Terrorismus
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Terrorismus

Alles was man wissen muss

Walter Leonhardt

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  1. 108 pages
  2. German
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Terrorismus

Alles was man wissen muss

Walter Leonhardt

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In Akira Kurosawas Filmklassiker "Die Sieben Samurai" heißt es: "Die Bauern sind sehr kindisch. Sie machen sich ewig Sorgen ĂŒber dies und das. Einmal klagen sie ĂŒber Trockenheit, dann ĂŒber zu viel Regen. Sie fĂŒrchten Hagel und Frost. Sie leben stĂ€ndig in Angst. Immer gegen sie mit Sorgen schlafen und stehen mit Sorgen auf. Heute war es auch nicht anders. Sie haben Angst vor euch gehabt. Das ist alles!"Der Samurai antwortet darauf: "Ich verstehe das nicht!"Mit Terrorismus verhĂ€lt es sich genauso: Die Menschen sind sehr kindisch, machen sich ewig Sorgen und leben stĂ€ndig in Angst. Immer gehen sie mit Sorgen schlafen und stehen mit Sorgen auf.Damit Du in Zukunft weniger Bauer und mehr Samurai bist, wurde dieses Buch ĂŒber Terrorismus geschrieben. Es enthĂ€lt alles, was Du wissen musst, damit Deine Angst durch Wissen und Verstehen ersetzt wird.

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Information

Year
2016
ISBN
9783741203152
Edition
1
Topic
Derecho

1. Was ist Terrorismus?

Egal ob Frankreichs RevolutionĂ€re 1789, die texanischen AufstĂ€ndischen 1836, die jĂŒdischen PalĂ€stina-Insurgenten der 1940er Jahre, ebenso aber Mahatma Gandhi und Nelson Mandela – sie alle wurden von den von ihnen bekĂ€mpften Machthabern als Terroristen bezeichnet. BezĂŒglich letzterem schrieb auch Dick Polman, dass wenn Mandela ein Terrorist gewesen sei, dieselbe Aussage fĂŒr George Washington und alle anderen GrĂŒndervĂ€ter der Vereinigten Staaten von Amerika gilt (vgl. Polman 2013).
Daher kann man sagen, dass der Begriff „Terrorismus“ eine negative moralische Wertung fĂŒr eine Tat darstellt, die vor allem von Vertretern rĂŒcksichtsloser Realpolitik fĂŒr Akte wieder ihrer bestehenden Ordnung verwendet wird (vgl. Chaliand/Blin 2007a: 212). Terroristen selber wĂŒrden sich niemals als „Terroristen“, sondern als Rebellen, Widerstands- oder „FreiheitskĂ€mpfer bezeichnen (vgl. ebd.).
So gesehen kann man sagen, dass legitime Staatsgewalt zum Terrorismus rein logisch betrachtet in einem Àhnlichen VerhÀltnis wie die Werbung zur Propaganda steht: Das, was Du selbst oder Teile Deiner Gruppe machen, kann niemals Propaganda / Terrorismus sein, da eigenes Handeln immer als prinzipiell legitim wahrgenommen wird. Daher kritisiert man am eigenen Werbe- / kriegerischem Verhalten die Ausschweifungen im Sinne von Exzessen, da diese Ausnahme des eigenen an sich richtigen Verhaltens ist. Da man aber sicher selber legitimiert und damit als gut ansieht, unterstellt man dem anderen automatisch, dass dieser nicht legitimiert und damit von schlechter Gesinnung ist. Daher muss folglich bei diesem der Exzess die Regel, Vernunft und Ordnung dagegen die Ausnahme1 sein (vgl. Asad 2007: 15f.; vgl. hierzu Bernays 22f.).
Der Begriff „Terrorismus“ ist aus dem lateinischen von „terrere“ abgeleitet und bedeutet „zittern lassen“ (vgl. Chaliand/Blin 2007b: vii). In diesem Sinne stellt Terrorismus also eine Waffe psychologischer KriegsfĂŒhrung dar, die den Zweck verfolgt, entweder die eigene Bevölkerung oder eine Fremdbevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen, um Widerstand zu brechen (vgl. ebd.).
SpĂ€testens seit Albert Wohlstetters 1958 veröffentlichtem „balance of terror“-Strategiepapier gilt Terrorismus als anerkanntes modernes Machtmittel (vgl. Chaliand/Blin 2007a: 209). Dieser sprach als erster von Variationen indirekter Konflikte, zu denen Guerrilla-Krieg und Terrorismus hinzu gezĂ€hlt werden (vgl. ebd.). In diesem Sinne schrieb auch der Schweizer Armeemajor Hans von Dach, dass diese fortdauernde Form von Kleinkrieg „eine der schĂ€rfsten und abschreckendsten Waffen des Kleinstaates“ ist und es falsch wĂ€re, auf „diese im grossen Rahmen gesehen so starke KrĂ€fte bindende Waffe aus Scheu, falschem Ehrbegriff oder ĂŒberholten Vorstellungen zu verzichten“ (vgl. Dach 1985: 10). Das, was wir heutzutage unter „Terrorismus“ verstehen, kann daher als „Waffe der Schwachen gegenĂŒber den Starken“ bezeichnet werden2, wobei die Frage, ob Terroristen „Helden oder Feiglinge“ sind, erstens eine Frage der Perspektive, zweitens von Interpunktion3 ist. Drittens hĂ€ngt diese davon ab, ob Terroristen sich letzten Endes durchsetzen oder nicht. Denn Sieger schreiben Geschichte.

