Digitalisierung - das HR Management der Zukunft
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Digitalisierung - das HR Management der Zukunft

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Digitalisierung - das HR Management der Zukunft

About this book

Dieser Sammelband bildet den Abschluss der Reihe "Kohlhammer HR Competence", die sich mit aktuellen Herausforderungen des Personalwesens beschĂ€ftigt. Dieser Band befasst sich aus unterschiedlichen Blickwinkeln mit der Digitalisierung der Arbeitswelt. Die fortschreitende Digitalisierung verĂ€ndert natĂŒrlich auch das Personalmanagement. WĂ€hrend klassisch-administrative Aufgaben vereinfacht werden, entsteht gleichzeitig Raum fĂŒr neue strategische und wertschöpfende Prozesse. Damit dieser Raum aber wirklich sinnvoll und zielfĂŒhrend gestaltet werden kann, muss sorgfĂ€ltig strategisch geplant werden, welche Auswirkungen Digitalisierung fĂŒr FĂŒhrung, Entwicklung, Personaldiagnostik und viele weitere Felder des Personalmanagements hat. Nur durch ein reflektiertes Umgehen mit der Digitalisierung lassen sich auch ihre Möglichkeiten erschließen. Anregungen zu dieser Reflektion liefert dieser Band.

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Information

1 Industrie 4.0 – Arbeitswelt 4.0: Konsequenzen fĂŒr Arbeitsprozesse und Qualifizierung in der industriellen Produktion

GĂŒnther Bergmann

Dieser Beitrag befasst sich ausschließlich mit den Auswirkungen von Industrie 4.0 auf die industrielle Produktion, nicht mit dem Internet of Things. Um Konsequenzen fĂŒr die Arbeitswelt 4.0 ableiten zu können, wird eine Systematisierung unterschiedlicher technologischer Strategien in der Umsetzung von Industrie 4.0 vorgeschlagen. Die sich hieraus ergebenden Konsequenzen unterscheiden sich fundamental. Unter anderem wird begrĂŒndet, dass keineswegs alles digitalisiert wird, was digitalisiert werden kann. Systemgeleitete manuelle Montageprozesse sind ebenso eine Tendenz unter Industrie 4.0 wie Vollautomatisierung. Die AusfĂŒhrungen werden durch zahlreiche Beispiele veranschaulicht, damit die unterschiedlichen Konsequenzen fĂŒr Arbeitsprozesse nachvollziehbar werden. Hinsichtlich der Qualifizierung wird gezeigt, dass aus kĂŒnftigen Arbeitsprozessen keineswegs das Postulat einer unbestimmten Qualifizierung im Bereich Digitalisierung fĂŒr alle folgt. Es wird gezeigt, dass das Thema Qualifizierung hochspezifisch anzugehen ist. Aus Sicht der betrieblichen Personalentwicklung in produzierenden Unternehmen wird fĂŒr zielgruppenspezifische Maßnahmen argumentiert, die zur Vorbereitung auf und zur Umsetzung von Industrie 4.0-Verfahrensweisen notwendig sind. Im Fokus sind ausschließlich Mitarbeiter in der unmittelbaren Produktion, es geht nicht um die Mitarbeiter in Projektgruppen o. Ä., die die neuen Produktionsprozesse konzipieren; ebenso geht es nicht um FĂŒhrungskrĂ€fte. Die hier zusammen getragenen Informationen sind z. T. hochaktuell, d. h. dass sich Schlussfolgerungen in einem volatilen Umfeld schnell Ă€ndern können. Außerdem werden hier keine Annahmen zu VerĂ€nderungen in der konjunkturellen Entwicklung getroffen.

