Syphilis & Co.
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Syphilis & Co.

Ein Arzt klärt auf

P. Weisenseel

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Syphilis & Co.

Ein Arzt klärt auf

P. Weisenseel

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Sexuell übertragbare Erkrankungen wie Syphilis und Co. treten seit einigen Jahren wieder deutlich häufiger auf. Ein gesundes Wissen zu diesem Thema gehört zum Führerschein des Lebens und ist der beste Schutz vor unangenehmen Überraschungen. Oder hätten Sie gewusst, vor welchen Erkrankungen auch Kondome nicht zuverlässig schützen? Anhand von Anekdoten und Beispielen aus vielen Sprechstunden gibt Dr. med. Peter Weisenseel Einblick in den Umgang mit sexuell übertragbaren Erkrankungen und deren Randgebieten: ohne moralischen Imperativ, dafür feinfühlig und mit charmantem Humor - damit das hängenbleibt, was soll, und das, was es zu vermeiden gilt, gar nicht erst haften bleibt. Für ein gutes Gefühl am Morgen danach.

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Information

Publisher
S. Karger
Year
2018
ISBN
9783318063646
Subtopic
Dermatology

KAPITEL 1

Fischgeruch in Thailand –

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Trichomoniasis

«Eine Alterswarze ... dann bin ich ja beruhigt», sagte er und schob den Ärmel seines dezent karierten Hemdes langsam herunter. «Naja wir werden wohl alle nicht jünger», stellte er fest und blickte dabei abwesend auf den Manschettenknopf, den seine rauen Fingerkuppen ein wenig umständlich einzufädeln begannen. «Wie gesagt, das ist eine punktuelle pigmentierte Verhornung der Haut, die völlig harmlos ist und die im Laufe des Lebens fast jeder Mensch irgendwo am Körper entwickelt. Der lateinische Begriff Verruca seborrhoica klingt aber schöner, fast schon erstrebenswert, meinen Sie nicht?», versuchte ich den Patienten aufzumuntern. Menschen, die sich durch eine neue Diagnose plötzlich mit dem Älterwerden beschäftigen, werden dabei bisweilen von einer gewissen Melancholie erfasst. Dies vermutete ich in diesem Moment zunächst, da trotz der gutmütigen Diagnose eine seltsame Schwere im Raum lag. «Diesen Begriff kann ich mir sicher nicht merken, aber Sie dürfen ihn mir gerne aufschreiben, dann kann ich ihn vielleicht einmal beim Scrabble oder bei der Fünfhunderttausend-Euro-Frage bei Günther Jauch brauchen», erwiderte er und versuchte dabei zu lächeln, den Blick immer noch auf sein Handgelenk gerichtet. Der goldfarbene Knopf war nun endlich in seiner korrekten Position und der Patient legte die Hände im Sitzen flach auf seine parallel gestellten Oberschenkel. Ich hatte den Akteneintrag und die dazugehörige Abrechnungsziffer notiert und wollte mich bereits erheben, um ihn mit einem festen Handschlag zu verabschieden, doch irgendetwas an der Situation hielt mich davon ab. Vielleicht war es die Art, wie er den dunkelbraunen Holzschreibtisch zwischen uns musterte, jeweils kurz die darauf liegenden Utensilien wie Kugelschreiber und Rezeptblock mit dem Blick streifte und beiläufig aus dem Fenster sah, wo möglicherweise ein herbstlich gefärbtes Blatt vom Baum schwebte, um dann wieder wortlos seine unbewegten Hände anzusehen. Im Laufe der Jahre entwickelt man als Arzt ein gewisses Gespür für Patientinnen und Patienten, die ihre eigentlichen Probleme erst ansprechen, wenn sie schon fast wieder den Mantel anhaben. «Kann ich noch irgendetwas für Sie tun?», fragte ich daher mit ruhiger Stimme. Immer noch unsicher, aber wohl erleichtert über meine Anregung erwiderte er nun relativ leise: «Wo ich schon mal da bin ...» Mit diesem Satz fangen meist zeitraubende, aber auch interessante Gespräche in einer Sprechstunde an. Um den Patienten sanft zu einer Fortsetzung zu bestärken, legte ich den Stift beiseite, lehnte mich leicht nach vorne und suchte Augenkontakt, ohne ihn anzustarren. Er war der letzte Patient vor der Mittagspause. Ein geduldiger Pharmavertreter mit breiter Krawatte und bunten Kugelschreibern in der Tasche war die einzig angemeldete Person im Wartezimmer. Demnach hatte ich gerade keinen Zeitdruck.
