Die Fachkräfteformel
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Die Fachkräfteformel

Mitarbeitergewinnung für das Handwerk der Zukunft

Jörg Mosler

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Die Fachkräfteformel

Mitarbeitergewinnung für das Handwerk der Zukunft

Jörg Mosler

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VORSICHT!Das Buch, das Sie gerade in Händen halten, macht Sie anziehend – anziehend für Mitarbeiter und Talente! Wenn Sie das nicht möchten, legen Sie es lieber weg!Andernfalls schlagen Sie es am besten sofort auf. Hier finden Sie alle wichtigen Schritte für die Mitarbeitergewinnung der Zukunft»Fachkräftegewinnung neu gedacht: Jörg Mosler zeigt, wie man Mitarbeiter gewinnt und begeistert.«Olaf Deininger, Chefredakteur handwerk magazin»Ich habe selten ein so nützliches Buch gelesen.«Ludger Freese, Fleischermeister und Deutschlands erster Handwerksblogger

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Information

Year
2018
ISBN
9783746087481
Edition
1
Subtopic
Management

BESTANDSAUFNAHME:
EINFACH MACHEN ODER
DIE GROSSE CHANCE

„Die Zukunft hat viele Namen: Für Schwache ist sie
das Unerreichbare, für die Furchtsamen das Unbekannte,
für die Mutigen die Chance.“
Victor Hugo

