212In der Gemeinde G wird der Kämmerer K eingestellt. Er gilt als neue Hoffnung, um die Löcher Haushalt zu stopfen. K fällt unmittelbar auf, dass die Gemeinde keine Hundesteuer erhebt. Er rät dem Bürgermeister Mitte 2020, eine entsprechende Satzung zu erlassen. Dem sind die vielen Hunde in der Gemeinde längst ein Dorn im Auge. K entwirft eine Satzung u. a. mit folgendem Inhalt:
§ 1Steuergegenstand, -schuldner und -pflichtiger
(1) Das Halten eines über sechs Monate alten Hundes ist steuerpflichtig.
(2) Steuerschuldner und -pflichtiger ist Halter des Hundes. Die Steuerpflicht beginnt mit dem ersten Tag des Monats, der auf das erstmalige Halten eines über sechs Monate alten Hundes folgt.
§ 2Erhebung
(1) Die Steuerschuld entsteht am 1. Januar.
(2) Die Hundesteuer wird als Jahressteuer im Voraus für das Kalenderjahr erhoben. Sie wird durch Steuerbescheid festgesetzt und ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides fällig. Führt die Erhebung zu einer unerträglichen Härte für den Steuerpflichtigen, kann von ihr abgesehen werden.
§ 3Steuersatz
Die Höhe der Steuer beträgt 100 € für den ersten sowie 150 € für jeden weiteren Hund.
[…]
§ 6Inkrafttreten
Diese Satzung tritt zum 1. Januar 2020 in Kraft.
In der folgenden Zeit haben jedoch K und der Bürgermeister vor allem mit dem neuen Haushaltsplan einiges um die Ohren, sodass der Satzungsentwurf liegen bleibt. Kurz nach Neujahr 2021 setzt der Bürgermeister die Satzung rechtzeitigt auf die Tagesordnung der nächsten Gemeinderatssitzung und kündigt die künftige auf der Website und im Gemeindeblatt Regelung an. Sie wird ordnungsgemäß vom Gemeinderat beschlossen, vom Bürgermeister ausgefertigt und am 1. März 2021 bekannt gegeben.
Daraufhin sieht sich der zuständige Sachbearbeiter S gezwungen an alle Hundehalter der Gemeinde entsprechende Festsetzungsbescheide für die Hundesteuer ab dem 1. Januar 2020 zu erlassen. Ganz wohl ist ihm dabei nicht, er rechnet mit viel Widerstand in der Bevölkerung. Er hört daher zuvor alle Hundebesitzer schriftlich an. Auch Udo Unbedacht wurde am 5. März 2021 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Udo hat seit dem 1. Februar 2018 einen Hund. Er antwortet auf die Anhörung, dass die Hundesteuersatzung rechtswidrig sei. Das gelte sowohl für das aktuelle Jahr 2021 aber vor allem für das bereits abgeschlossene Jahr 2020. Auch findet er es „komisch“, dass drei Gemeinderäte selbst Hundehalter sind und an der Beschlussfassung teilgenommen haben. Letztlich beantragt er „hilfsweise“ eine Ausnahme nach § 2 Abs. 2 S. 3 der Satzung.
Aufgabe 1
Fertigen Sie ein Gutachten zur Frage an, ob S gegen U einen Festsetzungsbescheid für 2020 und 2021 erlassen kann.
Aufgabe 2
Entwerfen Sie den Bescheid an den Hundehalter Udo Unbedacht.
Zusatzfrage
Angenommen die Satzung wäre im Gesamten rechtswidrig und eine Ausnahme nicht einschlägig. Müsste die Behörde die Satzung dennoch befolgen und die Steuer festsetzen? Was wären ihre Handlungsalternativen?
Bearbeitungsvermerk
Gebührenfragen sind nicht zu prüfen.