1.1 Industrie 4.0 – Digitalisierung – Automatisierung

Von Industrie 4.0 (Smart Factory) spricht man aufgrund der weithin geteilten EinschĂ€tzung, dass es sich bei den gegenwĂ€rtig beginnenden VerĂ€nderungen in den industriellen Produktionsprozessen um eine 4. Industrielle Revolution handelt (vgl. Bauernhansl, 2017; Plattform Industrie 4.0, 2019; Andelfinger/HĂ€nisch, 2017). Das bedeutet, dass von disruptiven Entwicklungen auszugehen ist, die sich wesentlich von den schrittweisen und kontinuierlichen VerĂ€nderungsprozessen der jĂŒngeren Vergangenheit in den letzten 20 Jahren unterscheiden. Der »Kontinuierliche VerĂ€nderungsprozess« (KVP) und Ă€hnliche Verfahrensweisen in Produktion und QualitĂ€tsmanagement stehen fĂŒr diese nicht-disruptiven Entwicklungen in den vorangegangenen Jahren. Disruptiv bedeutet, dass sich großflĂ€chig Arbeitsprozesse in der industriellen Produktion fundamental verĂ€ndern (
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Kap. 1.5). Dies hat massive Konsequenzen fĂŒr die BeschĂ€ftigungs- und Qualifikationsstruktur in den Betrieben.
Disruptiv bedeutet jedoch nicht zwangslĂ€ufig, dass sich gleichzeitig nahezu alle Arbeitsprozesse in der Produktion verĂ€ndern. Es sind unter Industrie 4.0 auch Produktionssegmente zu fassen, die in sich vernetzt und hochautomatisiert ablaufen. Dies ist insbesondere in der mittelstĂ€ndischen Industrie zu beobachten, bei der hĂ€ufig nur einzelne Produktionssegmente vollstĂ€ndig automatisiert werden (vgl. Bauernhansl, 2016). Auf gesamtgesellschaftlicher Ebene bedeutet eine disruptive Entwicklung nicht, dass nahezu gleichzeitig in allen Unternehmen und Branchen fundamentale VerĂ€nderungen stattfinden. Dieser Prozess wird sich – soweit dies heute absehbar ist – auf die nĂ€chsten 10 bis 15 Jahre erstrecken, in Summe wird er jedoch zu erheblichen negativen BeschĂ€ftigungseffekten und zu Umschichtungen in der BeschĂ€ftigungsstruktur fĂŒhren. Außerdem ist seit Jahren zu beobachten, dass die Innovationsgeschwindigkeit kontinuierlich zunimmt. Das offensichtlichste Beispiel ist der Siegeszug des Smartphones, welches in nur sieben Jahren viele neue GeschĂ€ftsmodelle ermöglicht hat.
Von IIoT (Industrial Internet of Things) spricht man, wenn die digitale Vernetzung den industriellen Wertschöpfungsprozess umfasst, also die Steuerung und Überwachung von Produktionsprozessen vor allem mittels einer umfassenden und intelligenten Sensorik und der entsprechenden Verarbeitung aller Daten ĂŒber BetriebszustĂ€nde und Werkzeuge. Idealer Weise umfasst IIoT den gesamten Wertschöpfungsprozess vom Kunden ĂŒber die Produktion bis zur Auslieferung und mehr. Dies ist heute noch Zukunftsmusik, denn es unterstellt einen umfassend vernetzten Produktionsprozess, ĂŒber den die meisten Unternehmen in naher Zukunft nicht verfĂŒgen werden.
