Amerikas Mr. Germany
eBook - ePub

Amerikas Mr. Germany

Guido Goldman

Martin Klingst

Share book
  1. 240 pages
  2. German
  3. ePUB (mobile friendly)
  4. Available on iOS & Android
eBook - ePub

Amerikas Mr. Germany

Guido Goldman

Martin Klingst

Book details
Book preview
Table of contents
Citations

About This Book

Guido Goldman ist einer der wichtigsten Protagonisten der deutsch-amerikanischen Beziehungen seit 1945. Martin Klingsts Biografie über den Gründungsdirektor des German Marshall Fund gibt Einblicke hinter die Kulissen der großen Weltpolitik zwischen Kaltem Krieg und neuer Weltordnung. In Klingsts Darstellung werden all die Menschen lebendig, die Goldmans Weg gekreuzt haben, von Willy Brandt bis zu Helmut Kohl, von Henry Kissinger bis Ronald Reagan, von Harry Belafonte bis Marlene Dietrich. Und sie ist das Zeugnis eines großartigen Lebenswerks und einer bewegten Lebensgeschichte voller Höhen und Tiefen."In seiner herausragenden Karriere hat Guido Goldman sowohl für die amerikanische als auch für die deutsche Gesellschaft wichtige Beiträge in Kunst, Bildung und deren politischer Entwicklung geleistet. Er hat grundlegende Institutionen geschaffen, um das Zusammenwirken von Amerika und Deutschland zu fördern. Und er ist ein inspirierender und verlässlicher Freund durch ein langes Leben gewesen."Henry A. Kissinger

Frequently asked questions

How do I cancel my subscription?
Simply head over to the account section in settings and click on “Cancel Subscription” - it’s as simple as that. After you cancel, your membership will stay active for the remainder of the time you’ve paid for. Learn more here.
Can/how do I download books?
At the moment all of our mobile-responsive ePub books are available to download via the app. Most of our PDFs are also available to download and we're working on making the final remaining ones downloadable now. Learn more here.
What is the difference between the pricing plans?
Both plans give you full access to the library and all of Perlego’s features. The only differences are the price and subscription period: With the annual plan you’ll save around 30% compared to 12 months on the monthly plan.
What is Perlego?
We are an online textbook subscription service, where you can get access to an entire online library for less than the price of a single book per month. With over 1 million books across 1000+ topics, we’ve got you covered! Learn more here.
Do you support text-to-speech?
Look out for the read-aloud symbol on your next book to see if you can listen to it. The read-aloud tool reads text aloud for you, highlighting the text as it is being read. You can pause it, speed it up and slow it down. Learn more here.
Is Amerikas Mr. Germany an online PDF/ePUB?
Yes, you can access Amerikas Mr. Germany by Martin Klingst in PDF and/or ePUB format, as well as other popular books in History & Historical Biographies. We have over one million books available in our catalogue for you to explore.

