Lehrer werden!?
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Lehrer werden!?

Rainer Löwe

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Lehrer werden!?

Rainer Löwe

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Deutschland braucht dringend Lehrer. Viele Lehrer. Ambitionierte Lehrer. Gute Lehrer. Ein grundsätzlich sicherer, interessanter und gut bezahlter Job. Stellen gibt's genug. Also: Lehrer werden!Die Arbeitsbedingungen an den deutschen Schulen erscheinen vielen Lehrern heutzutage als unzumutbar. Häufig katastrophale Schulausstattungen, zunehmend Probleme mit Schülern, steigende Gewaltbereitschaft, zu große Klassen, Migration, Inklusion, Dokumentationspflichten und und und. Also: Lehrer werden?Nach einer umfassenden Darstellung des Lehreralltages warnt der Verfasser vor den politischen wie sozialen Folgen eines weiterhin zunehmenden Lehrermangels für die `Bildungsrepublik Deutschland´ und begründet hiermit seine dringenden Forderungen an die Politik.

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Information

Year
2020
ISBN
9783751963695
Edition
1
Subtopic
Sociologie

Hauptteil I.

Lehrer werden!

Der Imperativteil des Buchtitels steht zunächst einmal für die Aufforderung der Politik an angehende Studenten, sich für ein Lehramtsstudium und damit für den »schönsten Beruf der Welt« [Gisa Neumann: Beruf und Berufung – 40 Jahre im schönsten Beruf der Welt, 2013; vgl. auch Dietrich von Horn: 111 Gründe, Lehrer zu sein – Eine Hommage an den schönsten Beruf der Welt, Berlin 2013] zu entscheiden; denn hier ist man sich durchaus darüber bewusst, dass sich der gegenwärtige Lehrermangel mittel- bis langfristig für die Bildungsrepublik Deutschland* ohne eine dringend notwendige – aber welche? – Gegensteuerung sowohl zu einem gesellschaftlichen (Stichwort: der politisch mündige Bürger in der Demokratie) wie auch wirtschaftlichen Problem (steigende Qualifikationsanforderungen an die nachfolgenden Generationen) entwickeln wird. Als nunmehr negativer Höhepunkt dieser Entwicklung zeigen sich mittlerweile »Unterrichtsausfälle, als Stillarbeit getarnte Vertretungsstunden, größere Klassen und viel schlimmer: versäumter Lehrstoff. Manchmal so viel, dass Noten auf dem Zeugnis fehlen« [t-online tagesanbruch vom 10.08.2018] – katastrophale Voraussetzungen für eine auch weiterhin wirtschaftlich prosperierende Bundesrepublik Deutschland.
*) Weit über ein Jahrzehnt ist es jetzt her, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem sog. Qualifizierungsgipfel (dem Bildungsgipfel von Bund und Ländern in Dresden ab dem 22.10.2008) das Ziel formulierte: »Deutschland wird wieder Bildungsrepublik« [www.bundesregierung.de/breg-de/service/newsletter-und-abos/rundbrief-ausbildung/bildungsrepublik-deutschland-7741 84]. Doch von der erfolgreichen Umsetzung dieses ambitionierten Vorhabens der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Buches noch amtierenden Kanzlerin ist die BRD offensichtlich – auch oder besonders aufgrund des akuten Lehrermangels – noch immer weit entfernt.
Für den besagten Lehrermangel (landesweit konnten bspw. in NRW zum Schuljahr 2018/19 lediglich 61,6 Prozent der offenen Lehrerstellen besetzt werden, an meinem Schulstandort Krefeld waren es gar lediglich 47 Prozent [vgl. WZ vom 20.09.2018]) und den damit verbundenen übermäßigen Stundenausfall (im Schuljahr 2017/18 laut Schulministerin Gebauer [21.12.2018] bspw. in NRW 5,1 Prozent) gibt es offenbar drei Hauptgründe:
a) der seitens der einstellenden Landesregierungen häufig unterschätzte Geburtenanstieg (die Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes [DPhV], Susanne Lin-Klitzing, kritisiert die Länder, sie hätten »die Entwicklung verschlafen« [WN vom 12.10.2018]), b) der steigende Zuzug von Familien mit Migrationshintergrund (so auch der Bundesvorsitzende des Deutschen Lehrerverbandes [DL] Heinz-Peter Meidinger im WZ Jobmagazin vom 26.05.2018; gem. Klemm/Zorn [s.o.] »nicht nur in Folge der Flüchtlingsbewegungen«) und zudem c) die zu geringe Zahl an Lehramtsbewerbern im Verhältnis zum Bedarf, zumindest »unterhalb« des Gymnasial- bzw. Sekundarstufen II-Bereiches an Gesamtschulen. »Es klingt zunächst ganz gut: Stellen, um kleinere Klassen zu ermöglichen oder Stellen, um die Integrationsarbeit an Schulen zu stärken. Das große Problem ist jedoch, dass es auf dem Markt zu wenige Lehrkräfte gibt, gerade für den Sekundarbereich I und für die Grundschulen« [Stefan Behlau, NRW-Landesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), WZ vom 27.09.2018] – und genau um die Gründe für diesen mitentscheidenden Aspekt, der im Nachhinein (in Verbindung mit einer Erleichterung des Studienzuganges durch Absenkung des NC) die noch einzige verbleibende von außen (heißt: politisch) beeinflussbare Variable darstellt, geht es in diesem Buch: Warum gibt es auf dem von Herrn Behlau hier wie u.a. auch von der NRW Schulministerin (s.o.) angesprochenen »Markt« eine derart geringe Nachfrage? Da muss doch auf der Angebotsseite etwas nicht stimmen!