«Wie Sie wissen, Herr Doktor, fahre ich im Winter gerne mehrere Wochen nach Thailand, um dem kalten dunklen Wetter hier zu entfliehen. Früher bin ich ja mit meiner Frau dort hingefahren. Seit sie vor vier Jahren an Krebs gestorben ist, fahre ich nun allein oder mit Freunden hin, aber nicht mehr in die gleiche Anlage, da kämen zu viele Erinnerungen hoch. Letztes Jahr habe ich mich dann öfters mit einer jüngeren Einheimischen getroffen, die dort in einer Bar arbeitet und mich immer so nett angelächelt hat.» Innerlich zog ich die Augenbrauen hoch und hatte die leise, aber bestimmte Vorahnung, dass sich der Rest des Gesprächs auf gesundheitliche Fragestellungen im Unterleibsbereich konzentrieren würde. Die Stimme des Patienten wurde nun fester, ihr Fluss jedoch stockte zunehmend. «Das ist aber keine Prostituierte, falls Sie das jetzt glauben, nein, sie arbeitet in einer Bar und hat einen kleinen Sohn. Wir sind uns dann im Laufe der Zeit auch nähergekommen, wenn Sie verstehen, was ich meine.» «Und?», fragte ich neugierig. «Wir schreiben uns manchmal E-Mails, und ich fliege jetzt demnächst hin, dann treffen wir uns wieder. Also das ist mir jetzt wirklich unangenehm . sie ist total hygienisch und ich mag sie wirklich sehr, aber ...» Im Kopf ging ich bereits mehrere Optionen durch, worauf er hinauswollte, wartete aber geduldig, bis er fortfuhr. «Obwohl sie regelmäßig duscht und badet, riecht Sie untenrum leider sehr stark ... so nach Fisch.» Dieses Problem hatte ich allerdings noch nicht in Erwägung gezogen. «Und das stört sie also?», fragte ich sachlich. «Ja, am Anfang dachte ich noch, das wäre vorübergehend, aber das war dann doch jedes Mal ähnlich. Und ein Bekannter, der auch immer in Thailand überwintert, hat das Gleiche von seiner Freundin dort erzählt.» «Haben Sie denn schon mit ihrer Bekanntschaft darüber gesprochen?» «Nein, natürlich nicht! Ich kann ihr doch nicht sagen, dass sie untenrum komisch riecht, das wäre doch unhöflich. Außerdem ist mein Englisch nicht so gut.» «Sie sollten aber dringend mit ihr darüber sprechen», forderte ich ihn auf. «Die Ursache für den fischartigen Geruch ist vermutlich eine Infektion der Schleimhaut mit bestimmten bakterienartigen Parasiten. Diese sogenannten Trichomonaden sind weltweit eine der am häufigsten sexuell übertragbaren Erreger und produzieren bestimmte Stoffe, die fischig riechen. Frauen sind viel häufiger betroffen als Männer.» «Verstehe», sagte er und schob seine Hände auf den Beinen nervös vor und zurück, während er mich hilfesuchend ansah. «Aber ich dachte, Sie können mir einfach etwas verschreiben, das ich auf mein Glied tun kann, bevor wir Liebe machen, um den Geruch damit bei ihr wegzubekommen.» Mit so einer pragmatischen Denkweise hatte ich nun überhaupt nicht gerechnet und erwiderte leicht verdutzt: «Das ist eine interessante Idee, würde aber leider nicht funktionieren. Meist sind die Scheide und die Harnröhre betroffen, und äußerliche Wirkstoffe würden nicht alle Erreger erreichen. Bei Männern kann die Infektion die Harnröhre und die Prostata betreffen. Wenn die Dame die Beschwerden noch hat, muss sie sich von einer Ärztin oder einem Arzt vor Ort untersuchen und innerlich mit Tabletten behandeln lassen. Daran führt leider kein Weg vorbei. Zudem würde ich dringend empfehlen, dass Sie und Ihre thailändische Bekanntschaft sich beide vorsorglich auch auf andere sexuell übertragbare Erkrankungen untersuchen lassen.» Mit der Auskunft war er nicht glücklich. Dies würde zu Gesprächen mit der jungen Asiatin führen, die sprachlich und inhaltlich zu einer gehörigen Herausforderung für ihn werden könnten. «Dennoch vielen Dank, Herr Doktor», sagte er zum Abschied und ging mit leicht gesenktem Kopf und einigen Sorgenfalten im Gesicht aus dem Behandlungszimmer.
Rund ein Jahr später erzählte er im Rahmen einer Hautkrebsvorsorge, dass er nun eine andere Frau in Thailand gefunden habe, die «untenrum ganz normal riecht». Eine Untersuchung auf Geschlechtskrankheiten bräuchten er und sie auch nicht, weil sich ja beide «ganz gesund fühlen». Obwohl ich wusste, dass meine dringende Empfehlung zur sexuellen Sorgfalt und zur Verwendung von Kondomen nicht seine gewünschte Wirkung entfalten würde, nahm ich mir erneut Zeit, darauf hinzuweisen.
In diesem Fall war ein gewisser Widerspruch in puncto Gesundheitsbewusstsein zu erkennen: Einerseits nahm dieser Patient sehr akribisch Krebsvorsorgeuntersuchungen bei mir und anderen Fachärztinnen und Fachärzten in Anspruch – sicher auch durch den Krebstod seiner Ehefrau verstärkt. Andererseits fehlte ihm das Risikobewusstsein oder Gespür bezüglich sexuell übertragbarer Erkrankungen. Dies mag exemplarisch für Menschen sein, die in einer langen und treuen Beziehung gel(i)ebt und somit kein spezielles Bewusstsein für sexuell übertragbare Infektionskrankheiten entwickelt haben. Zudem ist die Thematisierung von Sexualität bis in die 1960er Jahre vielfach tabuisiert worden, weshalb entsprechende Risiken sexueller Praxis vor allem bei älteren Menschen, die jahrzehntelang in fester Partnerschaft gelebt hatten, fast nicht existent waren.
Für Singles jeder Altersstufe können sich nach dem Auseinanderbrechen einer festen Beziehung rasch neue intime Begegnungen ergeben. Daher: Fühlen Sie nicht nur Ihre Lust, sondern sprechen Sie auch hin und wieder darüber.

