Digitale Manipulationstechniken durchschauen
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Digitale Manipulationstechniken durchschauen

Psychologie des Überzeugens & der Anziehungskraft, Soziale Kompetenz lernen, NLP Kommunikation & die Macht der Rhetorik verstehen

Simone Janson, Simone Janson, Simone Janson

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Psychologie des Überzeugens & der Anziehungskraft, Soziale Kompetenz lernen, NLP Kommunikation & die Macht der Rhetorik verstehen

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Information

Year
2024
ISBN
9783965963542

10 Gefahren von Social Media: Gehirne in der Datenwolke
// Von Simone Janson


Im Beruf geben wir uns MĂŒhe, einem professionellen Bild zu entsprechen. Ganz anders sieht das in Social Media aus, da benehmen wir uns wie Gehirne in der Datenwolke. Das ist die Gefahr.

Beruf vs. Social Media

Bier ist Bier und Job ist Job! Oder anders ausgedrĂŒckt: Im Beruf verhalten wir uns – meistens jedenfalls so – wie Chefs, Kollegen und Kunden das von uns erwarten: NĂ€mlich Zugeknöpft. Private Dinge haben im BĂŒro nichts zu suchen. Die leben wir in unserer Freizeit aus, wenn wir mit einer Flasche Bier vor dem Fernseher lĂŒmmeln, in die Sauna gehen und Ă€hnliche Dinge tun, von denen Chefs, Kollegen und Kunden nicht unbedingt wissen mĂŒssen. Oder?
In den letzten Jahren hat sich durch Internet, Soziale Netzwerke und Handys schon einiges verĂ€ndert und dabei wird es vermutlich nicht bleiben. Möglicherweise stehen wir vor der grĂ¶ĂŸten gesellschaftlichen Herausforderungen seit Beginn der Industrialisierung. Denn voraussichtlich wird sich in den kommenden Jahren unsere aller Information- und Kommunikationsverhalten und dadurch bedingt unsere Arbeits- und dementsprechend unsere Lebensweise grundlegend Ă€ndern.

Die Grenzen zwischen Beruf und Privatleben verschwimmen immer mehr

Dank Smartphone, Laptop und mobilem Internet sind wir praktisch Rund um die Uhr fĂŒr Chefs greifbar. Durch Soziale Netzwerke und Standortbezogene Dienste wie 4square oder Google Latitude kann der Tag und Nacht nachvollziehen, was wir so treiben. Ein Mobilfunk-Anbieter bietet Firmenkunden sogar eine Mitarbeiter-Überwachungs-Paket per GPS an. Personaler durchforsten das Internet nach Informationen ĂŒber Bewerber. Gesichtserkennungssoftware spĂŒrt auch jede noch so peinliche Momentaufnahme von uns auf Fotos im Netz auf. Und wer weiß: Vielleicht gehören Begriffe wie Freizeit und PrivatsphĂ€re bald der Vergangenheit an und wir stehen praktisch nackt im Netz?
In der Phantasie vieler Menschen bestimmt. SĂ€tze wie “Dieses Internet da ist echt gefĂ€hrlich” und “Das ist mir alles zu viel und zu privat” höre öfter, wenn ich erzĂ€hle, dass ich beruflich mit Social Media zu tun habe. Dabei sind die Panik und Verunsicherung vor dem Netz mindestens genau so groß wie die Polemik und die Unwissenheit, mit der dem Thema begegnet wird. Regelrechte Verschwörungstheorien hat sich so mancher zurechtgelegt. Und doch nutzen viele Leute das Internet dann doch irgendwie.

Internet – praktisch aber gefĂ€hrlich?

