Der Klang geheimer Harmonien
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Der Klang geheimer Harmonien

Ein Tanz zur Musik der Zeit – Band 12

  1. 300 pages
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Der Klang geheimer Harmonien

Ein Tanz zur Musik der Zeit – Band 12

About this book

Der zwölfbändige Zyklus "Ein Tanz zur Musik der Zeit" —­ aufgrund­ seiner inhaltlichen­ wie formalen Gestaltung immer wieder mit Mar­cel Prousts "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" verglichen —­ gilt­ als­ das­ Hauptwerk des­ britischen Schriftstellers Anthony Powell und gehört zu den bedeutendsten Romanwerken des 20. Jahrhunderts. Inspiriert von ­dem ­gleichnamigen Bild des französischen Barockmalers Nicolas Poussin, zeichnet der Zyklus ein facettenreiches Bild der englischen Upperclass vom Ende des Ersten Weltkriegs bis in die späten sechziger Jahre. Aus der Perspektive des mit typisch britischem Humor und Understatement ausgestatteten Ich­-Erzählers Jenkins — der durch so­ manche­ biografische­ Parallele­ wie­ Powells­ Alter ­Ego­ anmutet — bietet der "Tanz" eine Fülle von Figuren, Ereignissen, Beobachtungen und Erinnerungen, die einen einzigartigen und auf­schlussreichen Einblick geben in die Gedanken­welt der in England nach wie vor tonangebenden Gesellschaftsschicht mit ihren durchaus merkwürdigen Lebensgewohnheiten.