KernstĂŒck des Begriffs Industrie 4.0 ist die umfassende und echtzeitnahe digitale Vernetzung der Strukturen und Prozesse mit der physischen Welt der Werkzeuge und Produkte, also ein cyber-physisches System (CPS) (vgl. Fraunhofer IPA, 2014). Daher ist der allgemein gebrĂ€uchliche Begriff der »Digitalisierung« streng genommen unzutreffend. Denn Digitalisierung kennzeichnete bereits die 3. Industrielle Revolution, als ĂŒber Speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) teilautomatisierte Montageprozesse in der Linienfertigung (CIM) implementiert wurden (vgl. Schallow/Hengstebeck/Deuse, 2018). Interessant ist, dass diese 3. Industrielle Revolution in den 1980er Jahren ohne wesentliche öffentliche Resonanz ablief. Es kam seiner Zeit kaum zu BeschĂ€ftigungsverlusten, da der ProduktivitĂ€tsgewinn von einer Ausweitung des Produktionsumfangs begleitet war. »Digitalisierung« in großflĂ€chigem Einsatz in der Produktion kennen wir also bereits seit den 1980er Jahren. Digitalisierung, wie wir sie heute kennen, bedeutet KonnektivitĂ€t der Produktionssysteme, und digitale Steuerung bedeutet Datenaustausch. Plakativ formuliert: Digitalisierung benötigt keine Roboter, sondern Daten!
Ähnlich verhĂ€lt es sich mit dem Begriff der Automatisierung. Auch dies ist kein neues PhĂ€nomen, z. B. sind programmierbare Schweißroboter in der Automobilindustrie seit mehr als 25 Jahren im Einsatz. Vor allem sollte man sich von der Vorstellung trennen, dass Automatisierung unter Industrie 4.0 gleichbedeutend mit dem Bild der »menschenleeren Fabrik« wĂ€re (vgl. Gerdenitsch/Korunka, 2019). Gleichwohl gibt es die Fabrik ohne menschliche Arbeitskraft – annĂ€hernd – bereits heute. Auch Systeme der manuellen Montage in Montageinseln sind ĂŒber Montage-Assistenzsysteme umfassend vernetzt (mit oder ohne Roboter,
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Kap. 1.3.3) und damit eine Anwendung von Industrie 4.0.
Es ist nicht die Frage, ob »wir« die Entwicklung hin zu einer Industrie 4.0 wollen oder nicht. Industrie 4.0 ist lĂ€ngst in der RealitĂ€t der produzierenden Unternehmen angekommen, auch wenn die Auswirkungen in der Breite der Produktion (noch) kaum wahrnehmbar sind. Daher mĂŒssen sich alle betrieblichen Funktionen wie auch das Human Resources Management auf die Linien der VerĂ€nderung einstellen. Dies ist keine Frage von Prognosen, denn die technischen Möglichkeiten sind einsatzreif und auf Automatisierungsmessen und entsprechenden Tagungen in Augenschein zu nehmen. Die Entwicklung ist unumkehrbar – es kommt darauf an, die Chancen zu nutzen (vgl. Bauernhansl, 2017; Kagermann, 2017).
Gleichwohl sind die gesellschaftlichen Auswirkungen der 4. Industriellen Revolution kritisch zu hinterfragen. Ein Wegfall von ArbeitstĂ€tigkeiten ist per se keineswegs negativ. Dies könnte neue Freiheiten fĂŒr die Menschen ermöglichen (vgl. z. B. Precht, 2018). Negativ ist der Verlust von ArbeitstĂ€tigkeiten allerdings unter der PrĂ€misse, dass dies gleichbedeutend mit Arbeitslosigkeit der Betroffenen sei. So wirft Industrie 4.0 grundlegende gesellschaftspolitische Fragestellungen auf. In diesem Beitrag werden jedoch ausschließlich die betrieblichen Perspektiven analysiert.