Exkurs – Candidainfektion und GARDNERELLA VAGINALIS

Brennen und unangenehmer Geruch im Genitalbereich können auch von einer Infektion mit Hefepilzen der Sorte CANDIDA ALBICANS herrühren. In der Praxis fragen Patientinnen und Patienten regelmäßig gezielt nach einer Pilzinfektion, unabhängig davon, welche Beschwerden im Genitalbereich vorliegen. Eine tatsächliche Infektion ist aber bei Weitem nicht so häufig wie von den Patientinnen und Patienten vermutet. Obwohl eine sexuelle Übertragung der Keime möglich ist, treten Candidainfektionen mehrheitlich völlig unabhängig von sexuellen Aktivitäten auf. Geringe Mengen dieser Hefepilze kommen bei etwa jedem zweiten Menschen im Magen-Darm-Trakt vor und bei einem Teil der Menschen auch auf der Genitalschleimhaut. Ohne klinische Beschwerden stellt dies in der Schulmedizin keinen Grund zur Behandlung dar. Selbst durch eiserne Diäten, bei denen auf alles, was Spaß macht, verzichtet werden soll wie Zucker, Weizenmehlprodukte und Alkohol, lassen sich diese Hefepilze nicht dauerhaft von der Schleimhaut entfernen. Erst bei relevanter Vermehrung der Hefepilze in Verbindung mit spürbaren Anzeichen eines Infekts sollte eine Therapie erfolgen. Typische Symptome bei Frauen und Männern sind eine fleckige oder flächige Rötung der Vagina / Vulva bzw. an der Eichel mit weißlichen abwischbaren Belägen, Brennen oder Juckreiz. Möglicherweise besteht ein süßlich-muffiger Geruch. Der Geruch ist aber definitiv nicht fischig. Risikofaktoren für eine Infektion sind Diabetes mellitus, Einnahme von oralen Kontrazeptiva (Pille), Schwangerschaft, Behandlung mit Antibiotika oder Medikamenten, die das Immunsystem dämpfen. Meist ist eine äußerliche Behandlung mit Cremes, Gelen oder Zäpfchen ausreichend. In hartnäckigen Fällen kann eine kurzfristige Behandlung mit Tabletten erforderlich sein. Hausrezepte wie Quarkanwendungen (mit oder ohne Honig) auf den betroffenen Stellen können hilfreich sein, da hierdurch die natürliche Keimzusammensetzung der Schleimhaut gefördert wird.
Die Partnerin oder der Partner sollte untersucht und ggf. auch behandelt werden, um einen Ping-Pong-Effekt zu vermeiden. In der Regel sind Candidainfektionen lästig, aber nicht besorgniserregend. Wenn es im Schritt juckt und unangenehm riecht, kann dies verschiedene Ursachen haben und sollte ärztlich abgeklärt werden.
Ebenso wie Candidahefen kommt auch das Bakterium GARDNERELLA VAGINALIS in geringer Anzahl auf der gesunden Vaginalschleimhaut vor. Unter bestimmten Faktoren können sich diese Bakterien vermehren und zusammen mit anderen Keimen eine ungünstige Allianz bilden, die dann zu sicht- und spürbaren Beschwerden führt: Brennen, Juckreiz an Scheide und Vulva, ggf. leichter Ausfluss und unangenehmer Geruch (aber nicht so ausgeprägt fischig wie bei Trichomoniasis). Faktoren, die zu einer Vermehrung von GARDNERELLA VAGINALIS und Komplizen führen können sind z.B. eine Schwächung des Immunsystems, übertriebene Intimhygiene und / oder Antibiotikatherapie für andere Erkrankungen. Außerhalb der Vagina treten in der Regel keine Probleme auf. Männer erkranken nicht daran. Der Nachweis erfolgt durch Abstriche, die Therapie bei Bedarf mit Antibiotika. Dieses Krankheitsbild wird in der Regel von Fachärztinnen und -ärzten für Gynäkologie gesehen und behandelt.
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TRICHOMONIASIS
ERREGER
Parasit namens TRICHOMONAS VAGINALIS; gehört zu den sogenannten Urtierchen (Protozoen) und besteht aus einem rundlichen Körper und einem Schwanzteil (Geißel).
HÄUFIGKEIT UND ÜBERTRAGUNG
Weltweit infizieren sich jährlich etwa 170 Millionen Menschen mit Trichomonaden, wobei fast zwei Drittel davon Frauen sind. Die Übertragung erfolgt überwiegend durch (ungeschützten) Geschlechtsverkehr, aber auch durch Oralsex, Petting oder Sexspielzeug.
BETROFFENE ORGANE UND SYMPTOME
Zeit von der Ansteckung bis zum Auftreten von Krankheitszeichen: eine bis drei Wochen.
Symptome: Brennen in der Scheide, klarer bis eitriger Ausfluss, typischerweise mit fischartigem oder säuerlichem Geruch, eventuell Prostataentzündung. Schmerzen im Unterleib bzw. in der Dammregion (zwischen Vulva bzw. Hoden und After), Harndrang und / oder Schmerzen beim Wasserlassen oder beim Samenerguss. Chronische Infektionen können zu Unfruchtbarkeit führen.
DIAGNOSTIK
Abstrich (aus der Scheide, ggf. Harnröhre) oder Urinuntersuchung.
THERAPIE
Verschreibungspflichtige Antibiotika in Tablettenform, in der Regel für eine Woche. Kontrollen nach erfolgter Therapie sind sinnvoll. Keine Entwicklung einer Immunität, jederzeit erneute Ansteckung möglich. Untersuchung / Behandlung der Partnerin oder des Partners erforderlich.
BESTMÖGLICHER SCHUTZ
Verwendung von Kondomen, ggf. Lecktüchern (dental dams) beim Oralsex; Sexspielzeug vor der Weitergabe desinfizieren bzw. mit frischem Kondom verwenden.
FAZIT
Fischartiger Geruch im Genitalbereich hat nichts mit Hygiene oder Ernährung zu tun und ist in keinem Fall normal.