Tanker und Segelschiffe

Die Eroberung Englands war als großer Vergeltungsschlag geplant. Im Jahre 1588 entsandte Philipp II., König von Spanien, seine Flotte gen England, um den Tod von Maria Stuart zu rächen und England zu erobern. Die spanische Armada war zu dieser Zeit berühmt und berüchtigt. Die spanischen Schiffe hatten, gemessen an den Maßstäben des 16. Jahrhunderts, gigantische Ausmaße. Der Flottenverband galt als unbesiegbar. 123 Schiffe mit 30.000 Mann Besatzung, gerüstet mit 6.300 Kanonen, befanden sich damals auf dem Seeweg nach England. Die Spanier glaubten selbst an ihre Unbesiegbarkeit und sie hätten wohl recht behalten, wenn die Engländer nach den alten Regeln gekämpft hätten. Taten sie aber nicht!
Die englische Flotte, unter dem Kommando von Sir Francis Drake, war den Spaniern in fast allen Belangen unterlegen. Größe und Zahl der Schiffe, Stärke der Besatzung und Anzahl der Kanonen sprachen klar für die Spanier. Der englische Vorteil lag lediglich in der größeren Wendigkeit ihrer Schiffe und der Reichweite ihrer Kanonen. Eben diesen Vorteil spielten sie aus. Entgegen der damals üblichen Seekriegstaktik, die einen Nahkampf der Schiffe vorsah, setzte Drake auf eine vollkommen neue Taktik: den modernen Kampf. Die wendigen, englischen Schiffe manövrierten in großem Abstand zu den Kampflinien der Armada und setzen dieser mit ihren reichweitenstarken Kanonen immer wieder zu. Der Rest ist Geschichte. Die Armada wurde vollständig vernichtet und der Aufstieg Englands zur Supermacht begann.
Die Geschichte zeigt es uns an mehr als an diesem einen Beispiel: Es ist möglich, übermächtig scheinende Gegner zu besiegen, für aussichtslos gehaltene Schlachten für sich zu entscheiden. Und das Handwerk kämpft derzeit einen Kampf. Einen Kampf, der keine Menschenleben fordern wird, aber das Leben von Unternehmen. Handwerksunternehmen werden in großer Zahl aussterben, wenn wir nicht anfangen diesen Kampf nach unseren Regeln zu spielen. Gemeint ist der »War for Talents«. Ein von Steven Hankins bereits im Jahr 1997 geprägter Begriff, der es voll und ganz auf den Punkt bringt. Unternehmen werden sich in Zukunft eine regelrechte Schlacht um die besten Talente und Fachkräfte liefern – eine in ihrer Population immer kleiner werdende Spezies. Das Handwerk zieht ebenfalls in diesen Kampf. Und verglichen mit den Tankern der großen, bekannten Konzerne, sind wir mehr wie eine Flotte aus wendigen Segelbooten.
Genau das ist unser großer Trumpf. Wir können, wie es die Imagekampagne so schön formuliert: »Einfach machen!«. Ideen umsetzen, Dinge verändern und den Gegebenheiten anpassen. Die Strukturen und Hierarchien in unseren Unternehmen lassen das zu. Eine Handwerksunternehmerin wie die Optikermeisterin Eva Trummer, kann sich für ihre Homepage mal eben hammerschwingend und funkensprühend vor einen Amboss stellen und ablichten lassen. Warum? Weil es cool aussieht und zu ihrem Image passt. Der Erfolg gibt ihr recht. Einfach machen! Im Großkonzern undenkbar. Oder nehmen wir den New Yorker Weinhändler, und inzwischen mehrfachen Bestsellerautor und Redner, Gary Vaynerchuk. Er setzte sich eines Tages mit einem schlabbrigen T-Shirt vor die Kamera und plauderte über seine Leidenschaft – den Wein. Kein Glamour, kein Hochglanz, nur Gary – einfach machen! Der Erfolg, der aus diesen, nennen wir es Weinverkostungen, entstand, ist mittlerweile legendär. 724.873 Abonnenten auf YouTube und 63.780.811 Videoaufrufe (Stand Juni 2017). Das Thema Social Media in allen seinen Facetten, ist insbesondere für das Handwerk eine sehr gute Möglichkeit, um Aufmerksamkeit zu erzeugen und Mitarbeiter anzuziehen. Im Internet geht es nicht vornehmlich um Budgets und die Größe des Schiffes. Es geht vielmehr um Kreativität und Authentizität. Reinhard Sprenger schreibt dazu: »Je wichtiger ein Kriterium für die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens ist, desto weniger zählbar ist es.« Emotionale Intelligenz ist nicht messbar, genauso wenig wie die Leidenschaft von Gary Vaynerchuk. Die Taktiken ändern sich und wir können sie mitbestimmen – einfach machen!