Es ist ja praktisch ist, man macht das heute eben so oder man will ja beruflich den Anschluss nicht verlieren. So richtig beschĂ€ftigen mag man sich aber nicht damit – es kostet ja Zeit. Aber ein ungutes GefĂŒhl, was andere jetzt so alles ĂŒber einen erfahren, bleibt dann doch. Auch wenn sein Vergleich sicher ein wenig hinkt:
Der bekannte amerikanische Journalist und Blogger Jeff Jarvis machte sich nicht ganz zu unrecht ĂŒber “diese Deutschen” lustig, die im Internet ein solches Gewese um ihre PrivatsphĂ€re machen, sich aber wildfremden Menschen in der Sauna entblösen. Und damit zeigen: Nackt sein in der Öffentlichkeit kann durchaus O. K. sein. Eben in der Sauna oder am FKK-Strand. Aber bitte nicht im Netz!

Chancen und Risiken von Social Media

Klar, diese Entwicklung kann einem schon manchmal Angst machen. Doch sie bietet auch Chancen: Wir finden ĂŒber soziale Netzerke alte Freunde wieder, die ĂŒber die ganze Welt verstreut sind. Wir knĂŒpfen neue Kontakte zu Menschen, die die gleichen Dinge mögen wie wir. Und wenn wir bei Firma XY etwas kaufen oder uns bewerben wollen, stehen wir nicht mehr wie blöd vor einer mystischen Blackbox, sondern schauen hinein: Denn anderen Menschen erzĂ€hlen uns via Social Media oder in Bewertungsforen, wie es wirklich um die QualitĂ€t vermeintlichen Verkaufsschlagers bestellt ist, und Service oder das Betriebsklima in einer Firma bestellt ist.
Überhaupt können wir uns heute durch das Internet viel schneller und besser ĂŒber alles Informieren. Und weil nicht nur ein oder zwei sondern eine Vielzahl von Quellen zu unserer VerfĂŒgung stehen, sind wir kritischer geworden. Mehr noch: Aktionen wie das Guttenplag-Wiki, einen ganzen Verteidigungsminister zu Fall brachte, weil es in gemeinsamer, ehrenamtlicher Arbeit die PlagiatsvorwĂŒrfe gegen den Karl-Theodor zu Guttenberg bestĂ€tigte, zeigen, das das Internet auch zur politischen Meinungsbildung und fĂŒr demokratische Prozesse taugt.

Neue Kommunikationsformen verÀndern unsere Arbeitsweise

Die neuen Kommunikationsformen verĂ€ndern auch unsere Arbeitsweise: Sie wird nicht nur schneller und effizienter, arbeiten ist auch von jedem Ort und zu jeder Zeit möglich. Also nicht mehr von 9 bis 5 tagaus tagein malochen, sondern mehr persönliche Freiheit: Immer mehr setzt sich auch in Deutschland durch, dass Arbeitnehmer nicht an feste Arbeitzeiten und -orte gebunden sind, sondern von ĂŒberall her arbeiten können, wann sie wollen. Internet und Social Media helfen auch, sich seinen Job nach den eigenen Vorstellungen zu schaffen.
Einfach das zu tun, was man mag und am Besten kann. Die Kontakte zu finden, die man dazu braucht. Einige Musiker, die ĂŒber die Videoplattform youtube bekannt geworden sind, haben erfolgreich vorgemacht, wie man relativ einfach eigene, kreative Ideen verwirklichen und sein Publikum erreichen kann. Denn komplexe, teuere Vertriebsstrukturen sind nicht mehr, unbedingt nötig. Und in Social Media geht es auch nicht, selbst wenn das manche meinen, um die meisten Follower und die höchsten Fanzahlen. Vielmehr sind die wichtigsten Marketing-Instrument gute Ideen und die eigene Persönlichkeit. Denn was zĂ€hlt, ist die offene, authentische Kommunikation zwischen Menschen.

