Psychische Gewalt auf der Eltern-Kind-Ebene

Eine tiefere Betrachtung der Auswirkungen familiären Mobbings

Viktoria Schuhmacher

• Verlag: Books on Demand
• Jahr: 2016
• eBook-ISBN: 9783741263712
• Auflage: 1
• Thema: Politik & Internationale Beziehungen
• Thema: Politik

Psychische Gewalt in Familien wird in unserer Gesellschaft gerne mit "strenger Erziehung" verwechselt. Psychische Gewalt in Familien passiert leise, hinterlässt keine sichtbaren Narben und ist somit nur sehr schwer zu bemerken und aufzudecken. Psychische Gewalt wird eher in höheren sozialen Schichten angewandt, von Menschen, die sexuelle und körperliche Gewalt deutlich ablehnen. Somit ist es für die Opfer umso schwieriger, ihre Erlebnisse als Gewaltform zu identifizieren, da für sie der Gewaltbegriff mit "Schlägen" oder "Missbrauch" gleichgesetzt ist.Das Buch "Psychische Gewalt auf der Eltern-Kind-Ebene" stellt die langfristigen psychischen Folgen dar, mit denen das Opfer sich als Erwachsener arrangieren muss, um weiterhin ein aktiver Teil der Gesellschaft sein zu können. Ebenso werden verschiedene Hilfsmöglichkeiten genauer beleuchtet. Das Buch soll dem Leser dabei helfen, ein Bewusstsein über die Existenz und die Auswirkungen psychischer Gewalt zu entwickeln. Es soll zu einem sensibleren Hinhören im Umgang mit Betroffenen befähigen und das Handlungsspektrum mit Kindern und Jugendlichen als mittelbar oder unmittelbar Betroffene erweitern.

Psychische Auswirkungen und Langzeitfolgen

Leider hat es sich in unserem (Umgangs-)Sprachgebrauch eingebürgert, dass leichthin gesagt wird: "Er ist psychisch krank", um auszudrücken, dass dieser Mensch an einer Depression oder einer anderen Erkrankung leidet. Diese Ausdrucksweise ist nicht korrekt. Nehmen wir als Beispiel den Begriff Demenz, um eine korrekte Ausdrucksweise darzustellen:

Alzheimer ist eine dementielle Erkrankung.

ABER: Nicht jeder, der dement ist, hat Alzheimer!

Da wir sauber mit den Begrifflichkeiten arbeiten müssen, um die Unterschiede auf das (Alltags-)Leben besser darstellen zu können, setze ich für dieses Kapitel folgende Begriffsdefinitionen fest:

Begriff	Beschreibung
psychisch krank	die Psyche hat Grippe
psychische Erkrankung	z.B. Depression
psychosomatische Erkrankung	Die Psyche äußert ihre Probleme über körperliche Beschwerden, für die keine adäquate somatische Ursache gefunden werden kann. Alte Weisheiten, wie beispielsweise die Last auf den Schultern tragen, deuten auf den Kern des Problems hin.

Symptomatik einer kranken Psyche (psychisch krank)

Die Realität kann von der Psyche nicht korrekt verarbeitet und abgeglichen werden, da meistens Vergleichsbeispiele fehlen (in diesem Fall das intensive Hineinschnuppern in andere Familien, wie dort miteinander umgegangen wird). Durch falsch erlernte Verhaltensmuster und Rückmeldungen wird eine eigene Realität entwickelt, die hauptsächlich darauf basiert, dass der Betroffene etwas falsch gemacht hat. Somit hat er große Schwierigkeiten damit, Grenzen zu setzen, wenn er nicht korrekt behandelt wird. Konfrontationen mit bestimmten Menschen oder Situationen werden vermieden.

Die nachfolgend aufgeführten Auswirkungen sind nicht als wissenschaftliche Ausarbeitung zu verstehen. Sie sind das Ergebnis eines Workshops, der während der Entstehungsphase meines Buches mit mir durchgeführt wurde. Der Vollständigkeit halber wurde das Ergebnis mit Annas Erleben und Sichtweise ergänzt. Somit sind die Auswirkungen keinesfalls als repräsentativ zu werten. Sie sollen Ihnen einen kleinen Einblick ermöglichen, wie sich Opfer psychischer Gewalt fühlen und mit welchen Hindernissen sie tagtäglich zu kämpfen haben. Gehen Sie aber davon aus, dass sich Opfer körperlicher oder sexueller Gewalt in diesen Äußerungen wiederfinden werden.