Der Kampf um die besten Talente wird in Zukunft nicht mehr nur über die althergebrachten Mechanismen entschieden, sondern dreht sich zu unseren Gunsten. Zugunsten der schnellen Segelschiffe. Christine Uhlmann – stellvertretende Leiterin der Sinus Akademie – sagt im Interview mit dem Magazin »Bildungspraxis«: »Allgemein lässt sich sagen, dass Jugendliche Arbeit möchten, die ihnen Spaß macht, bei der ein gutes kollegiales Miteinander herrscht und die gut mit dem Privatleben beziehungsweise der Familie vereinbar ist.« Die Studie »Ausbildung als Zukunft der Bauwirtschaft« kam diesbezüglich zum gleichen Ergebnis: Für 95 % der befragten Auszubildenden war Spaß der wichtigste Faktor für ihre Berufsentscheidung. Spaß, nicht etwa Geld. Spaß ist keineswegs abhängig von der Größe des Bootes, sondern vielmehr von der Mannschaft, der Route und den Aufgaben an Bord. Emotionale Themen drängen immer mehr in den Vordergrund, und wir müssen sie besetzen. Das ist unsere Taktik – der moderne Kampf um Talente des 21. Jahrhunderts. Es zählen nicht mehr nur Profit und der persönliche Vorteil, sondern die Wirkung des Handelns. Die Wirkung meiner Persönlichkeit, meiner Arbeitskraft, sogar die Wirkung meines Geldes. Lottogesellschaften machen ihren Kunden das Spielen mittlerweile folgendermaßen schmackhaft: »Stellen Sie sich doch mal vor, wie viel Gutes Sie mit Ihrem Gewinn tun könnten.« Für andere wohlgemerkt. Bei einer Jackpot-Chance von 1: 140.000.000 ist diese Aussicht zwar genauso unwahrscheinlich, wie durch den Lottogewinn endlich den verhassten Job kündigen zu können, doch es lässt aufhorchen.
Das große Versprechen der großen Konzerne, von Karriere, Reichtum und einem sicheren Posten verliert immer weiter sein Alleinstellungsmerkmal für die Berufsentscheidung. Ich sage keineswegs, dass diese Attribute obsolet werden und wir nicht auch selbst mit unseren Karrieremöglichkeiten und derzeit überaus sicheren Jobs argumentieren dürfen. Wir sollten es nur schlauer machen. Warum beispielsweise ist es gerade für junge Menschen attraktiv in einem Start-up zu arbeiten? Der Verdienst und die geregelten Arbeitszeiten werden es kaum sein. Was dann? Aus meiner Sicht ist es diese Rebellenmentalität. Jedes Start-up erzeugt in gewisser Weise dieses »Revolutions-Feeling« – eine Gruppe von Mutigen, die es mit dem Status quo einer ganzen Branche aufnimmt. Es ist dieser Geist, der Startups attraktiv macht. Steve Jobs soll Bewerber stets gefragt haben: »Warum wollen Sie denn zur Marine gehen, wenn Sie auch Pirat sein können?« Apple war zu dieser Zeit zwar bereits alles andere als ein Start-up, doch berühmt dafür, den Status quo infrage zu stellen und damit sogar ganze Branchen zu revolutionieren. So geschehen 1984 mit der Computerindustrie, 2001 mit der Musikindustrie und 2007 mit dem Mobilfunkmarkt.
Was würde passieren, wenn Sie zu den vorhandenen Karrierechancen mit einer Ausbildung im Handwerk noch diese Guerilla-Mentalität hinzuaddieren? Ein schlankes, modernes Segelboot unter der schwarzen Piratenflagge. Eine tolle Vorstellung.
Leider endet der Versuch etwas Neues, etwas Verrücktes zu wagen – mal wie ein Start-up zu denken – meist beim Aufstellen eines Kickertisches. Nett gemeint, doch ein Kickertisch macht nicht den Geist eines Start-ups aus.
»Wo kämen wir denn hin, wenn jeder so verrückte Sachen machen würde?«, mögen Sie sich an dieser Stelle vielleicht das erste Mal denken. Lassen Sie mich Ihre ersten Zweifel mit den Worten von George Bernhard Shaw zerstreuen: »Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die normalen gebracht haben.« Was nützt ein Segelboot, wenn man versucht es wie einen Tanker zu steuern? Genau: nichts! Entscheidend wird sein, dass wir viele Dinge gedanklich anders angehen, neuen Ideen und vor allem positiven Emotionen Raum in unseren Unternehmen geben. Dafür braucht es vielleicht keine Verrückten aber in jedem Fall Menschen die eine besondere Fähigkeit haben: Querdenken.

