Agenda Setting
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Agenda Setting

Dinge sichtbar machen & verĂ€ndern, Meinung sagen, Menschen ĂŒberzeugen, Positionierung gegen Widerstand, Ansichten durchsetzen, Status Macht Öffentlichkeit nutzen

Simone Janson, Simone Janson, Simone Janson

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Dinge sichtbar machen & verĂ€ndern, Meinung sagen, Menschen ĂŒberzeugen, Positionierung gegen Widerstand, Ansichten durchsetzen, Status Macht Öffentlichkeit nutzen

Simone Janson, Simone Janson, Simone Janson

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Information

Year
2024
ISBN
9783965961081
Edition
4

Digitale Aufmerksamkeit in Social Media: Die Macht der Zahlen
// Von Simone Janson


Wer sich mit Social Media etwas auskennt, der weiß: Hier wird gelogen, dass sich die Balken biegen. Falls Sie auch vor rechtlichen Konsequenzen nicht zurĂŒckschrecken, können Sie die nachfolgenden Tipps ganz ironiefrei lesen.

Britney Spears werden
.

Werden Sie Britney Spears. Zumindest bei Twitter. Oder irgendein anderer Promi. Hauptsache bekannt! Wirklich wahr! Eine hervorragende Methode, möglichst viele Follower zu generieren, besteht darin, als Promi zu twittern. Da Twitter, im Gegensatz zu Facebook, noch sogenannten Fake-Accounts, also unechte Benutzer-Konten zulĂ€sst, ist das ohne weiteres möglich: Sie erstellen also einfach einen Twitteraccount unter dem Namen Britney Spears – natĂŒrlich ist auch jeder andere Promi möglich – und fangen an möglichst realitĂ€tsnah zu twittern. Wenn Sie genug Follower – sagen wir 500.000 – gesammelt haben, Ă€ndern Sie Ihren Account auf Ihren richtigen Namen. NatĂŒrlich wird es ein wenig Schwund unter Ihren Followern geben, aber ein paar 1000 StĂŒck sind sicher zu verschmerzen. NatĂŒrlich ist auch die Gefahr einer Abmahnung gegeben, selbst wenn Sie bei Twitter anonym bleiben. Aber mit diesem Risiko mĂŒssen Sie eben leben.
Mit einer ganz Ă€hnlichen Methode hat sich das Wiener MuseumsQuartier auf einen Schlag mehr als 25.000 Fans auf einer Facebook-Seite gesichert. Die war, so berichtet die österreichische Tageszeitung derStandard, im Februar 2009 von dem Studenten Helmuth Lammer als Privatperson gegrĂŒndet worden. Und zwar als inoffizielle Seite fĂŒr das MuseumsQuartier. Innerhalb von zwei Jahren gewann Lammer mehr als 25.000 Fans. Im April 2011 bot das MuseumsQuartier Lammer zwei Jahreskarten und ein ‚Goodie Pack‘ fĂŒr die Seite. Als der Student sie daraufhin nicht hergeben wollte, beantragte das MuseumsQuartier bei Facebook die Zusammenlegung der eigenen Facebook-Page mit der des Studentn Lammer. 25.000 Fans zum Nulltarif – aus sicht des MuseumsQuartiers ein gelungener Coup. Die Seite hat heute ĂŒber 28.000 Fans.
Davon kann ein bekannter amerikanischer TV-Sender nur TrĂ€umen. Dort hatte man Twitter-Usern den eigenen Twitter-Namen fĂŒr viel Geld abgekauft. Dumm nur, dass die User den Account mit vielen tausend Twitterern behalten und einfach nur umbenennen durften. Was fĂŒr eine GeschĂ€ftsmodell! Das deutsche ZDF war Intelligenter: Marco Bereth aus SchwĂ€bisch Hall und Michael Umlandt aus Heilbronn sicherten sich im Juni 2009 das Konto @ZDFonline bei Twitter. Und zwar, wie sie dem Journalisten Richard Gutjahr auf der Republica 2011 charmant erzĂ€hlen, weil der Account einfach fehlte. Da machten sie es halt selbst! Und das sehr gut: @ZDFonline reagiert auf Kritik, bedankt sich artig fĂŒr positive Resonanz, hilft weiter bei Fragen zum Programm. Sie nehmen einem andern Fake-User den Account @ZDF-Neo ab. Der ist froh, ohne Abmahnung davon gekommen zu sein. Am Ende wird ihnen die Sache aber zu heiß und sie geben den Account ab. Die Reaktion des ZDFs: Überraschend positiv. Statt rechlicher Schritte gibts nen Arbeitsvertrag – weil die beiden ihren Job so gut gemacht haben.