Wer auf KundenwĂŒnsche eingeht, gewinnt

Es “gewinnt” am Ende nicht zwangslĂ€ufige, wer das meiste Geld hat, um mit Werbung auf sich aufmerksam zu machen. Sondern derjenige, der auf Fragen, BedĂŒrfnisse und WĂŒnsche seiner Mitmenschen eingeht. Denn Social-Media ist kein Vertriebsweg, es ist ein Kulturraum. Einer, in dem wir enspannt miteinander sprechen und in dem wir als echte Menschen mehr und mehr das professionelle Bild, dass wir abgeben wollen, verdrĂ€ngen. Die Vermischung von Beruflichen und Privaten Aspekten könnte dazu beitragen, die Welt ein StĂŒck ehrlicher und offener zu machen. Wer weiß, am Ende finden wir es vielleicht sogar befreiend, nackt im Netz zu stehen – wie in der Sauna oder am FKK-Strand.
Ich gebe zu, der Idee von einer demokratischeren, offeneren, freieren und ehrlicheren Welt dank Social Media haftet etwas Idealistisches an. Denn wie bei jeder Innovation ist auch hier das Missbrauchspotential groß. Ehrliche, authentische Kommunikation mag total Klasse sein: Doch vielleich ist jemand, der bei Twitter total cool und sympathisch rĂŒberkommt in Wirklichkeit ein stubenhockender Langweiler, der sich halt einfach nur darauf versteht, im Netz lustige SprĂŒche loszulassen.

Internet als Manipulationsmaschine?

Und natĂŒrlich haben mit allen Wassern gewaschene PR-Strategen lĂ€ngst kapiert, wie sie ihre Kunden via Facebook und co. besonders offen und sympathisch erscheinen lassen – weil es sich einfach besser verkauft. Es ist schön, dass wir im Netz Informationen ĂŒber Unternehmen, Behörden und Politiker finden; diese Möglichkeiten sollten wir auch unbedingt nutzen, um uns besser zu informieren.
Aber auch Behörden, Geheimdienste und Unternehmen haben natĂŒrlich Soziale Netzwerke lĂ€ngst als Informationsquelle entdeckt, um uns genauer zu durchleuchten. Schließlich hat auch der sonnige Traum vom freien, flexiblen Arbeiten seine Schattenseiten: Denn was flexibel heißt, bestimmen leider oft Chef und Kunde; “Allways on”, wie es in der Internetszene euphemistisch heißt, sind dann eben nicht nur Laptop und Handy sondern auch man selbst steht schnell auf stĂ€ndiger innerer Bereitschaft. Dauerstress und Überlastung sind die Folge.

Gefahren im Internet – auf die eigene Haltung kommt es an

Gefahren im Internet – es gibt sie also tatsĂ€chlich. Vielleicht sollte man sie besser als Herausforderungen bezeichnen, die durch die neuen Technologien entstanden sind und mit denen wir noch lernen mĂŒssen, umzugehen. Zum Beispiel, indem wir fĂŒr uns selbst das richtige Maß an Offenheit und Ehrlichkeit erkennen, jeder fĂŒr sich, und einhalten. Zugeknöpft, leicht bekleidet oder eben ganz nackt. Indem wir das Spiel um AuthenzitĂ€t im Netz zu durchschauen und fĂŒr unsere Zwecke einsetzen, um zum Beispiel den Job zu finden, den wir wollen und der zu uns passt.
Indem wir uns nicht von anderen sagen lassen, welche Netzwerke gerade total angesagt, sondern Social Media so nutzen, wie es uns gefĂ€llt und wie es zu uns passt. Und indem wir lernen, mit den Anforderungen der stĂ€ndigen Erreichbarkeit umzugehen, die Technik auch mal abzuschalten und uns nicht von dem stĂ€ndigen (gedachten) Kommunikationszwang verrĂŒckt machen lassen. Sicher, sich damit auseinanderzusetzen, bedeutet Arbeit. Aber es ist notwendig, schon damit es einem nicht so geht wie ausgerechnet Regierungssprecher Steffen Seibert, der einst schrieb:
“Je mehr ich aber ĂŒbers Twittern lese, desto schwieriger kommt es mir vor, arbeite also lieber ohne theoretischen Unterbau.”

