August Hermann Francke, der Armen- und Waisen-freund: ein Lebensbild
eBook - ePub

August Hermann Francke, der Armen- und Waisen-freund: ein Lebensbild

1863

Rosalie Koch

Share book
  1. 147 pages
  2. German
  3. ePUB (mobile friendly)
  4. Available on iOS & Android
eBook - ePub

August Hermann Francke, der Armen- und Waisen-freund: ein Lebensbild

1863

Rosalie Koch

Book details
Book preview
Table of contents
Citations

About This Book

Verlag: Breslau: Ferdinand Hirt, ., 1863August Hermann Francke studierte Theologie und wurde 1684 als Professor für die hebräische Sprache nach Leipzig gerufen. Philipp Jakob Speners Schrift Pia desideria veranlasste ihn, mit Freunden ein Kolleg für Bibellektüre zu gründen. Sein zunehmendes Engagement für den Pietismus schaffte ihm Feinde, er musste Leipzig verlassen, ging nach Erfurt und wurde auch hier aus der Stadt verwiesen. Auf Einladung Speners kam er 1692 als Pastor nach Glaucha - heute ein Stadtteil von Halle -, wo er sich um Waisen und um verwahrloste Familien mit ihren unversorgten Kindern kümmerte. 1695 gründete er mit 7 Gulden, die eine begüterte Frau gespendet hatte, eine Armenschule in einem Pfarrhaus, in der ein armer Student die Kinder unterrichtete. Noch im selben Jahr legte er den Grundstein für ein Waisenhaus, indem er Waisen bei sich selbst aufnahm und unterrichtete; als sich herausstellte, dass einige dieser Kinder sehr begabt waren, unterrichtete er sie in Sprachen und Wissenschaften und legte so die Wurzel seiner Lateinschule.Franckes Arbeit fand schnell Anklang und Zulauf auch im Bürgertum, pietistische Gönner gaben ihm weitere Mittel, so dass er zwei Häuser kaufen konnte. Es entstanden in kurzer Zeit ein Internat, eine Lateinschule, ein Lehrerseminar und weitere Einrichtungen in Halle: die Francke'schen Anstalten. 1698 wurde mit dem Bau der neuen Anstalt, den späteren Franckeschen Stiftungen begonnen; neben den Schulanstalten entstanden eine Buchdruckerei und eine Buchhandlung sowie eine Apotheke, die viel Geld einbrachten, das wiederum in die Stiftungen floss. 1702 gründete er die ostindische Mission, die 1705 Bartholomäus Ziegenbalg als ersten Missionar aussandte. Das von ihm gegründete Collegium orientale theologicum sollte eine Brücke zu den orientalischen Kirchen schlagen. Auch die Canstein'sche Bibelanstalt zur Verbreitung preisgünstiger Bibeln ist sein Werk.Dreißig Jahren nach der Gründung der Anstalten wurden dort 2200 Kinder von 167 Lehrern unterichtet, 154 Waisenkinder versorgt, 250 Studenten ein Freitisch gewährt. Nach fast 250 Jahren hob die damalige Provinz Sachsen 1946 die Selbstständigkeit der Anstalten auf, die Gebäude verfielen. Erst 1992, nach der Wende in der DDR, konnten die Stiftungen wiedergegründet werden.

Frequently asked questions

How do I cancel my subscription?
Simply head over to the account section in settings and click on “Cancel Subscription” - it’s as simple as that. After you cancel, your membership will stay active for the remainder of the time you’ve paid for. Learn more here.
Can/how do I download books?
At the moment all of our mobile-responsive ePub books are available to download via the app. Most of our PDFs are also available to download and we're working on making the final remaining ones downloadable now. Learn more here.
What is the difference between the pricing plans?
Both plans give you full access to the library and all of Perlego’s features. The only differences are the price and subscription period: With the annual plan you’ll save around 30% compared to 12 months on the monthly plan.
What is Perlego?
We are an online textbook subscription service, where you can get access to an entire online library for less than the price of a single book per month. With over 1 million books across 1000+ topics, we’ve got you covered! Learn more here.
Do you support text-to-speech?
Look out for the read-aloud symbol on your next book to see if you can listen to it. The read-aloud tool reads text aloud for you, highlighting the text as it is being read. You can pause it, speed it up and slow it down. Learn more here.
Is August Hermann Francke, der Armen- und Waisen-freund: ein Lebensbild an online PDF/ePUB?
Yes, you can access August Hermann Francke, der Armen- und Waisen-freund: ein Lebensbild by Rosalie Koch in PDF and/or ePUB format. We have over one million books available in our catalogue for you to explore.