Als ein weiterer, jedoch aufgrund der voraussetzungslosen Antragstellungsmöglichkeit auf Teilzeitarbeit wohl auch weiterhin unabänderlicher Grund mag in der Tatsache begründet sein, dass mit Stand 09/2019 bspw. in NRW etwa jeder dritte Lehrer in Teilzeit arbeitet – im Grundschulbereich mit 22.458 von 48.285 gar fast jeder zweite [vgl. WZ vom 10.09.2019]. Dieser zusätzliche Aspekt sei lediglich der Vollständigkeit halber angemerkt. Hier eine Gesetzesänderung mit dem Ziel einer (künftig) eingeschränkten Teilzeitgenehmigung wäre gleichwohl sicher nicht zielführend; möglicherweise gar kontraproduktiv.
Das aktuelle Missverhältnis von Bewerberüberhang im Sek. II-Bereich auf der einen Seite und der eklatanten Bedarfsunterdeckung bei den übrigen Schulen lässt zumindest die Vermutung zu, dass bei den Sek. II-Bewerbern die inhaltlichen Aspekte (Anspruchsniveau), finanzielle Kriterien (höheres Gehalt) und/oder die hier zu erwartenden geringeren »Problemfälle« ein herausragendes Entscheidungskriterium darstellen (zu Letzterem vgl. Pkt. 3.: insbesondere Motivationsmängel, Verhaltensauffälligkeiten, höhere Zahl an Schülern mit Migrationshintergrund wie auch deutlich höhere Gewaltbereitschaft [gem. einer repräsentativen Studie zu Bedarfen von Kindern und Jugendlichen in Deutschland im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung, veröffentlicht in 07/2019; vgl. www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/GrauePublikationen/Studie_WB_Children_s_Worlds_2019.pdf, hier: S. 37f]). Möglicherweise zählt hier bisweilen auch die geringere Wochenstundenzahl, welche gleichwohl durch einen höheren Korrekturaufwand (zumindest bei den Hauptfächern und hier insbesondere bei den Abiturkorrekturen) kompensiert wird. Um diesem Missverhältnis entgegenzuwirken, hat die NRW-SPD im Oktober 2018 einen Gesetzentwurf zur finanziellen, schulformunabhängigen Gleichbehandlung aller Lehrer in den Landtag eingebracht [vgl. z.B. https:// philipp-fuer-duisburg.de/duisburger-spd-landtagsabgeordnete-gleicherlohn-fuer-gleiche-arbeit-gleiche-besoldung-aller-lehrerinnen-und-lehrerunabhaengig-von-der-schulform] (unberücksichtigt bleibt hierbei jedoch die Ungleichbehandlung der verbeamteten und nicht verbeamteten Lehrer). Ansatzweise wird dieses Ziel bereits in Berlin und Brandenburg umgesetzt, wo zum Beginn des Schuljahres 2019/20 die höhere Besoldungsstufe zumindest auch für Grundschullehrer eingeführt werden soll [WZ vom 05.10.2018].
Dass der Lehrermangel in den nächsten zehn Jahren die Schulen ganz unterschiedlich treffen wird, zeigen neue Modellrechnungen der Bundesländer dahingehend, als »je nach Land und Schultyp einerseits drastische Lücken und andererseits ein Überangebot an Lehrern erwartet werden. Die zentralen Befunde: Durchgängig bis 2030 sind vor allem Engpässe an Berufsschulen und Schulen der Sekundarstufe I (Haupt- und Realschulen) zu erwarten. Ebenfalls durchgängig ist deutschlandweit mit einem Überangebot an Gymnasiallehrern zu rechnen« [dpa, zit. nach WZ vom 06.12.2019].
Die Sinnhaftigkeit der diesem Phänomen entgegenzuwirkenden Maßnahmen, begleitet von einer medialen Lehrerwerbekampagne (s.u.: idealistisches Motiv), wie seinerzeit von der NRW-Landesregierung geplant (junge Lehrkräfte, die auf Sek. II studiert haben, sollen für zwei Jahre an einer Grundschule tätig werden, verbunden mit der Zusage, im Anschluss an eine Schule entsprechend ihrer Lehramtsbefähigung versetzt zu werden), bleibt insbesondere unter pädagogischen Gesichtspunkten zu bestreiten, denn die Sek. II-Ausbildung setzt auf diesem Gebiet ganz andere Schwerpunkte, so dass den entsprechend konzessionsbereiten Kandidaten hier sodann das notwendige pädagogische Werkzeug fehlt. Frustration und Versagen vorprogrammiert – mit den entsprechenden Negativfolgen für Lehrer wie vor allem auch für Schüler. Auch die