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... fliege übers Land. Ein Taubenbuch
Nachrichtenbote, Kriegsteilnehmer, Sportkamerad und Friedenssymbol
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... fliege übers Land. Ein Taubenbuch
Nachrichtenbote, Kriegsteilnehmer, Sportkamerad und Friedenssymbol
About this book
Warum die Taube zum Friedenssymbol wurde, weshalb sie in der Dicht- und Malkunst so oft vorkommt, das hat der Historiker Kurt Pätzold untersucht. Es ist schon erstaunlich, welch unterschiedliche Rolle sie in Vergangenheit und Gegenwart spielte und noch heute spielt. Sie taucht in der Bibel auf Noahs Arche ebenso auf wie auf dem Stadtwappen von Eisenhüttenstadt. Und lebendig natürlich auf dem Markusplatz in Venedig und in anderen Innenstädten. Aber dort wird sie nicht immer gemocht.
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Information
1. Paris 1949
Angeregt worden sei seine Autorin, so wird berichtet, von dem Platz, den die Taube inzwischen als Symbol der Friedensbewegung erhalten hatte, und der rührte von jener Lithographie her, die der spanische, in Frankreich lebende Maler Pablo Ruiz Picasso (1881-1973) geschaffen hatte. Deren Abbildung hing in einem Großformat im April 1949 in Paris im Salle Pleyel. Dort, in dem 1927 erbauten Konzertsaal, erblickte sie gleichsam das Licht der Welt. Darin und in dessen Vorgängerbau waren Frédéric Chopin und Clara Wieck, Cesar Franck und Artur Rubinstein und viele andere Künstler, berühmte Solisten, Orchester und Dirigenten, aufgetreten. Nun tagte hier der Congrès mondial des partisans de la paix.
Der wurde nach einer neuen Zählung bald der 1. Weltfriedenskongress genannt. Das war nicht korrekt, denn in Wahrheit besaß er bis zurück in die Mitte des 19. Jahrhunderts eine ganze Reihe von Vorgängern, die solches Prädikat auch schon besaßen oder sich zumindest verdienten. Die mehr als 1.784 Teilnehmer aus 72 Ländern – ihre Mehrheit bildeten Franzosen und Italiener – sahen an der Stirnseite des Riesenraumes Picassos Werk.
Das besitzt eine Vorgeschichte, die weit in die Biografie des großen Malers zurückreicht.
Die bald »Friedenstaube« Genannte hatte schon eine weltberühmt gewordene Vorfahrin in dem Picassos sogenannte Blaue Periode eröffnenden anrührenden Gemälde »Mädchen mit Taube« aus dem Jahr 1901. Auf ihm – sein Original kann in der National Gallery London gesehen werden – ist ein in sich versunkenes Kind zu sehen, selbst ebenso schutzbedürftig wie das weißgefiederte Tier, das es behutsam in seinen Händen birgt.


Zweimal Picasso
Doch reicht die Geschichte der Beziehungen des Malers zu den Tauben noch weiter zurück.
Der in Andalusien heranwachsende Knabe Pablo, Sohn eines Malers und Lehrers an einer Kunsthochschule in Malaga, lebte in einem Elternhaus, auf dessen Dach sich ein Taubenschlag befand, dessen Bewohner wiederum einen bevorzugten Gegenstand der künstlerischen Arbeit des Vaters bildeten. Und das wurden sie auch schon zu Zeiten der ersten Malübungen des Sohnes, und die datieren aus dessen siebentem Lebensjahr.
Picasso und la Paloma, das blieb eine lebenslange und vielfältige Beziehung, die sich in Gemälden, Zeichnungen, Lithographien, Skulpturen und Keramiken des Künstlers ausdrückte und – mehr noch – selbst in der Namenwahl für seine zweite Tochter. Die wurde, 1949 geboren, mithin im Jahr, als die »Friedenstaube« ihren Siegeszug begann, Paloma geheißen.
Dass die Zeichnung mit der weißen Taube ihn überhaupt antrat, war auch durch eine ganze Kette von Vor- und Zufällen bewirkt. Picasso hielt sich in seinem Atelier zwei Tauben, die in der Fachwelt die Namen Weiße Mailänder Lockentauben tragen oder in der Sprache des Landes, dem sie ihre Herkunft verdanken colombo milanese riccinto bianco. Diese werden nach ihrem Aussehen, das sie unverwechselbar macht, von Züchtern, weil die Federn auf ihren Köpfen an eine Kappe erinnern und die an ihren Füßen an Latschen, mit den Zusätzen »kappig« und »belatscht« charakterisiert. Das geschieht, ohne dass damit eine direkte Ähnlichkeit mit jener merkwürdigen menschlichen Fußbekleidung angemerkt werden soll.