Information

Publisher
Verlag Herder
Year
2021
ISBN
9783451822759
Edition
1

Der German Marshall Fund

Das Werk

Zweifellos ist der German Marshall Fund of the United States (GMF) Guido Goldmans größtes Verdienst. Ursprünglich als eine Institution gegründet, die gesellschaftliche Probleme dies- und jenseits des Atlantiks untersuchen und vergleichen und neben ein paar eigenen Vorhaben in erster Linie europäische Projekte anderer Institutionen bezuschussen sollte, entwickelte sich die Stiftung in den vergangenen 20 Jahren zu einer transatlantischen Denkfabrik mit inzwischen 155 Mitarbeitern (2001 waren es lediglich 19). Der GMF unterhält neben der Zentrale in Amerikas Hauptstadt Washington D.C. weitere Büros in sieben europäischen Hauptstädten, er ist mit einem Stiftungskapital von 157 Millionen Dollar (Stand 31. Dezember 2019) ausgestattet und operiert mittlerweile mit einem Jahresbudget von 36,4 Millionen Dollar (Juni 2020 bis Mai 2021).
Dem eigenen Stiftungskapital werden Jahr für Jahr etwa fünf Prozent für die laufenden Ausgaben entnommen, das entspricht heutzutage etwa einem Fünftel des Jahresbudgets. Die anderen 80 Prozent des Haushalts stammen aus Quellen außerhalb des GMF. Es sind überwiegend Zuwendungen von Regierungen und anderen Stiftungen für gezielte Projekte des German Marshall Fund, wie zum Beispiel für die Förderung der Demokratie in Ost- und Südosteuropa. Dazu zählen in erster Linie der Balkan Trust for Democracy, der Black Sea Trust for Regional Cooperation und der Fund for Belarus Democracy.
Trotz des Namens ist der German Marshall Fund keine deutsche, sondern eine rein amerikanische Stiftung. Er widmet sich auch nicht spezifisch deutschen, sondern europäischen Anliegen. Gleichwohl greift er Jahr für Jahr drei vornehmlich deutsch-amerikanischen Institutionen finanziell unter die Arme: dem vom GMF und Guido Goldman mitgegründeten American Institute for Contemporary German Studies (AICGS) in Washington; dem American Council on Germany (ACG) in New York, dessen Vorstand Goldman viele Jahre angehörte; und der Congressional Study Group on Germany (CSGG), die Mitglieder des amerikanischen Kongresses mit Abgeordneten des Deutschen Bundestags zusammenbringt. Darüber hinaus half der GMF in den 1980er Jahren auch, das Institute for International Economics anzuschieben, das heute Peterson Institute for International Economics heißt.
Doch die drei Hauptpfeiler des GMF sind: die eigene Denkfabrik, das zivilgesellschaftliche Engagement in Osteuropa – und das Marshall Memorial Fellowship (MMF), ein Stipendienprogramm für künftige Führungskräfte. 1982 aus der Taufe gehoben, um junge Europäer in Spitzenpositionen mit den Vereinigten Staaten vertraut zu machen, bereitet der MMF inzwischen Jahr für Jahr ungefähr 70 Frauen und Männer auf beiden Seiten des Ozeans auf transatlantische Führungsaufgaben vor. Das Training ist breitgefächert und schult die Teilnehmer bis zu einem Jahr lang zunächst in ihren jeweiligen Heimatländern. Danach schließt sich ein intensives Reiseprogramm an, um die in der Ausbildung gewonnenen Kenntnisse in Europa und den USA zu vertiefen – und um in der Begegnung mit anderen Teilnehmern das große Führungsnetzwerk des German Marshall Fund zu erweitern.
