The Court of Reason
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The Court of Reason

Proceedings of the 13th International Kant Congress

Beatrix Himmelmann, Camilla Serck-Hanssen, Beatrix Himmelmann, Camilla Serck-Hanssen

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The Court of Reason

Proceedings of the 13th International Kant Congress

Beatrix Himmelmann, Camilla Serck-Hanssen, Beatrix Himmelmann, Camilla Serck-Hanssen

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The Proceedings present the contributions to the 13th International Kant Congress which was held at the University of Oslo, August 6-9, 2019. The congress, which hosted speakers from more than thirty countries and five continents, was dedicated to the topic of the court of reason. The idea that reason stands before itself as a tribunal characterizes the whole of Kant's critical project. Without such a court, reason falls into conflict with itself. With such a court in place, however, it may succeed in establishing the possibility and limits of metaphysics, ethics, aesthetics, law and science. The idea of reason being its own judge is not only pivotal to a proper understanding of Kant's philosophy, but can also shed light on the burgeoning fields of meta-philosophy and philosophical methodology. The 2019 Kant Congress put special emphasis on Kant's methodology, his account of conceptual critique, and the relevance of his ideas to current issues in especially political philosophy and the philosophy of law. Additional sections discussed a wide range of topics in Kant's philosophy.

The Proceedings will provide anyone who is interested in exploring the variety of present-day work on Kant and Kantian themes with a wealth of fruitful inspiration.

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Information

Publisher
De Gruyter
Year
2021
ISBN
9783110701449
Edition
1
Subtopic
Philosophers

Ethics and Moral Philosophy

Könnte es aus Kantischer Perspektive Pflichten gegenĂŒber Robotern geben?

Federica Basaglia

I Die Debatte um den moralischen Status und um mögliche Rechte von Robotern

Eine zurzeit viel debattierte Frage im Bereich der Roboterethik ist die, ob Roboter moralisch berĂŒcksichtigt werden und wir ihnen dementsprechend Rechte verleihen sollen. Dabei geht es um das VerhĂ€ltnis zwischen Menschen und sehr komplexen Maschinen, die imstande scheinen, „selbststĂ€ndig zu handeln“, mit Menschen zu „interagieren“ und sogar Formen der „emotionalen Bindung“ zu und mit Menschen zu entwickeln: Man spricht deswegen in der Debatte von „social robots“ (im Unterschied zu „service robots“; vgl. Tavani 2018, 2 – 4).
Die Diskussion dreht sich hauptsĂ€chlich darum, welche Kriterien besagte Roboter erfĂŒllen mĂŒssen, um moralische BerĂŒcksichtigung zu verdienen. Zentral ist dabei fĂŒr viele Autorinnen und Autoren die Frage, ob sich Roboter als Akteure bzw. moralische, autonome Akteure qualifizieren bzw. qualifizieren können. (u. a. Gunkel 2018, Laukyte 2017, Himma 2009, Floridi/Sanders 2004).
Innerhalb dieser Debatte wurde von Einigen der Versuch unternommen, die sehr komplexe Frage danach, ob Roboter als moralische Akteure gelten sollen, auszuklammern, und fĂŒr eine moralische BerĂŒcksichtigung der Roboter – anstatt als moralische Akteure (moral agents) – als moralische Objekte (moral patients) (vgl. Floridi 2008, 86 – 91) zu argumentieren (u. a. Tavani 2018, Gunkel 2018, Gerdes 2015). Dieser Weg scheint in der Tat viele handlungstheoretische und moralpsychologische Probleme zu vermeiden und aus diesem Grund fĂŒr die BegrĂŒndung der moralischen BerĂŒcksichtigung von Robotern vielversprechender zu sein.
Dasselbe Ziel, handlungstheoretische und moralpsychologische Probleme zu meiden, verfolgt Mark Coeckelberghs Vorschlag einer „relationalen Wende“ (vgl. hierzu Gerdes 2015, 275):
I propose an alternative route, which replaces the question about how „moral“ non-human agents really are by the question about the moral significance of appearance. [
] I propose to redirect our attention to the various ways in which non-humans, and in particular robots, appear to us as agents, and how they influence us in virtue of this appearance. (Coeckelbergh 2009, 181, Hervorhebungen von Coeckelbergh)
Anne Gerdes sieht bei Coeckelberghs Vorschlag Probleme hinsichtlich seiner Voraussetzung, dass sowohl Menschen als auch Roboter relationale EntitĂ€ten seien. Solch eine Voraussetzung lege Coeckelbergh auf eine relationale Ontologie fest, die metaphysische Begrifflichkeiten – wie z. B. Bewusstsein, IntentionalitĂ€t, Freiheit – zurĂŒckweist und moralisches Handeln mittels eines relationalen Paradigmas uminterpretiert (vgl. Gerdes 2015, 275, vgl. zu diesem Punkt Coeckelbergh 2010b, 219).
Eine vielversprechende Alternative zu Coeckelberghs Perspektive, die uns nicht darauf festlegt, auf metaphysische Begriffe zu verzichten, sieht Gerdes in der Möglichkeit einer BegrĂŒndung von menschlichen Verpflichtungen gegenĂŒber Robotern in Anlehnung an Kants Argument fĂŒr die indirekten Pflichten gegenĂŒber Tieren, die er in der Metaphysik der Sitten einfĂŒhrt (vgl. Gerdes 2015, 277).

