Die Geburt des Christentums
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Die Geburt des Christentums

Die Erfindung einer Religion

Georg Naundorfer

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Die Geburt des Christentums

Die Erfindung einer Religion

Georg Naundorfer

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Die Entstehung des Christentums - Eine zufällige Panne der Tagespolitik des 1. Jahrhunderts unserer Zeitrechnung?Die Geburt der abendländischen Religion der letzten zwei Jahrtausende - Ein unbeabsichtigtes Versehen?Das Neue Testament der Bibel als Kriminalbericht.Am Anfang stehen der Freiheitsdrang eines Volkes und der ewige Traum vom starken Mann, der die Welt wieder in Ordnung bringt. Am Ende trennen sich eine Sekte und eine Religion voneinander, um sich gleichberechtigt nebeneinander weiterzuentwickeln. Es ist die Geschichte des Christentums im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung.Lesen Sie vom Machtkampf einer Elite im Spannungsfeld politischer und privater Interessen und dem gnadenlosen Ausleseprozess unter diesen Führenden. Lesen Sie vom zweifachen Versuch, eine terroristische Bewegung zu unterlaufen, wie daraus eine neue Religion entsteht, und das alles mit der Katastrophe eines ganzen Volkes verflochten ist. Das ist ein Sachbuch, eine Safari durch die Texte. Hier werden keine Träume verkauft, sondern auf der Basis ermittelter Fakten, historischer Tatsachen und überlieferter Texte Irrtümer ausgeräumt, Hintergründe aufgedeckt und neue Schlussfolgerungen gezogen. Vollziehen Sie nach, wie Geschichte entsteht.