1 Edward Bernays schrieb in diesem Sinne auch bezĂŒglich der Propaganda, dass „a group of citizens writes and talks in favor of a certain course of action in some debatable question, believing that it is promoting the best interest of the community. Propaganda? Not a bit of it. Just a plain forceful statement of truth. But let another group of citizens express opposing views, and they are promptly labeled with the sinister name of propaganda“ (vgl. Bernays 1928: 22f.). Beachte hierzu bitte Abschnitt 15!

2. Ist religiöser Terrorismus ein neuzeitliches PhÀnomen?

Religiöser Terrorismus ist ebenso neu wie Religionen neu sind. In dem Augenblick als Menschen begannen, an unterschiedliche Dinge zu glauben, begannen sie auch damit, AndersglĂ€ubige deswegen auf den Kopf zu schlagen. Nicht ohne Grund lautet das erste Gebot der Bibel „Ich bin der Herr, Dein Gott. Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.“
Und ebenso wie bei einem Regierungswechsel oftmals aus Helden der Vergangenheit die Schurken der Gegenwart wurden, so wurden auch die Götter der Vergangenheit zu den Teufeln der Gegenwart erklĂ€rt4, wenn man bedenkt, dass Satans viele Namen alles Götternamen von durch das Juden- oder Christentum unterworfener Kulturen sind (vgl. La Vey 1999: 40-47). Daher ist auch „heiliger Terror“ im Namen der Religion ein geschichtlich immer wiederkehrendes PhĂ€nomen, das sich von den jĂŒdischen Zeloten ĂŒber persische Assassinen und böhmische Taboriten bis zum heutigen Islamistischen Terror nachzeichnen lĂ€sst (vgl. Chaliand/Blin 2007c: 2f.). Die KreuzzĂŒge erwĂ€hne ich erst gar nicht...

2 Vgl. Chaliand/Blin 2007b: viii
3 Paul von Watzlawicks 3. Axiom menschlicher Kommunikation kommt hierbei ins Spiel (vgl. Leonhardt 2016b: 3; siehe auch Abschnitt 15 in diesem Buch).

3. Ist religiöser Terrorismus als typisch islamisch zu bezeichnen?

Hierzu stelle ich die Gegenfrage: Was sagt Dein gesunder Menschenverstand dazu?