Die beiden Gesellen waren zu Picasso als Geschenk des Malers Henri Matisse gelangt.
Das Weitere wird in einer in geringfügigen Abweichungen überlieferten Geschichte so erzählte: Der Schriftsteller Louis Aragon, einer der Initiatoren des Kongresses für den Frieden, habe sich auf der Suche nach einem Symbol zu Picasso begeben. Dessen Sympathie für den Gedanken, dem eröffneten Kalten Krieg mit auf den Frieden gerichteten Aktivitäten entgegenzutreten, war erwiesen, hatte er doch im August 1948 am Friedenskongress der Intellektuellen in Wroclaw teilgenommen und bei dieser Reise nach Polen auch Auschwitz besucht.
1944 war der Maler Picasso der Kommunistischen Partei Frankreichs beigetreten, die nun zu den Initiatoren des Kongresses in Paris gehörte. Aragon war deren Mitglied schon seit 1926.
Während dieses Besuches sei der Gast unter den Arbeiten Picassos auf das Bild La colombe gestoßen, im Original ein Blatt 45 mal 70 Zentimeter. Es trug wie die anderen Arbeiten Picassos das Datum seiner Entstehung, das war der 9. Januar 1949.
Offenbar hielten die beiden Genossen es für geeignet, als Symbol für Idee und Tat zu gelten, auf die das Treffen zielte.
Unbekannt und unwahrscheinlich, dass der eine oder der andere oder beide das Emblem einer Londoner Friedensgesellschaft kannten, die schon im Jahre 1843 sich eine Taube zum Zeichen ihrer Bestrebungen gewählt hatte. Die trug wie in der biblischen Erzählung einen Ölzweig im Schnabel. Zu ihrem Bild hatten die Friedensaktivisten in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Inschriften »One Earth Peace« und »Goodwill Toward Men« gegeben, was in der Lutherschen Übersetzung fordert: Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.
Jedenfalls war die Picasso-Taube, die zur Friedenstaube avancierte, kein Auftragswerk oder eine durch den bevorstehenden Pariser Kongress angeregte Arbeit. Diese verbreitete Version über ihre Entstehung besitzt ihren Ursprung möglicherweise in einem Bericht der Zeitung der Kommunistischen Partei Frankreichs L’Humanité. Jedoch hat Picasso erst die dann nicht weniger bekannt gewordene fliegende Taube eigens für das 1950 folgende Treffen in Sheffield gezeichnet.
2. Mir, Peace, Paix, Paz, Frieden
Von den Teilnehmern des Kongresses wurde der Gedanke, die Taube zum Symbol für ihre Wünsche und ihr Wollen zu wählen, uneingeschränkt akzeptiert. Sie nahmen es mit in ihre Heimatländer.
Aragon schrieb dem Maler schon im April – der Kongress war kaum vorüber –, sein Bild sei in Italien in einer Zeitung und auf einer Postkarte abgebildet worden.
Picassos Taube erreichte in beispiellosem Tempo einen Bekanntheitsgrad wie kaum je zuvor ein anderes Erzeugnis bildnerischen Schaffens, und den gewann sie eben gerade auch in Schichten, die gemeinhin nicht zu den Besuchern von Gemäldegalerien und Kunstausstellungen gehören.
Das bewirkte jene weltweite Bewegung für den Frieden, entstanden aus und nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs. Denn es gab, als die Waffen endlich schwiegen, in Europa und Asien keine zweite Parole, die so populär gewesen wäre wie die sich in dem einen Wort ausdrückende: Frieden. Viele Deutsche, die keiner Fremdsprache mächtig waren, verstanden Mir, Peace, Paix, Paz.
Millionen Europäern, Bewohnern des weithin verwüsteten Erdteils, war unvorstellbar, dass sie selbst oder ihre Söhne oder Enkel je wieder aufgerufen werden könnten, in einen Krieg zu ziehen. Die Deutschen zumal, vollständig entwaffnet, mochten daran glauben, dass sie für alle Zukunft weder Soldaten noch Kriegsgerät brauchten.
Doch konnten sich – 1949 – darin Hoffnungen und Erwartungen für die Menschheitszukunft schon nicht mehr erschöpfen. Es entstand ein neues militärisches Bündnis: die von den Vereinigten Staaten geschaffene und geführte North Atlantic Treaty Organisation (NATO), ein Zusammenschluss, dem bei seiner Gründung am 4. April 1949 mit den USA und Kanada, Großbritannien, Frankreich, Belgien, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Dänemark und Island angehörten, dazu das Portugal des Diktators António de Oliveira Salazar und der gewesene Kriegsgegner Italien, inzwischen eine Republik, in der Kommunisten und Sozialisten aus der Regierung gedrängt waren und bürgerliche Parteien unter Führung der Democrazia Christiana und ihres Gründers Alcide De Gasperi am Staatsruder standen.

