Karriere als FĂŒhrungskraft mit Kind: Tipps von der DAX30-VorstĂ€ndin, Ministerin und Staatschefin
// Von Simone Janson
Frauen und vor allem MĂŒtter in FĂŒhrungspositionen bzw. die Vereinbarkeit von Kind und Karriere ist nach wie vor ein Thema an dem sich die Geister scheiden.
Duale Karriere â Beide Partner sollten ihre beruflichen Ziele verwirklichen
Ein wichtiger Knackpunkt beim Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist, dass beide Partner auch ihre beruflichen Ziele verwirklichen können, selbst wenn sie Kinder haben. Genau das scheint in Deutschland noch immer ein Problem zu sein, wie die jĂ€hrliche von der Initiative Chefsache beauftragten Innofact-Befragung unter 1.000 FĂŒhrungskrĂ€ften und angehenden FĂŒhrungskrĂ€ften in Deutschland zeigt.
Fast zwei Drittel der Befragten mit Kindern (63 Prozent) empfinden es als schwierig oder sehr schwierig, dass beide Partner ihre BerufswĂŒnsche verwirklichen können. FĂŒr Paare ohne Kinder ist das offenbar unproblematisch: Nur neun Prozent der Kinderlosen schĂ€tzen ihre Doppelkarrieren als schwierig ein.
Gesellschaftliche Rahmenbedingungen schwierig
Insbesondere die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen scheinen Doppelkarrieren zu verhindern, indem sie zu wenig Spielraum fĂŒr flexible Rollenmodelle lassen. So wĂŒnschen sich 65 Prozent der FĂŒhrungskrĂ€fte mehr Akzeptanz fĂŒr zwei vollbeschĂ€ftigte Elternteile. Eine VollzeitbeschĂ€ftigung bei MĂŒttern wird in der Mehrheit ebenso kritisch gesehen wie eine TeilzeitbeschĂ€ftigung bei VĂ€tern.
Zwar geben 57 Prozent der befragten FĂŒhrungskrĂ€fte an, es sei gesellschaftlich akzeptiert, wenn beide Elternteile arbeiten. Aber weniger als ein Viertel (23 Prozent) ist der Ansicht, dass es gesellschaftlich akzeptiert ist, wenn nur die Mutter in Vollzeit arbeitet, bei VĂ€tern sind es 76 Prozent.
Siemens-PersonalvorstÀndin Janina Kugel: Der Rabenmutter-Komplex?
Siemens PersonalvorstĂ€ndin Janina Kugel kennt die Hindernisse, die sich arbeitenden MĂŒttern in den Weg stellen, aus eigener Erfahrung, wie sie bei der Vorstellung Chancen-Reports bekundete: âFragen Sie mich nicht, wie oft ich als Rabenmutter bezeichnet wurdeâ, sagte Kugel bei Ihrer BegrĂŒĂungsrede zur jĂ€hrlichen Chefsache-Konferenz. Kugel hatte nach der Geburt ihrer Kinder relativ schnell wieder angefangen zu arbeiten ânatĂŒrlich weil ich wusste, dass ich bei zu langer Abwesenheit raus aus dem Job binâ, wie sie zugab.
Die vollstĂ€ndige Gleichberechtigung und Chancengerechtigkeit der Geschlechter ist ihr daher heute ein Anliegen, doch die sieht sie nur dann erreicht, wenn beide Partner ihre jeweiligen Karriereziele verfolgen können und nicht, wie das heute oft der Fall wĂ€re, Frauen durch Kinder finanzielle EinbuĂen, Stichwort Teilzeitfalle, in Kauf nehmen mĂŒssen. Daher können Siemens-Mitarbeiterinnen der PersonalvorstĂ€ndin eine eMail schicken, wenn ihnen ihr Vorgesetzter nicht genĂŒgend FlexibilitĂ€t bei der Arbeitszeitgestaltung lĂ€sst. Das wirke, denn âGlauben Sie mir, diesen Anruf vom Vorstand möchte keine FĂŒhrungskraft bekommen.â
Bundesverteidigungsministerin Ursula van der Leyen: UnterstĂŒtzende Strukturen schaffen
Auch Bundesverteidigungsministerin Ursula van der Leyen weiĂ, wie wichtig die richtigen Strukturen und Helfer sind um das Thema Gleichberechtigung voranzutreiben. Bei ihrer ersten Schwangerschaft musste sie sich als junge Ărztin im Krankenhaus anhören, dass es ja schade sei, sie als Arbeitskraft zu verlieren. Es sei dann ihr Chefarzt gewesen, der sie motiviert habe, gezielt auf den beruflichen Wiedereinstieg hinzuarheiten, indem er ein Jahr lang die Stelle fĂŒr sie aufhob.