Oder gleich in den Knast?

Nicht immer geht die Sache so glimpflich ab: Kurz nach der Katastrophe im japanischen Atomkraftwerk Fukushima wurde auf Twitter der Account @Atomforum_eV bekannt, der es innerhalb weniger Stunden von unter 200 auf fast 4.000 schaffte. Allerdings handelte es sich nicht um das echte Atomforum, sondern einen Satire-Account, der mit zynischen Tweets die Haltung des Atomforum Deutschland persiflierte und dafĂŒr zeitweise auch das Logo des Atomforums nutzte. Das echte Atomforum distanzierte sich von dem Account, und kĂŒndigte an, alles zu unternehmen, um den Satire-Account zu bekĂ€mpfen. Auch rechtliche Schritte wurden nicht ausgeschlossen, der Satire-Account wurde samt aller Follower zeitweilig gelöscht. Überrascht von sich dem sich anbahnenden Streisand-Effekt, bei dem durch den Versuch, Informationen im Netz zu unterdrĂŒcken, das genaue Gegenteil erreicht wird, ruderte das Atomforum schließlich zurĂŒck.
Wer bei solchen Methoden Angst vor Abmahnungen und strafrechtlicher Verfolgung bekommt, dem bietet sich noch eine ganz andere Methode an. Gehen Sie gleich in den Knast. Ein Politikstudent aus Berlin wurde auf einer Anti-Atom-Demonstration verhaftet. Über den Abtransport zu einer Gefangenensammelstelle twitterte er derart herzergreifend und polemisch ĂŒber nichtvorhandene Toiletten, bittere KĂ€lte und fehlende GetrĂ€nke, dass man meinen könnte, er befĂ€nde sich auf dem Weg nach Guantanamo. Sein Lohn: In wenigen Stunden mehr als 300 neue Follower bei Twitter.
Ihnen ist das zu Riskant? Sie wollen nicht mitten im Winter in klirrender KĂ€lte verhaftet werden? Ich habe eine bessere Idee: Sie können auch gleich BetrĂŒgen!