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Information

Year
2017
ISBN
9783735747952
Edition
4
Subtopic
Religion

Die Entstehung des Christentums

Das Christentum entstand am Pfingsttag des Jahres 30 in Jerusalem mit der Verkündungspredigt des Simon Kephas und der damit verbundenen Ausgießung des Heiligen Geistes auf unsere Welt. Es ist das Ergebnis eines von der Obrigkeit geplanten und sanktionierten religiös getarnten politischen Putsches zur Verhinderung eines Volksaufstandes gegen die römische Besatzungsmacht. Kephas, dem Ausführenden, wäre das nicht möglich gewesen, hätten ihn nicht eine hinter ihm stehende Fraktion des Hohen Rates, die Priesterschaft des Jerusalemer Tempels und die von diesen Gremien schon vorher in die Führung der Gruppe Jesu eingeschleusten Leute dabei unterstützt. Auch anschließend gelang die Konsolidierung der im Ergebnis dieser Maßnahme neu gegründeten Sekte nur mit Unterstützung des Hohen Rates über Gamaliel I., den Vaters des Kephas, wie aus der Apostelgeschichte des Lukas hervorgeht. An bestimmten Anzeichen, wie beispielsweise der plötzlichen Übernahme der Wassertaufe und dem Aufruf zur Buße für die Mitglieder der an diesem Tage neu gegründeten Sekte, muss darauf geschlossen werden, dass deren von uns als Urchristen bezeichneten Anhänger noch keineswegs einer neuen Glaubensrichtung angehörten, sondern nun im Rahmen der jüdischen Religion zu den bereits bestehenden Täufern gezählt wurden, aber eine von ihnen abgegrenzte Untergruppe bildeten. Die Bräuche der Ebioniten, welche daraus hervorgingen und noch am nächsten an diese von uns als Urchristen bezeichneten Sekte angesiedelt waren, bildeten genau das ab. Nicht ohne Grund nennt sich das, was nun ins Licht der Öffentlichkeit tritt, selbst 40 Jahre später, zur Zeit der Ausfertigung der Evangelien noch „Der Weg“, was darauf hindeutet, dass den Anhängern dieses Zweiges der Täufer nun offenbart ist, wie man dem entgehen kann, was der Täufer im Namen Gottes androhte.
Der Täufer selbst lebte und lehrte zur Zeit der Pfingstoffenbarung des Jahres 30 noch, obwohl die Evangelien es anders darstellen. Er und seine Anhänger sind allgemein anerkannt, obwohl er selbst bei Herodes Antipas bereits in Ungnade gefallen ist. Verräterisch ist auch die Zeit zwischen Jesu Hinrichtung, seiner anschließenden Auferstehung und seiner verkündeten Himmelfahrt. Diese Zeitspanne entspricht nämlich der vorgeschriebenen jüdischen Trauer- und Reinigungszeit. Was tatsächlich passiert ist, konnte zum Zeitpunkt der Pfingstverkündigung schon nicht mehr überprüft werden. Damit ist Jesus für die Verkünder nun der Messias, der Kommende. Das kann ihnen keiner verbieten. Und sie verkündigen, dass er bald, und zwar als der göttliche Messias, und vom Himmel wiederkommen wird, wie es bereits beim Propheten Daniel steht, um in Vollmacht Gottes alle zu richten: Die Lebenden und die Toten. Sein Reich ist nun wirklich nicht mehr von dieser Welt, die von ihm zu Lebzeiten missionierten Ideen und das Aufstandskonzept der Essener sind damit entschärft, und auch für die Herrschenden nicht mehr im politischen Sinn gefährlich.
Jesus lehrte im Namen der Essener den Menschensohn. Der ist ein Mensch, der Bevollmächtigte Gottes, der Messias. Man soll sich auf ihn vorbereiten, denn wenn er sich offenbart und den Aufstand gegen die römische Fremdherrschaft auslöst, wäre es zu spät, erst mit der Vorbereitung zu beginnen. Um die Gefahr eines vorzeitigen spontanen Aufstandes auszuschließen, lehrte Jesus: Der Menschensohn müsse aber vorher ein Martyrium durchstehen und sterben. Nach drei Tagen werde er wieder auferstehen und im Auftrag Gottes die Welt retten. Das war kurz gefasst das, was bis zur Gefangennahme Jesu galt und entspricht der „Katastrophenlehre“, die lt. Knohl von den Essenern nach der Niederschlagung des Menachem-Aufstandes des Jahres 4 v. u. Z. entwickelt wurde. Nicht jeder wäre zu diesem Selbstopfer bereit gewesen, die mit dem Bekenntnis, der Messias zu sein, verbunden war. Das war auch der Deckel, unter dessen Schutz die ordentliche Vorbereitung des Aufstandes gewährleistet war, die verständlicherweise mehr Zeit erforderte.