Beim zweiten Kind sei sie kurz vor dem Burnout gewesen, damals habe ihr eine der wenigen Frauenbeauftragten ein Jobsharing angeboten. Beim dritten Kind schlieĂlich sei sie an der UniversitĂ€t Standford zum ersten mal mit dem Thema Duale Karriere in BerĂŒhrung gekommen. âDie Hochschule hatte erkannt, dass sie nur dann kluge Köpfe anzieht, wenn sie beiden Partnern eine Perspektive bietet. Daher wird zwar Leistung im Beruf verlangt, aber auch darauf geschaut, dass sich beide PartnergleichermaĂen um ihre Kinder kĂŒmmern.â Es sind nicht zuletzt solche Erfahrungen, die der Bundesverteidigungsministerin zeigten, wie wichtig ein ermutigendes Umfeld ist â und genau das möchte sie auch politisch umsetzen.
Unconscious Bias in der MÀnnerdomÀne
Dabei sprach van der Leyen auch selbstkritisch ĂŒber die MĂ€nnerdomĂ€ne Bundeswehr âWir verlieren junge Frauen, weil ihre Vorgesetzten ihnen nicht zutrauen, Generalin zu werden und sie nicht entsprechend fördern. Den Offizieren ist das hĂ€ufig gar nicht bewusst und sie sind dann sehr erstaunt, wenn wir sie darauf aufmerksam machenâ, verdeutlichte van der Leyen, was wohl fĂŒr viele Unternehmen gilt:
Die unbewussten Vorurteile, die sogenannte Unconscious Bias, erschwert in vielen FĂ€llen eine objektive Leistungsbeurteilung. âDaher sollten Vorgesetzte genau belegen mĂŒssen, wen sie fördern wollen und warumâ. Duale Karrieren zu fördern lĂ€ge auch im Interesse der Unternehmen, die sonst Gefahr laufen, gut ausgebildete FachkrĂ€fte zu verlieren: âAuch qualifizierte junge MĂ€nner wollen nicht in Angestaubten Unternehmen arbeiten. Und am Ende geht es auch darum, in was fĂŒr einer Gesellschaft wir leben wollen. Dabei mĂŒssen alle gemeinsam zusammen arbeiten: Die Politik, die Unternehmen und jeder fĂŒr sich persönlichâ
Doch das umzusetzen, ist fĂŒr den Einzelnen leider nicht so ganz einfach: Kita-PlĂ€tze und flexible Arbeitszeit-Modelle, die es Frauen und MĂ€nnern ermöglichen, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren sind noch oft Mangelware. Und mal davon abgesehen, dass Teilzeit oder auch nur frĂŒh nach Hause gehen in vielen Branchen und Unternehmen nicht gerade karrierefördernd ist und nicht umsonst die Quote fĂŒr mehr Frauen in FĂŒhrungspositionen diskutiert wird: Deutsch ist wahrscheinlich die einzige Sprache, die das Wort âRabenmutterâ kennt.
Frauen arbeiten: In anderen LÀndern lÀngst normal
WĂ€hrend es in anderen LĂ€ndern völlig normal ist, dass MĂŒtter berufstĂ€tig sind, werden deutsche MĂŒtter dafĂŒr schief angeschaut â vom Chef, von Kollegen, anderen MĂŒttern oder der eigenen Familie. Ich erinnere mich, wie irritiert eine brasilianische Kollegin war, als ich sie fragte, wie sie mit zwei Kindern ihren Job als Reisejournalistin hinbekĂ€me.
