Bilder und GesprĂ€che ĂŒber Raum und Setting in der Psychoanalyse
1 | Prof. Dr. med. Sigmund Freud (1856â1939) | 20 Maresfield Gardens | London
Schreibtisch mit dem von Felix Augenfeld gebauten Stuhl. Stuhldesign: Paul Hofmann, Wien. An der rechten Seite ist der Sessel des Couch-Settings sichtbar.
Bei Freuds Sessel-Couch-Ensemble hat der Patient einen Blick auf eine Mumienmaske.
Behandlungsraum innerhalb des Studierzimmers im Erdgeschoss des eigenen Hauses
Settingzusammenstellung um 1898, in Benutzung in diesem Raum 1938â1939
Couch: Gepolsterter Holzrahmen mit handgeschnĂŒrtem Federkern auf Gurten, montiert auf zwei stoffbespannten Podesten.
Am Kopfende feste Polsterrolle, darĂŒber Rosshaarkissen.
Bezug: ungebleichter weiĂer Nessel. L 186, B 83, H 75, SH 46 cm. Herkunft: Wien, vor 1891. Freud erhielt sie vor 1891, dem Umzug in die Wiener Berggasse 19, von Madame Benvenisti, einer dankbaren Patientin, als Geschenk. Nach 1938 möglicherweise neu aufgepolstert.
Couchauflagen: GeknĂŒpfter Orientteppich mit Fransen, 2 Daunenkissen 50 x 50 cm in SamthĂŒllen, hellbraun und dunkelrot; 2 Daunenkissen 70 x 52 und 56 x 34 cm in SamthĂŒllen, hellbraun und altrosa, am Kopfende. Leinendecke mit eingesticktem verschlungenen Monogramm SF, möglicherweise als FuĂunterlage. Sessel: Clubsessel. Holzrahmen mit handgeschnĂŒrter Federkernpolsterung auf Gurten. GrĂŒner Samtbezug. Auf der SitzflĂ€che handgeknĂŒpfter Teppich, möglicherweise eine Arbeit von Anna Freud. SH 47.
Wandteppich: B 156, H 114 cm.
SF-Monogramm in der Decke am FuĂende der Couch.
2 | Prof. Dr. phil. Dipl.-Psych. Bernd Ahrbeck | DPG, DGPT | Hamburg
Herr Professor Ahrbeck, sind Sie Minimalist?
Ich weiĂ gar nicht, was Sie mit "Minimalist" meinen â ehrlich gesagt.
Ein Mann, der mit minimalen Mitteln ein Setting Couch-Stuhl herzustellen weiĂ.
Sie meinen das wegen der Einrichtung hier, weil sie relativ karg ist? Ich denke: Das analytische Zimmer sollte sich auf eine begrenzte Ausstattung beschrĂ€nken, also nicht allzu ĂŒberladen sein, und zwar in gewisser Weise etwas Wohnliches haben, andererseits auch den Arbeitscharakter durchaus betonen. Insofern ist die Couch relativ karg und auch so gewollt.
Es gab ja mal eine Richtung, die gefordert hat, der Analytiker dĂŒrfe nichts Persönliches in einem Raum haben. HĂ€ngen Sie dieser Richtung auch an?
Nein, das halte ich fĂŒr Unsinn. Der Analytiker kann sich grau anziehen und die WĂ€nde grau streichen â natĂŒrlich wird man als Analytiker auch als Person erkannt, das kann gar nicht anders sein und sollte auch nicht anders sein. Es geht eher darum, persönliche Eigenheiten nicht allzu stark zu akzentuieren: Persönlich in einer völligen NeutralitĂ€t und ObjektivitĂ€t zu behandeln ist vollkommen unmöglich.
Warum ist Ihre Couch so gestaltet ist, wie sie aussieht?
Die Couch habe ich zu Beginn der analytischen Ausbildung mit den ersten Analysen gekauft. Die Decke ist relativ konservativ, eher vielleicht etwas an Freud erinnernd. Ich habe auch das GefĂŒhl, dass eine Couch ruhig konservativ sein soll oder in gewisser Weise auch etwas altmodisch, zumindest nicht neumodisch ĂŒberfrachtet, weil die Psychoanalyse natĂŒrlich ein traditionelles Verfahren ist â mit einer bestimmten Geschichte.
Der Stuhl, auf dem Sie sitzen, fĂ€llt mir dadurch auf, dass er auch sehr karg wirkt, denn Sie bringen ja in diesem Stuhl viele Stunden zu. Ist das nicht ermĂŒdend?
Nein, ganz im Gegenteil. Das ist ein hart gepolsterter Stuhl, relativ groĂ und breit, auf dem ich sehr gut sitzen kann. Ich habe ihn von meinem Vater ĂŒbernommen und geerbt, und deswegen habe ich ihn auch ganz gern. Der ist auĂerordentlich bequem.
Und Sie werden dieses Setting so beibehalten wie es jetzt ist?
Ja, ja â mit Sicherheit.
PraxisrÀume in der eigenen Wohnung
Settingzusammenstellung 1989, in Benutzung in diesen RĂ€umen seit 1998
Couch: Bett, Design und Herstellung: Ikea.
Gestell: Gepolsterter Holzrahmen, Federkern. L 205, B 92, H 52 cm. Erworben 1990.
Couchauflagen: 2 Daunenkissen, rechteckig (orange) und quadratisch (rot), HĂŒlle: Leinen und Seide.