Information

Year
2018
ISBN
9783748102151
Edition
1

„Wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf!“

Obgleich August Hermann Francke so arm war, dass er in der ersten Zeit nach seinem Amtsantritte in Halle nur von den Geschenken lebte, die ihm fromme Leute in Magdeburg und Berlin auf die Reise mitgegeben hatten, so war er doch reich an Vertrauen auf Gott und an warmer Bruderliebe, die ihn drängte zu helfen, wo es nottat.
Es ist schon erwähnt worden, dass in Glaucha fast durchweg Arbeitsscheu und daher gänzliche Erwerbslosigkeit herrschte. Obenein befand sich Halle als Grenzort in der unangenehmen Lage, dass von allen Seiten Arme herbeiströmten, und so kam es, dass oft ganze Scharen derselben, Kinder und Greise, Männer und Frauen, vor allen Häusern der einigermaßen bemittelten Bürger, so auch vor dem Hause des neuen Pfarrers bettelnd sich einfanden. An eine ordentliche Armenpflege war zu jener Zeit noch nicht zu denken; eine solche kam beinahe erst ein volles Jahrhundert später nach Überwindung großer Schwierigkeiten zu Stande. Es war daher in der Tat ein sehr großes Verdienst Francke’s, dass er darauf bedacht war, eine Almosenordnung für die Amtsstadt Glaucha zu entwerfen, welche auch 1697 vom Kurfürsten bestätigt wurde und als die eigentliche Grundlage des noch jetzt bestehenden vorzüglichen Almosenwesens der Stadt Halle (denn 1707 wurde sie auch in dieser eingeführt) zu betrachten ist.
Als Francke nach Glaucha kam, war es dort üblich, dass jeder Hauswirt an einem bestimmten Tage in der Woche den Bettlern eine kleine Gabe austeilte; dies geschah begreiflicher Weise, um sich nicht täglich von den Almosenfordernden bestürmt zu sehen. Weil nun die Nachbarn der Pastorwohnung den Donnerstag zur Austeilung gewählt hatten, so fanden sich an diesem Tage auch zahllose Bettler vor Francke’s Hause ein. Er ließ anfänglich vor der Tür Brot unter sie verteilen und kam dabei bald auf den Gedanken, dies sei eine günstige Gelegenheit, den armen Leuten auch geistliche Speise zureichen, deren sie gewiss nicht weniger bedürftig seien als der leiblichen. Er trat deshalb eines Tages selbst unter sie, nachdem er sie in den Hausflur gerufen hatte, hieß auf die eine Seite die Alten, auf die andere das junge Volk treten und prüfte sie darauf aus dem Lutherschen Katechismus. Nur eine Viertelstunde verwendete er auf diese Katechisation, schloss mit einem Gebet und teilte dann erst die Gaben aus. Darauf ermahnte er sie allezeit des Donnerstags auf gleiche Weise in seinem Hause zu erscheinen. Dies war im Anfange des Jahres 1694.