II Die Möglichkeit indirekter Verpflichtungen gegenĂŒber Robotern

Im § 17 der Tugendlehre behandelt Kant die Frage, ob Menschen Verpflichtungen auch gegenĂŒber NaturgegenstĂ€nden und nicht-menschlichen Tieren haben. Er erklĂ€rt dort, dass Menschen die Pflicht gegen sich selbst haben, schöne, leblose NaturgegenstĂ€nde zu bewahren und zu respektieren. Denn wenn wir sie zerstören, schwĂ€chen und „vertilgen“ wir laut Kant allmĂ€hlich das GefĂŒhl in uns, etwas „ohne Absicht auf Nutzen zu lieben“ (TL, AA 6:443.07 – 08). Dieses GefĂŒhl sei zwar an sich nicht moralisch, befördere aber die menschliche MoralitĂ€t. So ergĂ€ben sich menschliche Verpflichtungen, die nicht direkte Pflichten des Menschen gegen ein gewisses Objekt sind, sondern Pflichten des Menschen gegen sich selbst. Kant spricht in diesem Kontext von indirekten Pflichten. Indirekte Pflichten hat der Mensch nach Kant auch gegenĂŒber nicht-menschlichen Tieren. Obwohl Kant ausschließt, dass Tiere den moralischen Status des Menschen besitzen, denkt er, dass Menschen die Pflicht haben, die tierische SensibilitĂ€t in ihrem Handeln zu berĂŒcksichtigen. Denn behandeln Menschen Tiere auf eine grausame, gewaltsame oder auch nur undankbaren Weise, wird nach Kant „das MitgefĂŒhl an ihrem Leiden im Menschen abgestumpft und dadurch eine der MoralitĂ€t im VerhĂ€ltnisse zu anderen Menschen sehr diensame natĂŒrliche Anlage geschwĂ€cht und nach und nach ausgetilgt“ (vgl. TL, AA 6:443.13 – 16). Dementsprechend soll nach Kant die Tiertötung, wenn sie denn erfolgen muss, schnell und möglichst schmerzlos geschehen (TL, AA 6:443.16 – 17). Außerdem dĂŒrfen ausschließlich unbedingt notwendige wissenschaftliche Versuche an Tieren durchgefĂŒhrt werden (vgl. TL, AA 6:443.19 – 21). Hierbei handelt es sich fĂŒr Kant nicht um direkte Pflichten der Menschen gegen die Tiere, sondern um indirekte Pflichten der Menschen „in Ansehung“ der Tiere, die eigentlich Pflichten des Menschen gegen sich selbst sind (TL, AA 6:443.23 – 25. Vgl. hierzu Basaglia 2018a, 40 und Basaglia 2018b, 1721).
Gerdes macht sich fĂŒr die „Kantische relationale Perspektive“ (Gerdes 2015, 278) stark, die zwischen Menschen, gegen die wir direkt Pflichten haben, und Nicht-Menschen, ‘in Ansehung’ derer wir indirekt Verpflichtungen haben, unterscheidet. Diese Kantische Perspektive nach Gerdes ermöglicht uns, zwischen Graden der moralischen BerĂŒcksichtigung von EntitĂ€ten zu unterscheiden, die auf einem Kontinuum zwischen Menschen an der höchsten Stelle und Dingen an der niedrigsten Stelle stehen. FĂŒr die Frage nach der moralischen BerĂŒcksichtigung von Robotern sei aus dieser Perspektive wichtig, dass wir zwischen nicht-lebenden EntitĂ€ten unterscheiden können, die unterschiedliche moralische, indirekte BerĂŒcksichtigung verdienen. Auf dieser Skala der indirekten moralischen BerĂŒcksichtigung sind Roboter nach Gerdes auf einer Position zwischen Werkzeugen und Tieren zu platzieren (vgl. Gerdes 2015, 277. Vgl. Tavani 2018, 9 – 10 und kritisch dazu Coeckelbergh 2010b, 213 – 214).
Was Roboter im Sinne der moralischen BerĂŒcksichtigung wichtiger als bloße Werkzeuge macht, ist nach Gerdes, dass wir mit ihnen „as if social relations“ (Gerdes 2015, 278) bilden bzw. bilden können:
[
] it might still be possible to grant moral consideration to robots introducing a continuum on scale above artifacts – such as tools and things, which we handle – over to animals. Probably below living entities, like animals, we may place robots with which we do form as if social relations (Gerdes 2015, 278).
Neben dem Kantischen Argument fĂŒr indirekte Pflichten in Ansehung von EntitĂ€ten, die nicht den moralischen Status von Personen besitzen, scheint in der Tat der Bezug auf den von Hans Vaihinger ausgefĂŒhrten „Als-Ob-Gedanken“ (Gerdes 2015, 276. Vgl. Vaihinger 1920, 18 – 20) grundlegend fĂŒr Gerdes’ Argumentation zu sein. WĂ€ren bestimmte Roboter nicht imstande, scheinbar mit Menschen zu interagieren, gĂ€be es in Gerdes’ Argumentation keinen Anhaltspunkt, sie fĂŒr besondere Artefakte zu halten, die stĂ€rkere moralische BerĂŒcksichtigung verdienen als „tools and things, that we handle“ (Gerdes 2015, 278).