Neue Querdenker braucht das Land

Was wissen wir eigentlich über Querdenker? Der Duden beschreibt sie uns so:
»Jemand, der eigenständig und originell denkt und dessen Ideen und Ansichten oft nicht verstanden oder akzeptiert werden.«
Eigenständiges Denken Ihrerseits vorausgesetzt, geht es nun also um die Frage, ob Sie in der Lage sind originell zu denken. Und ob Sie bereit sind, den Preis Ihres Denkens zu bezahlen. Laut Duden liegt dieser Preis in einer gewissen Ausgrenzung aus dem Mainstream. Da drängt sich mir gleich die Frage auf, ob das wirklich schlecht ist? Herausragende Dinge sind noch niemals aus angepassten Ideen entstanden. Sie entstehen, wenn man einen Schritt zur Seite tritt und die Dinge aus einem anderen Blickwinkel betrachtet. So geschehen bei der Erfindung eines revolutionären Produktes genannt Klo-Kicker:
Ein Gastwirt wunderte sich über die ständig steigenden Kosten für Reinigungsmittel in seiner monatlichen Abrechnung. Er stellte seine Reinigungskraft zur Rede und bekam folgende Erwiderung: »Chef, es tut mir leid, doch ich muss das Herrenklo zum Teil dreifach wischen, weil so viele neben die Pissoirs pinkeln.« Eine Argumentation, die dem Gastwirt durchaus einleuchtete, sein Problem der hohen Ausgaben für Putzmittel allerdings nicht löste. Sein erster, betriebswirtschaftlicher Gedanke war durchaus logisch: Er versuchte das Putzmittel billiger einzukaufen, um den steigenden Verbrauch finanziell auszugleichen. Nach einiger Zeit der Recherche gab er auf. Die Zeit, die es ihn kostete nach günstigerem Putzmittel zu suchen, war wesentlich kostbarer als die erhoffte Ersparnis. Er öffnete kurzerhand seinen Laptop und druckte 12 gleiche Schilder mit der Aufschrift »Bitte in das Becken pinkeln« aus und ließ sie von seiner Reinigungskraft über jedem Pissoir gut sichtbar anbringen. Zufrieden mit seiner Idee vergaß er das Pinkelproblem. Bis zur nächsten monatlichen Abrechnung, bei der er feststellen musste, dass seine Schilder keinerlei Wirkung auf die Treffsicherheit seiner männlichen Gäste gehabt hatten. Er war sauer, dass er sich immer noch mit diesem leidigen Problem befassen musste und beschloss, sich am kommenden Abend zusammen mit seinen Kumpels bei einem kleinen Fußballmatch abzureagieren. Obwohl es an diesem Abend nur ein Freizeitkick war, waren alle mit großem Ehrgeiz bei der Sache. Kein Ball, kein Zweikampf, kein Zentimeter Rasen wurde verloren gegeben. Ein hart umkämpftes, aber faires Match lies den Gastwirt seinen Ärger vergessen. Nach den drei Bieren in der Kneipe neben dem Bolzplatz war das Problem völlig aus seinem Kopf verschwunden. Die Natur forderte irgendwann ihr Recht und der Gastwirt ging zur Toilette. Gedankenverloren vor dem Pissoir stehend, ließ er seinen Abend Revue passieren und hatte urplötzlich die zündende Idee. Der Kick mit seinen Kumpels hatte ihm eines verdeutlicht: Der männliche Ehrgeiz in sportlichen und sonstigen Vergleichskämpfen ist beinahe grenzenlos. Wer die Möglichkeit hat, ein Tor zu erzielen, steckt nicht zurück. Er tüftelte daraufhin zwei Wochen in seiner Garage und seine Lösung war fertig. Der erste »Klokicker« der Welt. Ein kleines Plastiktor, das ins Pissoir gehängt wird und an dessen Querlatte – gehalten von einer kleinen Plastikschnur – ein winziger Ball hängt. Er platzierte einen »Klokicker« in allen seinen 12 Pissoirs und die Wirkung war gigantisch. Die Treffsicherheit seiner männlichen Gäste nahm sofort sprunghaft zu. Der männliche Ehrgeiz und Spieltrieb war sofort geweckt, als es darum ging, den kleinen Plastikball so lange wie möglich mit einem gezielten Strahl im Tor zu halten.
Ich kenne kein anderes Beispiel, das die Prinzipien des Querdenkens so gut beschreibt wie dieses. Und als Handwerksunternehmer sollten Sie diese Prinzipien unbedingt verstehen. Die Anziehungskraft Ihres Unternehmens hängt entscheidend davon ab. Schauen wir uns die drei Möglichkeiten gegen die Kostenfalle Herrenklo noch einmal zusammen an:
  1. Günstigeres Reinigungsmittel kaufen
  2. Schilder aufhängen
  3. »Klokicker« erfinden
Was fällt auf? Die ersten beiden Maßnahmen richten sich direkt gegen das Problem – zu hohe Kosten, zu wenig Treffsicherheit. Die dritte Idee nutzt die Energie des Verursachers, um das Problem zu lösen. Ein riesiger Unterschied. Es ist ähnlich wie beim Kampfsport. Ein Judoka nutzt gezielt die Kraft und den Schwung seines Gegners, um ihn auf die Matte zu befördern. Die Körpermaße des Kämpfers sind dabei nicht entscheidend. Diese Herangehensweise entspricht nur leider nicht unserem üblichen und erlernten Denkmuster. In den meisten Fällen gehen wir direkt gegen das Problem vor – bei komplexen Sachverhalten meist mit geringem Erfolg.