Leider fand er eine erschreckende Unwissenheit unter den jungen Leuten und eine völlige Gleichgültigkeit gegen Gottes Wort bei den Alten. Die meisten der Kinder kannten nicht einmal die zehn Gebote; sie besuchten selten die Schule, weil ihre Eltern einesteils auch das unbedeutendste Schulgeld nicht geben konnten, andererseits auch ihre Kinder lieber betteln schickten, wovon sie mehr Vorteil für sich selbst zu haben meinten.
Dies Elend schnitt tief in das liebe warme Herz unseres Francke, der schon in Erfurt an den lieben Kindern seines Herzens Lust gefunden hatte, und seine erste Sorge ging zunächst dahin, die starre Gleichgültigkeit der Eltern gegen Gott und göttliche Dinge zu bekämpfen, damit er dann freiere Hand zur Unterweisung der Kinder selbst gewänne. Er gab jenen daher jedesmal, wenn sie sich zum Empfange ihres wöchentlichen Almosens Versammelten, etwa eine Viertelstunde lang freundlich und liebreich Erklärungen über die Hauptwahrheiten der christlichen Religion.
Francke mag dabei wohl klug zu Werke gegangen sein, sonst wären diese Leute gewiss weggeblieben, um den lästigen Fragen nach dem Grunde ihres Christentums und den Ermahnungen zu entgehen. Aber nur Einzelne ließen sich durch Starrsinn, Trägheit oder falsche Scham abhalten wiederzukommen, die Mehrzahl nahm mit Dank auch das Brot des Lebens hin.
Nun erbot sich Francke das Schulgeld für die bedürftigsten Kinder zu zahlen, wozu ihm die Einnahmen des sogenannten Klingelbeutels, die Kirchenpfennige, die Mittel darboten. Da ihm aber die Not der sogenannten „verschämten Armen,“ welche sich nicht entschließen konnten zu betteln, nicht minder zu Herzen ging, so schickte er bei christlich gesinnten Studierenden und andern Leuten, die ihm als mildtätig bekannt waren, eine Büchse herum, in welcher zur Unterstützung jener Armen freiwillige Beiträge gesammelt wurden. Auf diese Weise kam etwa wöchentlich ein halber Thaler ein, welchen er zur Versorgung der Hausarmen benutzte. Aber die Geber waren auf die Dauer nicht allezeit fröhliche, so dass es sich fast nicht mehr der Mühe verlohnte die Büchse umher zuschicken, und unser Armenfreund stellte daher diese Sammlungen wieder ein; die Büchse aber hing er in seiner Wohnstube auf und schrieb darüber:
„So Jemand dieser Welt Güter hat und siehet seinen Bruder darben und schließt sein Herz vor ihm zu, - wie bleibet die Liebe Gottes bei ihm? 1. Joh. 3,17.“
Unter der Büchse standen die Worte:
„Ein Jeglicher nach seiner Willkür, nicht mit Unwillen oder Zwang; denn einen fröhlichen Geber hat Gott lieb! 2. Korinth. 9,7.
Dieses geschah zu Anfang des Jahres 1695 und hatte einen bessern Erfolg als das frühere Verfahren. Leider aber hatte Francke dieselben Erfahrungen zu machen wie alle Menschen und vorzugsweise oft die Armenfreunde der Jetztzeit, nämlich dass so Manche derjenigen, denen Wohltaten erzeigt werden, sie missbrauchen, wodurch dann viele Geber sich für immer entmutigen und von fernerem Gutestun abschrecken lassen. Auch die Kinder, für welche Francke das wöchentliche Schulgeld bezahlte, holten dasselbe zwar pünktlich ab, verwendeten es aber zum Teil für andere Dinge und gingen nicht in die Schule. Als Francke, auf dergleichen Betrug aufmerksam gemacht, das Geld selbst abführte, benutzten viele Kinder und ihre gewissenlosen Eltern undankbarer Weise die dargebotene Gelegenheit, etwas zu lernen, wenig oder gar nicht mehr. So betrübend auch diese Erfahrungen für ihn sein mussten, verlor er doch weder den Mut noch die Lust, seine Bestrebungen in Gottes Namen fortzusetzen; denn das ist der Liebe Art und Wesen, dass sie sich eben so wenig erbittern lässt, wie sie nie müde wird. Zuweilen wurde Francke’s Eifer für die gute Sache hart genug geprüft, denn die Armenbüchse in seinem Hause blieb eine lange Zeit völlig leer, obwohl der Hilfesuchenden mit jedem Tage mehr wurden. Bekümmert, wie doch da zu helfen sei, wo seine eigene Kraft sich zu gering erweise, schlug Francke eines Tages seine Bibel auf, um sich Rat zu holen. Da fiel sein Auge auf die Stelle 2. Kor. 9,8.:
„Gott kann machen, dass allerlei Gnade unter euch reichlich sei, dass ihr in allen Dingen volle Genüge habt und reich seid zu allerlei guten Werken.“
Indem er noch darüber nachdachte, wie dies Wort wohl auch an ihm in Erfüllung gehen könne, fiel es ihm plötzlich wie Schuppen von den Augen, dass es dazu ja nur einiger Anstrengung und Entsagung von seiner Seite bedürfe: an dem Segen eines guten Erfolges werde es der treue Gott seiner Tätigkeit dann gewiss nicht fehlen lassen. Und bei dieser Gelegenheit ist es uns vergönnt, einen tiefen Blick in Francke’s liebevolle Gelehrtenseele zu tun, der uns den teuern Gottesmann nur noch werter machen muss.