Die Gefahr dieser Lehre bestand für die auch unter dem römischen Joch noch herrschende Priesterschaft der judäischen Provinz darin, dass die Essener jederzeit nach Belieben den Aufstand gegen Rom auslösen konnten. Die Essener brauchten nur einen, der fanatisch genug wäre, den Opfertod eventuell auf sich zu nehmen. Ob der Rest der Legende dann noch interessiert, ist gleichgültig. Es wäre sowieso nicht mehr wichtig. Ist der Aufstand einmal ausgelöst, geht es nur noch darum, ihn zum Erfolg zu führen. Sich dann an mystische Denkfiguren zu hängen, die mit Auferstehung zu tun haben, ist in der Praxis unsinnig, wenn es um alles geht.
Die mit der Pfingstverkündigung des Kephas aufgestellte neue Lehre unterscheidet sich nun davon und auch zur jüdischen Religion, weil sie um eine weitere, aber mystische Dimension erweitert wurde. Die neue Gruppierung bezieht sich jetzt auf den nun bereits existierenden kommenden himmlischen Messias. Mit diesem Vorstoß, wird ein unorganisierter Aufstandsbeginn vermieden, den die angeworbenen essenischen Verschwörer des Jesus von Nazareth als Antwort auf dessen Hinrichtung plötzlich beginnen könnten. Man glaubt damit die essenischen Sikarier unter der Oberhoheit der pharisäischen Linie vereinnahmen und neutralisieren zu können, indem man ihnen einen sicheren Weg in die Legalität bahnt, der bei künftigem Wohlverhalten auch ihre nachträgliche Bestrafung ausschließt. Gleichgültig, was sie eventuell vor hatten und Jesus beabsichtigte: Wer nun zu dem neuen vorerst namenlosen Zweig der Täufersekte übertritt, gilt von da an höchstens als Mitläufer der Menschensohnverschwörung. Den Verschwörern, die zur neuen Sekte übertreten, muss vor allem Straflosigkeit garantiert worden sein. Sie schwören mit der Taufe ab.
Die neue Lehre der Christensekte beruht auf einer ausgeklügelten neuen Idee und unterscheidet sich zur jüdischen Religion grundlegend, weil sie schon eine Stufe weiter ist:
  • Die Juden warten auf einen handgreiflichen Messias, einen charismatischen Aufstandsführer, der sie aus der Unterdrückung führt und sie von den Römern befreit.
  • Die Essener verkündeten infolge der Katastrophe des Menachem-Aufstandes einen irdischen Messias, den Menschensohn, welcher nach seiner Offenbarung zwar sterben, aber nach drei Tagen auferstehen würde, um die Römer zu vertreiben und sein irdisches Friedensreich zu errichten.
  • Die neue Sekte sieht ihren Messias in Jesus Christus, der, nachdem er die Stufen seiner Offenbarung, Hinrichtung, Auferstehung und Himmelfahrt bereits hinter sich brachte, nun bald im Auftrag Gottes vom Himmel kommen wird, und dann die ganze Welt in einem göttlichen Sinn befreit.
Wenn das Menschensohnkonzept dadurch abgesichert war, dass der sich offenbarende Messias angeblich erst sterben musste, um nach seiner Wiederauferstehung das Reich Gottes auf Erden zu errichten, so war das für die Neuen nun nicht mehr erforderlich, weil er Offenbarung, Auferstehung und Himmelfahrt schon hinter sich hatte. Der himmlische Messias würde zwar nun endlich kommen, aber erst dann, wenn es Gott gefallen würde. Beide Konzepte hatten demnach eine eingebaute Sicherung. Das der Neuen war aber dem irdischen Zugriff weitgehend entzogen.
Die paulinische Erlösungstheorie vom Blutopfer Jesu fehlte zu diesem Zeitpunkt noch. Sie war auch noch nicht erforderlich. Diese Lehre wurde erst später im Zusammenhang mit der Heidenchristenmission infolge der enttäuschten Naherwartung der Wiederkunft Jesu vom Himmel entwickelt. Dazu gehörte dann auch die beruhigende und erweiternde spätere Verheißung, dass man schon allein durch den Glauben an Christi Auferstehung des Heils teilhaftig werde.
