Wilhelm Bergsträßer
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Wilhelm Bergsträßer

Kritischer Priester und Philosoph

Peter Grampp

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Wilhelm Bergsträßer

Kritischer Priester und Philosoph

Peter Grampp

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Pfarrer Wilhelm Bergsträßer war der erste Anstaltsgeistliche in der Hubertusburg. Er hat in seiner kurzen Zeit dort zwischen 1839 bis 1844 drei Bücher veröffentlicht. Das eine behandelt die Qualifizierung von Pflegepersonal für die Betreuung psychisch Kranker, das zweite das strafrechtliche Disziplinierungssystem zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts und beim dritten Band hat er Predigten für psychisch kranke Menschen und Strafgefangene veröffentlicht. Bergsträßer ist nicht nur Zeitzeuge der Neuordnung der Hubertusburg sondern auch ein zeitlich nahestehender Zeuge der Geschichte des Schlosses, des Sächsisch - Preußischen Krieges und der Napoleonischen Kriege und hat diese Inhalte mit übermittelt.

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Information

Year
2015
ISBN
9783738698336
Edition
1
Topic
History
Index
History

Anhang 1: Die Pflege und Wartung der Irren

Pflege und Wartung der Irren.
Von dem Vereine der deutschen Aerzte zu St. Petersburg
gekrönte Preisschrift
Von
Wilhelm Bergsträßer,
Dr. der Philosophie und Pastor der Königlich Sächsischen vereinigten
Landes-Anstalten zu Hubertusburg.
Η άγαπη μαϰρϑυμει, χρησιευειαι· ή άγαπη ού ζηλοι· η άγαπη ού περπενεται, ούϰ άχ ϭχη- μουει, ού ζητει τα έαυτης, ού παροξυνεται · παντα στεγει, παντα πιστευει, παντα έλπιζει, παντα ύπομενει.
Paulus I ad Cor. XIII., 4 et 7152
Leipzig,
Verlag von Leopold Voß
1844.
Dem edlen Menschenfreunde und eifrigen
Beförderer alles Guten
Sr. Excellenz
dem Herrn wirklichen Geheimen Rathe
Dr. Rühl,
Kaiserlich Russischem Leibmedicus, Medicinal-Inspector sämmtlicher
Institute der Kaiserin Maria zu St. Petersburg
in tiefster Verehrung
gewidmet
vom Verfasser.
Vorwort.
Die Fürsorge für die Rettung der Unglücklichen, deren Seelenleben gestört ist, gehört zu den heiligsten Angelegenheiten der Menschheit. Die Wichtigkeit einer liebevollen Pflege und Wartung zur Erreichung des ärztlichen Zieles, und, wo keine Genesung mehr zu hoffen steht, zur Milderung des traurigen Looses dieser Unglücklichen, ist längst anerkannt. Alle Irrenärzte haben in ihrem menschenfreundlichen Streben stets darauf hingewiesen und darauf hingearbeitet. Aber dennoch fehlt in der „liebevollen Pflege und Wartung der Irren“ oft nichts mehr, als eben die Liebe. Man hat sie durch Geld erkaufen, durch Controle ersetzen, durch Strafen erzwingen, in einzelnen Classen der menschlichen Gesellschaft vorzugsweise suchen wollen, aber vergeblich. – Schon längst hat der Verfasser dieser wichtigen Angelegenheit der Menschheit und Menschlichkeit große Aufmerksamkeit gewidmet. Sie wurde ihm besonders an das Herz gelegt durch Begründung der hiesigen königk. Landesversorganstalt, in dem er als Seelsorgerder huesigen Strafanstalten zugleich die Seelsorge an den später begründeten Instituten, dem Landeskrankenhause, welches für heilbare Kranke, besonders für solche, welche an schweren chronischen Uebeln leiden, und dem Landessiechhause, welches für unheilbare Geisteskranke, besonders für Blödsinnige mit und ohne Epilepsie bestimmt ist, zu übernehmen hatte. Bei dem hohen Interesse, welches er an diesem, in die Zwecke der Heilanstalten tiefeingreifenden Gegenstande nahm und vermöge seiner amtlichen Stellung zu nehmen sich doppelt aufgefordert fühlte, blieb ihm, was die Koryphäen der Psychiatrie und edle Menschenfreunde darüber geschrieben haben, nicht unbekannt. Es würde ihm bei der anerkannten Vortrefflichkeit dessen, was in den Schriften eines Esquirol, Pinel, Georget, Reil, Heinroth, Roller, Rostiz und Jänckendorf u.s.w. darüber enthalten ist, nicht eingefallen sein, durch Aufzeichnung seiner Ansichten sich der Gefahr auszusetzen, nur eine Ilias post Homerum zu schreiben, wenn ihm nicht, je sorgfältiger er die Ansichten und Vorschläge dieser durch Wissenschaftlichkeit, Erfahrung und Menschenliebe um die theoretische Fortbildung und weitere