« bei Jean Vanier in der Picardie. Alles gute Termine für das Magazin meiner Freunde in Rom.

Stockem, 9. Februar 2017

Guigo der Kartäuser über die gereinigte Seele: »Er macht sie nüchtern, indem er sie berauscht.«

Stockem, 10. Februar 2017

Zufluchtsuche, wo sie nicht zu finden ist. Ich verharmlose meine Heiligen. Sie dagegen schweigen.

Stockem, 13. Februar 2017

Muschelessen mit Willy Heuschen im »Refuge«. Ein treuer, etwas jüngerer Freund, ich höre ihm gerne zu. Er liest viel, es sind seltene Glaubensgespräche, die man hier mit niemandem führen kann. Die anderen verbreiten in der Gottvergessenheit ihre dünnen Klugheiten.

Stockem, 14. Februar 2017

Weiter in der Erkältung, Müdigkeit, Vergesslichkeit, Überdruss. Guido Horst mailt aus Rom den Redetext von Benedikt XVI. vor den französischen Künstlern und Intellektuellen. Ich werde ihn in meine Paris-Reportage einarbeiten.

Stockem, 15. Februar 2017

Vorfrühling, erstmals wieder zum Wiesenkreuz. Mailantwort an Pater Meyers: »Ich bin etwas müde vom Leben und suche einen Beichtvater.« Er antwortet mit einer intellektuellen Absage an die Beichte. Unbrauchbar.

Stockem, 17. Februar 2017

Überlegung am Morgen, den Kampf immer wieder aufnehmen, den unersättlichen Wölfen nicht länger ausgeliefert. Es geht um die Hoheit über das Herz.
Bernd vertraut mir seine Liebesgeschichten an, überall komplizierte Bettdecken. Die »himmlischen Lustexplosionen« seiner Angebeteten kontrastieren mit ihrer freundschaftlich formulierten Abkehr.
Ich wusste nicht, mit 70 in diese schmerzliche Situation zu geraten: sich noch einmal ein Verliebtsein wünschen und es zugleich vehement verweigern.
Nach schlechten Wochen: Tranquillus Deus, tranquillans omnia.

Stockem, 18. Februar 2017

Ich möchte tief bei uns im Garten wohnen. Zwischen einem Bücherhaufen und einem Blatt Papier.
Seit meinen Paris-Plänen hat Rapha nicht mehr geantwortet. Ich werde es auch nicht mehr tun. Sie ist ein Phantom, die Gestalt eines Romans, den man abbricht.
Zur Frage, wer ich bin, die Verse von Gérard de Nerval 1964 im Unterricht bei Georges Schmits: »Je suis le veuf, le ténébreux, l’inconsolé.« Mit 17 habe ich solche Worte in der französischen Literatur wie ein Spürhund gesucht. Ich wollte Baudelaire, Rimbaud und Verlaine sein. Léon Bloys Roman »Le Désespéré« kaufte ich wegen der finsteren Titelseite.
Hätte ich alles gewusst, wäre ich in Aiguebelle geblieben. Lea wäre die Schmach erspart geblieben, Mona kannte mich kaum. Mistral am Mittag verhinderte ein zweites Gespräch mit Père Jean de la Croix, eine Seeräubergestalt, die ich verehrte. Eine halbe Stunde Windstille, und das Leben hätte sich entscheidend verändert.

Stockem, 19. Februar 2017

Intime Details von Bernd über seine (gescheiterte) Beziehung zu der schönen Kölnerin. Zuerst bei ihm im Bett, dann im Museum Ludwig Empörung über einen Po-Klaps … Ich rede mit ihm wie ein Beichtvater, Eheberater und Sexualtherapeut. Er wüsste gerne, was wäre, wenn ich mit ihr reden würde. Es nähme kein gutes Ende.

Paris, 21. - 24. Februar 2017

In der Unruhe nach Paris, doch gleich wieder mein französisches Heimatgefühl. Lust, hier zu leben: Mein Zimmer auf Montmartre, unmittelbar zwischen Sacré-Coeur und Place du Tertre.
Im »Collège des Bernardins« gutes Interview mit Eric Morin und Nathalie Moyan. Glück, wenn die Dinge gelingen. Beim Bouquinisten Arthur am Seine-Ufer, er Elsässer, seine Mutter aus Brüssel. Blick auf die Nobeladresse »Tour d’Argent«, auf dem Balkon hob Ernst Jünger das Glas Champagner mit Erdbeeren, als die Jagdbomber über Paris donnerten.
Beichte in Notre-Dame, sachlich, emotionslos. Kommunion während einer Totenliturgie in St-Julien-le Pauvre. Schwester Marie-Sylvaine sucht am Abend das Gespräch, es ist wertvoller als die Beichte.
Spaziergang auf Montmartre. Vor dem Haus, wo Léon Bloy und Paul Cézanne wohnten, die Büste von Dalida, sehr Frau; die Läden der Rue Lepic und Place Pigalle, wo ich 1964 erstmals Huren sah und erschrak.
Sonderbare Begegnung mit einer offenbar gestörten Farbigen in Sacré-Coeur. Dann kam ein Ordnungshüter und sagte, sie solle gehen.

Stockem, Karneval 2017

Während der Rosenmontagszug startet, Interviewfragen für Sr. Sylvaine sowie Notizen über Léon Bloy und Max Jacob.
Traditionelles Abendessen mit Tina im »Grill de la Clouse«. Unser gutes Kind. Ihr ganzes Glück ist der Job im »Bütgenbacher Hof« der Familie Maraite.
Notiert über die Jahre mit Mona: Sie hält mich nicht fest, sie hält mich aus. Sie lässt mich nicht fallen, sie erträgt mich und trägt mich immer wieder ins Licht. Wenn ich ausbreche, ist es kein Bruch. Wie schwer mag ich zu ertragen sein? Sie sagt, ohne mich kann sie sich ein Leben nicht vorstellen, wir sind zusammen gewachsen. Worte wie eine Befreiung.

Stockem, 1. April 2017

Als wäre es schon Karsamstag.

Stockem, 2. April 2017

Vor acht Tagen in Val-Dieu wollte ich auf die Fred-Evers-Kolumne verzichten, dann meinte ich es den Lesern schuldig zu sein. Meine Erfahrung heute: Ich bin ihnen nichts schuldig, Freds Ansichten sollten mich nicht beschäftigen, der öffentliche Streit bedeutet Stress, Verletzung der inneren Ruhe.

Stockem, 3. April 2017

Taizé-Abend mit Frère Jasper in der Bergkapelle. Bewegt in der letzten Bank, gerührt von der Atmosphäre, die Christus spürbar macht. Welche Leistung der Communauté, diesen Geist seit dem Kriegsende lebendig zu halten und hierher zu tragen. Es ist der Heilige Geist.

Stockem, 4. April 2017

Seit Wochen schwieriger Schlaf, quälende Träume über das Scheitern, tagsüber Reizbarkeit. Sterbenswunsch in den Wogen der Lieder aus Taizé. Nachdenken über andere Heimatorte. Die Illusion einer griechischen Insel, vorzugsweise Amouliani, die Strafinsel gegenüber dem Athos.

Stockem, 5. April 2017

Frage an den Bürgermeister von Cortambert, ob es dort eine kleine einfache Bleibe gibt für zwei, drei Monate jährlich. Ein Ort im Schatt...

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