III Kritik an Gerdes’ Vorschlag

In der Folge möchte ich gegen diesen Vorschlag von Gerdes argumentieren und folgende Ansicht vertreten:
  1. Das von Kant im § 17 der Tugendlehre eingefĂŒhrte Argument ist auf Roboter nicht anwendbar. In diesem Paragrafen spricht Kant ausschließlich von schönen, leblosen NaturgegenstĂ€nden (vgl. TL, AA 6:443.02) und von nicht-menschlichen Tieren, nicht von Artefakten, wie Robotern.
  2. Obwohl sie sich von seiner Anwendung auf das Problem der moralischen BerĂŒcksichtigung von Robotern distanziert, macht Gerdes am Ende doch vom Als-Ob-Gedanken Gebrauch, und dieser Gebrauch ist innerhalb ihrer Argumentation nicht unproblematisch. Denn der Als-Ob-Gedanke wird von Gerdes nicht im transzendental-philosophischen Sinne verstanden, sondern explizit in Bezug auf die Interpretation von tĂ€uschenden Erscheinungen (vgl. Gerdes 2015, 276).
1. Gerdes denkt: „[
] Kant’s Tugendlehre allows for a description of moral obligations with regard to other beings or entities“ (Gerdes 2015, 277, die dritte Hervorhebung ist meine). Die nicht-lebenden EntitĂ€ten, die Kant im § 17 der Tugendlehre behandelt, sind aber klarerweise nicht Artefakte, sondern leblose NaturgegenstĂ€nde: „In Ansehung des Schönen, obgleich Leblosen in der Natur ist ein Hang zum bloßen Zerstören [
] der Pflicht des Menschen gegen sich selbst zuwider“ (TL, AA 6:443.02 – 04, meine Hervorhebung). Kant spricht an keiner Stelle von indirekten Pflichten in Ansehung von Artefakten. Dass er, im Gegensatz zu den in der TL im § 17 eingefĂŒhrten indirekten Pflichten gegenĂŒber NaturgegenstĂ€nden, indirekte Pflichten gegenĂŒber Artefakten nie erwĂ€hnt hat, weist meiner Meinung darauf hin, dass fĂŒr Kant Artefakte weniger wertvoll als NaturgegenstĂ€nde sind.
Den ersten Grund, warum ich glaube, dass fĂŒr Kant NaturgegenstĂ€nde prinzipiell wertvoller als Artefakte sind, finden wir vor, wenn wir die Ă€sthetische Betrachtung von Artefakten mit der von NaturgegenstĂ€nden vergleichen. Man kann mit guten GrĂŒnden argumentieren, dass fĂŒr Kant NaturgegenstĂ€nde einen höheren Ă€sthetischen Wert als Artefakte besitzen und in dieser Hinsicht fĂŒr uns wertvoller sind. Denn wir können nach Kant auch Kunstwerke – die ja Artefakte sind – als schön bewerten (vgl. KU, §§ 48 – 55). Es ist jedoch einerseits mindestens unklar (vgl. Pries 1995, 50, Fußnote 20), ob wir ĂŒber sie auch Urteile hinsichtlich ihrer mathematischen Erhabenheit fĂ€llen können (vgl. KU, AA 5:268.01 – 03)1, andererseits klar, dass fĂŒr Kant Urteile ĂŒber die dynamische Erhabenheit ausschließlich NaturgegenstĂ€nden vorbehalten sind (vgl. KU, § 28).2
Die höhere Stellung der NaturgegenstĂ€nde im Vergleich zu den Artefakten schließt streng genommen keine indirekte moralische BerĂŒcksichtigung aus. Was ich allerdings an Gerdes’ Vorschlag bestreite, ist die Stellung, die Roboter in der Skala moralischer BerĂŒcksichtigung innehaben. Es scheint mir klar, dass sie aus Kantischer Sicht nicht direkt unter den Tieren Platz finden sollten, sondern, wenn ĂŒberhaupt, weiter unten nach den leblosen, schönen NaturgegenstĂ€nden. Roboter, wie jedes andere Ding, können GegenstĂ€nde von Ă€sthetischen Schönheitsurteilen werden. Dies hat bestimmt eine gewisse praktische Relevanz: Artefakte und KunstgegenstĂ€nde willkĂŒrlich zu zerstören, ist vermutlich auch in Kants Augen schlecht. Ob dies aus Kantischer Sicht auch ausreicht, um von indirekten Pflichten gegenĂŒber Artefakten wie Robotern sprechen zu können, bleibt meiner Ansicht nach fraglich.3
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