Mittlerweile kann der GMF – gerade auch dank der Stipendiaten seines Marshall Memorial Fellowship – auf etwa 4000 Personen in Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und zivilgesellschaftlichen Organisationen zurückgreifen. Einige von ihnen sind bis in höchste Regierungs- und Unternehmensspitzen vorgestoßen. Dazu zählt, um nur ein Beispiel zu nennen, die amerikanische Politikerin Stacey Abrams. Die schwarze Demokratin wäre 2018 um ein Haar zur Gouverneurin des Südstaats Georgia gewählt worden, wird immer wieder als eine mögliche Kandidatin für das Amt der amerikanischen Vizepräsidentin gehandelt und spielt in der Demokratischen Partei mittlerweile eine wichtige Rolle. Dass die Wähler des Südstaats Georgia im November 2020 mehrheitlich für Joe Biden und damit zum ersten Mal seit 1992 wieder für einen demokratischen Präsidentschaftskandidaten stimmten, ist auch Abrams zu verdanken. Unermüdlich hatte sie schwarze Amerikaner gedrängt, sich als Wähler registrieren zu lassen und ihre Stimme abzugeben.
Natürlich gibt es, wie sollte es bei dieser großen Zahl von Stipendiaten anders sein, auch Beispiele, die weniger rühmlich sind: wie etwa der derzeitige ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán, der als liberaler Politiker begann und sich in einen selbstherrlichen, autoritären Rechtspopulisten verwandelt hat. Insgesamt aber ist das Stipendienprogramm ein großer Erfolg und für die Arbeit des German Marshall Fund von großem Nutzen.
Wie wichtig und hilfreich ein solches Netzwerk sein kann, zeigt ein Beispiel, von dem Kevin Cottrell erzählt, der seit vielen Jahren für die Förderung des transatlantischen Nachwuchses zuständig und ein guter Freund von Guido Goldman ist: Weil seit 2002 in Afghanistan sowohl amerikanische als auch europäische Soldaten kämpfen und sie nach der Rückkehr in ihre Heimat auf dieselben Probleme stoßen wie Arbeitslosigkeit, gesellschaftliche Ausgrenzung oder unzulängliche psychologische Versorgung, erhält das Marshall Memorial Fellowship seit einiger Zeit einen Zuschuss für ein Kriegsheimkehrer-Projekt. Es soll die unterschiedlichen Rückkehrbedingungen in den USA und Europa untersuchen und vergleichen und herausfinden, welche Hilfen den Soldaten am besten dienen könnten, wie eine erfolgreiche Veteranenbehörde operieren müsste und welche Ausstattung notwendig sei. Denn man möchte um jeden Preis verhindern, dass sich Kriegsheimkehrer wie zum Beispiel etliche Serben aus Wut und tiefem Frust überall in der Welt als Söldner verdingen und brandgefährliche Konflikte anheizen. Die Gefahr ist groß und aktuell – zum Beispiel in der Ukraine.
Der MMF stellte für sein neues Projekt einen ehemaligen Stipendiaten – und Kriegsveteranen – an. Doch an der Ukraine biss er sich anfangs die Zähne aus. In dem Land leben rund 400 000 Soldaten, die seit 2014 in den östlichen Gebieten, in den Oblasten Donezk und Luhansk, gegen eine von Russland militärisch und finanziell unterstützte Spaltung der Ukraine kämpfen. Doch nach der Rückkehr vom Fronteinsatz kümmerte sich niemand um sie. Sie waren allein mit ihren Nöten und ihren Traumata. Es existierte keine Veteranenbehörde, keine besondere Fürsorge für Kriegsversehrte – und selbst der neue Hoffnungsträger der Ukraine, Präsident Wolodymyr Selenskyj, fand ein derartiges Hilfsprogramm für seine Soldaten zunächst völlig überflüssig.
Das Marshall Memorial Fellowship aber wurde gleichwohl tätig, gründete in der Ukraine einen Expertenkreis und stellte ihm als Berater ebenfalls einen erfahrenen Ex-Stipendiaten zur Seite, der früher in den Vereinigten Staaten selbst einmal Minister für Veteranenangelegenheiten war. Diesen Berater beunruhigten die mangelnde Einsicht und der hinhaltende Widerstand der ukrainischen Regierung sehr. Er alarmierte sein ehemaliges Ministerium in Washington, das wiederum den US-Botschafter in Kiew in Bewegung setzte, um Druck auf Präsident Selenskyj auszuüben. Der lenkte schließlich ein – und Schritt für Schritt werden seither eine Behörde und ein Programm für Kriegsheimkehrer geschaffen.