KAPITEL 2

Bonjour-Tropfen –

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Gonorrhoe

An einem schwülen Samstagabend im Juli hatte ich es mir als junger Assistenzarzt gerade vor dem alten Röhrenfernseher im Dienstzimmer der Klinik bequem gemacht und gelassen dem Abend entgegengesehen. Die Nachtdienste in der Hautklinik waren nicht beliebt, aber im Vergleich zu Kolleginnen und Kollegen manch anderer Fachrichtungen hatten wir in der Regel ein überschaubares Arbeitspensum: Wir mussten nachts keine Kinder zu Welt bringen oder entzündete aufgeplatzte Blinddärme entfernen. Jedoch hatte ich noch vor wenigen Minuten eine kurze Visite auf der operativen Station absolviert: eine spontane Nachblutung nach Entfernung einer bösartigen Geschwulst an der Schläfe am Vormittag. Der Patient war von einem warmen Gefühl im Gesicht wach geworden; im Badezimmerspiegel hatte sich ein blutdurchtränkter Verband an seinem Kopf offenbart und auf dem Weg vom Bett in die weiß gekachelte Nasszelle eine dunkelrote Tropfspur hinterlassen. Das Anlegen eines frischen Druckverbands in Verbindung mit einer blutstillenden Wundgaze hatte relativ schnell Abhilfe geschaffen.
Während ich es mir nun auf der durchgesessenen Couch eines schwedischen Möbelproduzenten gemütlich gemacht hatte, um das Unterhaltungsprogramm im Fernsehen angemessen genießen zu können, funkte mich der Pförtner an: Ein junger Mann sei soeben in die Ambulanz gekommen, er fülle gerade den Anmeldebogen aus. Das ließ mir noch genug Zeit, den Ausgang der Saalwette einer großen Samstagabend-Show zu verfolgen, die ein blondgelockter ehemaliger Lehrer aus Bayern moderierte. Außerdem war auch im Notdienst eine gewisse Wartezeit angezeigt. Schließlich mussten Patientinnen und Patienten tagsüber in der offenen Sprechstunde der Klinikambulanz mitunter mehrer...

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