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WĂ€hrend die groĂen Religionen, das Christentum voran, um ihren Fortbestand kĂ€mpfen, hat sich weltweit ein neuer Glaube herausgebildet, tief verwurzelt in den Herzen vieler Menschen: die Engelreligion. Indiz fĂŒr ihre Verbreitung ist die rasant anwachsende Engelliteratur. Was ist das fĂŒr eine Religion? Und wie steht sie zum christlichen Glauben? Wie können Christen zu ihr stehen? Haben die Kirchen den religiösen Zug der Zeit verpasst?
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Information
I. Die neue Engelreligion
1. Eine Religion fĂŒr unsere Zeit
Die alten Religionen, das Christentum voran, ringen um ihren Fortbestand. Ihre Zeit scheint abgelaufen zu sein. Mit ihrer schwierigen Dogmatik, ihrer aus den Jahrhunderten belasteten Geschichte und ihren aus frĂŒheren Gesellschaftsphasen stammenden Formen sind sie das Erbe einer Vergangenheit, das es schwer hat, sich in unserer Zeit zu behaupten. Aber keine Zeit kann ohne Religion sein. Und schon hat sich eine neue Religion herausgebildet, weltweit und in den Herzen unzĂ€hliger Menschen fest verankert: die Religion der Engel. Die schier unglaubliche Konjunktur der Engelliteratur ist ein Index fĂŒr ihre Verbreitung.1 Was ist das fĂŒr eine Religion? Was sind ihre Ăberzeugungen, in welcher Weise nimmt sie Transzendenz wahr, welche Heilsversprechen und VerheiĂungen macht sie? Wie stellt sie Erlösung von der Macht des Bösen und des Todes in Aussicht? Ein Durchblick durch einige Veröffentlichungen der Engelliteratur, wie man sie heute in allen BuchlĂ€den ĂŒberreich findet, soll helfen, diese Fragen zu beantworten.2 Es wird sich zeigen: Die Engelreligion entspricht in idealer Weise den Anforderungen an eine moderne, zeitgemĂ€Ăe Religion. Sie gibt den Menschen schlicht und einfach das, was sie als Religion brauchen. Sie ist den Bedingungen angepasst, unter denen Menschen heute religiös sein können und wollen. Doch schauen wir genauer hin.
Das erste Merkmal der Engelreligion ist: Sie braucht keinen Glauben an Gott, sie kann sich allein auf Erfahrung und Wahrnehmung verlassen. âIch glaube nicht an Gott, nicht an Adam und Eva, nicht an das, was in der Bibel geschrieben steht. Ich glaube an höhere MĂ€chteâ, erklĂ€rt Giulia Siegel, die grĂŒnĂ€ugig-blonde Tochter des Schlagerproduzenten Ralph Siegel, die selbst ein wenig wie ein Engel aussieht. âFĂŒr mich waren die Engel schlicht immer schon etwas ganz Normales.â Ihre Ansichten will sie niemandem aufdrĂ€ngen, will niemanden âvergewaltigenâ. Sie weiĂ: Engel kann man nicht beweisen, man braucht es auch nicht. Es genĂŒgt ihr, âeinfach zu versuchen, meine Begegnungen mit den Engeln mit meinen Augen zu beschreibenâ. Und an die Leser ihres Buches ergeht die Aufforderung: âFrag also nicht, sondern bitte â und du wirst sehen, dass du gehört wirst.â3
Solche Bekundungen finden sich in vielen EngelbĂŒchern. Die Autorinnen und Autoren â ganz ĂŒberwiegend sind es Autorinnen â berufen sich einfach auf ihre Erfahrung und bieten an, dass andere daran Anteil haben können. Kein Verweis auf ein schwieriges altes Buch wie die Bibel, auf Offenbarung, Glaubenslehre und Dogmen, dafĂŒr ausfĂŒhrliche Schilderungen des eigenen Lebens, der eigenen Begegnungen mit den höheren MĂ€chten. Wie erfrischend ist es, das zu lesen, wenn man etwa einen Katechismus zum Vergleich heranzieht. Und es wird deutlich, dass Giulia Siegels Aussage, sie glaube an höhere MĂ€chte, nicht ganz ernst gemeint ist, jedenfalls nicht im dem Sinne, wie in der Kirche bisher vom Glauben gesprochen wurde. Nicht auf den persönlichen Glauben an einen unsichtbaren, der Erfahrung entzogenen Gott kommt es an, sondern auf die Wahrnehmung. Und es wĂ€ren ja keine höheren MĂ€chte, wenn sie nicht erfahrbar wĂ€ren. So weiĂ Giulia eben, dass Engel da sind.4 Und diese Wahrnehmung ist fĂŒr alle möglich.