Zum Zeitpunkt der Niederschrift der Evangelien war diese theologische Entwicklung aber noch nicht zu vermuten, weil die sonst so ausführliche Darstellung der Passion für das, was Kephas anfangs verkündete gar nicht erforderlich gewesen wäre. Vorerst brauchte die neue Lehre überhaupt erst einen Unterbau. Es ist eine Vergeistigung, eine Mystifizierung des Messiasgedankens, den es bisher noch nicht gab. Kurz zusammengefasst wird uns diese Lehre erst am Anfang der Apostelgeschichte mitgeteilt, denn in den Evangelien der Synoptiker steht sie so noch nicht:
(Apg. 1,11): …Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da, und seht zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen.
Die Essener glaubten die Führung des Aufstandspotentials unter ihrer Kontrolle zu haben. Jesus war nur ihr Bevollmächtigter. Sie hatten damit bisher tatsächlich das auslösende Moment unter ihrer Kontrolle, denn sie konnten bestimmen, wann ihr Messias den Aufstand beginnt. Dieses Konzept wurde ihnen zu einer Zeit, in der sie sich noch keineswegs ausreichend auf diesen Aufstand vorbereitet hatten, durch die plötzliche Hinrichtung Jesu, den Putsch des Kephas und die dabei erfolgende Umdeutung der Verschwörung zu einer rein mystischen Angelegenheit abgefälscht. Die nun mit der Einsetzung des himmlischen Messias verbundene neue jenseitige Verheißung entzog sich ihrer Kontrolle, wodurch dieses Konzept für sie unbrauchbar wurde. Um die neue Situation auf eine tragfähige neue religiöse Basis zu stellen, wird von der nun dem Hohen Rat unterstellten und besetzten Führung der neuen Sekte die Lehre des Täufers herangezogen, die neue Lehre damit ethisch unterfüttert und erst später mystisch um die Erlösungslehre ergänzt, wie sie später missioniert und dabei ausgebaut wird. Das unterscheidet sich auf den ersten Blick nur wenig von dem, was das essenische Konzept war, basiert aber auf anderen Vorstellungen. Die Auswirkungen der neuen Lehre sind von Anfang an praktischer Natur, vor allem für die Tagespolitik. Jeder, der sich nach dieser Verkündigung des himmlischen Messias noch als Menschensohn oder irdischer Messias im Sinne des traditionellen Judentums offenbarte, war ab diesem Zeitpunkt ein ganz normaler Räuberhauptmann, oder ein Schwindler.
Was nun geschieht hat nichts mehr mit der Mission des Jesus aus Nazareth zu tun und muss alles von oben her sanktioniert gewesen sein. Kontrolliert und gesteuert wird das sichtlich von höherer Warte, denn die plötzliche umfassende Duldung, was lt. dem Bericht der später ausgefertigten Evangelien vorher noch unter Todesdrohungen verfolgt wurde, wäre sonst nicht erklärbar.
Das neue Urchristentum war eine gute Waffe gegen die Schwarmgeister. Diese Lehre wird deshalb nach der Kreuzigung Jesu gepredigt und anscheinend auch offiziell akzeptiert. Die Gefangennahme Jesu, seine Hinrichtung, und die Neuformierung seiner Anhänger zum Pfingstfest, stellen sich auch aus dieser Sicht als ein ganz normaler politischer Putsch heraus, der, wie sich aber ziemlich früh zeigt, nur eine Palastrevolte war, weil das Ziel der Verschwörung, die Beseitigung der römischen Fremdherrschaft, nicht nur nicht erreicht, sondern nur auf unbestimmte Zeit verschoben, aber momentan verhindert war.
Der harte Kern der eigentlichen Verschwörer war aber keineswegs mit dieser Entwicklung einverstanden. Unterschwellig wird von einer intellektuellen Führungsschicht aus der zweiten Führungsebene der bisherigen Verschwörer weiter der Aufstand geschürt. Sie wissen, dass die neue Lehre nur Tarnung ist, und wollen sich nicht domestizieren lassen. Es sind die Leute, welche anschließend ins Rampenlicht treten. Während die Apostel im Tempel beten (Apg. 2,46), verbreiten die Verschwörer weiter die bisherige Form der nun verbotenen Lehre der Essener vom Menschensohn, wie schon Jesus, in den Synagogen (Apg. 6,9). Die eigentliche Saat des Jesus von Nazareth geht auf. Die Führung der neuen