Demokratie vitalisieren - politische Teilhabe stärken
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Demokratie vitalisieren - politische Teilhabe stärken

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Demokratie vitalisieren - politische Teilhabe stärken

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About this book

Immer weniger Menschen in Deutschland gehen zur Wahl, immer weniger engagieren sich in der Politik. Dennoch zeigen Auseinandersetzungen um Schulreformen oder Rauchverbote: Die Deutschen wollen mitreden. Weltweit gibt es eine Vielzahl staatlicher Institutionen, die Bürger an politischen Entscheidungen beteiligen. Die Publikation zum Reinhard Mohn Preis 2011 "Demokratie vitalisieren - politische Teilhabe stärken" stellt die innovativen Verfahren der sieben Finalisten vor. Ob im Bürgerhaushalt mit Mitbestimmung per SMS in La Plata (Argentinien) oder bei der Entwicklung eines neuen Wahlgesetzes in British Columbia (Kanada) - die Einbeziehung der Bürger ist ein erfolgreicher Weg zur demokratischen Problemlösung: Dabei zeigen sich auch neue Perspektiven für die Bürgerbeteiligung in Deutschland. Mit dem "Reinhard Mohn Preis" möchte die Bertelsmann Stiftung an den Bürger, Unternehmer und Stifter Reinhard Mohn erinnern. Seine Ideen, Visionen und Haltungen sollen wachgehalten werden. Dazu gehört auch, im Ausland nach geeigneten Lösungen zu suchen und weltweit von den Ideen und Ansätzen anderer zu lernen.

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Internationale Lösungsansätze
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Belo Horizonte, Brasilien: Bürgerhaushalt und kooperatives Regieren
Brian Wampler, Rafael Cardoso Sampaio Carsten Herzberg, Jochen Franzke (Übertragbarkeit auf Deutschland)
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1 Informationen zum Hintergrund

Landeskontext

Brasilien ist im Hinblick auf Fläche (8,5 Mio. qkm) und Bevölkerung (194 Mio. Einwohner) das größte Land Südamerikas und das fünftgrößte Land der Welt. Seit 2011 ist Brasilien die weltweit achtgrößte Wirtschaftsmacht.
Das Land wurde im Jahr 1500 von Portugal besetzt und zur portugiesischen Kolonie erklärt. Nach dem Einzug Napoleons in Portugal im Jahr 1808 floh der portugiesische König nach Rio de Janeiro. 1822 wurde Brasilien unabhängig von Portugal, 1889 wurde die Republik ausgerufen.
In Brasilien begann die Industrialisierung spät, die Schwerindustrie entstand erst in den 30er und 40er Jahren. 1960 wurde Brasilia – im mittleren Westen des Landes – zur neuen Hauptstadt ernannt. Zwischen 1964 und 1985 herrschte eine Militärdiktatur. Nach der Rückkehr zur Zivilregierung wurde eine verfassunggebende Versammlung einberufen. Laut Verfassung aus dem Jahr 1988 ist Brasilien eine präsidiale Bundesrepublik, mit 26 Bundesstaaten und 5.564 Gemeinden. Der Präsident ist Staatsoberhaupt und auch Regierungschef. Er wird alle vier Jahre gewählt – mit der Möglichkeit einer zweiten Amtszeit.
Der Human Development Index (HDI) ist 2007 auf 0,813 gestiegen – Brasilien liegt nun auf Platz 75 der Liste des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP). Zur Ermittlung des HDI berücksichtigt das UNDP das Pro-Kopf-Einkommen, die Alphabetisierungsrate sowie Schulbildung und Lebenserwartung der Bevölkerung. Obwohl Brasilien heute zu den größten und reichsten Staaten der Welt zählt, leidet das Land nach wie vor unter großer sozialer Ungleichheit (Platz 10 der Länder mit höchster sozialer Ungleichheit).
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Belo Horizonte