Damit kommen wir zu einem zweiten Merkmal der Engelreligion. Sowenig wie sie Schrift und Dogmen braucht, sowenig braucht sie Priester, amtliche Hierarchie oder sonst eine Vermittlung zu höheren MĂ€chten. Jana Haas, das aus Kasachstan stammende âneue Engel-Mediumâ, hat in ihren Kursen erfahren, âdass es jedem Menschen möglich ist, sich spirituell zu öffnen, dass jeder Mensch geistige Ebenen und höhere Betrachtungsweisen erlangen und verwirklichen kannâ.5 Doreen Virtue, neben Diana Cooper eine fĂŒhrende Gestalt der Engelreligion in den USA, berichtet, wie sie nach einem ihrer VortrĂ€ge von einem blonden jungen Mann gefragt wird: â,Was Sie heute gesagt haben â dass jeder mit Gott und den Engeln6 reden kann â, meinen Sie das wirklich? Jeder?â Und in seinem Gesicht stand die unterschwellige Frage: ,Meinen Sie, das auch ich mit Gott sprechen kann?ââ Doreens Antwort ist eindeutig: â,Ich konnte feststellen, dass jeder, unabhĂ€ngig von seiner spirituellen oder religiösen Sozialisierung oder seinem Bildungshintergrund, klare Mitteilungen des Göttlichen, Mitteilungen aus spirituellen SphĂ€ren empfĂ€ngt, [âŠ] direkt, ohne dass ein Priester, ein Hellseher oder [sonst] jemand fĂŒr mich ĂŒbersetztââ.7 Der junge Mann ist begeistert. Direkte Kommunikation mit dem Göttlichen, fĂŒr jeden möglich! â es braucht nur ein wenig Ăbung bzw. die Bereitschaft, den Körper âdurchlĂ€ssiger, transparenter fĂŒr das Licht zu machenâ.8 Der gröĂte Teil der Engelliteratur besteht demgemÀà auch in Anleitungen und praktischen Ăbungen zum Erwerb der FĂ€higkeiten zur Engelskommunikation. Es können Visionen, Bilder, mentale Vorstellungen sein oder auch GerĂ€usche, Stimmen, Worte oder Ahnungen, GefĂŒhle oder Gedanken, Ideen, plötzliche innere Gewissheiten, in denen sich die Engel anmelden.9 Kontakt mit den Engeln ist auf vielen KanĂ€len möglich. Um den Kontakt herzustellen, braucht es Entspannung, Achtsamkeit, SensibilitĂ€t, wie sie uns im hektischen Alltag normalerweise nicht gegeben sind. Eben deshalb braucht es noch die Ăbungen in den EngelbĂŒchern, verfasst von denen, die zu einer höheren geistigen Ebene bereits durchgedrungen sind. Die Grundregel lautet: âĂffne einfach dein Herz!â10 Es handelt sich also nicht um geheime esoterische Wissenschaft, nicht darum, den Weg einer Meisterin, eines Meisters zu erlernen und nachzugehen. Vielmehr, und auch das ist ein wichtiges Merkmal dieser Religion, ist der Weg zu den höheren MĂ€chten immer ein ganz individueller. Es ist wesentlich, sagt Jana Haas, âdass jeder Mensch auf seine ganz individuelle Art und Weise so genannte unsichtbare Wesen, Engel und Lichthelfer wahrnimmt.â11 Die Engelreligion ist allgemein und fĂŒr alle offen, zugleich auch individuell und zutiefst persönlich; sie ist undogmatisch und demokratisch; sie ist wirklich eine Religion fĂŒr unsere Zeit.