weiteren Vorhaben wie die (gleichermaßen fragwürdige) Förderung von Quereinsteigern (aufgrund des Lehrermangels seien »schon Kräfte eingestellt worden, die nie ein Lehramtsstudium absolviert haben«, so der DL-Präsident Heinz-Peter Meidinger [ZDF heute vom 11.10.2018]) oder die Reaktivierung von Ruheständlern zeigen, wie sehr der Lehrermangel der Politik unter den Nägeln brennt. Erschwerend hinzu kommt in NRW (Stand: Dez. 2018) die Zusage der Schulministerin, für den für das kommende Schuljahr geplanten Schulversuch ‚Talentschule‘ in insgesamt 149 Schulen 400 zusätzliche Lehrerstellen zur Verfügung zu stellen. Wie dieses Vorhaben bei dem bereits bestehenden eklatanten Lehrermangel umgesetzt werden soll, bleibt offen.
Schule als »Schaltstelle unserer Zukunft«, wie sie anlässlich der Bildungsmesse DIDACTA im Februar 2018 von der Bildungsagentur enduversum nur zu treffend bezeichnet wurde, gerät mangels geeigneten Personals zunehmend ins Straucheln, was durch die am 02.05.2018 veröffentlichte repräsentative bundesweite Forsa-Umfrage des VBE [s.u.] dahingehend bestätigt wird, als einerseits 64 Prozent der befragten NRW-Rektoren den Lehrermangel als deren größtes Problem erachten, andererseits jeder dritte jüngere Rektor den Lehrerberuf nicht weiterempfehlen würde. Gründe hierfür gibt es – leider – mehr als genug (siehe nachfolgendes Kapitel Lehrer werden?).
Argumentativ für die Wahl des Lehrerberufes stützt sich die hiesige Imperativvariante im Wesentlichen auf drei zentrale Motive, wie sie i.d.R. je nach persönlichen Wünschen oder Vorstellungen mit individuell unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen miteinander kombiniert werden:
1.) Materielles Motiv: Die wohl wichtigste Ressource, die die Bundesrepublik Deutschland im internationalen (Wirtschafts-)Wettbewerb zu bieten hat, ist Bildung. In Bund und Ländern besteht jedoch ein mehr oder weniger (meist aber mehr) großer Mangel an qualifizierten Lehrkräften insbesondere an den allgemeinbildenden, beruflichen und sonderpädagogischen Schulen. Der Bedarf ist also – zumindest ‚unterhalb‘ des Sek. II-Bereiches und insbesondere bei den MINT-Fächern – vorhanden, mit der Konsequenz einer erhöhten Einstellungswahrscheinlichkeit für ausgebildete Lehrer nach ihrem zweiten Staatsexamen (Referendariat oder Vorbereitungsdienst). Gleich ob für angestellte oder verbeamtete Lehrkräfte besteht in diesem Berufsfeld wie auch für Seiten- bzw. Quereinsteiger eine vergleichsweise hohe Arbeitsplatzsicherheit bei einer angemessenen, im europäischen Vergleich sogar überdurchschnittlichen Bezahlung. (Zu der Ungleichbehandlung von angestellten und verbeamteten Lehrern an späterer Stelle noch eine kritische Anmerkung.)
Als Unterpunkt kommt beim Lehramt die Möglichkeit für junge Frauen hinzu, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in nur wenigen anderen akademischen Bereichen gleichermaßen – insbesondere durch die Option der individuell weitgehend gestaltbaren Stundenreduzierung – ermöglicht wird.
2.) Fachlich-inhaltliches Motiv: Das Lehramt bietet (neben der Lehre an Universitäten oder Hochschulen) angehenden Studenten sicher die beste Möglichkeit, Fächerkombinationen zu studieren, für die man sich inhaltlich begeistert, welche ihnen gleichwohl außerhalb des Lehrerberufes kein gesichertes Ein- bzw. Auskommen garantierten. Diese Motivation betrifft grundsätzlich alle (Schul-)Fächer, ganz besonders jedoch geisteswissenschaftliche wie auch musische Fächer sowie Sport.
3.) Idealistisches Motiv: Aus persönlicher Erfahrung bin ich davon überzeugt, dass die Wahl des Lehrerberufes i.d.R. nicht in erster Linie in einer materiellen Motivation begründet ist (in zweiter vielleicht schon), sondern in dem Interesse am pädagogischen Umgang mit jüngeren Menschen, dem Anspruch und Bestreben, unserem gesellschaftlichen Nachwuchs durch umfangreiche und angemessene Bildung in seinem schulischen und vor allem späteren beruflichen Leben eine möglichst optimale Unterstützung zu bieten. (Leider ist mir keine wissenschaftliche Untersuchung bekannt, welche meine o.g. [optimistische oder gar blauäugige?] Überzeugung stützt. Im Netz gibt es hierzu widersprüchliche, m.W. aber nicht statistisch oder empirisch fundierte Ansichten.)