Belo Horizonte ist die Landeshauptstadt des Bundesstaates Minas Gerais und hier gleichzeitig die größte Stadt. Im Jahr 1897 auf dem Reißbrett entworfen, ist Belo Horizonte mittlerweile die sechstgrößte Metropolregion Brasiliens mit knapp 2,5 Millionen Einwohnern im direkten Stadtbereich und fast 5,5 Millionen in der gesamten Region. Der HDI liegt bei 0,880, das Bruttoinlandsprodukt bei 16,6 Milliarden Euro und das Pro-Kopf-Einkommen bei 7.527 Euro.
Während der wirtschaftlichen Industrialisierung in den 50er Jahren hat sich Belo Horizonte zu einem führenden Industriestandort entwickelt. Internationale Unternehmen wie Fiat, Mercedes oder Caterpillar haben eigene Produktionsstätten in der Region.
Auch politisch haben Belo Horizonte und der Bundesstaat Minas Gerais immer eine wichtige Rolle gespielt. So hat die Stadt zu Beginn des 20. Jahrhunderts die neue Demokratiebewegung unterstützt, der erste zivile Präsident nach der Militärdiktatur stammte aus Minas Gerais, und die gegenwärtige Präsidentin Dilma Rousseff ist in Belo Horizonte geboren und aufgewachsen.

2 Zielsetzung des Projektes

Die Stadtverwaltung hat die Instrumente zur Bürgerbeteiligung aus verschiedenen Gründen eingesetzt. Die Konferenzen gehen zurück auf eine Initiative zivilgesellschaftlicher Organisationen, die bereits in den 70er Jahren positive Erfahrungen damit gemacht hatten. Man wollte sich mit politischen Experten und Aktivisten zusammenschließen, um so die dringlichsten Probleme zu identifizieren und angemessene Lösungen zu finden. Die brasilianische Regierung hat diese Idee im Jahr 1988 aufgegriffen und als Teil eines partizipativ gesteuerten Gesundheitssystems in die Verfassung integriert.
Gleichzeitig wurden Beiräte eingesetzt, mit der Absicht, durch sie und durch die Konferenzen den speziellen Bedürfnissen der Bevölkerung besser Rechnung zu tragen, das politische System effektiver und kosteneffizienter zu gestalten und die Korruption zu bekämpfen. Belo Horizonte nutzt die Beiräte nicht nur in der Gesundheitspolitik, sondern auch in anderen Politikbereichen.
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011
Nachdem die Stadt Porto Alegre zu Beginn der 90er Jahre ein Bürgerhaushaltsverfahren eingeführt hatte und zwölf weitere Gemeinden und Kommunen dieser Idee 1992 folgten, setzt auch Belo Horizonte seit 1993 auf einen solchen Prozess. Das Ziel des Bürgerhaushaltes besteht darin, die öffentliche Mittelvergabe transparenter zu gestalten, die hohe strukturelle Ungleichheit zu verringern, Bürgern die Möglichkeit zu geben, ihre Stimme öffentlich zu artikulieren, und die Bedürfnisse der Menschen besser in Entscheidungsprozesse zu integrieren. Da der erste Bürgerhaushalt aus Porto Alegre sehr kostenintensiv und in seiner Wirkung relativ eingeschränkt war, ergänzt die Stadtverwaltung von Belo Horizonte ihren regulären Bürgerhaushalt seit 2006 durch ein Online-Verfahren.

3 Struktur, Prozess und Aktivitäten

In Belo Horizonte gibt es drei Formen öffentlicher Beteiligung. Der Bürgerhaushalt ist Teil einer übergreifenden politischen Steuerungsstruktur.

Bürgerhaushalt

Der Bürgerhaushalt von Belo Horizonte besteht aus drei Komponenten: dem städtischen, dem digitalen sowie einem speziellen Bürgerhaushalt für das Wohnungswesen. Der Schwerpunkt des städtischen Bürgerhaushaltes aus dem Jahr 1993 liegt auf der Vergabe finanzieller Mittel für öffentliche Vorhaben wie Straßenbau, Kanalisation und Gesundheitsversorgung. Der digitale Bürgerhaushalt ermöglicht es den Bürgern seit 2006, ihre Stimme auch online abzugeben und aus einer vorgegebenen Liste von Projektvorschlägen auszuwählen. Über den speziell für das Wohnungswesen entwickelten Bürgerhaushalt entstehen seit 1996 neue Sozialwohnungen für Menschen, die entweder keine Wohnung haben oder unter extrem schlechten Bedingungen leben und deren monatliches Haushaltseinkommen weniger als 591 Euro beträgt. Aufgrund der hohen Komplexität des Wohnungswesens wurde dieser Teil vom städtischen Bürgerhaushalt getrennt.