In der Engelreligion kommt es nicht auf Bekenntnis und Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft an, âda Gott Botschaften und Engel ĂŒberallhin schicktâ.12 In Doreen Virtues Workshops finden sich denn auch Teilnehmer aus dem âProtestantismus, Katholizismus, sind vom New-Age-Denken geprĂ€gt, Mormonen, Juden, Buddhisten, Muslime, Agnostiker und was es nicht noch an Möglichkeiten gibtâ.13 Viele Workshop-Besucher haben eine problematische religiöse Sozialisation hinter sich. Sie haben oft einen Widerwillen gegenĂŒber allem, was an Religion erinnert, wollen nicht einmal, dass die Bibel, Gott, der Heilige Geist oder Jesus erwĂ€hnt werden. Sie sind bei Doreen Virtue willkommen, und ihnen zuliebe spricht sie dann statt von Gott lieber vom âUniversumâ, vom âSpiritâ oder einfach von der âLiebeâ, nicht ohne zuvor dafĂŒr von der göttlichen FĂŒhrung âgrĂŒnes Lichtâ erhalten zu haben.14 Die Engelreligion ist bereits die universale Religion. Sie hat alle konfessionellen Grenzen und religiösen Abgrenzungen ĂŒberwunden, fĂŒr die die Menschen heute ohnehin kaum mehr VerstĂ€ndnis haben, ja unter denen sie leiden. Die Beziehung zum Göttlichen kann nicht mit religiöser Rechthaberei einhergehen. Gerade die Menschen, die unter religiöser Einengung und unter einem drĂŒckenden, kleinmachenden Glauben gelitten haben, sind die ersten AnhĂ€nger dieser neuen Religion.
Statt konfessioneller Enge gibt es das GefĂŒhl der Verbundenheit von allem und mit allem. Kurt Tepperwein, ehemaliger Unternehmer, dann zur Engelreligion bekehrt und nunmehr als âLebenslehrerâ tĂ€tig, erklĂ€rt es ein wenig akademisch: âIch erfahre die Ebene der Engelwesen in der Einheit des allumfassenden einen Seins als einen mehrdimensionalen Aspekt des schöpferischen Ausdrucks des Universums.â15 Die Engel sind es, die die Botschaft des Universums von auĂen in den Menschen eintreten lassen, dort auf Bekanntes treffen und Verwandtes berĂŒhren, so dass der Mensch sich in Einheit mit dem Ganzen fĂŒhlen kann: âAus dem Ursprung der allumfassenden Quelle sind wir ein Teil des Ganzen und die Energie eines Engels ist ein Wesensanteil deines groĂartigen Seins.â16 Hinter allen Zerteilungen und Ausgrenzungen, die so sehr das moderne Leben prĂ€gen, gibt es also eine groĂe, unzerstörbare Einheit, jeder Mensch ist in dieser Einheit geborgen, und Engel weisen den Weg zu ihr. Das ist eine groĂe VerheiĂung der Engelreligion. In grĂŒndlicher, vorbildlicher Weise hat Jana Haas diese mehrdimensionale Einheit des Seins auseinandergelegt. Angelehnt an die frĂŒhere christliche Rede von den Engelordnungen und -hierarchien zeigt sie auf, welche angelischen KrĂ€fte auf den Menschen einwirken und wie sie zu seinem Heilwerden beitragen.17 Der Schutzengel verschafft âKlarheit ĂŒber dich und deinen Wegâ, er hilft auch, sich von âTĂ€uschungen, SelbsttĂ€uschungen und Verhaftungenâ zu lösen. Daneben existiert eine besondere Dimension der Heilkraft, die aus dem âHimmel der Heilungâ kommt. Der Engel der Heilkraft wirkt aber nicht wie ein Medikament, er arbeitet vielmehr mit dem, âwas wirklich in dir lebendig istâ, durchaus auch entgegen dem, was der Kopf gerade denkt. Ferner kennt Jana Haas sieben Erzengel, die jeweils fĂŒr einen Wochentag, ein bestimmtes Organ und einen bestimmten Chakraraum (= Medium fĂŒr den Kontakt