Der pure Zufall

Auch sonst sticht der German Marshall Fund unter Goldmans Lebenswerken hervor, illustriert er ebenfalls ganz besonders Goldmans Tugenden und Charaktermerkmale: sein enormes Verhandlungsgeschick, den nicht versiegenden Ideenreichtum, seine Chuzpe, die mitunter an Sturheit grenzende Beharrlichkeit, sein Talent, äußerst strapazierfähige Netzwerke zu knüpfen, und die Gabe, einflussreiche und vermögende Menschen für sich und seine Pläne einzunehmen.
Außerdem: Der GMF wurde in einer wichtigen und besonders schicksalsträchtigen Ära westdeutscher und amerikanischer Politik geboren. Seine Entstehungsgeschichte erzählt von großen Ideen und Wagemut, von politischen Freundschaften und Zerwürfnissen, von politischer Genialität, Tricks und Eitelkeiten – und immer wieder von der besonderen Gunst der Stunde.
In Wahrheit ist der German Marshall Fund nur einem glücklichen Zufall zu verdanken. Und fast wäre er, noch bevor er das Licht der Welt erblickte, gleich zweimal durch einen unglücklichen Zufall gescheitert.
Irgendwann im Herbst 1970, so hat es Guido Goldman am 7. März 1973 in einem „Memorandum“ an den ersten Präsidenten des GMF, Benjamin Read, festgehalten, sitzt er gemeinsam mit seinem Freund, dem Harvard-Professor Stanley Hoffmann, beim deutschen Konsul in Boston. Die von Goldman mit ins Leben gerufenen West European Studies in Harvard sind mal wieder klamm. Um weiterzumachen, braucht das von Goldman geleitete Studienseminar dringend Geld, ungefähr eine knappe Million Dollar. Doch woher soll diese Summe kommen?
Goldman hat eine Idee, die er dem deutschen Konsul vorträgt. Wie wäre es, sagt er, wenn man die Regierung in Westdeutschland um diese Million bäte? Und Goldman weiß auch bereits, wie man das den Deutschen schmackhaft machen könnte: In zwei Jahren, im Juni 1972, steht der 25. Jahrestag des amerikanischen Marshall-Plans an. Dieses Ereignis will Harvard feiern, weil der Plan 1947 hier verkündet wurde. Dank ihm erhielt Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg insgesamt 1,4 Milliarden US-Dollar als Wiederaufbauhilfe. Zunächst als Darlehen, dann als Geschenk, eine gewaltige Summe, die am Ende nicht zurückgezahlt werden musste. 1,4 Milliarden Dollar wären heute, ein Dreivierteljahrhundert später, knapp 14 Milliarden Dollar wert.
Wie wäre es also, schlägt Goldman bei dem Treffen in Boston vor, wenn die Regierung in Bonn diese großzügige Geste der Amerikaner mit einem kleinen Geldgeschenk an die West European Studies in Harvard erwidern würde. Eine Million Dollar würde jährlich etwa 50 000 Dollar an Zinsen abwerfen, genug, um das Studienseminar einstweilen am Leben zu erhalten. Westdeutschland, meint Goldman, müsse doch auch ein eigenes Interesse daran haben, dass in Harvard europäische Studien und der akademische Austausch zwischen der Neuen und der Alten Welt fortbestehen.
In Bonn regiert zum ersten Mal seit 1949 ein Bündnis aus Sozialdemokraten und Freien Demokraten anstelle der konservativen Unionsparteien. Der Kanzler dieser sozialliberalen Koalition aus SPD und FDP heißt Willy Brandt, der einst vor den Nazis ins Ausland fliehen musste. Als ehemaliger Regierender Bürgermeister des eingemauerten West-Berlin weiß Brandt wie kaum ein Zweiter, was die Vereinigten Staaten in den vergangenen Jahren für Westdeutschland getan haben und wie wichtig die Allianz mit Amerika ist. Goldman macht sich darum große Hoffnungen, dass sein Plan bei der Regierung in Bonn auf offene Ohren stößt.
Dem deutschen Konsul in Boston gefällt die Idee, und Goldman fliegt nach Washington, um auch den deutschen Botschafter zu überzeugen. Rolf Pauls, ein Karrierediplomat, der vor seiner Entsendung nach Washington der erste deutsche Botschafter in Israel war, ist ebenso angetan. Er bietet sogar an, sich bei seinem nächsten Heimatbesuch bei der Bundesregierung, vor allem bei Außenminister Walter Scheel, für Goldmans Idee starkzumachen.
Doch noch bevor Pauls nach Bonn fliegt, ist Goldman schon da. Er hat einen Termin bei Finanzminister Alex Möller bekommen, Goldmans Vater hat ihm die Tür geöffnet. Nachum Goldmann und Alex Möller haben sich vor einigen Jahren über eine gemeinsame Freundin kennengelernt und schätzen sich. Der Sozialdemokrat Möller, einst jüngster Abgeordneter im Preußischen Landtag, war schon früh ein Gegner der Nationalsozialisten und wurde nach Adolf Hitlers Machtübernahme 1933 für einige Wochen in Haft genommen.