Eine diametral entgegengesetzte These vertritt Sigrid Wagner in ihrem Buch Das Problem sind die Lehrer – Eine Bilanz [Rowohlt Verlag 2018]. Ihrer Erfahrung nach studieren »viele deshalb Lehramt, weil sie nicht wissen, was sie sonst anfangen sollten. Es ist ja auch ein schöner sicherer Job. Das große Ziel der meisten Junglehrer ist die Verbeamtung – und wer kann es ihnen mit Blick auf den Arbeitsmarkt verdenken? ( … ) Viele Aspiranten glauben aber auch, dass der Arbeitstag nach dem letzten Schrillen der Schulklingel erledigt ist, nicht wissend, dass er dann eigentlich erst losgeht« [ebd. S. 10].
Auf das oben genannte idealistische Motiv setzt auch die im April 2018, hinsichtlich ihres sprachlichen, weil vermeintlich zielgruppenorientierten (?) Niveaus sicher zu hinterfragende Lehrerwerbekampagne Schlau machen – Lehrer werden der NRW-Landesregierung [www.lehrer-werden.nrw].
Auf der Grundlage dieses Motives (»Idealismus in einem Schulalltag, den mehr und mehr Lehrermangel, Stundenausfälle und Dokumentationszwänge bestimmen, in dem der Unterricht zur Nebensache geworden scheint« [Christiane Kathrin Dase, WZ vom 27.08.2018 im Gespräch mit der Krefelder Berufskolleglehrerin Jehan Abushihab, betitelt Was für einen Job als Lehrer spricht]) bietet für viele (viele?) Lehrer, die offenbar weniger mit den im nachfolgenden Kapitel aufgeführten Problemen zu kämpfen haben, der Lehrerberuf volle Erfüllung und Zufriedenheit, wie bspw. Jehan Abushihab im o.a. WZ-Artikel zur Tätigkeit als Lehrer: »(Das) ist der tollste Beruf, den ich mir vorstellen kann. Ich kann meinen Schülern Dinge vermitteln, die auch mir persönlich wichtig sind: Wertschätzung, Respekt, eine Schule und ein Leben ohne Rassismus. Nirgendwo sonst kann ich so viele Menschen erreichen. Wenn das nur bei einem Bruchteil der Schüler klappt, bin ich schon happy.« – Jehan Abushihab unterrichtet vornehmlich Flüchtlingsklassen und Schüler mit besonderem Förderbedarf in Wirtschaftswissenschaften und Politik und ist eine der Protagonisten der o.e. Lehrerwerbekampagne der NRW-Landesregierung. Schön für Frau Abushihab, wenn der von ihr erreichte Bruchteil möglichst groß ist (oder wäre?).
Für manchen Lehramtsanwärter mag evtl. auch die vermeintlich vorteilhafte Ferienregelung für Lehrer als ein (zusätzliches, sicher aber nicht dominierendes) Berufswahlmotiv gelten. Je nach Fächerkombination haben Lehrer meist jedoch netto nicht übermäßig mehr Ferien als die in der Wirtschaft oft üblichen bzw. maximalen sechs Wochen, denn in diesen ‚unterrichtsfreien Zeiten‘ fallen i.d.R. umfangreiche, neben dem regulären Unterricht zeitlich kaum zu bewältigende Korrekturarbeiten wie auch Formalitäten oder evtl. auch berufliche Fortbildungsveranstaltungen an. Und die Sommerferien sind aufgrund der vor dem Ferienende grundsätzlich stattfindenden Konferenzen und Nachprüfungen grundsätzlich auch deutlich kürzer als die gut sechswöchigen Schülerferien. Nicht wenige Kollegen verbringen zudem einige Tage dieser Ferien bereits mit den inhaltlichen Planungen des kommenden Schuljahres (und sei es auch lediglich aus strategischen Gründen zwecks frühzeitiger Belegung des schulinternen Klassen- und Kursarbeitsterminkalenders). Und: Lehrer sind mit ihren Urlaubsreisen an die prinzipiell teureren Ferienzeiten gebunden und hinsichtlich eventueller Kurz- oder Spontanurlaube völlig unflexibel (ein Sachverhalt, der jedoch ganz allgemein auch auf die Eltern zutrifft, deren Kinder sich noch in der Schulausbildung befinden).
Weniger als zusätzliches Berufswahlmotiv, so doch als ein nicht zu vernachlässigender weiterer Vorteil des Lehrerberufes liegt zudem in der grundsätzlichen Option, ein Sabbatjahr einzulegen. Auch wenn mittlerweile zunehmend auch Unternehmen ihren Mitarbeitern die Möglichkeit einräumen, dieses aus den USA zu uns ‚herübergeschwappte‘, dort zunächst für Universitätsprofessoren entwickelte Arbeitszeitmodell (daher auch Sabbatical genannt) zu nutzen, besteht in der ‚freien Wirtschaft‘, anders als bei Lehrern, Beamten und Angestellten im Öffentlichen Dienst, jedoch kein gesetzlicher Anspruch darauf.
Gleichwohl droht insbesondere bei dem oben genannten rein idealistischen Motiv die nicht unwesentliche Gefahr, dass konkrete Berufserfahrungen im Laufe der Zeit zu großen Enttäuschungen führen, wenn die hochgesteckten pädagogischen Ziele aus welchen Gründen auch immer (siehe nachfolgende Ausführungen) nicht oder nur im geringen Maße erreicht werden. Lehrer mit geringer Frustrationstoleranz sind sodann psychisch und somit beruflich unweigerlich a priori zum Scheitern verurteilt. Beispiele hierfür gibt es leider in Fülle.