4. Wie der aktuelle Siegeszug von Selbstmordattentaten in der Neuzeit begonnen hat: Der Protestsuizid

Die Amerikaner sagen „Mit Terroristen verhandeln wir nicht“. Der Sinn dahinter ist Folgeattentate Ă€hnlichen Musters zu verhindern. 1963 galt diese Devise anscheinend noch nicht, denn ansonsten hĂ€tten SelbstmordanschlĂ€ge nicht ihren Siegeszug um die Welt gehalten. Denn bis dahin waren deren VorlĂ€ufer – sogenannte „Protestsuizide“ - ein vereinzelt auftretendes lokales PhĂ€nomen, das vor allem in SĂŒdostasien beobachtet werden konnte.
1963 inszenierte der vietnamesische Buddhistenmönch Thich Quang Duc seine Selbstverbrennung medial, um damit gegen die von den USA unterstĂŒtzte sĂŒdvietnamesische Regierung zu protestieren (vgl. Graitl 2011: 40). Associated Press-Fotograf Malcolm Browne schoss davon ein Foto, das wie ein Lauffeuer um den Globus ging und weltweit Proteste gegen die USA und SĂŒdvietnam auslöste. PrĂ€sident Kennedy wollte, dass die Bilder des brennenden Mönchs unter allen UmstĂ€nden aufhören und entsagte der mit Amerika verbĂŒndeten sĂŒdvietnamesischen Regierung jegliche UnterstĂŒtzung, woraufhin das Diem-Regime geschlossen zurĂŒcktreten musste (vgl. ebd. 41).
Durch PrĂ€sident Kennedys menschlich verstĂ€ndliches, doch politisch falsches Entscheiden sahen Nachahmer weltweit, dass sich Protestsuizide lohnen können, wodurch die BĂŒchse der Pandora geöffnet wurde und seitdem nicht mehr geschlossen ist.

4 Vgl. La Vey 1999: 39.

5. Die Arten von Selbstmord

Die Wissenschaft unterscheidet in zwei Arten von Selbstmord, den egoistischen und den altruistischen Selbstmord. Egoistischer Selbstmord entsteht aufgrund innerer Konflikte und Probleme, die in Hoffnungslosigkeit mĂŒnden, sodass man seinem Leben kurzerhand ein Ende macht. Es stellt eine Art von verspĂ€tetem Hilfeschrei dar, der ausdrĂŒcken soll, dass der Selbstmörder Probleme hatte, zu deren Lösung er sich nicht mehr imstande sah (vgl. Graitl 2011: 27f.). Altruistischer Selbstmord dagegen verfolgt einen höheren Zweck. AltruistischeTĂ€ter schreien zwar ebenfalls um Hilfe, aus ihrer Sicht aber nicht aufgrund eigener sondern gesellschaftlicher Probleme, auf die sie durch ihre Tat aufmerksam machen wollen. Diese SelbstmordattentĂ€ter (mehr aber noch die sie fĂŒhrenden HintermĂ€nner) sehen sich selbst als von einer schweigenden Mehrheit delegiert, RĂ€cher ihrer unterdrĂŒckten Volksgruppe zu sein (vgl. Graitl 2011: 140f.).
Daneben gibt es noch eine Mischgruppe, also SelbstmordattentĂ€ter, fĂŒr die das altruistische nur als Deckmantel fĂŒr persönliche GrĂŒnde dient (vgl. Graitl 2011: 111). Diese sind besonders perfide, da egoistischer Selbstmord in vielen Kulturen – darunter auch unserer christlichen – als Kainsmal und Schande gilt, wĂ€hrend altruistisch „sich aufopfern“ nicht nur gesellschaftlich anerkannt sondern heldenhaft mystifiziert wird (vgl. ebd. 29f.). Der „gescheiterte David gegen Goliath“ (Mohammeds Enkel al-Husseins Tod in der sinnlosen Schlacht von Kerbela im Jahre 680 nach Christus)5 und der „gescheiterte David gegen Goliad“ (Davy Crocketts und William Travis Tod in der sinnlosen Schlacht von Alamo 1836)6 gelten als Beispiel dafĂŒr.
Die altruistisch suizidale Motivationsforschung stĂŒtzt sich stark auf Emile Durkheims These des altruistischen Selbstmord. Durkheim definiert diesen Selbstmordtypus als „Suizid fĂŒr ein höheres politisches oder religiöses Ziel“ und erklĂ€rt dieses Verhalten mit einer „charakteristisch fĂŒr primitive Völker typischen [
] archaischen Kollektivpersönlichkeit" (vgl. Graitl 2011: 16). Demnach sollte aber mit steigender Individualisierung und technischem Fortschritt auch das zugrunde liegende PhĂ€nomen der Kollektivpersönlichkeit zurĂŒckgehen. Dass aber genau das nicht eingetreten ist, wird mit dem Aufkommen der Massenmedien erklĂ€rt (vgl. ebd. 40f.; siehe auch ebd. 80f.). Diese lassen die große Welt zu einem medialen Dorf werden, weshalb der Sinnzweck altruistischen Suizidbombings auf kollektiver Ebene als modernes Kommunikationsmittel zu bezeichnen ist, um durch Selbstopferung den Wahrheitsgehalt der vom Suizidisten vertretenen ethnischen, sozialen, nationalen oder religiösen Weltanschauung zu bekrĂ€ftigen.