Sowjetischer Briefmarkenblock zum 100. Geburtstag von Picasso mit der ursprünglichen Taube, 1981
Die Spitze der NATO, dessen Führungsmacht damals das Monopol der Atombombe besaß (nur noch für sehr kurze Zeit, denn es endete noch im gleichen Jahr), richtete sich gegen die Sowjetunion und gegen den Kommunismus in allen seinen Ausprägungen. Militärische Fronten für einen Dritten Weltkrieg zeichneten sich ab. Der Kalte Krieg befand sich in seinem Frühstadium.
Dass Deutschland, wie er sich ausbreitete, ein Gebiet sein würde, auf dem er besonders dramatische Formen annehmen würde, zeichnete sich mit der Geburt der westdeutschen Bundesrepublik ab, die den deutschen Alleinvertretungsanspruch erhob. Das war vorab bereits eine unmissverständliche Kampfansage an die zu erwartende und darauf folgende Staatsgründung in Ostdeutschland.

Ostermarsch 2012: Die Taube in der 1974er Fassung des finnischen Grafikstudenten Mika Launis
So die Situation, als der Weltfriedenskongress in Frankreichs Hauptstadt tagte, von dem die Bildung eines internationalen Verbindungskomitees ausging, dem im folgenden Jahr die Konstituierung eines Weltfriedensrates folgte. Dessen Gründungspräsident wurde der Physiker Frédéric Joliot-Curie, der 1935 gemeinsam mit seiner Frau Irène Joliot-Curie den Nobelpreis für Chemie erhalten hatte, sein Vizepräsident der sowjetische Schriftsteller Ilja Ehrenburg, und sein Generalsekretär Jean Laffitte, ein französische Schriftsteller, der als Widerstandskämpfer in die Hände der deutschen Besatzer geraten war, jedoch die Konzentrationslager Mauthausen und Ebensee überlebt hatte.
Diese Trias verdeutlichte die herausragende Rolle, welche Angehörige der Intelligenz in der weltweiten Bewegung besetzten. Und deren Liste war lang. Auf ihr standen der britische Physiker John Desmond Bernal, der US-amerikanische Bürgerrechtskämpfer, Historiker und Soziologe William E. B. Du Bois, der ungarische Philosoph György Lukács, der tschechoslowakische Literaturwissenschaftler Jan Mukarovsky und der Schweizer Gräzist André Bonnard, der italienische Maler Renato Guttuso, eine Plejade herausragender Schriftsteller mit Anna Seghers aus der DDR, Jorge Amado und Pablo Neruda aus Lateinamerika und Martin Andersen Nexö aus Dänemark, dazu der US-amerikanische Bürgerrechtskämpfer und Sänger Paul Robeson und Persönlichkeiten der Kirchen, von denen der Dean von Canterbury, Hewlett Johnson, der bekannteste war.
Von der politischen Breite, in der dieser Start unternommen wurde, zeugte die Anwesenheit führender Politiker, des italienischen Sozialisten Pietro Nenni wie von Konni Ziliacus, der zum linken Flügel der britischen Labourparty zählte. Mitglied des Komitees wurde auch die Mutter von Soja Kosmodemjanskaja, der legendären sowjetischen Partisanin, die von den faschistischen Eindringlingen 1941 ermordet worden war.
Die Geschichte dieser Bewegung und ihres Rates war von Anbeginn von scharfen Anfeindungen begleitet. Der US-amerikanische Außenminister Dean Acheson sprach mit Bezug auf ihr Symbol von der »trojanischen Friedenstaube der kommunistischen Bewegung«, wie die New York Times am 13. Juli 1950 berichtete.
Eine antikommunistische Organisation, die sich »Frieden und Freiheit« nannte, diffamierte die Taube als »colombe qui fait boum«. 1951 fand in den USA ein Gerichtsprozess gegen das Peace Information Center statt, zu dessen Angeklagten auch Du Bois gehörte. Der Vorwurf lautete, das Center und seine Aktivisten betätigten sich als Propagandisten und Agenten der UdSSR.
Der Westberliner Senat verbot unter dem Druck der Christdemokraten eine Ausstellung mit Grafiken, auf der auch Picassos Lithografie gezeigt werden sollte.
Regierungen mehrerer NATO-Staaten legten der internationalen A...
Table of contents
- Cover
- Impressum
- Titel
- Kleine weiße Friedenstaube …
- 1. Paris 1949
- 2. Mir, Peace, Paix, Paz, Frieden
- 3. In unserem Jahrhundert
- 4. Noahs Taube
- 5. Bote in Frieden und Krieg
- 6. La Paloma
- 7. »Geh mer Tauben vergiften im Park«
- 8. Sprichworte und Weisheiten
- 9. Orden, Wappen und Briefmarken
- 10. Anhang