mit der geistigen Welt) zustĂ€ndig sind. So ist der Erzengel Michael fĂŒr den Sonntag und damit fĂŒr die Ruhe und MuĂe zustĂ€ndig, die nötig sind, um die Vergangenheit zur Ruhe kommen zu lassen und Furchtlosigkeit zu gewinnen. Er wirkt zugleich auf das Wurzelchakra (eines der sieben Energiezentren im Körper) ein, von wo aus der Lebensmut gestĂ€rkt wird. Michael frischt das Blut, sein bevorzugtes Organ, mit himmlischen, höheren Energien auf. Jana hat beobachtet, dass der Erzengel Michael, der frĂŒher mit der Symbolik des Kampfes verbunden war, heute eine verĂ€nderte himmlische Rolle angenommen hat, in Reaktion auf die inzwischen erfolgte Entwicklung der Menschheit, die nicht mehr so stark vom kriegerischen Kampf bestimmt ist. Michael steht heute fĂŒr âdie Inspiration zur Tatkraft und zum Lebensmut durch die Verbindung zu einer himmlischen Kraftquelleâ. So geht es weiter durch die Woche mit den ĂŒbrigen Erzengeln, und immer erscheint die Einheit von Zeit, Energie und Körperorgan. Weiterhin gibt es âFamilienengelâ, die sich um das soziale System der Familie kĂŒmmern, und âKristallengelâ, die fĂŒr ĂŒbergreifende Institutionen, ja fĂŒr die ganze Menschheit zustĂ€ndig sind. Wer sich in diese AusfĂŒhrungen vertieft, dem kann deutlich werden, wie das ganze Leben in einer Ordnung steht und in den geistigen KrĂ€ften mit dem Universum verbunden ist. Die Heilkraft der Engel, so versichert Jana, ist deshalb auch nichts Wunderbares oder Magisches, sondern viel eher die Einweisung in eine kosmische Ordnung, die vom Menschen erlebt werden kann. âDie HeilkrĂ€fte der Engel sind Schwingungen von gröĂter Klarheit und Ordnung, von Harmonie und Durchlichtung.â Wer ihrer teilhaftig werden will, muss in sich Ordnung schaffen und sich bewusst werden ĂŒber die bereits vorhandenen KrĂ€fte von Körper, Seele und Geist. Leben mit den Engeln, das ist das Leben in der wahren und heilvollen Ordnung des Seins.
Die Engel und Gott sind ganz dasselbe, so erklĂ€rt Doreen Virtue. Die Aussage ist ĂŒberraschend und erklĂ€rungsbedĂŒrftig, das empfindet auch Doreen. Da sie aber einen guten Draht zur âhimmlischen FĂŒhrungâ hat, kann sie diese selbst fragen, wie es sich damit verhĂ€lt. Die Antwort des Himmels lautet: âEs gibt keinen Unterschied zwischen uns. Wir sind alle eine geeinte Stimme, die aus dem Geist und dem Herzen entspringt.â Frage Doreens: âDa du ,wirâ sagst, nehme ich einmal an, dass hier der Engel spricht?â Antwort: âDas stimmt.â â âUnd gleichzeitig spreche ich mit Gott?â â âAber ja. Wie gesagt, wir unterscheiden uns nicht voneinander.â18 Damit ist die Sache klar, aber es ist auch von der Sache her klar. Denn das Himmlische, das Göttliche, Gott oder die Engel sind ja nur verschiedene Namen fĂŒr ein- und dasselbe: die liebedurchwirkte Einheit des Universums, den Geist des Ganzen, der alles trĂ€gt und erhĂ€lt. Darum kann Doreen Virtue Gott auch Universum, Spirit oder Liebe nennen. Sie weiĂ: âWo ist Gott? Ăberall, unter anderem in Ihnen selbst.â Er ist âLiebe, reine Liebeâ, und so ist er auch âin den Zellen in unserem Körper, unserem Kopf und unserem Herzen.â19 Angelika Arnolds bringt es auf die Formel: âLebe wieder ein menschliches Lebenâ, und das heiĂt: âLebe wieder ein Leben in Verbundenheit mit dem Urgrund.â20 Das ist die groĂe Botschaft der Engelreligion.
