Der Pilz am Ende der Welt
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Der Pilz am Ende der Welt

Über das Leben in den Ruinen des Kapitalismus

Anna Lowenhaupt Tsing, Dirk Höfer

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Der Pilz am Ende der Welt

Über das Leben in den Ruinen des Kapitalismus

Anna Lowenhaupt Tsing, Dirk Höfer

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Das erste neue Leben, das sich nach der nuklearen Katastrophe in Hiroshima wieder regte, war ein Pilz. Ein Matsutake, der auf den verseuchten Trümmern der Stadt wuchs – einer der wertvollsten Speisepilze Asiens, der nicht nur in Japan, wo er Spitzenpreise aufruft, vorkommt, sondern auf der gesamten Nordhalbkugel verbreitet ist. Dieser stark riechende Pilz wächst bevorzugt auf von der Industrialisierung verwüsten und ruinierten Böden und ist nicht kultivierbar.In ihrem faszinierenden kaleidoskopischen Essay geht die Anthropologin Anna Lowenhaupt-Tsing den Spuren dieses Pilzes sowie seiner biologischen und kulturellen Verbreitung nach und begibt sich damit auch auf die Suche nach den Möglichkeiten von Leben in einer vom Menschen zerstörten Umwelt. Sie erzählt Geschichten von Pilzsammlern, Wissenschaftlern und Matsutake-Händlern und öffnet einen neuen und ungewohnten Blick auf unsere kapitalistische Gegenwart. Denn eigentlicher Gegenstand ihrer preisgekrönten und in viele Sprachen übersetzten Erzählung ist die Ökologie des Matsutake, das Beziehungsgeflecht um den Pilz herum, als pars pro toto des Lebens auf den Ruinen des Kapitalismus, das ein Leben in Beziehungen sein – oder aber nicht sein wird.

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Teil III

Gestörte Anfänge, unbeabsichtigte Gestaltung

Als mir Kato-san die Arbeit erklärte, die er für die Forschungen der Bezirksforstverwaltung zur Sanierung des Walds unternahm, war ich schockiert. Als Amerikanerin, die geschult war, in der Wildnis eine sensible Sache zu sehen, dachte ich, Wälder würden sich am besten wiederherstellen, wenn sie sich selbst überlassen blieben. Kato-san war dieser Meinung nicht: Wenn man den Matsutake in Japan haben möchte, braucht man Kiefern, und wenn man Kiefern haben möchte, braucht es Eingriffe durch den Menschen. Er überwachte Arbeiten, im Zuge derer Laubbäume aus dem Berghang entfernt wurden, den er mir gerade zeigte. Sogar die Humusschicht war weggekarrt worden, und für meine amerikanischen Augen sah der steile Abhang nun durchfurcht und kahl aus. »Und was ist mit der Erosion?«, fragte ich. »Erosion ist gut«, antwortete er. Ich war nun wirklich überrascht. Ist denn Erosion, der Verlust des Bodens, nicht immer schlecht? Ich ließ es mir gerne erklären: Kiefern wachsen auf Mineralböden, und diese werden durch Erosion freigelegt.
Die Arbeit mit Forstverwaltern in Japan veränderte mein Denken darüber, was störende Eingriffe für die Wälder bedeuteten. Dass absichtlich störend eingegriffen wurde, um die Wälder zu revitalisieren, versetzte mich in Erstaunen. Kato-san legte keinen Garten an. Der Wald, auf den er hoffte, würde von alleine wachsen müssen. Er wollte ihm jedoch auf die Sprünge helfen, indem er eine Art Unordnung stiftete, ein Durcheinander, das das Wachstum von Kiefern begünstigen würde.