Verbreitung der praktischen Anwendung der Psychiatrie hochverdienten Männer prüfte, desto einleuchtender geworden wäre, daß zwar das Ideal der Irrenwartung und Pflege trefflich von ihnen gezeichnet, das rechte Mittel aber zur Verwirklichung desselben entweder zu wenig beachtet oder doch zu wenig hervorgehoben worden sei. Während er diesem hochwichtigen Gegenstande seine ganze Aufmerksamkeit widmete und mit großem Interesse alle auf denselben sich beziehenden Erscheinungen verfolgte, um sich selbst überdas rechte Mittel zur Erreichung einer liebevolleren, dem ärztlichen Ziele entsprechenden Krankenpflege in öffentlichen Heilanstalten klarer zu werden; freute er sich, in folgender Nachricht eine äußere Veranlassung zur Aufzeichnung seiner Ansichten, Wünsche und Vorschläge zu finden. Diese Nachricht war enthalten in Nr. 84 der Leipziger Zeitung vom Jahre 1842 und lautete wörtlich also: „St. Petersburg. In diesen Tagen ist ein von Sr. Majestät höchstbestätigtes neues Verfassungsreglement für unsre hiesige Hauptirrenanstalt erschienen, ihrer Tendenz und ihren Bedürfnissen wohlthuender entsprechend, denn das frühere. Die ärztliche Oberaufsicht über dasselbe führt der wirkliche Geheime Rath Dr. Rühl, Medicinal-Inspector aller Institute der Kaiserin Maria. Derselbe hat in diesen Tagen den Concurs zur Beantwortung einer Preisfrage eröffnet: „Wie können für Irrenanstalten menschenliebende Wärter und Aufseher gewonnen werden?“ Für die gekrönte Preisschrift sind 100 Ducaten fixirt.“ Nicht der Gedanke an das goldene Ziel, das der Verfasser um so weniger zu erreichen hoffen konnte, als dieser Gegenstand der ärztlichen Wissenschaft und Praxis näher liegt, denn der geistlichen, - wie denn auch wirklich nur Aerzte mit ihm concurriten; - sondern das warme Interesse an dieser heiligen Angelenheit der Menschheit und der innige Wunsch, durch Darlegung seiner Ansichten und Vorschläge auch außerhalb der engeren Gränzen seines Berufes Etwas, - wenn auch nur ein kleines Scherflein - dazu beizutragen, das Loos seiner unglücklichsten Brüder und Schwestern zu mildern und die Erreichung des schönen Zieles, welchem Wissenschaft und Kunst edler Menschenfreunde so viele segensreiche Sorgfalt widmen, nach Kräften fördern zu helfen, führte ihm die Feder bei Entwerfung der nachstehenden Schrift. Daß sie, - nebst der Schrift meinestheuren Landsmannes, des Herzoglich Nassauischen Herrn Medicinalassistenten Basting zu Ebersbach am Rheine, - von dem Vereine der deutschen Aerzte in St. Petersburg des Preises für würdig erachtet worden ist, hat mir - ich verhehle das nicht - um so größere Freude bereitet, je mehr diese Angelegenheit mir am Herzen liegt, und je weniger ich mich für berechtigt hielt, auf ein solches Resultat hoffen zu dürfen.
Herrn Staatsrath Dr. Seidlitz, d.Z. Secretair des deutschen ärztlichen Vereines zu St. Petersburg, spricht in dem officiellen Schreiben vom 15/27 Februar d. J., worin mir die zu Gunsten meiner Concursschrift gefällte Entscheidung mitgetheilt wird, in seinem und seiner Herren Collegen Namen die Hoffnung aus, diese Schrift baldigst gedruckt zu sehen. Dieser Hoffnung zu entsprechen ist mir eine theure Pflicht, welcher ich mich nicht entschlagen kann und will. Dessenungeachtet berge ich nicht, daß ich mit Bangigkeit daran gehe, diese Arbeit - nun nicht mehr, wie bei der Preisbewerbung, mit verschlossenem, den Namen verbergendem Couverte - dem größeren Publicum zu übergeben, da ich nur zu wohl erkenne und fühle, wie weit die Ausführung hinter der Idee, welche mir vorschwebte, zurückgeblieben ist. Nur das ehrenvolle Urtheil des durch gediegene Wissenschaft, wie durch gereifte Erfahrung und edlen Eifer für Menschenwohl gleichmäßig ausgezeichneten deutschen ärztlichen Vereines zu St. Petersburg, sowie namentlich von demselben ausgesprochene Hoffnung: „daß durch Veröffentlichung derselben den unglücklichen Irren aller Länder Heil und Nutzen daraus erwachsen werden,“ ermuthigt mich dazu. Diese theure Hoffnung ist mein innigster Wunsch. Ihre Verwirklichung wird meine schönste Freude sein. Möge der Herr viele edle Herzen zu deren Erfüllung erwecken und segnen.
Hubertusburg, d. 27. April 1844.
Bergsträßer.