Es sei ganz normal, dass Frauen in Brasilien arbeiten, gab sie zur Antwort. Und ich erinnere mich an das anonyme Buch einer deutschen Top-Managerin und Mutter, die sagt, dass eine weibliche FĂŒhrungskraft mit Kind nicht in das gĂ€ngige Weltbild passe. Greift die Aussage, Kind und Karriere sei vor allem eine Frage der Organisation, also zu kurz?
Ex-Staatschefin VigdĂs FinnbogadĂłttir Frauen mĂŒssen sich mehr zutrauen
Ja, sagt die ehemalige islĂ€ndische Staatschefin VigdĂs FinnbogadĂłttir, als alleinerziehende Mutter immerhin 16 Jahre lang im Amt, die ich vor einigen Jahren in Berlin interviewte. âOrganisationâ und âIch habe mir Hilfe gesuchtâ sagt zwar auch sie. Aber VigdĂs FinnbogadĂłttir sagte am Ende unseres Interviews etwas ganz Entscheidendes: Frauen mĂŒssten sich selbst mehr zutrauen. Sie selbst habe man erst ĂŒberreden mĂŒssen, sich zur PrĂ€sidentin wĂ€hlen zu lassen
Ihre Tochter, erzĂ€hlte sie mir, ist heute selbst Mutter und teilt sich mit dem Ehemann die Kindererziehung. Die Kleine ist in der Kita, beide haben einen Vollzeitjob; wenn der eine mal lĂ€nger arbeiten muss, springt der andere ein. âWenn man Geld verdient, muss man eben einen Teil fĂŒr die Kinderbetreuung ausgebenâ, sagte Vigdis Finnbogadottir. Und: âMan muss miteinander kooperieren.â
Frauen â zu wenig Lust auf Macht?
Damit hat sie den Nagel auf den Kopf getroffen: Neben all den den gesellschaftlichen Schwierigkeiten, die mit dem Thema Vereinbarkeit von Kind und Karriere verknĂŒpft sind, gibt es auch noch den persönlichen Aspekt.
In ihrem Buch âLust auf Machtâ zeigen die Autorinnen Andrea Och und Katharina Daniels, dass sich Frauen nur allzu oft ihrer eigenen StĂ€rken nicht bewusst sind, und dass sie Macht sogar oft negativ assoziieren. Dabei kann Macht ja auch persönlicher Freiraum bedeuten. Und als einen der wichtigsten Tipps auf dem Weg zur Macht geben die Autorinnen ihren Leserinnen genau das mit auf den Weg, was auch VigdĂs FinnbogadĂłttir betonte: Kooperation und Networking.
Angst vor dem Kontrollverlust?
Genau da aber liegt der Hase im Pfeffer: Wenn das nötige Selbstvertrauen fehlt, wird es auch schwierig, Arbeit, gleich welcher Art, an andere abzugeben. Denn nur wer sich selbst etwas zutraut, kann andere ĂŒberhaupt um Hilfe bitten. Es könnte einem das Hilfe-Suchen ja als SchwĂ€che ausgelegt werden.
Genau deshalb haben viele Frauen ein Problem damit, Aufgaben an andere zu ĂŒbertragen. Aber auch deshalb, weil ihnen das Vertrauen fehlt, dass der Job schon gut gemacht wird. Weil sie die Kontrolle nicht verlieren wollen.
Mehr Kooperation und Selbstvertrauen
Oder weil sie dem Chef, den Kollegen oder auch dem Ehemann zeigen möchten, dass es nicht ohne sie geht â bis sie unter dem ĂŒbermenschlichen Arbeitspensum zusammenbrechen. Genau daran scheitern viele MĂŒtter, die Kind und Karriere unter einen Hut bekommen wollen. NatĂŒrlich gibt es die gesellschaftlichen HĂŒrden. NatĂŒrlich ist es fĂŒr wohlhabende Frauen einfacher, entsprechende Hilfe auch finanziell zu organisieren. NatĂŒrlich ist ein ermutigendes Umfeld wichtig.
Dennoch finde ich â und da gebe ich VigdĂs FinnbogadĂłttir recht â es ist auch an jeder Frau, selbst etwas an den UmstĂ€nden zu Ă€ndern. So schrieb eine pakistanische Journalistin am Ende eines Artikels in de...