Christengemeinde und der Sanhedrin versuchen das nun gemeinsam zu unterbinden. Die Unbelehrbaren und ihre Anhänger werden verfolgt. Die Verfolgten fliehen und lösen örtliche Aufstände aus, die lt. Apostelgeschichte dank der Autorität ihrer eigenen Zentrale zum Teil wieder gütlich beigelegt werden können, was aber ohne Unterstützung der offiziellen Führung des Staates, einschließlich der Römer kaum in dieser Form erfolgte, denn auch Josephus berichtet, dass die Hintergründe für den Sturz des Pilatus auf seine Verwicklung in diese Vorgänge und auf militärische Aktionen hin deuten. Aber erst die Sondermission des uns als Saulus benannten Unterhändlers Simon Magus, der im Auftrag des Sanhedrins und des Jerusalemer Tempels mit der Essenerzentrale einen förmlichen Waffenstillstand aushandelt, befriedet zumindest das Gebiet Palästinas, was uns die Apostelgeschichte nach seiner Rückkehr nach Jerusalem bestätigt (Apg. 9,31). Nach diesen im Hintergrund geführten Verhandlungen mit den Essenern, in denen ihnen bei Unterwerfung oder zumindest neutralem Verhalten, ebenfalls Straflosigkeit zugesichert, im anderen Fall aber römischerseits zu erwartende Repressalien angekündigt worden sein müssen, verzichten sie wahrscheinlich auf weitere Aufstandsvorbereitungen und treten formell ebenfalls zu der neuen Sekte über, was die Aufstandsgefahr zwar vorerst bannt, den Aufstand aber in Wirklichkeit nur um ca. 30 Jahre verschiebt.
Die neue Sekte erhält nun Zulauf aus einem ganz einfachen Grund: Die Lehre vom rückhaltlosen Zusammenstehen, von der Armut des Einzelnen, welcher der Gemeinschaft alles opfert, auch das Leben, um alle Kraft auf die Befreiung vom römischen Joch zu konzentrieren, wird zur Liebesgemeinschaft der Mitglieder untereinander umgedeutet und praktiziert. Die nun erfolgende offiziell gleichberechtigte Aufnahme der Frauen in diese Sekte sichert das ab und die Kombination dieser beiden Maßnahmen nimmt der bisherigen Verschwörung ihre Militanz.
Es wird heute gern darauf verwiesen, dass die Gründung der von uns als Urchristengemeinden bezeichneten Gruppierungen ihren Zusammenhalt aus der Anziehungs- und Überzeugungskraft der Lehre Jesu bezogen hätte. Dann ist es aber unerklärlich, warum man sich erst nach seinem Tode so plötzlich öffentlich und so zahlreich zu ihm bekannte. Das Mitgliederspektrum dieser Urchristen umfasste vor allem die unteren sozialen Schichten der Bevölkerung, dort aber ohne Unterschied: Frauen, Männer, Reine und Unreine, vom Pharisäer über den Zöllner, Handwerker, Lohnarbeiter, Arbeitslose, Bettler bis zum Sklaven und auch Kriminelle vom Räuber bis zum Dieb.
Der Zulauf kann demnach kaum etwas mit der angeblichen Offenheit dieser Sekte zu tun gehabt haben, sondern mit der Verschwörung gegen Rom, aus der sie unter dem Deckmantel der vorgetäuschten Vorbereitung eines Sabbatjahres, welches als weiterer Tarnmantel über der essenischen Verschwörung gebreitet war, und welches der Menschensohn angeblich ausrufen sollte, hervorging.
Ihre Zuordnung zu den Täufern ist wahrscheinlich. Da die Zusammensetzung ihrer Mitglieder das aber verbot, benötigte die neue Sekte deshalb dringend eine gesonderte Organisationsstruktur und musste deshalb auch getrennt von den Täufern geleitet werden. Anfangs hat wohl Kephas mit Hilfe der Apostel Petrus und Johannes die Urchristengemeinde geführt. Nach seiner Übernahme des Amtes seines Vaters Gamaliel im Hohen Rat übernimmt dann der Nasiräer, Jakobus der Gerechte, ein Bruder Jesu, die Leitung der neuen Gemeinde. Auch Jakobus steht zumindest der Apostel Johannes noch zur Seite. Sie leiten gemeinsam die sich bildenden Gemeinden. So entwickelt sich das immer noch namenlose jüdische Urchristentum. Es hat nichts mehr mit der Mission des Jesus aus Nazareth zu tun und alles ist von oben her im Auftrag des Hohen Rates sanktioniert, dessen eben genannte Gewährsleute jetzt an der Spitze der neuen Sekte der Christen