Die 10 grĂ¶ĂŸten Gefahren von Social Media

Lieber unwissend zu bleiben, weil einem das Wissen zu kompliziert erscheint, ist keine Lösung. Doch wie können wir diese Herausforderungen meistern?
  1. Gruppenzwang: Alle reden von Social Media und jeder will dabei sein. Genau damit fÀngt die Manipulation auch schon an.
  2. Allways on: Soziale Netzwerke und Mobile Techniken suggerieren uns, nichts verpassen zu dĂŒrfen. Manch einer zeigt im Offline-Zustand sogar regelrecht Entzugserscheinungen. Wer nicht lernt, nein zu sagen und abzuschalten, wird irgendwann vor Überforderung zusammenbrechen.
  3. Zeitverlust: Hier noch ein Tool, da die neuste App. Internet und Soziale Netzwerke sind voll von Ablenkungen, die uns die Zeit rauben. Wenn wir nicht stringent organisieren, verzetteln wir uns.
  4. Facebook-Depression: Wer hat die meisten Follower bei Twitter und die meisten Friends bei Facebook? Schwanzvergleiche sind im Netz sind unsinnig und depremierend. Wie entkommt man dem?
  5. IdentitÀtsverlust: Im Netz verschwimmen die Grenzen zwischen öffentlich und privat, zwischen AuthenzitÀt und Selbstdarstellung immer mehr. Wer nicht aufpasst, verliert sich dabei selbst.
  6. Datenverlust: Vor allem Google und Facebook zielen immer mehr darauf ab, fĂŒr viel Nutzer Komplettanbieter fĂŒr verschiedenste Kommunikationsdienste zu werden. Doch wer alle seine Daten einem Anbieter anvertraut, riskiert, diese zu verlieren.
  7. Imageverlust: Ob gezieltes Mobbing oder einfach nur Kritik an der eigenen Person – der Ruf im Internet ist schnell ruiniert. Das zu kontrollieren ist kaum möglich. Was helfen kann, ist ein vernĂŒnftiges Reputationsmanagement.
  8. Datendiebstahl: Wer sich in Sozialen Netzwerken bewegt, dem könnte nicht nur die Wohnung ausgerÀumt werden, weil Diebe stets wissen wo man ist, auch wichtige Daten können ausgespÀht werden. Wie kann man das verhindern?
  9. Überwachung: Gesichtserkennung, an Unternehmen ĂŒbertrgene Standortdaten, Googlende Personaler, Verdeckte Ermittler bei Facebook. Wie gehen wir mit solchen Gefahren um?
  10. Manipulation: Als GlÀserner Mensch, der sich mit Àhnlichen denkenden Freundn umgibt und seine gesammelten Lebensgewohnheiten ins Netz stellt, werden wir auch durchschaubar. Das macht uns vorausberechen- und manipulierbarer.

Alliens vom anderen Stern: Social-Media-Muffel und Web-2.0-Euphoriker

Die Media Agentur Universal McCann jĂ€hrlich die Wave Studie. FĂŒr die letzte Ausgabe wurden 37.600 Internetnutzer in mehr als 50 LĂ€ndern befragt. Das macht Wave 5 zur umfassendsten globalen Studie zum Thema Social Media weltweit. Die Ergebnisse sind ĂŒberraschend – oder vielleicht auch nicht, wenn man weiß, was in Deutschland so los ist.

Kleiner Test: Social-Media-Crack oder Technikmuffel?

  1. Was bedeutet +1? a) Eine Schulnote b) Die Erinnerung, dass ich noch etwas kaufen muss c) Ein Button, mit dem ich in Google+ anzeigen kann, dass ich einen Beitrag besonders gut finde
  2. WofĂŒr steht RSS? a) Ein Ausdruck der Freude: Richtig Super Sache b) Really Simple Syndication: Ein Service, mit dem Sie die neusten Inhalte einer Website in einem RSS-Reader abonnieren können c) Ein Verkehrshinweis: Rechte Spur Standstreifen
  3. Was ist ein Hashtag? a) Ein Laut bei Niesen b) Ein Tag, den man zugekifft mit Hasschisch verbracht hat c) Ein Schlagwort (nicht nur) bei Twitter, das mit einem # (englisch hash) eingeleitet und das das Auffinden von Themen erleichtert
  4. Was bedeutet Share? a) Das Weiterleiten von Artikeln oder BeitrĂ€gen (nicht nur) bei Facebook im Sinne von “die Information mit anderen teilen” b) Ich teile meinen Besitz mit allen c) Ein Kartenspiel, bei dem alle ihre Karten auf den Tisch legen mĂŒssen wenn einer Shar (mitteilen) ruft
  5. Was bedeutet die AbkĂŒrzung DM? a) Deutsche Mark b) DM – Die Drogerie-Markt-Kette c) Direct Messages, persönliche Nachrichten zwischen zwei Nutzern bei Twitter.