5 Vgl. hierzu Leonhardt 2016a
6 Vgl. Matyszcyk 2007: 22-23; siehe auch Connelly 1960: 368-376.

6. Selbstmordattentate

In Wolfgang Petersens Hollywood-Blockbuster „In the Line of Fire“ sagt der von John Malkovich gespielte AttentĂ€ter zu seinem durch Clint Eastwood verkörperten Konterpart in Bezug auf einen geplanten Anschlag: „I have a rendezvous with death, and so does the President. [...] I am willing to trade my life for his. I am smart, and I am willing, and that is all it takes“ (vgl. Petersen 1993).
In diesem Sinne schrieb auch der dieses PhÀnomen untersuchende Mediziner Carl August Diez, dass
„Sich in die Luft sprengen [...] eine grossartige und heroische Todesart [ist], welche nur bei einer seltenen Vereinigung verschiedener UmstĂ€nde möglich wird, und bei welcher der Selbstmörder fast immer auch noch eine große Anzahl anderer Individuen mit in den Tod stĂŒrzt. [...] Es sind gewöhnlich Parthey [sic!] – und eigentliche politische KĂ€mpfe, in welchen wir solche Aufopferungen finden; und wir können einem solchen Tode gewöhnlich selbst in jenen FĂ€llen unsere Bewunderung nicht versagen, wo wir auch die Sache selbst nicht billigen, um derentwillen er erlitten worden ist“ (Diez 1838: 412 f.).
Die Psychologen Efraim Benmelech und Claude Berrebi untersuchten – Diez' und Petersens Gedanken folgend - die Frage nach der Effizienz von Suizidattentaten. Dabei stellten sie fĂŒr den Zeitraum September 2000 bis August 2005 fest, dass 151 palĂ€stinensische SelbstmordanschlĂ€ge auf israelische Ziele durchgefĂŒhrt wurden. Hierbei wurden 515 Israelis getötet. TatsĂ€chlich fanden in diesem Zeitraum aber insgesamt mehr als 25.000 palĂ€stinensische Attacken auf Israel statt, wobei insgesamt mehr als 1.000 Israelis getötet wurden. Das bedeutet, dass 0,6 Prozent der Gesamtattentate fĂŒr mehr als 50 Prozent der Todesopfer verantwortlich waren (vgl. Benmelech/Berrebi 2007: 225f.). Ist also jemand bereit, sein eigenes Leben als Waffe einzusetzen, muss das als ernsthafte Bedrohung angesehen werden, allerdings nur dann, wenn der Suizidbomber auch die zweite im Film genannte Bedingung, die Smartness, besitzt. Benmelech und Berrebi stellten diesbezĂŒglich fest, dass von den von ihnen untersuchten palĂ€stinensischen Suizidbombern 18 Prozent einen höheren Bildungsabschluss besitzen, wĂ€hrend der palĂ€stinensische Bevölkerungsanteil in Bezug auf höhere BildungsabschlĂŒsse gerade mal bei 8 Prozent l...

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