Kato-sans Arbeit befasste sich mit einem populären und wissenschaftlichen Ansinnen: der Wiederbelebung der satoyama-Waldgebiete. Satoyama sind traditionelle bäuerliche Landschaften, in denen sich Reisanbau und Bewässerungsanlagen mit Waldflächen kombiniert finden. Die Waldflächen – das Herzstück des satoyama-Konzepts – waren einst durch die Entnahme von Feuerholz, die Herstellung von Holzkohle sowie die Verwertung anderer Waldprodukte gestört und später in dieser Form beibehalten worden. Heute stellt der Matsutake das wertvollste Erzeugnis der satoyama-Wälder dar. Wenn die Waldflächen für den Matsutake aufbereitet werden, ist das auch für eine Reihe anderer Lebewesen günstig: Kiefern und Fichten, krautige Pflanzen im Untergeschoss des Waldes, Insekten und Vögel. Die Wiederherstellung erfordert störende Eingriffe – es handelt sich aber um Störungen, die die Diversität und die Gesundheit der Ökosysteme steigern. Manche sind sogar der Ansicht, dass bestimmte Ökosysteme nur aufgrund menschlichen Handelns gedeihen.
Überall auf der Welt nutzen ökologische Sanierungsmaßnahmen menschliche Aktivitäten zur Umgestaltung natürlicher Landschaften. Die Wiederbelebung der satoyama-Wälder unterscheidet sich meines Erachtens durch die Vorstellung, dass der Einfluss des Menschen ebenso Teil des Waldes sein sollte wie nichtmenschliche Einflüsse. In diesem Projekt soll die Landschaft von Menschen, Kiefern, Matsutake und anderen Arten gemeinsam gestaltet werden. Ein japanischer Wissenschaftler sah in dem Vorkommen von Matsutake das Ergebnis einer »unbeabsichtigten Kultivierung«, denn die Störungen durch den Menschen machten ein solches Vorkommen wahrscheinlicher – trotz der Tatsache, dass es dem Menschen nicht gelingt, den Pilz zu kultivieren. Man könnte also durchaus sagen, dass Kiefern, Matsutake und der Mensch sich unbeabsichtigt gegenseitig kultivieren. Sie ermöglichen einander ihre jeweiligen welterzeugenden Vorhaben. Mit diesem Ausdruck wurde mir klar, dass Landschaften im Allgemeinen Ergebnisse einer unbeabsichtigten Gestaltung sind, das heißt, aus den sich überlagernden welterzeugenden Tätigkeiten zahlreicher menschlicher wie nichtmenschlicher Akteure entstehen. Die Gestaltung zeigt sich klar im Ökosystem einer Landschaft, auch wenn niemand diese Wirkung geplant hat. Beim Erschaffen von unbeabsichtigt gestalteten Landschaften verbinden sich Menschen mit anderem.
Landschaften sind Ausdruck von mehr-als-menschlichen Dramen und stellen somit ein radikales Instrument zur Relativierung menschlicher Hybris dar. Landschaften sind keine Kulissen für historisches Handeln: Sie selbst handeln. Beobachtet man die Formierung von Landschaften, sieht man, wie Menschen sich mit anderen Lebewesen verbinden, um Welten zu gestalten. Matsutake und Kiefern wachsen nicht einfach in Wäldern; sie machen die Wälder. Matsutake-Wälder sind Zusammenkünfte, die Landschaften aufbauen und verändern. Dieser dritte Teil des Buchs fängt mit Störungen an – gleichzeitig mache ich aus Störungen auch einen Anfang, den Auftakt eines Handelns. Störungen richten die Möglichkeiten für sich wechselseitig verändernde Begegnungen neu aus. Landschaftliche Patches entstehen aus Störungen. Prekarität spielt sich somit in Vergesellschaftungen ab, die über den Menschen hinausreichen.