Möller lädt Guido Goldman in seine Villa in Bad-Godesberg ein. In Goldmans Erinnerung war das Ende 1970, wahrscheinlich im November. Man tauscht Freundlichkeiten aus, trinkt reichlich Scotch, und bevor die Gedanken wegen des Alkoholgenusses Achterbahn fahren, hebt Goldman zu einer kleinen Rede an, die er sich zurechtgelegt hat. Er erzählt dem deutschen Finanzminister von den Schwierigkeiten der von ihm gegründeten West European Studies, von der Bedeutung des akademischen Austauschs und der stets großzügigen Hilfe aus den Vereinigten Staaten, wann immer die Deutschen in Not waren.
Goldman erwähnt den Dawes- und den Young-Plan, die dazu beitrugen, dass Deutschlands Zahlungsverpflichtungen nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg nicht völlig aus dem Ruder liefen. Und er spricht über die Segnungen des Marshall-Plans nach dem Grauen des Zweiten Weltkriegs, ohne die der neue westdeutsche Staat nicht auf die Beine gekommen wäre. Wäre es nicht großartig, fragt Goldman, wenn Deutschland in ehrendem Gedenken an George Marshall den klammen West European Studies helfe? Möller weiß um die Verdienste Amerikas. Obwohl er kein Wort Englisch spricht, ist er schon immer ein großer Freund der Vereinigten Staaten gewesen. Und im Gegensatz zu einigen anderen Genossen ergriff der Sozialdemokrat auch früh Partei für Konrad Adenauers Politik der Westintegration, für die enge Anbindung Westdeutschlands an Amerika.
image
Guido Goldman (Mitte) mit Alex Möller (links) und dem Präsidenten des Aspen Instituts Joseph E. Slater im Garten der Adolphus Busch Hall in Harvard, dem späteren Minda de Gunzburg Center for European Studies. Das Foto wurde am 5. Juni 1972 aufgenommen anlässlich der Gründung des German Marshall Fund.
Möller nickt und kommt schnell zur Sache. Die zwei, drei Millionen Mark für Harvard, sagt er, könne er wahrscheinlich ohne große Umstände bei der Münchener Rückversicherungsgesellschaft lockermachen, aus seiner Zeit als Vorstandsvorsitzender der Karlsruher Lebensversicherung habe er noch gute Kontakte in diese lukrative Branche. Dann holt Möller tief Luft und sagt: Als Dankesgeste der Bundesregierung zur 25. Wiederkehr des Marshall-Plans dächte er aber an einen weitaus höheren Geldbetrag. „An wie viel?“, fragt Goldman verdutzt. „An ungefähr 250 Millionen Mark“, sagt Möller. Goldman kann es kaum fassen und erwidert ungläubig: „Herr Minister, ich fürchte, dem wird Ihre Bundesregierung niemals zustimmen.“
Der deutsche Finanzminister aber insistiert und sagt, im Rückfluss-Fonds des einstigen Marshall-Plans sei noch Geld übrig. Möller bittet Goldman, möglichst bald einen Vorschlag auszuarbeiten für die, wie er es nennt, geplante „Zweckverwendung“ der 250 Millionen Mark. Danach trinkt man noch ein, zwei Gläser Scotch und beschließt den Abend.
Auf dem Heimflug in die USA kommen Goldman erneut Zweifel. Alle, denen er inzwischen davon erzählt hat, halten Möllers Millionenversprechen für ein Hirngespinst. Goldman fürchtet, am Ende nicht einmal die drei Millionen Mark für die West European Studies nach Hause bringen zu können.
Etliche Wochen vergehen, ohne dass Goldman irgendetwas von Möller hört, kein Brief, kein Telegramm, kein Telefonat. Fast hat er das Gespräch mit dem Finanzminister schon vergessen, da sagt dieser sich für Januar 1971 zu einem Besuch in Washington an. Man trifft sich in der Residenz des deutschen Botschafters und unterhält sich über dies und das. Doch erst bei der dritten Begegnung, am Ende eines privaten Abendessens in einem vornehmen Restaurant in New York, zu dem Goldman den deutschen Finanzminister eingeladen hat, fragt Möller plötzlich: „Nun, Herr Goldman, haben Sie schon einen Plan ausgearbeitet?“ Kanzler Brandt wisse von der Geschenkidee und sei nicht abgeneigt.
Damit hat Guido Goldman nicht mehr gerechnet. Natürlich gibt es keinen Plan, doch das soll Alex Möller auf keinen Fall wissen, ja nicht einmal vermuten. Von seinem Vater hat Goldman gelernt, dass man in einem entscheidenden Augenblick auch mal bluffen muss. Also sagt Goldman, ohne mit der Wimper zu zucken: Selbstverständlich habe er sich Gedanken gemacht. Das viele Geld aus Deutschland dürfe auf keinen Fall einfach verpulvert werden, auch nicht in ein Dutzend Professuren an irgendwelchen amerikanischen Universitäten fließen. Ihm schwebe die Gründung einer amerikanischen Stiftung vor, einer Art Bank, an die sich europäische und amerikanische Universitäten und Institutionen mit der Bitte um finanziell...

Table of contents