Nehmen wir als Beispiel eines unserer derzeit größten Probleme im Handwerk: den Akademisierungstrend. Jeder, der sich irgendwie durch das Abitur gekämpft hat, geht anschließend studieren. Warum? Ganz einfach: Alle anderen studieren doch auch. Das ist eine gesellschaftliche Entwicklung, die keinesfalls als gut bezeichnet werden kann. Bei anhaltender Akademisierungswelle wird es in absehbarer Zukunft ein Heer von arbeitslosen Akademikern um die 30 geben, die sechs Monate auf einen 70-jährigen Handwerker warten müssen. Das kann keiner wollen. Soweit die Fakten. Wie reagieren wir? Wir gehen direkt gegen das Problem vor. Vor Kurzem las ich auf der Facebook-Seite eines größeren Landesinnungsverbandes folgenden Post: »Viele Abiturienten gehen erst mal Schäfchen zählen. Da haben viele Handwerker-Azubis mit dem Gesellenbrief schon ihre Schäfchen im Trockenen.« Auf dem zugehörigen Bild ist eine junge Frau mit einem Schäfchen im Arm zu sehen. Überschrift: »Nach dem Abi zwei Jahre Auszeit in Australien, dann Studium, Bachelor und danach mit 27 auf Jobsuche.« Erstens: Wenn ich mich mit Anfang 20 nicht ausprobieren darf, wann denn bitte dann? Zweitens:
Wir können, gerade junge Menschen nicht für etwas begeistern, indem wir ihnen etwas anderes madig machen. Diese Rechnung wird niemals aufgehen.
Warum gibt es für viele junge Menschen gerade nur den Weg über das Studium? Es ist gesellschaftlich anerkannt. Wer flüssig fünf mal drei multiplizieren kann, muss zwingend auf ein Gymnasium und mit dem erkämpften Abitur in der Tasche wird dann eben studiert. Sich gegen diesen Weg zu entscheiden, heißt, sich gegen die vorherrschende Meinung der Gesellschaft zu stellen. »Was, ihre Tochter hat Abitur und macht jetzt eine Ausbildung?«, fragen vielleicht die Nachbarn. »Alter, komm’ mit auf die Uni, das wird chillig«, ermuntern die Freunde. Das erzeugt Druck. Dieser Druck hat einen Namen, er nennt sich »Social Proof«.
Das Phänomen »Social Proof«, oder auch soziale Bewährheit, hat einen evolutionären Ursprung. Als unsere Vorfahren noch Jäger und Sammler waren, tat der Einzelne gut daran, der Gruppe in ihren Handlungen und Entscheidungen zu folgen. Tat er es nicht, lief er Gefahr, aus der Gruppe ausgeschlossen zu werden, was in den meisten Fällen den sicheren Tod bedeutet hätte. Diese Überlebensstrategie ist deshalb sehr tief in uns verwurzelt. Wir legen wahrscheinlicher ein Geldstück auf das Tellerchen vor der Toilette, wenn dort schon Geldstücke liegen. Wir applaudieren, wenn die anderen auch applaudieren und gehen studieren, weil die anderen auch studieren. Das Dumme dabei: Nur weil es alle machen, muss es für den Einzelnen noch lange nicht richtig sein. Der englische Autor Somerset Maugham formulierte treffend: »Wenn 50 Millionen Menschen eine Dummheit behaupten, wird sie deswegen nicht zur Wahrheit.« Natürlich ist Studieren nur dann eine Dummheit, wenn ich es aus reinem Gruppendruck heraus mache. Wir sollten uns allerdings hüten das Studieren auf Kanälen wie Facebook grundsätzlich in Zweifel zu ziehen. Wir brauchen selbstverständlich beides: akademische und praktische Ausbildung. Wir sollten es uns zur gesellschaftlichen Aufgabe machen, dass jeder Mensch die Möglichkeit hat, an den Platz zu kommen an den er wirklich gehört. Der Platz, an dem er seine Talente, seine Fähigkeiten und seine Persönlichkeit voll entfalten kann. Unabhängig der Tatsache, ob dieser Weg nun ein Studium oder eine Ausbildung vorsieht. Das bringt uns wieder zum Querdenken: die Energie nutzen. Welche Energie steckt in jedem von uns? Welche Energie ist entscheidend für die große Entscheidung Berufswahl? Emotionen! Auch »Social Proof« ist eine emotionale Entscheidungsgrundlage. Wir werden uns in »Kapitel 2« sehr eingehend mit dem Thema Emotionen und der Frage wie wir sie für uns nutzen können, beschäftigen. An dieser Stelle nur soviel: Wenn wir junge Menschen für uns begeistern wollen, sie anziehen wollen, dann müssen wir für etwas stehen. Ihnen etwas anbieten, was stärker ist, als der Schmerz sich gegen die Meinung der Masse zu entscheiden. Denken Sie an Ihre Piratenflagge. Den Spaß bei der Arbeit. Den Spaß in einem herausragenden Team. Den Schmerz die Zugehörigkeit zu einer Gruppe und deren anerkannter Meinung zu verlieren, kann wirkungsvoll nur mit einem Mittel bekämpft werden: der Zugehörigk...

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