Auswertung des Social Media Tests

Richtig sind die Antworten 1c, 2b, 3c, 4a, 5c.
Sie haben 0-1 richtige Antworten: Gratulation, Sie sind ein echter Social-Media Muffel. Wahrscheinlich haben Sie bisher einfach noch keine Zeit oder Lust gehabt, sich mit dem Theman zu beschÀftigen. Aber: Es könnte Sinn machen, sich die Sache mal anzuschauen.
Sie haben 2-3 richtige Antworten: Sie haben schon ein wenig Ahnung vom Thema und wahrscheinlich schon erste Erfahrungen gemacht. Die könnten Sie noch ein wenig vertiefen.
Sie haben 4-5 richtige Antworten: Kompliment, Sie sind ein echter Social-Media-Crack. Wahrscheinlich twittern und facebooken Sie schon auf allen KanÀlen. Ihnen kann man nichts mehr vormachen.

Wer zu spÀt kommt, wird vergessen

Die Studie zeigt schlicht: LÀnder mit einer geringen Internetverbreitung, wie beispielsweise China und Indien, weisen eine umso höhere Nutzung von Social Media auf. Ganz anders in Deutschland: Obwohl hier mehr als 80 Prozent der Menschen einen Internetzugang haben, nutzen weniger als 40 Prozent der Befragten Social Media. Damit liegt Deutschland weit abgeschlagen auf den hinteren RÀngen. Das manifestiert sich noch, wenn man sich anschaut, wie viele Kontakte die Leute denn so durchschnittlich in verschiedenen LÀndern pflegen. International die Nase vorne haben, mit 66 Kontakten, die Italiener, die damit jedes Klischee zu bestÀtigen scheinen. Ein durchschnittlicher US Amerikaner bringt es auf 53 Freundschaften. In Deutschland hat die Zahl der Kontakte innerhalb einese Jahres seit der letzten Wave-Untersuchung von 14 auf 41 deutlich zugenommen. Aber nur der durchschnittliche Franzose hat noch einen Kontakt weniger.
Auch die GrĂŒnde der Nutzung sind je nach Land etwas unterschiedlich. Zwar suchen die meisten vor allem Spaß und Unterhaltung im Netz. FĂŒr 18,2 Prozent der Deutschen und 17,4 Prozent der Franzosen ist aber auch Selbstmarketing ein wichtiger Aspekt – aber nur fĂŒr 10,5 Prozent der Italienier. Geld zu verdienen, ist hingegen in China (16,3 Prozent) und Indien (20,2 Prozent) ein wichtiger Aspekt, auch in den USA ist das fĂŒr immerhin noch 11,6 Prozent der User ein Motiv. In Deutschland, Frankreich und Italien spielt das jeweils nur fĂŒr ca. sieben Prozent der Nutzer eine Rolle. Überhaupt scheint man in China, Indien und den USA einen deutlich aktiveren Zugang zum Netz zu haben: Kreative Selbstverwirklichung, der Wunsch neues zu lernen oder Wissen und Erfahrungen zu teilen sind hier deutlich mehr ausgeprĂ€gt als in Deutschland, Frankreich oder Italien.

Sind die Unterschiede spĂŒrbar?