Er gab nämlich 1695 in lateinischer Sprache ein Buch in monatlichen Heften heraus: „Erläuterungen und erbauliche Anwendungen einzelner Stellen der heiligen Schrift, nebst Berichtigungen der Luther’schen Übersetzung,“ eine Arbeit, welcher der vielbeschäftigte Mann den größten Teil der Nacht opferte, ja um derentwillen er selbst die Zeit seiner Abendmahlzeit verkürzte. Eben dieses Buches wegen wurde jedoch Francke vielfach angefeindet, weil er Luther’s Übersetzung mit dem Grundtexte verglich und Unrichtigkeiten in derselben nachwies. Da sehe man, sagten die Gegner, dass die neuen Pietisten Luther verdrängen und die von ihm geschaffene theologische Wissenschaft umstürzen wollten; aus ketzerischen Büchern habe Francke seine Anmerkungen entlehnt. Der Teufel treibe die Pietisten so weit, dass sie auch das Palladium der Kirche und ihre Hauptwehr gegen die Papisten verdächtig machten. Ja sogar von seinen Freunden, denen er einige Exemplare mit der Bitte zugeschickt hatte, für deren Verkauf zu sorgen, wurde er hart getadelt. Spener, wenn er auch in der Sache mit seinem Freunde übereinstimmte, missbilligte doch die schroffe Form und erschrak über das neue Ärgernis. Magister Schade in Berlin, der schon in Leipzig sein Freund geworden war, schrieb ihm darüber in seiner heftigen Weise einen Brief voller Vorwürfe.
Francke erzählte dem Tadler in einfacher Weise, in welch wehmütige Betrachtung er gegen das Ende des Jahres 1694 durch die Stelle 2. Korinther 9,8. „Gott kann machen, dass allerlei Gnade etc.“ geraten sei; wie er da gedacht: Ich möchte doch den Armen so gern viel mehr Gutes tun, wenn ich nur mehr dazu hätte; jetzt aber muss ich so Manchen, dem ich gern helfen möchte, mit leeren Händen von mir gehen lassen. Wie kann denn Gott machen, dass ich reich werde zu allerlei guten Werken? In eben dieser Zeit aber sei ein Brief aus Magdeburg von einem Freunde eingetroffen, worin ihm dieser seine Armut und Not, in die er wirklich unverschuldet gekommen, auf die rührendste Weise geschildert und ihn um Hilfe gebeten habe. Dies sei ihm durch’s Herz gegangen, und nach einem dringlichen Gebete zu Gott sei er auf den Gedanken gekommen, alle Monate ein Heftchen „Biblische Anmerkungen“ zu schreiben. Im Vertrauen auf des Herrn Beistand habe er die Sache auch ohne Aufschub und mit so reichem Segen ins Werk gesetzt, dass die bedürftige Familie im Laufe des Jahres an 150 Thlr. durch jene Schrift gewonnen und dadurch sich der Armut erwehrt habe.
„Dass wir die Exemplare dieser Schrift,“ fährt Francke in seiner Antwort an Schade wörtlich fort, „an Euch geschickt haben, das haben wir getan, weil wir uns alles Guten zu Euch versehen. Es sei aber ferne, dass wir Euch oder irgend Jemandem beschwerlich sein sollten. In der ganzen Sache habe ich nicht mir gesäet und will nicht für mich ernten: Gott zu Ehren und zum Nutzen des Nächsten ist es vorgenommen, geistlich und leiblich. Ich bin nicht gewohnt einen Heller zu sparen; ich bin zufrieden, wenn ich Nahrung und Kleider habe, und der liebe Vater körnt es mir zu wie den Küchlein, dass ich immer ein Körnchen nach dem andern kriege, nicht Mangel leide und nicht Überfluss habe und ihm in die Handsehen muss. Die Veranlassung zu der Schrift wollte ich gern verschweigen, aber es war wider die Liebe, meinen Bruder in einem solchen Argwohn zu lassen, und ich glaube, Du werdest nun gelinder von mir urteilen. - Wie steht’s denn nun, mein lieber Bruder? können wir wieder eins werden? siehe, Du schreibst: fehle ich, so bitte ich’s zugleich ab. Ich begehre keine Abbitte, sondern danke Dir; aber Dir bitte ich’s freundlich ab, dass ich Dir, zwar ohne mein Wissen und Willen, Ärgernis und Unruhe gemacht habe; kennst Du aber Deinen alten Francke nicht besser? - Willst Du eine Strafe Deiner Liebe haben? Der liebe Freund hat auch aus Not seine Bibel versetzen müssen; löse sie ihm ein: doch verbindet mein Gesetz Dein Gewissen nicht!“
Mit Rührung und Beschämung erkannte Schade, dass er sich in seiner raschen Weise übereilt habe, nahm seine Vorwürfe zurück und schrieb seinem biedern Freunde, indem er eine reichliche Geldunterstützung beilegte: „Hier schicke ich meine Strafe.“
Nachdem die Armenbüchse in Francke’s Wohnung fast ein Vierteljahr befestigt gewesen war, legte eine fromme Frau mit einem Male sieben Guldenstücke (4 Thlr. 20 Sgr.) hinein. Ihr Name ist uns dadurch bekannt geworden, dass diese summe das Grundkapitalgewesen ist, womit das große stattliche Waisenhaus zu Halle, diese Pflanzstätte christlicher Liebe, erbaut wurde. Wir nennen ihren Namen ohne Bedenken, weil die Trägerin desselben längst vor dem Vergelter alles Guten steht und nicht mehr vor einem ihre Demutverletzenden Lobe zurückschrecken kann: es war die Frau des Syndicus Dr. Knorr. [Diese Frau, Christine Sophie, war eine Tochter des Archidiakonus Rittmeyer, 1693 mit dem Universitäts-Syndikus Dr. Ernst Heinrich Knorr verheiratet. Sie ist am 26. Februar 1709 verstorben. Erst im Jahre 1714 ist Knorr zum K. Kommissionsrat ernannt.]