1.2 Studien zu BeschÀftigungseffekten von Industrie 4.0 und Digitalisierung

»Alles, was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert« (Carly Fiorina, bis 2005 CEO von Hewlett-Packard). Diese plakative und hĂ€ufig zitierte Aussage bildet eine Basisannahme fĂŒr zahlreiche Studien zu negativen BeschĂ€ftigungseffekten von Industrie 4.0. Trotzdem ist diese Aussage nur teilweise zutreffend und ist zu ergĂ€nzen um den Aspekt, »was betriebswirtschaftlich sinnvoll digitalisiert werden kann.« Die Investitionskosten und vor allem ihre RentabilitĂ€t sind fĂŒr großflĂ€chige Industrie 4.0 Anwendungen oft nur schwer zu berechnen. Andererseits sind z. B. stationĂ€re, programmierbare Industrieroboter in den letzten Jahren immer preiswerter geworden, sodass das erforderliche Investitionsvolumen in bestimmten Segmenten in den kommenden Jahren rĂŒcklĂ€ufig sein dĂŒrfte. Daher ist die plakative Aussage von Fiorina in der Tendenz durchaus nicht falsch.
In den meisten Studien wird untersucht, welche ArbeitstĂ€tigkeiten in einzelnen Berufsgruppen ĂŒberwiegend in einfachen, repetitiven Prozessen bestehen. Diese können aus manuellen RoutinetĂ€tigkeiten oder auch geistigen TĂ€tigkeiten bestehen (z. B. können einfache Programmieraufgaben von Maschinen ĂŒbernommen werden). Diese TĂ€tigkeiten werden als durch Digitalisierung substituierbar angesehen.
Starke öffentliche Reaktionen löste die erste Studie zu BeschĂ€ftigungseffekten in Folge von Digitalisierung aus, die Studie von Frey & Osborne (2013) fĂŒr die USA und die Übertragung der Ergebnisse auf Deutschland durch ING Diba Economic Research (Brzeski et al., 2015; vgl. Bonin et al., 2015). Das kurz gefasstes Resultat: 18,3 Millionen ArbeitsplĂ€tze in Deutschland seien in den nĂ€chsten zehn bis 20 Jahren durch »Robotisierung« gefĂ€hrdet. Ähnlich skeptisch hinsichtlich einer negativen BeschĂ€ftigungsentwicklung in der nahen Zukunft fĂ€llt die Studie des World Economic Forum (WEF, Davos, 2016) aus. Im Unterschied hierzu geht MĂŒller (KfW Research, 2019) mit Blick auf die Wirtschaftsentwicklung der Vergangenheit nicht von einer disruptiven Entwicklung durch Digitalisierung aus: »Der Strukturwandel hat sich verlangsamt« (MĂŒller, 2019, S. 4). Nur, der Strukturwandel durch Digitalisierung hat heute in der FlĂ€che der Unternehmen in Deutschland noch gar nicht stattgefunden, wie sollte man ihn anhand makroökonomischer Daten messen können?
Der Prognose einer negativen BeschĂ€ftigungsentwicklung entgegengesetzte Resultate berichtet die ZEW-Studie 2018 (Zentrum fĂŒr EuropĂ€ische Wirtschaftsforschung, Mannheim; Arntz et al., 2018). Nach dieser Studie sind BeschĂ€ftigungsverluste vor allem bei Berufen mit RoutinetĂ€tigkeiten zu erwarten, jedoch deutliche ZuwĂ€chse bei analytischen und interaktiven Berufen (u. a. im Gesundheitsbereich). Methodisch-kritisch ist anzumerken, dass die zugrundeliegenden Interviewdaten aus dem Jahr 2016 stammen. Außerdem wurde die BeschĂ€ftigungsentwicklung aufgrund von Technologieinvestitionen von 2011-2016 mit einem Plus von 0,2 % p.a. berechnet und auf einen Zuwachs von 0,4 % p.a. fĂŒr 2016-2021 hochgerechnet. So resĂŒmiert die Studie, dass der digitale Wandel mehr ArbeitsplĂ€tze schaffe als er zerstört, jedoch die BeschĂ€ftigungsstruktur stark verĂ€ndert. Nota: Diese Prognose bezieht sich auf die Zeit bis 2021. In dieser Zeit benötigen viele Unternehmen zusĂ€tzliches Personal, um neue Angebote und Prozesse in der digitalen Welt aufzubauen.
Ein interessantes Nebenergebnis besteht darin, dass Investitionen in digitale Technologien eine soziale Ungleichheit mitverursachen. In erster Linie profitierten Hochlohn-Berufe in Form höherer BeschĂ€ftigungs- und Lohnzugewinne von neuen Technologien, wĂ€hrend durchschnittlich und niedrig entlohnte Berufe und Sektoren zurĂŒckfielen (Arntz et al., 2018). Dies stĂŒtzt die Polarisierungshypothese (
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Kap. 1.7).