Nicht verwunderlich ist es daher, dass diese Religion auch die spirituelle Dimension der Natur wiederentdeckt. Naturwesen, Wesen der Erde also, die nicht mit den Engeln identisch sind, spielen in der Engelliteratur eine groĂe Rolle. Man erfĂ€hrt von WaldwĂ€chtern, Steinwesen, Wurzelwesen, Baumgeistern, Elfen, Feen, Zwergen, Devas (im Buddhismus Himmelswesen und Götter) usw.21
Jana Haas beschreibt ihre Begegnung mit einem solchen Wesen: âAuf der Rigi sah ich, wie aus dem Wald ein lichtvolles Geistwesen in weiblicher Gestalt herauskam, durchsichtig weiĂ, vielleicht einen und einen halben Meter groĂ, das sehr achtsam und konzentriert war. Diese Gestalt hielt behutsam eine Laterne in der Hand, in der ein Licht leuchtete. [âŠ] Sie sagte mir, dass sie eine ,WaldwĂ€chterinâ ist und dass ihre Aufgabe darin besteht, das ewige Wissen des Waldes in ihrer Laterne zu hĂŒten.â Die WaldwĂ€chterin, der bald auch noch ein Wurzelwesen zur Seite tritt, fĂŒhrt Jana an einen âOrt der Kraftâ. Sie zeigt ihr am Himmel die âLichtbĂŒcherâ und erklĂ€rt: âDu kannst alles Wissen in dieser Bibliothek nachschauen. Hier ist das gesamte Wissen des Himmels und der Erde niedergelegt.â22 FĂŒr die AnhĂ€nger der Engelreligion ist die Natur nicht bloĂ seelenloses Material. Sie ist voller Leben und Geist, ein bedeutsamer Teil des geistigen Kosmos und in diesem mit den Menschen vielfĂ€ltig verbunden. So kann es geschehen, dass Angelika Arnolds bei einem Badeurlaub erkennt, dass auch die Delfine Engel sind. âDelfine sind die Engel der Meere. Sie nehmen gerne Kontakt mit dir auf.â âDie Delfin-Energie bringt dich leicht in das höhere Energie-Wissen des Universums und noch weiter in die Tiefe deines Seins.â Konsequenterweise wird ein Einweihungsritual in die Energie der Delfine angeboten, das auch auĂerhalb des Wassers funktioniert. Der Delfin ruft nach uns. âIhr Rufen: ,kommâ â prĂ€sent, lockend und fordernd. Manchmal brach ich in TrĂ€nen aus, konnte es kaum noch aushalten. Da war etwas, was mich tief aus dem Urgrund meiner Seele rief.â âVielleicht hast du ja auch einen Delfin als Schutzengel.â23
In diesem Zusammenhang sind auch die erstaunlichen Erfahrungen der Findhorn-Community zu erwĂ€hnen, die in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts datieren. Auf unfruchtbar-sandigem Boden im Norden Schottlands legte die Gemeinschaft einen ĂŒppigen, fast tropischen Blumen- und GemĂŒsegarten an â nicht durch den Einsatz von KunstdĂŒnger, sondern durch âtelepathischen Kontakt mit den engelhaften Wesen, die das Pflanzenwachstum ĂŒberstrahlen und lenkenâ, durch direkte Kommunikation mit den Engeln, Devas, Naturgeistern und Elementseelen, die zum Beispiel kundtun, dass die Pflanzen Wasser brauchen oder vor dem Wind geschĂŒtzt werden wollen. Die damals vieldiskutierte Erfahrung von Findhorn war: âDu kannst mit den Engeln sprechenâ, du kannst dich einweisen lassen in die spirituelle Gemeinschaft mit der Natur, die unserer technischen Zivilisation sonst verloren gegangen ist.24
Neben den Naturwesen finden wir weitere geistige Gestalten, etwa die Geister der Verstorbenen, die zum Guten, aber auch zum Bösen wirken können, sowie andere, auch lebende Menschen als GeistfĂŒhrer. âSie haben mindestens einen GeistfĂŒhrer, der seit Ihrer Geburt bei Ihnen ist und bis zum letzten Atemzug an Ihrer Seite bleiben wird. Gewöhnlich ist dieser GeistfĂŒhrer ein Ahne â etwa ein Teil der UrgroĂeltern â, ein Angehöriger, der mehrere Jahre vor Ihrer Geburt verstorben ist.â25 Helga Schaub, von der wegen ihrer besonderen Aufmerksamkeit fĂŒr die dunkle Seite der MĂ€chte noch spĂ€ter die Rede sein wird, weiĂ darum, dass Mörder, Selbstmörder, rachsĂŒchtige Seelen oder zu plötzlich Verstorbene die Aura eines Menschen besetzen können, in einer Wohnung oder auf dem Dachboden poltern oder von ihrem Grab her wirken. Sie bewirken Depressionen, grundlose Traurigkeit und SchwĂ€che.26 Jana Haas ist von ihrer UrgroĂmutter in die spirituelle Welt eingefĂŒhrt worden, und auch noch nach deren Weggang blieb sie ihre spirituelle Lehrerin. âIch empfing Visionen von ihr und erhielt Durchsagen in Bezug auf wichtige Lebensstationen.â27