Masse statt Klasse: KlickbetrĂŒger und Fake-Accounts

TatsĂ€chlich ist es kein Problem, seine Follower-Zahlen kĂŒnstlich und eigenhĂ€ndig nach oben zu pushen. Zum Beispiel indem Sie sich einfach nur auf die Höflichkeit Ihrer Mitmenschen verlassen. Denn bei Twitter oder auch bei Facebook folgen Viele aus reiner Höflichkeit zurĂŒck. Manche machen das auch Vollautomatisch! Folgen Sie also solchen Leuten ein paar Tage, dann entfolgen Sie sie wieder.
Oder Sie nutzen gleich eine Software oder einen Dienstleister, die ihnen auf die oder Ă€hnliche Weise mal eben schnell einige tausend Fans oder Follower beschweren. 10.000 Fans fĂŒr 199 Euro fĂŒr die eigene Facebook-Seite ist das beste Preisleistungs-VerhĂ€ltnis, dass ich zu dem Thema fand – und zwar bei Ebay. Es geht auch weniger: 1000 Fans fĂŒr 39,95 Euro. Und fĂŒr Twitter kann man ganze Accounts mit angeblich aktiven Followern kaufen – 4000 StĂŒck fĂŒr 49,95 Euro. Wer es nicht glaubt: Einfach mal bei Ebay nach „Facebook Fans“ oder „Twitter Follower“ suchen.
Zuhauf bieten im Internet Agenturen und Dienstleister ohne jedes Unrechtsbewusstsein ihre Dienste an, wobei die Grenzen zwischen seröser Beratung und verkauftem Betrug fließend sind. Die Seite von Twittcoach Stefan Berns etwa verspricht ihren Kunden: „Durch unseren Follower-Aufbau-Service, bauen wir Ihnen, nach Ihren SchlĂŒsselwortvorgaben, genau die Follower auf, die Sie fĂŒr ein effektives und erfolgreiches Twitter-Marketing fĂŒr Ihre Accounts benötigen. Hierbei gehen wir Ă€ußerst sensibel und harmonisch im Rahmen der Twitter – Richtlinien vor.“ Doch (scheinbare) SeriositĂ€t ist offenbar nicht zu Schleuderpreisen zu haben. 1000 Follower kosten bei Berns 140 Euro, fĂŒr 5000 Follower muss der Kunde 700 Euro berappen. Und die zur Burda gehörende Videoplattform sevenload bietet auf ihrer Website ein sogenanntes Viral Seeding fĂŒr Videos an, bei dem es letztendlich auch um nichts anderes als kĂŒnstlich generierte Nutzer-Zugriffe geht. Auf der Unternehmenswebsite liest sich das dann so: „Das sevenload Seeding-Team recherchiert fĂŒr Ihre Marketingkampagne die passgenauen Zielgruppen im Web. Wir streuen Ihre Video-Botschaft systematisch ĂŒber die sevenload Plattform sowie in einer Vielzahl Social Networks. Hierzu zĂ€hlen beispielsweise Communities, spezifische Foren, Blogs sowie Fun- und Freizeitportale. Weiterhin nutzt sevenload fĂŒr das Seeding die wichtigsten Social Bookmarking- und Microblogging-Dienste, um Ihre Werbebotschaft zu verbreiten. Mit den Seeding-Maßnahmen garantieren wir Ihnen eine vorher abgestimmte Zahl an Video Views in dem gewĂŒnschtem Zeitraum.“

Wahnsinn mit Methode

Genau das ist aber der Knackpunkt bei der ganzen Geschichte: Selbst wenn es um echte Nutzer geht, die sich, so wie die seriöseren Anbieter solcher Marketin-Maßnahmen gerne verlauten lassen, freiwillig folgen oder klicken: So lange es letztendlich nur darum geht, eine zuvor abgestimmte Zahl von Fans, Followern oder Klicks zu erreichen, bleibt der tatsĂ€chliche Nutzen ebenso im Dunkeln wie die Herkunft der neuen Internet-Freunde. Offenbar, so berichtet derWesten, gibt einen regen „Fan“-Handel, bei dem Agenturen und Dienstleister munter Fans kaufen und weiterverkaufen. In einigen FĂ€llen handelt es sich Fake-Accounts oder Software, die gefakte Klicks generieren. Oder aber der Dienstleister kann offenbar schnell Kontakte in Osteuropa, Indien oder Pakistan herstellen. Einer dieser Dienstleister ist der Schweizer Student Pirmin Steiner. Je nach Anzahl der Fans kassiert er zwischen 2500 und 5000 Franken fĂŒr ein Facebook-Profil. Sein bislang bester Kunde: Die Facebook-Seite des Kantons GraubĂŒnden.
Der Wahnsinn hat durchaus Methode, wie der Videojournalist Markus HĂŒndgen im Selbstversuch herausgefunden hat. Bei youtube will er ein Video pushen. Bei einem mittlerweile nicht mehr existierenden pakistanischen Dienstleister bestellt HĂŒndgen 30.000 Videoaufrufe fĂŒr 20 Dollar. Gezahlt wird per Paypal. Damit es realistischer wirkt, kommen spĂ€ter noch 40 Bewertungen (darunter auch eine negative) und 10 Kommentare hinzu, die er selbst verfasst und die der Dienstleister unter verschiedenen Account-Namen einstellt. Alles kein Problem, ja HĂŒndgen wird sogar im Facebook-Chat angesprochen, wie sich solche Klickzahlen fĂŒr die Kampagne eines DAX-Konzerns in Nordrheinwestfalen generieren lassen.
Damit ist man ĂŒbrigens in guter Gesellschaft: Die Telekom machte Schlagzeilen, weil sie hunderte von fingierte Kundenbewertungen von einer Textagentur anfertigen ließ, die auf einem Shoppingportal der Telekom fĂŒr positive Stimmung sorgen sollten. Und die SĂŒddeutsche Zeitung kaufte ĂŒber den Schweizer Dienstleister Trigami offenbar Lob fĂŒr ihre iPhone-App in Blogs und im iPhone-AppStore – wobei die SĂŒddeutsche von einer viralen Kampagne spricht, in der die Blogger selbst entscheiden konnten, wie sie die Produkte finden.