Städtischer Bürgerhaushalt

Im Zuge des städtischen Bürgerhaushaltes bestimmen die Bürgerinnen und Bürger über Investitionen in allen neun Verwaltungsbezirken der Stadt und können öffentliche Maßnahmen für die nächsten zwei Jahre festlegen. Außerdem wählen sie Delegierte aus ihren Reihen, die die Arbeiten überwachen. Durch diesen Beteiligungsprozess werden vier bis fünf Prozent des gesamten Investitionsvolumens der Stadt (2009/2010: 47,8 Mio. Euro) vergeben, das für zwei Jahre zur Verfügung steht.
Belo Horizonte ist in Verwaltungsebenen aufgeteilt, die eine bessere Strukturierung des Bürgerhaushaltes ermöglichen: städtische Ebene, Bezirksebene (neun Bezirke), lokale Ebene (42 Stadtteile), Nachbarschaftsebene.
Jeder der neun Bezirke besteht aus drei bis sechs Stadtteilen. Darüber hinaus unterteilt die Stadtverwaltung die neun Bezirke in 80 Planungseinheiten. Die Stadtteile und die Planungseinheiten werden nach ähnlichen Merkmalen und Bedürfnissen gruppiert (Anzahl der Einwohner, sozioökonomische Bedingungen, Beschäftigungsstruktur, Lage und Umgebung etc.).
Das Budget für jeden Bezirk wird anhand zweier Faktoren festgesetzt:
• Lebensqualitätsindex (Quality of Life Index, IQVU) und Zahl der Einwohner in den Planungseinheiten: So wird sichergestellt, dass für Planungseinheiten mit geringer Lebensqualität und hoher Einwohnerzahl mehr Mittel zur Verfügung stehen.
• Zahl der Teilnehmenden an den Beratungs- und Abstimmungsforen: Ist die Beteiligung an den Stadtteilforen zu gering, kann das Budget gekürzt werden. Die Mindestzahl wird von der Stadtverwaltung für jeden Stadtteil unter Berücksichtigung der Einwohnerzahl festgelegt. Im Umkehrschluss ist es allerdings nicht möglich, durch überproportional hohe Beteiligung höhere finanzielle Zuwendungen zu erhalten.
Der Gesamtprozess besteht aus neun Phasen:
1. Beratungen auf der städtischen und der Bezirksebene: Allen interessierten Bürgern steht grundsätzlich die Teilnahme an den Bürgerforen auf der städtischen Ebene wie auch in den neun Bezirken offen. Während dieser ersten Phase wird der allgemeine Ablauf des Bürgerhaushaltes erklärt, und die notwendigen Formulare und Papiere zum Einreichen von Projektvorschlägen werden verteilt. Zudem geben Vertreter der Stadtverwaltung einen Überblick über die gegenwärtige Haushaltspolitik und die Investitionen der letzten zwei Jahre. Die Teilnehmenden tauschen sich darüber aus, wie man ihren Bezirk besser organisieren könnte (z. B. Verbesserung der Schulen, Krankenhäuser oder Straßen).
2. Foren auf der Nachbarschaftsebene: Während der zweiten Phase diskutieren die Bürger in selbst organisierten Foren ihre Prioritäten und Projekte, die sie in ihrer Nachbarschaft umsetzen wollen. Die Organisatoren dieser Foren müssen ein Protokoll anfertigen, das belegt, dass mindestens zehn Personen am Forum teilgenommen haben. Je nach Anzahl der Teilnehmenden finden die Foren in Schulen statt oder werden privat zu Hause organisiert. Nach diesen Treffen werden die Projektvorschläge bei der Stadtverwaltung eingereicht. Einsendeschluss für alle Vorschläge ist jeweils am Ende des Monats, in dem die Bezirksforen stattgefunden haben.
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3. Erste Begutachtung der eingereichten Vorschläge: Während der dritten Phase werden die Projektvorschläge von der Stadtverwaltung und den zuständigen Stadträten geprüft und bewilligt. Entspricht ein Vorschlag nicht den Bestimmungen und Richtlinien (Projekte dürfen zum Beispiel nicht nur dem Einzelinteresse dienen) oder ist die technische und finanzielle Umsetzbarkeit unklar, werden die Nominierten informiert. Sie erhalten die Möglichkeit, ihre Projektbewerbung zu überarbeiten.
