Abb. 1: Bildexlibris von Maria Anna von Pfalz-Neuburg, Kupferstich, 10 x 6,6 cm, in: Officium Beatae Mariae Verginis, Antwerpen 1680, Stadtmuseum Klausen, Foto: Luisa Kofler.
DIE BĂCHER AUS SPANIEN IM LORETOSCHATZ VON KLAUSEN
Luisa Kofler
ABSTRACT
The Treasure of Loreto in Klausen â donated around 1700 by the last Spanish Hapsburg queen, Maria Anna of Pfalz Neuburg â has now been relatively well researched. It is only the books that have so far received little attention. These days, the material that has been preserved is mostly to be found in the Capuchin monastery of Brixen, and includes works by contemporary authors, published in what were then the strongholds of European book-printing and equipped with copper engravings by prominent artists. According to exlibris and archived documents, they were donated by the Queen, her confessor Gabriel Pontifeser, and his secretary Tiburtius Stipler. Every trace of the illuminated manuscripts of the original stock is missing, apart from an 11th century Greek manuscript, which is in the Austrian National Library.
PONTIFESER AM MADRIDER HOF
Nach einem Reitunfall, vier Tagen Fieber und Erbrechen und wiederholt geĂ€uĂerten Vermutungen, vergiftet worden zu sein, verstirbt Maria Luisa von Orleans am 12. Februar 1689 im Palast Buen Retiro. Bei der Obduktion â ihr Gatte, König Karl II. von Spanien, der letzte Habsburger auf diesem Thron, lehnt den Antrag des französischen Botschafters ab, dieser beizuwohnen â kann man kein Gift feststellen. Nur Reste der frischen Milch, die die GrĂ€fin von Monterrey der Königin ĂŒberbringen lieĂ, findet man noch in ihrem Magen.1 Man bemĂŒhte sich nun, schnellstmöglich eine Nachfolgerin zu finden und entschied sich fĂŒr Maria Anna von Pfalz-Neuburg. Die Prokurationstrauung fand noch im August desselben Jahres statt, und gleich darauf brach sie ĂŒber Utrecht, England und La Coruña nach Madrid auf. Die fast achtmonatige Reise musste aufgrund des spanisch-französischen Krieges in Kauf genommen werden. Begleitet wurde sie unter anderem von der GrĂ€fin von Berlepsch, ihrem jesuitischen Beichtvater Franz Rehm und dem Leibarzt Christian Galeen.2 Rehm schickte sie bald nach ihrer Ankunft in Madrid wieder zurĂŒck und erbat sich den Beichtvater ihrer Mutter, den Klausner Kapuzinerpater Gabriel Pontifeser, als dessen Nachfolger.3
Pontifeser brach am 15. April 1692 zusammen mit Pater Tiburtius Stipler in Neuburg auf. Sie reisten ĂŒber Innsbruck nach Madrid, wo sie am 26. Juni eintrafen und im heute nicht mehr erhaltenen Kapuzinerkloster San Antonio del Prado Quartier bezogen. Im Sommer des folgenden Jahres zog ein weiterer Tiroler dort ein, der aus Matrei stammende Laienbruder Kosmas Strobl, den man Pontifeser als Koch schickte, weil dieser das spanische Essen nicht besonders zu schĂ€tzen wusste.4
Abb. 2: P. Gabriel Pontifeser (1653â1706), Kupferstich nach einem GemĂ€lde in Ăl im Stadtmuseum Klausen, in: Rossiglione, Michelangelo da/Nizza, Bonifazio da: Cenni biografici e ritratti di padri illustri dellâordine capuccino. Meritevoli e rinunzianti a dignitĂ ecclesiastiche dal 1570 al 1850, Bd. 3, Rom 1850, o. S., PortrĂ€t XII.