Die methodisch anspruchsvollsten Studien zur BeschĂ€ftigungsentwicklung unter »Wirtschaft 4.0« stammen vom Bundesinstitut fĂŒr Berufsbildung (BBIB) und dem Institut fĂŒr Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) (BBIB-IAB-Studien, Wolter et al., 2015, 2016, 2019). Bemerkenswert ist die differenzierte Betrachtung der Effekte in 50 Berufsfeldern und in 63 Wirtschaftszweigen. Zutreffender Weise sprechen diese Studien von »Substituierbarkeit« von ArbeitstĂ€tigkeiten und nicht vom Wegfallen von Jobs (vgl. Dengler et al., 2015, 2018). Ob eine TĂ€tigkeit (ein Arbeitsplatz) tatsĂ€chlich durch digitale Technologien ersetzt wird, ist eine betriebswirtschaftliche Entscheidung der Unternehmen und eine Entscheidung, die sich auf unterschiedliche technologische Strategien unter Industrie 4.0 bezieht (
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Kap. 1.3). Die folgende Grafik beruht auf einer Basisprojektion unter BerĂŒcksichtigung zahlreicher Annahmen zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (
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Abb. 1).
Im Fazit prognostizieren die Studien moderate BeschĂ€ftigungsverluste von nur 60.000 ArbeitstĂ€tigkeiten bis 2030. In einer neuen Studie von 2019 (Wolter et al., 2019) gehen die Autoren jedoch von einem Plus von 200.000 ArbeitsplĂ€tzen bis 2030 aus. Die Autoren verĂ€nderten die Projektion unter der Annahme, dass die Umsetzung von Wirtschaft 4.0 deutlich lĂ€ngere Zeit in Anspruch nehmen wird, als bisher zugrunde gelegt. Erst bis zum Jahr 2035 sehen sie einen negativen Saldo, einen Verlust von rund 600.000 ArbeitsplĂ€tzen. Eine durchaus erhebliche und gesellschaftlich relevante GrĂ¶ĂŸenordnung! Weiterhin wurden die BeschĂ€ftigungseffekte im Jahr 2018 mit dem Jahr 2030 verglichen. »In der digitalisierten Welt wird es im Jahr 2030 einerseits 2.542.000 ArbeitsplĂ€tze, die 2018 noch vorhanden sind, nicht mehr geben. Andererseits werden im Wirtschaft-4.0-Szenario ebenfalls 2.768.000 ArbeitsplĂ€tze entstanden sein, die 2018 noch nicht existieren.« (Wolter et al., 2019, S. 8).
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Abb. 1: BIBB/IAB-Studie zu Wirtschaft 4.0: Moderate BeschÀftigungsverluste im Saldo. ErwerbstÀtige im Durchschnitt pro Jahr in 1000, Prognose der BeschÀftigungseffekte im Vergleich zur Basisprojektion (Quelle: Wolter et al., 2016, S. 61)
Gesamtgesellschaftlich gesehen bleibt das große Fragezeichen, wie die 2,5 Millionen Jobs, die bis 2030 entfallen könnten, in ebensolchem Ausmaß in TĂ€tigkeiten konvertiert werden können, in denen ein entsprechend hoher Bedarf besteht. Können wir realistischer Weise davon ausgehen, dass Produktionsmitarbeiter oder administrative Sachbearbeiter in dieser QuantitĂ€t zu Kranken- und Altenpflegern, zu Ärzten oder zu IT-Spezialisten umgeschult werden können? Bezogen auf die industrielle Produktion geht die IAB-Studie (2016) von einem Substituierbarkeitspotenzial von 73 % der ArbeitsplĂ€tze in der Fertigung aus.
In der Öffentlichkeit werden die BBIB-IAB-Studien hĂ€ufig als Entwarnung gesehen, so schlimm werde es nicht kommen. Nach diesen Daten besteht jedoch keinerlei Grund fĂŒr eine Entwarnung. Mehr noch: Den Studien liegen Annahmen zur gesamtgesellschaftlichen Entwicklun...

Table of contents

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Geleitwort des Herausgebers
  6. 1 Industrie 4.0 – Arbeitswelt 4.0: Konsequenzen fĂŒr Arbeitsprozesse und Qualifizierung in der industriellen Produktion
  7. 2 Digitalisierung im personalstrategischen Kontext
  8. 3 Digitalisierung und Personalentwicklung
  9. 4 Kompetenzen, FĂŒhrung und Organisation im digitalen Zeitalter
  10. 5 Transformationskompetenz – Welche FĂ€higkeiten brauchen Menschen und Organisationen zur erfolgreichen Gestaltung der digitalen Transformation und wie können diese gefördert werden?
  11. 6 Personaldiagnostik im digitalen Zeitalter
  12. Die Autorinnen und Autoren des Bandes