4. Bürgerforen auf der Stadtteilebene: Die vierte Phase erfolgt in den 42 Stadtteilen. Hier diskutieren die Menschen jedes Stadtteiles im Rahmen von Bürgerforen zunächst über die allgemeine Haushaltslage. Im Anschluss können die Nominierten der Projekte ihre Vorhaben vorstellen und um Unterstützung werben. Die eingereichten Projektvorschläge werden ausgiebig diskutiert. Anschließend stimmen die Anwesenden per Stimmzettel oder Handzeichen ab und wählen aus allen vorgeschlagenen Projekten 25 aus. Am Ende der Bürgerforen wählen sie zudem ihre Delegierten für die Bezirksebene. Diejenigen, die sich als Delegierte bewerben, müssen mindestens 16 Jahre alt sein. Im Jahr 2010 wurden für alle Bezirke zusammen 1.700 Delegierte gewählt. Deren Anzahl pro Bezirk hängt ab von der Teilnehmerzahl an den Bürgerforen auf Stadtteilebene. Insgesamt beteiligen sich 35.000 bis 45.000 Menschen in diesen Bürgerforen.
5. Zweite Begutachtung der eingereichten Projektvorschläge: Nachdem alle Bezirke sich auf ihre Projekte geeinigt haben, besuchen Fachleute der Stadtverwaltung die 25 Projektstandorte, um technische Umsetzbarkeitsstudien zu erstellen.
6. Ortsbegehung oder die »Karawane der Prioritäten«: Die Stadtverwaltung stellt den Stadtteildelegierten Informationen über den Hintergrund und die Kosten der Projekte zur Verfügung. Die Delegierten besuchen die 25 vorausgewählten Projekte in ihrem Bezirk, um ein besseres Verständnis für das Unterfangen und die speziellen Bedürfnisse im Bezirk zu bekommen. Sinn und Zweck dieser Ortsbegehung ist es, an die Uneigennützigkeit der Delegierten zu appellieren, bevor sie darüber entscheiden, welche Projekte umgesetzt werden. Diese Ortsbegehung findet immer an Wochenenden statt. Für die Delegierten stehen Busse zur Verfügung, die sie zu allen Örtlichkeiten bringen. Alle Delegierten können für ihr Projekt werben.
7. Bezirksforen: Auf neun Bezirksforen wählen die Stadtteildelegierten aus den 25 vorselektierten Projekten bis zu 14 pro Bezirk aus (126 für den gesamten städtischen Bereich). Das notwendige Budget für die 14 Projekte muss dem zur Verfügung gestellten Budget entsprechen. Für den gesamten städtischen Bürgerhaushalt 2009/10 wurden 109 öffentliche Vorhaben bewilligt. Nach der Auswahl der Projekte wählen die Stadtteildelegierten aus ihrer Mitte Vertreter für einen Stadtrat sowie für neun Bezirkskommissionen. Die Rolle dieser Vertreter besteht darin, die Umsetzung der Projekte weiterzuverfolgen. Die Zahl der Vertreter hängt von der Zahl der Einwohner des Bezirkes ab.
8. Offizielles Ende des Prozesses auf städtischer Ebene: Auf einer offiziellen Veranstaltung zum Abschluss des städtischen Bürgerhaushaltes werden der Öffentlichkeit die ausgewählten Vorhaben vorgestellt.
9. Umsetzung und Überwachung: Während der letzten Phase erstellen die Bezirksvertreter gemeinsam mit Vertretern der Stadtverwaltung den Haushalt. Dieser muss vom Stadtrat verabschiedet werden. Zusammen mit der Stadtverwaltung überwachen die Bezirksvertreter die Auftragsvergabe und Umsetzung der Projekte über die kommenden zwei Jahre. Die Bezirksvertreter treffen sich dazu einmal im Monat.
Über Radio, Lautsprecher, Flyer und Banner informiert die Stadtverwaltung die Bevölkerung über den Beginn des Bürgerhaushaltes. Mund-zu-Mund-Propaganda ist dabei ebenfalls sehr wichtig.
Alle zwei Monate veröffentlicht die Stadtverwaltung aktuelle Informationen über den städtischen Bürgerhaushalt, sowohl allgemein als auch über die ausgewählten Projekte und Fortschritte bei der Umsetzung.
Die Stadtverwaltung schätzt die Prozesskosten für den städtischen Bürgerhaushalt auf bis zu 26.000 Euro pro Bezirk (ohne Gehalt für die Angestellten). Dazu kommen etwa 43.000 Euro für Öffentlichkeitsarbeit sowie die Eröffnungs- und Abschlussveranstaltung auf städtischer Ebene.
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Digitaler Bürgerhaushalt