Inhalt.

Einleitung
§ 1.Allgemeine Bezeichnung des Gegenstandes
§ 2.Aufseher und Wärter
§ 3.Wichtigkeit tüchtiger und menschenfreundlicher Wärter für Irrenheilanstalten
§ 4.Schwierigkeit in Erlangung tüchtiger Wärter für Irrenheil anstalen
§ 5.Wichtigkeit des Aufseherpostens. Schwierigkeit in Erlangung tüchtiger Aufseher für Irrenheilanstalten
§ 6.Uebersicht und Anordnung
Erster Abschnitt. Wie kann man am besten tüchtige, menschenliebende Wärter für Irrenheilanstalten gewinnen?
§ 7.Uebersicht
Cap. I. Darstellung und Beurteilung der Maßnehmung, wonach man unter denen, die solche Stellen um desLohnes willen suchen, mit Vorsicht die Geeignetstenauswählen und durch Vortheile an Lohn und Verpflegung ihren Diensteifer und ihre Pflichttreue erhöhen will.
§ 8.Darstellung dieser Ansicht
§ 9.Beurttheilung derselben
Cap. II Personen, die im Militair gedient und sich In diesem dienste ausgezeichnet haben.
§ 10. Begründung dieser Ansicht
§ 11. Beurtheilung derselben
Cap. III. Genesene Geisteskranke und Reconvalescenten
§ 12. Begründung dieser Ansicht
§ 13. Beurteilung derselben
Cap. IV. Verwendung der Strafgefangenen zu Wärterdiensten.
§ 14. Darstellung der Motivirung dieser Maßnehmung
§ 15. Beurteilung dieser Einrichtung
Cap. V. Einführung geistlicher Wärterorden.
§ 16. Darstellung dieser Ansicht, nebst kurzer geschichtlicher Uebersicht
§ 17. Beurtheilung dieser Ansichten
Cap. VI. Resultate, Erfahrungen und darauf gegründete Vorschläge.
§ 18. Zerlegung der Hauptfrage
§ 19. Woher sind die Personen zum Wärterberufe an Irrenheilanstalten zu wählen?
§ 20. Wodurch ist die Geneigtheit und Liebe zum Irrenwärterberuf zu wecken und zu beleben
§ 21. Wodurch sind die zum Irrenwärterberufe erforderlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten auszubilden?
§ 22. Wodurch können die angestellten Wärter und Wärterinnen in ihrem Diensteifer und namentlich in ihrer Menschenfreundlichkeit fortwährend erhalten und gestärkt werden?
Zweiter Abschnitt. Wie kann man die Aufsicht bei Geisteskranken dem ärztlichen Ziele entsprechend am besten einrichten?
§ 23. Uebersicht
§ 24. Aufsicht der Wärter über die Irren
§ 25. Aufsicht der Aufseher über die Wärter und Irren
§ 26. Aufsicht der oberen Beamten über Aufseher, Wärter und Irren

Einleitung

§ 1.