Die Auswirkungen wurden von Anna und mir in der Reihenfolge geordnet, wie sie uns unserem Empfinden nach in unserem (Alltags-)Leben am meisten beeinträchtigen.

• Vertrauensverlust/mangelndes Selbstbewusstsein: Es kommt zu einem kompletten Vertrauensverlust selbst in langjährige Freunde. Meine Psyche beispielsweise unterscheidet Männer in "altes" und "neues" Leben. Männer sind bei mir grundsätzlich negativ besetzt, somit werden die aus meinem "alten" Leben als Ansprechpartner sofort verworfen (auch mein bester Freund aus Schultagen). Wenn Vertrauen zu einem Mann aufgebaut wird (entweder als potentieller neuer Partner oder auch nur der nette Nachbar, der die Katze füttert), entsteht aus dem Bedürfnis der Anerkennung/des Geliebt-werden-Wollens heraus der extreme Wunsch nach einer "Bedienungsanleitung", um sich so verhalten zu können, wie der Mann es sich wünscht. In der Partnerschaft fungiert der Partner als "Strohhalm" und muss Entscheidungen treffen, die selbst nicht getroffen werden können, da sich der Betroffene nicht zutraut, eine richtige/erwünschte Entscheidung treffen zu können (z.B. Altkleider aussortieren).

• Kontrollzwang: Anna und ich leiden unter einem 200-prozentigen Perfektionismus. Wenn andere Menschen sich lobend über etwas äußern, was wir organisiert haben, verstehen wir nicht, was sie beeindruckt hat. Über Anerkennung können wir uns nicht freuen und tun diese mit einem Schulterzucken ab, was wiederum unsere Umwelt eventuell verstimmt. Sollten wir in unserem Perfektionismus etwas nachlässig werden und fällt das Ergebnis somit negativ aus, machen wir uns Vorwürfe, dass wir in unserem Perfektionismus nachgelassen haben. Als Beispiel: Anna wurde einmal bei einer Ebay-Auktion um ihr Geld betrogen. Sie überwies und die Ware kam nicht an. Sie erstattete Strafanzeige und konnte feststellen, dass sie wirklich auf jemanden mit hoher krimineller Energie hereingefallen war, gegen den bereits mehrere Anzeigen liefen. Dennoch quälte sie sich monatelang mit schweren Vorwürfen, dass sie dem System Ebay vertraut und keine andere Möglichkeit der Übergabe gesucht hatte, z.B. das Geld einer Vertrauensperson überweisen, die die Ware persönlich abholt.

• Positive Gefühle können nicht verarbeitet werden: Anna und ich fühlen uns emotional regelrecht amputiert und haben große Schwierigkeiten damit, etwas Schönes zu genießen. Anna wäscht lieber die Wäsche, als sich in Ruhe hinzusetzen und den Sonnenaufgang zu genießen, weil sie sonst das Gefühl hat, faul zu sein. Ich selbst bekomme immer noch depressive Schübe, wenn etwas Positives passiert, z.B. etwas beruflich Wegweisendes oder einfach nur ein schöner Abend mit Freundinnen.

• Gestaltung des eigenen Lebens: Anna hat Angst davor, dass ihr Leben von ihrem Vater torpediert und beeinträchtigt werden könnte. Deswegen hat sie nach dem Tod der Mutter nicht ihren Pflichtteil eingefordert, sondern ließ über Dritte die Stücke, die sie haben wollte, bei Ebay zurück kaufen. Im Gegensatz dazu habe ich Angst davor, dass ich mein Leben, so wie ich es lebe, so nicht leben darf, da es mir von meinen Eltern nicht erlaubt wurde.

• Kein unbefangener Umgang mit den Mitmenschen: Anna und ich sind auf Partys eher die "Spaßbremsen". Wir haben erhebliche Schwierigkeiten damit, mit neuen Menschen unbefangen umzugehen und mit ihnen "warm" zu werden. Smalltalk empfinden wir als Zeitvers...

Inhaltsverzeichnis

• Widmung
• Vorgeschichte
• Einleitung
• Ab wann ist strenge Erziehung psychische Gewalt?
• Fallbeispiele
• Psychische Auswirkungen und Langzeitfolgen
• Hilfsmöglichkeiten für die Opfer
• Quellennachweis
• Impressum