Mag sein, dass sich solche Unterschiede nicht zwingend nur an LĂ€ndergrenzen festmachen lassen. Aber sie sind spĂŒrbar. Beispiel Italien: Da ist Facebook omniprĂ€sent, wie ich im Urlaub letztes Jahr selbst feststellen durfte. Der Pförtner im Hotel oder die Gaderobiere im Museum vertreiben sich die Wartezeit zwischen zwei GĂ€sten damit. In Zug und U-Bahn hört man Leute viel Öfter darĂŒber sprechen als in Deutschland. Und statt Internet-Cafes fand ich im tiefsten italienischen SĂŒden eine BĂ€ckerei, die mit Brot und – nein, nicht Spielen aber fast! – Facebook wirbt. Denn das Ausbreiten des eigenen Lebens vor den Facebook-Freunden – von Urlaubs- und Bikini-Fotos ĂŒber Hochzeitsfotos bis hin zu Bildern von schwangern BĂ€uchen und dem frisch geborenen Nachwuchs scheint in Italien zur liebsten FreizeitbeschĂ€ftigung avanciert zu sein. Jedenfalls gewinne ich diesen Eindruck immer wieder aus Neue, wenn ich mir die Profile meiner zahlreichen italienischen Facebook-Freunde so anschaue.
In Deutschland gibt es das natĂŒrlich auch. Aber doch weniger extrem. Die Deutschen sind, vor allem was Facebook angeht, weitaus misstrauischer. Das schlĂ€gt sich z.B. in den Nutzerzahlen nieder: Zwar ist Facebook laut Google-Trends auch in Deutschland mit 13 Millionen Nutzern mit weitem Abstand das grĂ¶ĂŸte Soziale Netzwerk. Wie das Magazin t3n allerdings berichtet, ist der hierzulande der Abstand zu anderen Netzwerken wie YouTube, Wer-kennt-wen oder den VZ-Netzwerken national nicht so groß ist, wie im internationalen Vergleich. Die Deutschen mĂŒssen aufpassen, dass sie im Internationalen Vergleich nicht abgehĂ€ngt werden!