Als Francke die Gabe dieser wohltätigen Frau in seiner Armenbüchse fand, sagte er mit Glaubensfreudigkeit: „Das ist ein ehrlich Kapital, davon muss man etwas Rechtes stiften. Ich will eine Armenschule damit anfangen!“ Das war gegen Ostern des Jahres 1695.
Noch an demselben Tage kaufte er für 2 Thlr. Bücher und nahm einen armen Studenten an, der für 1 Thlr. monatlich die armen Kinder täglich 2 Stunden lang unterrichten sollte. Für die nächsten zwei Monate reichte ja das Geld zur Bestreitung der Lehrmittel und Lehrkräfte aus, und dann, hoffte er, werde Gott schon mehr bescheren. Heißt es doch auch in der Schrift: „Wirf dein Anliegen auf den Herrn, der wird dich versorgen.“

Du wirst uns nicht beschämen,
Weil du verboten hast
Mehr über sich zu nehmen
Als eines Tages Last.

So dachte auch der fromme Francke und fing die Sache in Gottes Namen an. Obgleich von den 27 Büchern, die er den Kindern in die Hände gegeben, nur 4 wieder zurückgebracht wurden (die übrigen hatten sie behalten oder verkauft), so schreckte dies den Armenfreund keineswegs ab. Hatte er doch noch 16 Groschen, wofür er, so weit das Geld reichte, neue Bücher kaufte, die er aber nach der Schule jetzt selbst aufbewahrte, wie es noch heute in der Armen-Freischule gehalten wird. Zum Schulzimmer hatte Francke einen kleinen Saal vor seiner Studierstube hergegeben. Auch dort ward eine Büchse befestigt, welche die Überschrift hatte: „Zur Information der armen Kinder und der dazu nötigen Bücher und anderer Zugehör. An. MDCXCV. Unter der Büchse stand der Spruch:
Wer sich des Armen erbarmet, der leihet dem Herrn, der wird ihm wieder Gutes vergelten. Sprüchw. 19,17.
Von da ab war auch e...

Table of contents