Lehrer werden?

Mehr und mehr jedoch rückt aufgrund der qualitativ wie insbesondere quantitativ offenbar stetig zunehmenden lehrerberufstypischen Aufgabenbereiche und Belastungsmomente die Interrogativform des Buchtitels bei potentiellen Lehramtskandidaten zweifelnd in den Vordergrund bei der Vorstellung, den Hauptteil ihres (Berufs-)Lebens als allgemeinbildender Lehrer zu verbringen, gleich zunächst an welcher Schulform. Natürlich sind vor allem die unten auch aufgeführten Unterrichtsvorbereitungen, -durchführungen und -nachbereitungen, Korrekturen, Konferenzen und Elterngespräche zentrale (und damit auch allgemein bekannte) Bestandteile des Lehrerberufsbildes – daher erscheinen sie qua grundlegende Aufgabenbereiche zunächst nicht ausdrücklich als implizite Belastungsmomente erwähnenswert, weil ja »normal«. In ihrer (wie gesagt: stetig zunehmenden) Summe jedoch entsteht hierdurch insbesondere im Zusammenhang mit allen weiteren berufsinhärenten Tätig- und Verantwortlichkeiten eine Gesamtbelastung, wie sie nicht nur von vielen Berufsanfängern mangels Kenntnis hiervon häufig unterschätzt wird, sondern vor allem von vielen Kollegen auf Dauer nicht mehr bewältigt werden kann.
Die Reihenfolge der nachfolgenden Aufstellung ist eher zufällig als bewertend gewählt, so dass diese keinerlei Rückschlüsse auf deren – individuell wie...

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