Wenn der Klickwahnsinn gefÀhrlich wird

Doch auch wenn solche Methoden mehr als ĂŒblich sind – redlich sind sie auf keinen Fall. Und auch gar nicht ungefĂ€hrlich. Unternehmen wie Facebook oder Google haben sehr strenge Vorschriften dafĂŒr, was mit solchen KlicksĂŒndern geschieht. Bei Google zum Beispiel droht die lebenslange Sperrung des youtube-Accounts, was auch eine lebenslange Sperre von Google-Adsense und der damit verbundenen Einnahmen zu Folge hat. Und bei Facebook erhalten Menschen, die in zu kurzer Zeit zu hĂ€ufig auf den Like-Button klicken, zum Beispiel weil sie dafĂŒr bezahlt werden, folgende Nachricht: „Du wurdest vom Verwenden von „GefĂ€llt mir“ blockiert, weil Du diese Funktion wiederholt missbraucht hast. Diese Blockierung kann von ein paar Stunden bis hin zu ein paar Tagen andauern. Bitte sei vorsichtig, wenn Du diese Funktion wieder verwenden kannst. Weiterer Missbrauch dieser Funktion kann zur dauerhaften Sperrung deines Kontos fĂŒhren. Weitere Informationen dazu erhĂ€ltst Du auf der FAQ-Seite.”
Als wenn Sperrung bzw. der Verlust des betreffenden Accounts fĂŒr den einen oder anderen nicht schon Schmerzhaft genug wĂ€re, ist auch die Rechtslage zu bedenken. Folgt man dem DĂŒsseldorfer Rechtsanwalt Udo Vetter, macher des renommierten Law-Blogs, so sind die KĂ€ufe von Klicks, Kommentaren, Bewertungen usw. klare VerstĂ¶ĂŸe gegen das Wettbewerbsrecht – und es drohen Abmahnungen sowie Unterlassungsklagen. So sagte Vetter im GesprĂ€ch mit Markus HĂŒndgen: „Durch gefĂ€lschte Abrufzahlen wird die GrĂ¶ĂŸe des Unternehmens bzw. das tatsĂ€chliche Interesse an Produkten verschleiert. GefĂ€lschte Kommentare erwecken den Eindruck zufriedener Kunden, die es gar nicht gibt. Das sind beides Referenzen, die zu einem Kaufentschluss fĂŒhren können, den der Kunde ohne die Fakes nicht gemacht hĂ€tte.“

Fanzahlen Faken – aber wie?

Wie schwierig es gerade bei Facebook ist, Fanzahlen in großer Masse zu fingieren, hat kĂŒrzlich Sascha Lobo eindrĂŒcklich deutlich gemacht: Als der ehemalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg zurĂŒckgetreten war, wurde bei Facebook die Seite „Wir wolle...

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