stehen, und das durchsetzen sollen. Kontrolliert und gesteuert wird das Ganze aber weiterhin von Kephas. Für uns heutige Christen beginnt hier die Praxis des Christenglaubens mit der Gemeindegründung und dem Gemeindeleben, obwohl es noch nicht ganz zutrifft. Das, was wir unter unserem heutigen Christentum verstehen, beginnt sich erst langsam aus der sogenannten Heidenchristenmission in Antiochia und dann über die Mission Kleinasiens sowie den Raum des heutigen Griechenland zu entwickeln. Im judäischen Raum ist, wie sich spätestens im Jahre 66 erweist, der rein jüdische Zweig dieser Sekte weiterhin eine religiös getarnte und nur unzureichend befriedete unterschwellige nationale Widerstandsbewegung. Was uns Josephus von den im judäischen Raum lebenden Anhängern dieser Sekte unter dem Etikett der friedlichen Essener verkauft, ist eine Idealvorstellung, wie sie damals auch unter den Heidenchristen kaum verwirklicht wird. Als Christen bezeichnete man ausgehend vom Beginn der Notlösung der Heidenmission anfangs auch nur die in die Sekte zwangsläufig mit aufgenommenen Heiden. Nur sie wurden zur Unterscheidung von den jüdischen Sektenmitgliedern in Antiochia erstmals Christen genannt, was erst später nach der Trennung der Christensekte von der jüdischen Religion zu einer übergreifenden Bezeichnung wurde. Man sah sie nicht als vollwertige Mitglieder an, weil die Bestimmungen des Mosaischen Gesetzes von ihnen nicht vollständig übernommen wurden.
Die in Palästina bestehende rein jüdische Fraktion tritt später unter den Bezeichnungen der Zeloten und Sikarier gegen Rom bereits am Anfang der 60er Jahre wieder in die Öffentlichkeit. Sie nutzen nun infolge ihrer Subsummierung unter die Täufer ihre offizielle Bezeichnung als Essener als Tarnung, um unter diesem Deckmantel weiter an der Vorbereitung der nationalen Erhebung gegen Rom zu arbeiten. Josephus teilt die Essener deshalb auch später in einen friedlichen und in einen kämpferisch-fanatischen Zweig, um sich die Ereignisse im Zusammenhang mit der Eroberung des Heiligen Landes durch die Römer zu erklären. Judas der Galiläer, der zur Zeit des Quirinius als Widersacher der Römer ins Licht der Geschichte trat und seine zahlreichen Nachkommen, deren Spuren und Aufstandsversuche man in den Schriften des Josephus bis zum Endkampf um Masada im Jahre 74 verfolgen kann, repräsentierten dabei für ihn den radikalen Zweig der Sikarier und Zeloten.
Die große Masse der essenischen Verschwörer wurde ab dem Jahre 30 unter der Aufsicht der Jerusalemer Urchristenzentrale friedlich gehalten. Sicher ist aber, dass die Jerusalemer Zentrale später zunehmend die Kontrolle über diesen sich ihr nun wieder entziehenden rein jüdischen Teil der Sekte verlor, und als sie sich in den 60er Jahren während des Angriffs der Römer aus pazifistischen Gründen aus Jerusalem zurückzieht, verliert sie auch ihre Bedeutung für das Christentum ganz. Die Heidenchristenmission, aus der unser Christentum entspringt, war ursprünglich eine Panne, deren Folgen sich nicht mehr restlos beseitigen ließen. Diese Mission wurde deshalb anfangs nur als vorübergehender Kompromiss geduldet. Die Christen stellten sozusagen eine jüdische Glaubensgemeinschaft zweiter Klasse dar. Es hätte die Heidenchristenmission nie gegeben, wenn eine andere Möglichkeit bestanden hätte, die heidnischen Mitglieder der Verschwörung ohne größeres Aufsehen und kontrolliert so weit zu neutralisieren, dass sie für die römische Administration unauffällig war. Diese Duldung seitens der jüdischen Glaubensgemeinschaft resultierte aber auch aus ihrem Beitrag zur Füllung der zentralen Jerusalemer Kasse der Zentrale über die Kollekte. Trotz entscheidender Einwände wurde sie deshalb zeitweilig als unverzichtbar angesehen. Als man diese Unterstützung nicht mehr benötigte, wird über die ketzerische Verdächtigung der Führung dieses Se...

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