Die Königin und los alemanes, das österreichisch-habsburgische Kaiserhaus, waren am Hof und beim Volk nicht sonderlich beliebt. Pontifeser gehörte zum engsten Kreis der camarilla alemana, neben der GrĂ€fin von Berlepsch, Doktor Galeen, dem Almiranten von Kastilien und dem SekretĂ€r Heinrich Wiser. Er war allgemein fĂŒr seinen groĂen Einfluss auf die Königin bekannt, war aber auch wegen verschiedenster Privilegien wiederholt Ziel von Anfeindungen. Zu diesen zĂ€hlte u. a., dass er â im Widerspruch zu den Ordensregeln â genauso wie sein VorgĂ€nger Rehm, 700 Ducaten Gehalt bezog und eine pĂ€pstliche Genehmigung fĂŒr das Reisen in Kutschen erhielt.5 Pontifeser war als Beichtvater der Königin nicht nur fĂŒr ihre geistlichen BedĂŒrfnisse zustĂ€ndig, sondern war auch politisch und diplomatisch tĂ€tig. Er trat als Vermittler bei Schwierigkeiten mit Botschaftern und Gesandten auf oder schlug Mitglieder des Staatsrates vor.6 Es war hinlĂ€nglich bekannt, dass der beste Weg, am Hof etwas zu erreichen, jener ĂŒber Pontifeser oder die GrĂ€fin von Berlepsch war. Sie bekam meist Geld oder Schmuck fĂŒr ihre FĂŒrsprache. FĂŒr Pater Gabriel bestellte der bayerische Gesandte, Baron Bertier, BĂŒcher in BrĂŒssel.7
Beim Volk waren beide nicht sonderlich beliebt. Pamphlete und satirische Schriften tauchten auf, in denen die Berlips, der Hinkende (Wiser) und der BĂ€rtige (Pontifeser) kritisiert wurden.8 Als die Aussicht auf einen spanischen Thronfolger immer geringer wurde, erhöhte sich der Druck auf die camarilla von Maria Anna zunehmend. Im letzten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts spitzten sich die diplomatischen Intrigen am Madrider Hof zu. VorgetĂ€uschte Schwangerschaften, VorwĂŒrfe von Hexerei, Absetzungen von AdmirĂ€len, BeichtvĂ€tern und Botschaftern standen auf der Tagesordnung, und der gesamte Hof spaltete sich in drei rivalisierende Lager um die spanische Erbfolge. Maria Anna kann als Kopf des habsburgischen Lagers gesehen werden, Kardinal Portocarrero als jener des französischen und die Königinwitwe, Marianna de Austria (â 1696) als stĂ€rkste Vertreterin der bayerischen Interessen.9 In der Zwischenzeit wurden von den europĂ€ischen GroĂmĂ€chten heimlich TeilungsvertrĂ€ge ausgehandelt. Harrach, der österreichische Botschafter in Madrid, und andere Gesandte versicherten immer wieder, dass man ohne die Berlepsch, Pater Gabriel und den Almiranten in der Erbfolge nichts erreichen könne. Vor allem von österreichischer Seite versuchte man nun, die einflussreichen VerbĂŒndeten der Königin vom Hof zu entfernen â auf dieser Liste stand ganz oben auch der Kapuzinerpater.10 Der Volksaufstand vom 28. April 1699, der MotĂn de Gatos, eigentlich aus einer Lebensmittelknappheit heraus entstanden, aber bald politisch instrumentalisiert und gegen die deutsche camarilla eingesetzt, schwĂ€chte das Lager um Maria Anna. Ob er tatsĂ€chlich von den Ăsterreichern angezettelt und den Franzosen mitfinanziert wurde, bleibt offen. Nach und nach wurden VerbĂŒndete von Maria Anna gestĂŒrzt.11 Pontifeser wurde im Mai auf dem Heimweg vom Hof ins Kloster verfolgt, an der Klosterpforte wurden Drohungen gegen seine Person angebracht.12 Im Juni bat er dann den Provinzial um Abberufung, Maria Anna interven...