Zusätzlich und unabhängig vom städtischen Bürgerhaushalt hat die Stadtverwaltung von Belo Horizonte im Jahr 2006 zum ersten Mal einen digitalen Bürgerhaushalt durchgeführt. Dieser findet auf der Basis von E-Voting statt. Die Bürger können sich mit ihrer persönlichen Wähler-Identitätsnummer registrieren. Im Jahr 2006 entschieden sie über eine Summe von 8,3 Millionen Euro (vs. 42,7 Mio. Euro im Zuge des städtischen Bürgerhaushaltes).
Beim ersten digitalen Bürgerhaushalt konnten alle, die über einen gültigen Wahlausweis von Belo Horizonte verfügten, über die Internet-Seite http://opdigital.pbh.gov.br neun Stimmen für neun Projekte abgeben (ein Projekt pro Bezirk). Insgesamt standen 36 Projekte zur Wahl, die gemeinsam von Stadtverwaltung und Interessenverbänden, Bürgern und Delegierten ausgewählt worden waren. Eine von der Stadtverwaltung beauftragte Agentur entwickelte die Internetseite. Auf dieser Seite hatten die Wähler die Möglichkeit, nach Abgabe ihrer Stimme sofort zu sehen, wie viele Stimmen ein Projekt bereits erhalten hatte. Zudem konnten sie dort allgemeine Informationen zu jedem Projekt abrufen (inklusive Angaben zu Kosten und örtlichen Gegebenheiten sowie Bilder). Zusätzlich standen E-Mail- und Diskussionsforen zur Verfügung. Die Teilnahme an diesen Diskussionen war freiwillig.
Nach dem offiziellen Start des digitalen Bürgerhaushaltes im Jahr 2006 hatten die Bürger 45 Tage Zeit, um sich über die Projekte zu informieren, der Stadtverwaltung Fragen zu stellen und mit anderen Bürgern online und offline zu diskutieren.
Nach Ende der Wahl blieb die Internetseite zwar weiter online, allerdings wurden die Diskussionsforen geschlossen, und die dort eingestellten Nachrichten konnten nicht mehr eingesehen werden. Lediglich die Informationen über die siegreichen Projekte sowie die allgemeinen Kommentare über die Beteiligung an dem Online-Verfahr...

Table of contents

  1. Titel
  2. Impressum
  3. Vorwort
  4. Der Prozess zum Reinhard Mohn Preis 2011
  5. Wandlung, nicht Krise – Herausforderungen und Chancen für die Demokratie in Deutschland
  6. Wirkungsvolle Mitwirkung der Bürger in der repräsentativen Demokratie
  7. Internationale Lösungsansätze
  8. Lektionen: Was wir von den Finalisten des Reinhard Mohn Preises 2011 lernen können