Ăberwurf: Baumwollstoff in Rot-Tönen mit roter Samteinfassung.
Sessel: anonymes Design, Norddeutschland um 1910/1920.
Gestell: Nussbaumwurzelholz, Nussbaumkernholz massiv.
Polsterung: Holzrahmen mit Federkernpolsterung.
Bezug: Baumwolle und Samt gestreift. B 64, T 53, H 87 cm. In Familienbesitz seit 1910/1920.
3 | Dr. med. Ingrid Angermann | DPV, AĂGP, DAAG, DGPT | Hamburg
Frau Dr. Angermann, seit wann haben Sie diese Couch?
Es ist meine erste. Vorher habe ich zehn Jahre im Michael-Balint-Institut gearbeitet, und da wurde die Couch gestellt. Es ist also meine erste eigene.
Was ist unter dem weiĂen Ăberwurf Ihrer Couch?
Eigentlich ist es gar keine Couch. Eigentlich ist es ein Bett, mit Bettkasten, hellgrau mit Samt ĂŒberzogen, und in dem Bettkasten liegen die Akten.
Und darauf liegen einige Kissen. Hat jeder Patient sein eigenes Kissen?
Ja, und manche Patienten möchten dann noch eine Serviette darauf haben. Die bekommen sie dann â ich frage sie immer vorher.
Bevor der Patient kommt, legen Sie sein Kissen ans Kopfende?
Ja, das ist richtig. Aber ich mache den Patienten auch darauf aufmerksam, dass das ab heute sein Kissen ist, solange er in Analyse kommt.
Dann sieht er auch immer an der Zahl der Kissen, wie viele Geschwister er hat?
Ja. Das ist auch oft ein Thema: die Analyse-Geschwister.
Sind Sie so zufrieden mit der Couch?
Ja. Manchmal denke ich, es wĂ€re auch schön, eine klassische Couch zu haben, so wie Freud sie gehabt hat: schmal und hoch und dann so ein Teppich darĂŒber. Aber dieses ist mehr mein Stil. Die ist einfach auch breiter.
Ist es fĂŒr Sie auch wichtig gewesen, wie die Couch Ihres Lehranalytikers ausgesehen hat?
Die hat völlig anders ausgesehen. Es war ein Mann, und er hatte eine braune Leder-Couch, und man hatte dann ein braunes Kissen mit einer Serviette drauf, also ein Kissen fĂŒr alle. Daran habe ich mich aber nicht orientiert, wie Sie sehen. Meine ist anders!
Praxisraum in eigener Praxis
Settingzusammenstellung 1998
Setting in einer Klinik
Setting in Benutzung seit 1979
Couch: Klinikcouch aus MagazinbestÀnden, Design um 1950,
Herstellung um 1955. Gestell: Holz, Polsterung: Federkern. L 200, B 90, H 45 cm.
Couchauflagen: 1 Daunenkissen, 35 x 35 cm;
HĂŒlle: brauner Cordbaumwollstoff. FuĂunterlage: Leder.
Kunst: Photographie des Praxisinhabers.
Sessel: deSede, Modell DS-55, Design: deSede-Entwicklungsteam. Gestell mit Seitenwangen und lederbezogenem StahldrehfuĂ, wippbar. Schaumstoffpolsterung im Sandwich-Aufbau. Bezug: DĂŒnnleder, braun. B 82, T 83â115, H 85â99 cm. BĂŒcherregal: Klinikinventar.
5 | Dr. med. Thed Beaucamp | VPK, DGPT | MĂŒnchen
Herr Dr. Beaucamp, welche Bedeutung haben die fröhlichen Farben in Ihrer Praxis?
Die Farben fĂŒr mich sind nicht so fröhlich. Sie sind eher gedeckt, etwas stillere Farben, auĂer den Rot-Tönen und manchen gelben Tupfern in den Bildern. Aber ich mag diese Bewegung, die durch die Farben entsteht. Und ich mag auch diese Geometrie, wie die sich auf der Decke bewegt, im Zusammenspiel mit den anderen Farbtönen im Raum, den verschiedenen GrĂŒn der Pflanzen und auch dem etwas grau Gesprenkelten des Teppichs gerne.
Auch die Kissen sind ja dunkler gehalten, also nicht so ein kreischendes GrĂŒn oder knalliges Rot, wie ich es auf dem Stuhl habe. Ich mag in diesem Raum das Licht, das groĂe Fenster sehr gern, und auch die Raumhöhe.
Wie hoch ist der Raum?
Etwa vier Meter.
Wie stellen Sie die Magie der Couch her?
Es ist ein sehr eigenartiges GefĂŒhl, sich auf der Couch liegend einem anderen Menschen, den man erst mal nicht kennt, so weit auszuliefern, ihn auch nicht zu sehen. Und ich finde es daher wichtig, dass sich jemand hier in dem Raum wohlfĂŒhlt, wenn er da liegt, und dass die Perspektive, die er von der Couch aus hat â nach innen ist sie hĂ€ufig nicht so freudig, wenn die Patienten mit ihrer Analyse beginnen â aber dass sie nach auĂen irgendetwas haben, was ihnen hier gefĂ€llt. Ich möchte mit dieser Couch und diesen Farben eine NatĂŒrlichkeit, Lebendigkeit widerspiegeln, die nicht befremdet, wie ja der Akt des Sichhinlegens etwas Fremdes hat. Die Farben und dieses Arrangement hier in dem Eck sind vielleicht eine BrĂŒcke: Eine gewisse Anlehnung an das E...