Kurt Tepperwein gibt der Ăberzeugung Ausdruck, dass die Engel heute mehr als frĂŒher âallseits erfahr- und erkennbarâ sind.28 So ist es zu erklĂ€ren, dass sich die Engelreligion immer mehr verbreitet. Die Zeit arbeitet fĂŒr diese Religion, ja hat schon erfolgreich fĂŒr sie gearbeitet. Denn immer mehr Menschen entdecken ihre spirituellen KrĂ€fte, nehmen Kontakt zur Engelwelt auf, entringen sich der Herrschaft einer begrenzten, auf das Feststellbare und Machbare beschrĂ€nkten RationalitĂ€t. âVielleicht liegt die Zukunft in gröĂerer Offenheit, persönlicher IntegritĂ€t, innerer Reife, visionĂ€rem Mut, kooperativem Handeln, kreativer Selbstorganisation.â29 Wieder ist es Jana Haas, die der Erwartung eines goldenen, spirituellen Zeitalters den prĂ€gnantesten Ausdruck verleiht. Sie ist sicher: âDas Goldene Zeitalter hat bereits begonnen, ĂŒberall!â30 Anzeichen dafĂŒr sind die immer deutlichere Abkehr von Unmenschlichkeit und der Gewalt gegen Mensch, Tier und Umwelt, also das Erwachen eines neuen Bewusstseins, das zwischen Gut und Böse, Hell und Dunkel, Entwicklung und Beharrung unterscheiden kann, das sich von der Bindung an Macht und Besitz, Dogmen und materialistischen Glaubensmustern befreit. Differenziert beobachtet sie, wie die Entwicklung in den verschiedenen LĂ€ndern unterschiedlich weit vorangeschritten ist. Von ihrer russischen Herkunft her kennt sie sich mit LĂ€ndern aus, in denen das Spirituelle noch âzwei Gesichterâ hat â weiĂe und schwarze Magie, Heiler, die ihre spirituellen KrĂ€fte zu heilenden, und Magier, die sie zu schĂ€digenden Wirkungen nutzen. Symbolfigur dieser Doppelgesichtigkeit ist fĂŒr sie Rasputin, der skandal- und geheimnisumwitterte Heiler am russischen Zarenhof. Es kommt nicht von ungefĂ€hr, dass viele Diskotheken nach diesem Rasputin benannt werden â ein Hinweis auf die noch unklare Unterscheidung von hell und dunkel, die der KlĂ€rung harrt. In einigen LĂ€ndern aber ist die Entwicklung schon viel weiter gekommen. In Deutschland, Ăsterreich und der Schweiz sieht sie nur noch lichte KrĂ€fte am Werk. DafĂŒr sorgt schon die geistige Welt selbst, die andernfalls ihren KrĂ€ftefluss anhalten wĂŒrde. Die spirituelle Evolution ist nicht allein Sache des menschlichen Reifegrads, sie ist das Werk und die Wirkung der geistigen Welt selbst. Es muss so sein, dass nach der Evolution der rationalen und technischen FĂ€higkeiten des Menschen nun auch eine Evolution der spirituellen KrĂ€fte erfolgt. Die Erwartung eines goldenen Zeitalters fĂŒgt sich in das Fortschritts- und Evolutionsschema, das so sehr das neuzeitliche Weltbild bestimmt. Auch in dieser Hinsicht ist die Engelreligion eine Religion fĂŒr unsere Zeit. Am Ende wird, so versichert Jana Haas, ein Zeitalter stehen, in dem die Ambivalenz von weiĂer und schwarzer Magie ĂŒberwunden ist. In dem das esoterische (nur Eingeweihten zugĂ€ngliche) Wissen, das immer auch mit Hochmut und UnterdrĂŒckung verbunden gewesen ist, ein fĂŒr alle zugĂ€ngliches exoterisches (fĂŒr Nichteingeweihte verstĂ€ndliches) Wissen geworden sein wird. Ein âweiblichesâ Zeitalter der EbenbĂŒrtigkeit und IndividualitĂ€t wird es sein, das das âmĂ€nnlicheâ Z...
Table of contents
- Inhalt
- Vorwort
- I. Die neue Engelreligion
- II. Etwas ĂŒber den Himmel
- III. Der verschlossene Himmel
- IV. Engelwelten
- V. Die Engel im göttlichen Rechtswesen
- VI. Engel im Kampf unserer Zeit
- Anmerkungen
- Literaturverzeichnis