Allgemeine Bezeichnung des Gegenstandes

Es ist ein großer und von Jedem, dessen Herz für Menschen wohl schlägt, mit dem wärmsten Danke anerkannter Vorzug unsres Jahrhunderts, daß die Weisheit und Liebe der Fürsten und obersten Staatsbehörden der leidenden Menschheit immer größere Fürsorge und namentlich den Unglücklichsten unter den Unglücklichen, den ehemals so sehr vernachlässigten Geisteskranken, die menschenfreundlichste Sorgfalt widmen, um ihnen Hülfe und Rettung zu bereiten. Man darf nur eine Irrenanstalt aus der ersten, ja selbst aus der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, die den Namen einer Heilanstalt nicht einmal beanspruchte, geschweige denn verdiente153, mit einer solchen der Ge genwart vergleichen, darf nur dort das trost- und hoffnungslose Verdammtsein zu lebenslänglicher unverschulteter Haft beobachten und das schaurige Rasseln der Ketten vernehmen, an welchen die unglücklichen Opfer des Wahns in immer tieferen Wahnsinn verfielen und man wird bei der Betrachtung einer wohleingerichteten Irrenheilanstalt der Gegenwart, wo man Alles, was Wissenschaft und Menschenliebe zur Herstellung der Irren oder doch zur Erleichterung ihres traurigen Schicksals zu thun vermögen, vereinigt sieht, mit dem gerührtesten Danke sowohl der fürsorgenden Liebe derer gedenken, welche solche segensreichen Anstalten in das Dasein riefen und zu immer höherer Vollendung zu führen suchen, als auch derer, welche durch ihr menschenfreundliches Wirken so viele Leiden mildern und Unglückliche, welche in früherer Zeit fast rettungslos verloren waren und im tiefsten Elende schmachteten, ihrer Familie und dem Vaterlande als nützliche Glieder wiederzugeben bemüht sind. Menschenliebe und Unglück achtende Fürsorge von Seiten der Regierungen und die Wissenschaft und Kunst bewährter und hochverdienter Aerzte reichen sich die Hand zu dem edlen Bunde, dieser Unglücklichen Trost und Hülfe zu sein. Die dankenswerthen Fortschritte der Psychiatrie haben ebenso in Russland, wie in England, Frankreich und Deutschland die verdiente Anerkennung, in der besseren Einrichtung und Verwaltung schon vorhandener, sowie in der Begründung neuer vortrefflicher Irrenheilanstalten ihre Anwendung und in vielen glänzenden Resultaten ihre Bewährung gefunden. Wie mancher, dessen Geisteslicht durch die phantastischen Bilder des Wahnes umnebelt oder durch die dunklen Schatten der Melancholie umdüstert war, blickt mit Gefühlen des innigsten Dankes nach jenen Stätten des Heils zurück, wo das Licht seines Geistes die frühere Klarheit wieder erlangt hat und Eltern und Kinder und Gatten und Freunde segnen mit ihm das Wirken der Anstalt und der edlen Männer, welchen sie nächst Gott die Rettung des Theuern, der ihnen nun aufs Neue wieder geschenkt worden, zu verdanken haben.
Je weiter indeß die Psychiatrie fortgeschritten ist, und je eifriger die edle Fürsorge der Regierungen und die menschenfreundlichen Bestrebungen verdienstvoller Aerzte dahin wirken, die ihrer Oberaufsicht oder unmittelbaren Leitung anvertrauten Irrenheilanstalten dem Ideale derselben nahe und immer näher zu führen; desto weniger kann die fürsorgende Liebe sich verhehlen, daß hier und da noch gar Manches zu wünschen übrig sei. Nur persönliche Eitelkeit, welche hier, wo es sich um die Rettung des theuersten Gutes, um die Wiedererlangung des freien Gebrauches der köstlichen Gottesgabe handelt, wahrlich verbannt sein sollte, will sich oder Andern dies nicht einge stehen. Um den Schein zu gewinnen, als ob das Höchste schon errungen sei, das Vollendetste in dem Vorhandenen schon dastehe, sträubt nur sie sich gegen Verbesserungen, während die wahre Liebe, der es nicht um blendenden Schein und um ungegründeten Ruhm, sondern einzig und allein um die glückliche Erreichung der Anstaltszwecke zu thun ist, auch an dem, was Hunderten genügt, noch Mängel wahrnimmt und auf deren Abstellung und Verbesserung bedacht ist. Es sind ja, wie an öffentlichen Anstalten überhaupt, so insbesondere an Irrenheilanstalten so viele verschiedenartige Kräfte wirksam, von welchen jede einzelne für die beabsichtigte Erreichung des Zieles von hoher Bedeutung ist, daß es weder der höheren Aufsichtsbehörde, noch den Anstaltsbeamten, noch dem öffentlichen Rufe der Anstalt zum Nachtheile gereichen kann, wenn man Gebrechen wahrnimmt, die bis jetzt auch bei der sorgfältigsten Aufsicht und Leitung noch nicht gänzlich abgestellt werden konnten. Ist es nicht rühmlicher, diese Mängel offen einzugestehen und nach Mitteln zu deren Abhülfe zu forschen, als um des Rufes der Anstalt willen sie zu verhehlen? Würde in dem letzteren Falle nicht das lebenskräftige Gedeihen der ganzen Anstalt sowohl, als auch namentlich das Wohl ihrer Pfleglinge der persönlichen Eitelkeit zum Opfer gebracht? Wem von Seiten seiner Untergebenen das Mittelmäßige und Alltägliche genügt, wird man von dem mehr, als Mittelmäßiges und Alltägliches erwarten können?
Doch ich gedenke, indem ich dieses schreibe, nur Eines, aber eines sehr wichtigen. Mangels, an welchem alle, namentlich größere Irrenheilanstalten mehr oder weniger leiden, mögen sie es nun eingestehen oder nicht, nämlich des Mangels an tüchtigen und menschenfreundlichen Aufsehern und Wärtern. Mag es auch kleinen Privatanstalten gelingen, für die geringe Anzahl ihrer Pfleglinge solche Wärter zu finden, welche durch ihre verständige und menschenfreundliche Behandlung die Bemühungen des Arztes unterstützen und in dessen psychische Behandlungsweise eingehend, mit ihm in Liebe und Vorsicht nach demselben Ziele hinwirken; für die größeren Anstalten ist die Erlangung der erforderlichen Anzahl tauglicher Wärter eine längstgefühlte Schwierigkeit, die denjenigen Beamten, welche in jeder Beziehung das Vollkommenste erreichen oder erreicht sehen möchten, um so mehr sich aufdrängen muß, je einflußreicher die Dienstleistungen des Wärterpersonals auf die Erreichung dieser Zwecke sind.