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Information

Year
2018
eBook ISBN
9783941184879
Edition
1
1

Die von Süden heranfliegenden Enten ignorierten die vier oder fünf dumpf dröhnenden Explosionen drüben beim Steinbruch. Der obere Teil des im Licht der Abendsonne ganz korallenrosa leuchtenden Kalksteinfelsens, im Vordergrund von dominant rechteckiger Struktur und mit seitlich aufsteigenden stufenartigen Plattformen, projizierte an nebligen Morgen ein verblassendes Trugbild babylonischer Terrassen, die im Dunst über dem Gewässer schweben – der Palast und seine hängenden Gärten in Mr. Deacons »Kyros als Knabe«, im Hintergrund skizziert hinter einer Gruppe vorderasiatischer junger Männer (möglicherweise junger Perser) –, ein Bild, dessen Tiefenwirkung im Schatten der Eingangshalle der Walpole-Wilsons ebenso nebulös erschien. Von dem ausgehöhlten Bett des kleinen Flusses aus war das ganze Ausmaß des Steinbruchs nicht zu überblicken, ausgenommen der kaum sichtbare Gipfel des Steilhangs einer Schutthalde, der sich hochschob zu den bergigen Verklumpungen schwebender Watte am Horizont, zu den Verdichtungen weißer Wolken, hier und da perforiert von sich öffnenden und wieder schließenden Lücken aus zartestem blauen Licht. Es war ein warmer, windiger Nachmittag. Das Gewitter am Mittag hatte keinen Regen gebracht. Die eine Wiederkehr des Unwetters vortäuschenden Sprengungen rührten die schwach schwelende Erinnerungsglut der Kriegszeit auf und riefen, zusammen mit den Enten, Gedanken an einen Streit zwischen General Bobrowski und General Philidor über das Schießen von Wildvögeln wach. Die von den Vögeln eingenommene (und von dem Polen und dem Franzosen mit heftigen Gesten imitierte) Winkelformation war jetzt deutlich zu erkennen, während sich der Schwarm zielgerichtet und fast vertikal nach unten drehte und sich zwischen dem Schilf und den Seerosen am hinteren Ende des Teiches niederließ. Zwei Rauchsäulen stiegen über einer Gruppe blauschwarzer Bäume auf, die dicht zusammengedrängt jenseits des verstaubten Wassers stand und schiefergraue Diagonalen über die Decke aus pulverigem Splitt kritzelte, die träge und durchsichtig über der abgeschirmten Abbaustelle hing. Metallische Gerüche, ähnlich denen in einem Laboratorium, wehten aus einer westlichen Richtung herunter und überlagerten die aus der Nähe kommende Witterung von Füchsen.
»Hier ist einer«, sagte Isobel. »Zumindest überlegt er sich die Sache.«
Wir hatten bereits die Erdspalten weiter unten am Bach abgesucht und schon fast die Hoffnung aufgegeben. Ein einzelner Flusskrebs tauchte von unter den Steinen auf, und ihm folgten unmittelbar zwei weitere. Endlich hatten wir Glück. Die drei Flusskrebse, schwärzliche Miniaturhummer von makaber wissendem Verhalten, warteten in einem Schlammbecken unter der Oberfläche zögernd ab. Die Entscheidung übernahm dann der als Zweiter aufgetauchte Flusskrebs. Er ging mit aufgeregter Selbstgefälligkeit voran, geschäftig gefolgt von den beiden anderen. Alle drei klammerten sich an gegenüberliegenden Sei­ten des äußeren Rahmens des Eisenrings, der das runde Drahtnetz der Falle hielt, die am Rand des Gewässers unter der Oberfläche hing. Dann schossen sie im gleichen Moment über die Netzfläche auf den Leckerbissen aus Schmeißfliegenfleisch zu, der in der Mitte befestigt war.
»Möchtest du die Schnur halten, Fiona?«, fragte Isobel. »War­te eine Sekunde. Ein vierter ist gerade dazugekommen.«
»Geben Sie sie mir.«
Der dunkelhaarige junge Mann sagte das in einem bestimmenden Ton. Er war uns als Scorpio Murtlock vorgestellt worden, und es war offensichtlich, dass er von den drei anderen als Chef anerkannt wurde. Da Fiona keinen Versuch unternahm, entweder als Frau oder als unsere Nichte auf ihrem Vorrecht zu bestehen, händigte Isobel ihm das Stück Band aus, an dem die Falle hing. Sein schon bei der Ankunft erkennbarer Status bedurfte einiger Beobachtung, um voll erfasst zu werden. Es war schwer einzuschätzen, wie alt er war. Er mochte jünger sein als Barnabas Henderson, der andere junge Mann, den ich für Ende zwanzig hielt. Fiona selbst war einundzwanzig, soweit ich mich erinnerte. Die Frau, die uns als Rusty vorgestellt worden war (ein Nachname wurde nicht genannt), sah aus wie eine ramponierte Neunzehnjährige. Ich war erleichtert, dass sich die Flusskrebse als real existierend erwiesen hatten, nicht als eine verrückte Einbildung, sofort erkennbar als eines jener typischen Produkte bejahrter Fantasie, die alte Leute einem aufzutischen pflegten, als ich selbst noch jung war. Vier Flusskrebse hatten sich unbestreitbar gezeigt, ob sie gefangen wurden oder nicht, war kaum von Wichtigkeit. Die Situation war durch das, was bereits vorher gesagt worden war, sowieso schon auf eine höhere Ebene als die eines bloßen Sportereignisses gehoben. Diese höhere Bedeutung musste ebenfalls in Betracht gezogen werden.
»Man muss die Falle behutsam hochziehen, sonst hauen sie wieder ab«, sagte Isobel. »Die Frustrationen in ›Der alte Mann und das Meer‹ sind nichts dagegen.«
Murtlock, der immer noch das Band hielt, wickelte die drei­viertellange bläuliche Robe, die er trug, um sich, eine Art Kittel oder Kaftan, für Aktivitäten auf dem Land nicht allzu gut geeignet. Er kniete sich am Ufer nieder und strich sich eine Handvoll seines ungepflegten schwarzen Haares aus den Augen. Dann beugte er sich weit nach unten, um die Krus­tentiere zu inspizieren. Irgendwie ließ diese Haltung an einen Priester denken, der mit den religiösen Verrichtungen eines verborgenen Glaubens beschäftigt ist. Er war von kleiner, aber eindrucksvoller Statur. Das glänzende Amulett mit der eingeprägten Hieroglyphe, das von seinem Hals an einer Perlenkette herabhing, klatschte ins Wasser. Er ließ es eine Se­kunde lang unter der Oberfläche, während er in die Tiefe starrte. Dann, nachdem er gewartet hatte, bis sich auch der vierte Flusskrebs völlig dem verwesenden Snack hingab, hob er vorsichtig, wie ihm gesagt worden war, den Eisenring aus dem Wasser und nach oben, wo er zwischen den Kieselsteinen und dem Unkraut unter dem Ufervorsprung zu liegen kam.
»Den Eimer, Barnabas – die Handschuhe, eine von euch.«
Der Befehl war in einem strengen Ton gegeben, wie jedes Geheiß Murtlocks. Barnabas brachte umständlich den Eimer. Fiona hielt ihm die Gartenhandschuhe hin. Rusty, die gequält in sich hineingrinste, wand ihren Körper in wellenartigen Be­wegungen und summte. Murtlock ergriff einen Handschuh. Nachdem er ihn, ohne die Falle abzusetzen, die inzwischen auf seinen ornatähnlichen Kittel tropfte, geschickt über seine Finger gestreift hatte, nahm er die vier Flusskrebse einen nach dem anderen aus dem Netz und legte sie in den Eimer, der bereits zu einem Viertel mit Wasser gefüllt war. Er tat das mit geschickten, rituellen Gesten. Er hatte alles völlig unter Kontrolle.
Diese Gabe der Autorität, seine Fähigkeit, Menschen zu führen, war eine seiner charakteristischen Eigenschaften, die mir schon aus früheren Berichten über ihn bekannt waren. Anfangs hatte mich seine äußere Erscheinung, die nichts als zeitgenössisches romantisches Vagabundentum suggerierte, an diesem Ruf zweifeln lassen. Jetzt sah ich, dass zumindest einiges von dem, was ich gehört hatte, stimmte; dass der vagabundenhafte Stil die Fähigkeit einschließen konnte, seine Gefährten – namentlich Fiona – wie auch Flusskrebse und Pferde zu beherrschen. Die letztere Fertigkeit hatte...

Table of contents

  1. Titelseite
  2. Impressum
  3. Kapitel 1
  4. Kapitel 2
  5. Kapitel 3
  6. Kapitel 4
  7. Kapitel 5
  8. Kapitel 6
  9. Kapitel 7