Gehirne in der Datenwolke

GrĂŒnde dafĂŒr? Einige! Die vielbeschworende deutsche Innovationsfeindlichkeit, die Angst von Managern und Politikern vor dem Machtverlust durch zu viel Transparenz, die Ressentiments von DatenschĂŒtzern und vor allem auch das Konkurrenzdenken und Polemik der meinungsbildenden Medien. Harald Martenstein, u.a. Redakteur beim Berliner Tagesspiegel, ließ sich 2009 in seiner Kolumne bei der ZEITĂŒber die Belanglosigkeit des Twitterns aus. “Wenn ich wollte, könnte ich ununterbrochen mithilfe moderner Maschinen kommunizieren und Menschen, die ich kaum kenne, inhaltsarme Minitexte senden.” Der Tenor seiner Kritik: Was kann man in 140 Zeichen denn schon Sinnvolles von sich geben? Im gleichen Jahr erschien Das Buch “Payback: Warum wir im Informationszeitalter gezwungen sind zu tun, was wir nicht tun wollen, und wie wir die Kontrolle ĂŒber unser Denken zurĂŒckgewinnen”, in dem Frank Schirrmacher, Mitherausgeber der FAZ, seine Überforderung durch das Internet bekannte. Er schreibt von Systemen, die unsere Intelligenz ĂŒberfordern, Konzentrationsstörungen und von einem Computer, der in der Lage ist, unser Gehirn umzuprogrammieren.
Damit löste er eine heftige Diskussion um die Gefahren des Internets aus, die auch 2011 noch nachwirkt: In Ihrem Buch “Digital ist Besser” arbeiten sich die Autoren Kai-Hinrich und Tim Renner regelrecht an den Internet-Vorurteilen vom Typ Schirmacher ab. Immer noch besser als der Journalist Sascha Adamek: Der schĂŒrt mit seinem Reißer “Die Facebook-Falle” regelrecht die Ängste seiner Leser, indem er sich wenig differenziert ĂŒber das Beliebteste Soziale Netzwerk und dessen Machenschaften auslĂ€sst. Denn auch wenn Facebook mit Vorsicht zu genießen ist, zeigt das Buch vor allem eines: NĂ€mlich dass in Deutschland auch heute noch das GeschĂ€ft mit der Angst vor dem bösen, bösen Internet hervorragend funktioniert. Wie subjektiv solche Meinungen sind, weil sie in der Regel auf persönlichen, emotionalen Erfahrungen des jeweiligen Autors basieren, von persönlichen Erfahrungen beeinflusst werden, zeigte kĂŒrzlich Bill Keller, der Chefredakteur der eigentlich fĂŒr ihre fortschrittliche Internetintegration bekannten “New York Times”. Der hatte seiner 13-jĂ€hrigen Tochter die Nutzung von Facebook erlaubt, die daraufhin in wenigen Stunden ihrem Profil 171 Freunde hinzugefĂŒgt hatte. FĂŒr Keller war das ein Ă€hnlich schockierendes Erlebnis, als habe er ihr eine Pfeife mit Crystal Meth in die Hand gedrĂŒckt. Daraufhin begann Keller, sich Gedanken ĂŒber die negativen Auswirkungen des Netzes zu machen – und kam zu einem vernichtenden Ergebnis: Das Internet verdummt und verweichlicht die Menschen und beraubt sie grundlegender FĂ€higkeiten wie Informationsspeicherung, Rechnen oder Orientierungssinn. Denn, so polemisiert Keller, Gehirne in die Datenwolke outzusourcen sei ja deutlich bequemer als selbst zu denken – doch fĂŒhre das dazu, dass wir einen Teil von uns selbst verlieren.
Dass solche und Ă€hnliche Pauschalkritiken am Internet sind ziemlich absurd sind, hat Christian Stöcker, Ressortleiter Netzwelt bei Spiegel Online, sehr treffend entlarvt: “Die wenigsten von uns können heute noch Körbe flechten, Brot backen oder mit Ochs, Egge und Pflug ein Feld bestellen – letzteres wĂŒrde uns schon rein körperlich ĂŒberfordern
 Der Niedergang der Menschheit fing demnach spĂ€testens mit der Erfindung dampfbetriebener Landmaschinen an, wenn nicht schon mit dem Einsatz von Zugpferden.”

Aliens in der Echokammer

Wie kommen aber solche Vorurteile zustande? Wie Eli Pariser, President der amerikanischen BĂŒrger-Initiative MoveOn.org feststellt, sind sogenannte Echokammern daran schuld, dass viele Diskussionen im und ĂŒber das Netz einfach aneinander vorbeilaufen. Pariser hat im Sommer 2011 zu diesem Thema ein Buch, veröffentlicht, dem er den passenden Titel “The Filter Bubble” verpasste. Wie entstehen nun aber solche Filterblasen? Der Grund ist im Prinzip eine höchst menschliche SchwĂ€che: Jeder Mensch sucht sich in der Regel Menschen, die Ă€hnlich denken wie er selbst – sei das nun im realen Leben oder im Internet. Auch Zeitungsleser beispielsweise abonnieren in der Regel am liebsten Medien, die ihre eigene Meinung widerspiegeln. Soziale Netzwerke allerdings verstĂ€rken diesen Effekt noch, weil man nicht mehr auf Freunde und Bekannte vor Ort angewiesen ist, sondern sich schnell und einfach gleichgesinnnte in Communities auf der ganzen Welt suchen kann.
Das klingt bequem, kann aber zu einer einseitigen Wahrnehmung fĂŒhren, weil man nicht nur per RSS-Reader, Twitter- oder Facebook-Stream stĂ€ndig Nachrichten erhĂ€lt, die die eigene Meinung bestĂ€tigen. Nein, durch das Verlinken, Liken und Retweeten wird man in seinen eigenen Ansichten auch noch permanent bestĂ€tigt. Und mehr noch: Seit Google 2009 die personalisierte Suche eingefĂŒhrt hat, mit der jeder nur noch Ergebnisse angezeigt bekommt, die genau auf ihn zugeschnitten sind, sind auch die Informationen via Google, fĂŒr die meisten ...

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