Kapitel 11

Das Leben des Waldes

Aufmerksam in einem Wald unterwegs zu sein, selbst in einem beschädigten, heißt, sich von der Überfülle des Lebens gefangen nehmen zu lassen: altes und neues Leben, unten am Boden und oben, zum Licht strebend. Wie aber erzählt man vom Leben des Waldes? Wir könnten damit anfangen, nach Dramen und Abenteuern Ausschau zu halten, die jenseits der Umtriebe des Menschen stattfinden. Wir sind es jedoch nicht gewohnt, Geschichten zu lesen, die ohne menschliche Helden auskommen. Das ist das Dilemma, das diesen Abschnitt des Buches prägt. Kann ich die Landschaft zum Protagonisten eines Abenteuers machen, in dem Menschen nur eine Rolle neben anderen spielen?
In den vergangenen Jahrzehnten haben Gelehrte unterschiedlicher Disziplinen aufgezeigt, dass es nicht bloß eine Voreingenommenheit des Menschen ist, in seinen Geschichten nur menschliche Protagonisten zuzulassen; es ist eine kulturelle Agenda, geknüpft an die Fortschrittsträume, die mit der Modernisierung einhergehen.1 Es gibt aber auch andere Formen der Welterzeugung. Anthropologen interessieren sich neuerdings zum Beispiel dafür, wie Jäger aus Subsistenzgesellschaften andere Lebewesen als »Personen«, das heißt, als Hauptdarsteller von Geschichten verstehen.2 Wie könnte es auch anders sein? Fortschrittserwartungen blockieren allerdings dieses Verständnis: Sprechende Tiere sind etwas für Kinder und Primitive. Ihre Stimmen sind zum Verstummen gebracht und wir stellen uns unser Wohlergehen ohne sie vor. Um des lieben Fortschritts willen trampeln wir auf ihnen herum. Wir vergessen, dass ein gemeinschaftliches Überleben artenübergreifende Abstimmungen erfordert. Um das Feld der Möglichkeiten nun zu erweitern, bedürfen wir anderer Geschichten, dazu gehören auch Abenteuer von Landschaften.3
Wir könnten mit einem Fadenwurm beginnen – und einer These zur Lebensqualität.
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»Nennt mich Bursaphelenchus xylophilus. Ich bin eine kleine wurmartige Kreatur, ein Nematode, und verbringe die meiste Zeit damit, mich durch das Innere von Kiefernbäumen zu nagen. Aber meinesgleichen ist so weit herumgekommen wie ein Walfänger auf den sieben Meeren. Leistet mir Gesellschaft und ich erzähle euch von seltsamen Reisen.«
Doch gemach: Wer lässt sich schon gerne von einem Wurm über die Welt erzählen? Fast die gleiche Frage stellte Jakob von Uexküll 1934, als er die Welt aus der Sicht einer Zecke beschrieb.4 Ausgehend von dem Wahrnehmungsapparat einer Zecke, etwa ihrer Fähigkeit, die Wärme eines Säugetiers und damit einer möglichen Blutmahlzeit aufzuspüren, legte Uexküll dar, dass eine Zecke Weltwissen hat und Welt erzeugt. Sein Ansatz machte Landschaften als Szenerien von Sinneswahrnehmungen lebendig; Lebewesen sollten nicht als träge Objekte, sondern als erkennende Subjekte betrachtet werden.
Gleichwohl: Uexkülls Vorstellung einer »funktionalen Tönung« (Affordanz) beschränkt die Zecke auf die (Seifen-)Blasenwelt ihrer wenigen Sinnesorgane. Sie ist in einem schmalen räumlichen und zeitlichen Rahmen gefangen und nimmt nicht an den größeren Rhythmen und Geschichten der Landschaft teil.5 Das greift aber nicht weit genug, wie die Reisen von Bursaphelenchus xylophilus, dem Kiefernholznematoden, bezeugen. Nehmen wir uns einer der schillerndsten dieser Reisen an:
Kiefernholznematoden können sich nur mithilfe von Langhornböcken, Käfern, die sie ohne Nutzen für sich selbst transportieren, von Baum zu Baum bewegen. In einem bestimmten Lebensstadium kann es für einen Nematoden von Vorteil sein, als blinder Passagier auf einem Käfer von einem Baum zum anderen zu springen. Das ist aber keine Frage der Gelegenheit. Die Nematoden müssen die Käfer in einem bestimmten Stadium ihres Lebenszyklus befallen, nämlich dann, wenn diese gerade aus ihren Kieferngängen hervorkriechen, um einen neuen Baum aufzusuchen. Die Nematoden nisten sich in die Tracheen der Käfer ein. Wenn die Käfer zu einem neuen Baum fliegen, um dort ihre Eier abzulegen, gleiten die Nematoden in die frischen Wunden des neuen Baums. Dabei handelt es sich um ein außergewöhnliches Bravourstück, bei dem sich die Nematoden mit den Lebensrhythmen der Käfer koordinieren müssen.6 Will man sich mit einem solchen Koordinierungsnetz vertraut machen, reichen Uexkülls Blasenwelten nicht aus.
Zwar beschäftige ich mich hier mit Nematoden, den Matsutake habe ich jedoch nicht aus den Augen verloren. Einer der Hauptgründe für das seltene Vorkommen von Matsutake in Japan ist das Kiefernsterben, das aus dem Verhalten der Kiefernholznematoden resultiert. So wie Walfänger auf der Jagd nach Walen sind, sind unsere Nematoden auf der Jagd nach Kiefern, die sie samt ihren Pilzbegleitern töten. Nematoden haben ihr Leben jedoch nicht seit jeher auf diese Weise bestritten. Wie es auf Walfänger und Wale zutrifft, wurden auch Nematoden nur durch die Unwägbarkeiten der Zeiten und Umstände zu Kiefernkillern. Ihre Reise in die japanische Geschichte ist so außergewöhnlich wie die Koordinierungsnetze, die sie weben.