§ 2.

Aufseher und Wärter.

Um jeden durch die Benennung der verschiedenen Dienstleute entstehenden Missverständnisse vorzubeugen, ist es erforderlich, diejenigen Classen des Dienstpersonals, von welchen in dieser Schrift die Rede sein soll, näher zu bezeichnen. In dem Aufsichts- oder Dienstpersonale der Irrenheilanstalt zählt man nämlich alle Bedienstete, welche den oberen Beamten untergeben sind, vom Aufseher abwärts, mag nun ihre besondere Function sein, welche sie wolle. Es handelt aber diese Schrift nur von denjenigen Bediensteten, welche mit den Geisteskranken selbst in unmittelbare dienstliche Verbindung treten, von den Wärtern und Aufsehern.
Die Wärter, auch Aufwärter, Diener, zuweilen auch insofern Aufseher genannt, als sie die unmittelbare Aufsicht über die ihnen anvertrauten Irren zu führen haben, sind von den Letzteren, den Aufsehern, welche auch zuweilen Oberwärter genannt werden, als ihren unmittelbaren Vorgesetzten wohl zu unterscheiden. Jenen, den Wärtern, liegt die Bedienung, Wartung, Pflege und Beaufsichtigung der Geisteskranken ob, den Aufsehern aber vorzüglich die Beaufsichtigung der Wärter. Der berühmte eng...

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