Der Kiefernholznematode richtet an amerikanischen Kiefernarten, die sich zusammen mit ihm entwickelten, nur geringen Schaden an. Zu tödlichen Baumschädlingen wurden die Fadenwürmer erst, als sie nach Asien importiert wurden, wo die Kiefern sich nicht gegen sie wehren konnten und verwundbar waren. Ökologen haben diesen Vorgang erstaunlicherweise ziemlich präzise nachzeichnen können. Die ersten Nematoden wurden im ersten Jahrzehnt des zwanzigsten Jahrhunderts im Hafen von Nagasaki aus amerikanischen Schiffen, wo sie mit der amerikanischen Kiefer ankamen, entladen.7 Im Zuge der Industrialisierung Japans, in der die Eliten begierig nach Rohstoffen aus aller Welt suchten, war auch Holz zu einer wichtigen Ressource geworden. Mit ihm kamen auch zahlreiche ungeladene Gäste ins Land. Bald nach seiner Ankunft wanderte der Kiefernholznematode mit heimischen Langhornbockkäfern weiter ins Land. Ausgehend von Nagasaki kann seine Verbreitung in konzentrischen Kreisen verfolgt werden. Mit dem heimischen Langhornbock als Vehikel veränderte der Nematode aus Übersee die japanische Waldlandschaft.
Solange die Lebensbedingungen gut sind, wird eine befallene Kiefer nicht unbedingt absterben, und diese vage Bedrohung hat auch den kollateral betroffenen Matsutake noch nicht völlig den Garaus gemacht. Kiefern jedoch, die durch verdichtete Wälder, Lichtmangel und zu viel Bodendüngung unter Stress stehen, sind für die Fadenwürmer eine leichte Beute. Immergrüne Laubbäume überwachsen und verschatten die japanischen Kiefern. Manchmal setzt sich Bläuepilz in Verletzungen der Nadelbäume und ernährt die Nematoden.8 Zudem unterstützen die wärmeren Temperaturen des menschengemachten Klimawandels ihre Verbreitung.9 Viele Geschichten laufen hier zusammen. Sie ziehen uns aus den Blasenwelten hinaus in die wechselhaften Kaskaden des Zusammenwirkens und der Komplexität. Die Lebensgrundlagen des Fadenwurms – und die der Kiefer, die er angreift, und des Pilzes, der sie zu retten versucht – werden, da sich Gelegenheiten bieten und alte Talente neu greifen, innerhalb instabiler Gefüge verbessert. Mitten in dem Getümmel all dieser Geschichten betritt der Matsutake die Bühne: Sein Schicksal hängt von der Stärkung oder Schwächung der uexküllschen Geschicklichkeit der Kiefernholznematoden ab.
Indem ich anhand der Wanderungen der Nematoden den Matsutake folge, kann ich, diesmal mit drei Thesen, zu meiner Frage zurückkommen: Wie die Abenteuer von Landschaften erzählen? Erstens, anstatt unsere Analysen auf jeweils ein Geschöpf (den Menschen eingeschlossen) oder gar nur eine Beziehung zu beschränken, sollten wir, wenn wir wissen möchten, was einen Ort lebenswert macht, die polyfonen Gefüge, das Zusammentreffen verschiedener Lebensweisen studieren. Gefüge sind Darbietungen von Lebensoptionen. Matsutake-Geschichten ziehen uns in Kiefern- und Nematoden-Geschichten hinein. Dort, wo sie sich miteinander koordinieren, schaffen sie lebenswerte – oder tödliche – Situationen.
Zweitens, artenspezifische Geschicklichkeit wird in der Koordinierungsarbeit der Gefüge geschärft. Uexküll ist auf der richtigen Spur, wenn er feststellt, dass selbst die bescheidensten Geschöpfe an der Welterzeugung teilhaben. Um seine Einsichten zu erweitern, müssen wir artenübergreifenden Feinabstimmungen folgen, in denen jeder Organismus zu seiner vollen Entfaltung kommt. Der Matsutake ist nichts ohne die Rhythmen des Matsutake-Waldes.
Drittens, Koordinierungen entstehen und vergehen durch die Zufälligkeiten des geschichtlichen Wandels. Ob Matsutake und Kiefern in Japan weiterhin zusammenwirken können, hängt zum großen Teil von anderen Fügungen ab, die durch die Ankunft der Kiefernholznematoden in Gang gesetzt wurden.
Um all dies zusammenzuführen, dürfte es hilfreich sein, noch einmal die in Kapitel 1 erwähnte polyfone Musik in Erinnerung zu rufen. Um die Polyfonie im Gegensatz zu den vereinheitlichten Harmonien und Rhythmen von Rock, Pop oder klassischer Musik schätzen zu können, muss man sowohl auf die einzelnen Melodielinien als auch auf ihr Zusammentreffen in Momenten unerwarteter Harmonie oder Dissonanz hören. Auf ähnliche Weise muss man sich, um ein Gefüge würdigen zu können, seinen einzelnen Seinsweisen widmen und zugleich beobachten, wie diese sich in sporadischen, aber folgerichtigen Begegnungen koordinieren. Im Gegensatz zu der Vorhersagbarkeit eines notierten Musikstücks, das immer wieder von Neuem gespielt werden kann, verschiebt sich die Polyfonie des Gefüges, wenn sich seine Bedingungen ändern. Zu einer solchen Hörpraxis versucht der vorliegende Abschnitt des Buches anzuregen.
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