Ernst Bloch: Das Prinzip Hoffnung
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Ernst Bloch: Das Prinzip Hoffnung

Rainer E. Zimmermann, Rainer E. Zimmermann

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Ernst Bloch: Das Prinzip Hoffnung

Rainer E. Zimmermann, Rainer E. Zimmermann

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Ernst Blochs frühes Hauptwerk ist dem schwierigen Verhältnis von offener materialistischer Philosophie und geschlossenem Systemansatz gewidmet und ringt dabei mit der idealistischen Metaphysik ebenso wie mit der Existenzphilosophie. Der vorliegende Band erschließt Das Prinzip Hoffnung auf dem neuesten Stand der Debatte und macht seine ungebrochene Aktualität für ein breites akademisches Publikum zugänglich.

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Información

Editorial
De Gruyter
Año
2016
ISBN
9783110391459
Edición
1
Categoría
Philosophie
Rainer E. Zimmermann

1Einleitung: Wir fangen leer an

Bloch lässt jene Leere systematisch in der frühesten Kindheit beginnen und formuliert am Anfang seines ersten Hauptwerkes Das Prinzip Hoffnung, gleich hinter dem Vorwort: „Ich rege mich. Von früh auf sucht man. Ist ganz und gar begehrlich, schreit. Hat nicht, was man will.“ (PH 21) Es ist sicherlich korrekt, in diesem Sinne zu sagen, dass „das Begehren […] gewiß viel älter [ist] als das Vorstellen des Etwas, das begehrt wird.“ (PH 50)
Gleichwohl ist diese Leere immer schon relativ: Für die früheste Kindheit mag sie von geradezu universeller Kontinuität sein, vor allem mit Blick auf das kindliche Interesse, welches sich gleichermaßen auf alles richtet, was es wahrzunehmen gibt. Freilich nicht auf die philosophische Reflexion. Denn es ist gerade jene Gleichverteilung des Interesses, die noch nicht diskriminiert. Beginnt aber schließlich die diskriminierende Differenzierung zu wirken, dann beginnt auch die Reflexion. Deren Voraussetzung aber ist in erster Linie die Ausbildung der Sprache, und diese wiederum geschieht hauptsächlich durch die Lektüre, erst in zweiter Hinsicht durch das Gespräch. Präziser: Sie geschieht durch die versuchte Anwendung des Gelesenen im Rahmen des herrschenden Diskurses.
Für Bloch selbst hat dieser Vorgang wahrscheinlich vergleichsweise früh, jedenfalls noch auf der Schule, stattgefunden. Der erste Biograph Blochs, Peter Zudeick, stützt diese Vermutung durch das, was er aus der Überlieferung berichtet: Er datiert die ersten Besuche Blochs in der Mannheimer Schlossbibliothek auf das 15. Lebensjahr, also etwa auf die Zeit von 1900. Er benennt die von Bloch gelesenen Philosophen und betont die Textpräsenz, die bis in das Auswendigzitieren ganzer Bücher hineinreicht, von Bloch noch später, im fortgeschrittenen Alter, demonstriert. (Zudeick, 1987, 17) Aber schon zuvor, vielleicht bereits im Alter von 11 Jahren, geht Bloch daran, kleine Aufsätze mit beachtenswerten Titeln zu verfassen, die seine Neigung zu Grundsätzlichem belegen – sei es, dass er über das seinem physikalischen Interesse geschuldete Thema der „Verhütung von Dampfkesselexplosionen“ schreibt oder über das „Weltall im Lichte des Atheismus“. (Zudeick, 1987, 18)
Im Grunde klingt das alles ganz authentisch und belegt die auf dem Gymnasium durchaus verbreitete Tradition von „Eigendünkel und Selbstüberschätzung“, wie es die Schule Bloch auch schriftlich bescheinigt. (Zudeick, 1987, 21) Sie geht aber allemal einher mit einer Aneignung der literarischen Diktion. Auch, wenn Bloch später in der eigenen Schilderung etwas übertrieben und geschönt haben sollte, zum Beispiel, seinen Briefwechsel mit bekannten Philosophen wie Windelband betreffend. (Die Debatte über das „Gedenkbuch für Elsa von Stritzky“ (TLU 11–50) hat uns gezeigt, dass bei Bloch mitunter eine konkrete Diskrepanz zwischen dem objektiven Verlauf und der subjektiven Beurteilung im Nachhinein unterstellt werden muss.) Aber der uns heute noch zur Verfügung stehende Brief an Ernst Mach vom 1. August 1903 (Bloch, 1985, I, 19–23), verfasst also nur wenige Wochen nach seiner Abiturprüfung, belegt uns doch ganz deutlich – unabhängig davon, wie diese Korrespondenz aufgenommen worden sein mag oder ob wir heute darin Nützliches oder weniger Nützliches erkennen – ein großes Maß an Lektürekenntnissen und bereits praktizierter Gedankenarbeit. Und diese letztere muss sich offensichtlich auf ein breites Spektrum von Interessen gerichtet haben, das den bekannten, oft zitierten Rahmen zwischen den Polen Karl Marx und Karl May aufzuspannen imstande war. Dabei wird stets ein äußerst intensives Engagement für das jeweilige Thema deutlich. Und im Grunde hat Bloch diese Attitüde zeit seines langen Lebens nicht mehr verlassen, obwohl sie noch in der Dissertation von 1908 (Bloch, 2010) – immerhin der Zeit gemäß bereits im Alter von 23 Jahren verfasst – weitestgehend überdeckt wird durch den geforderten strengen Stil der philosophischen Texte. (Es entbehrt nicht einiger Kuriosität, dass die Originalschrift von 80 Druckseiten heute im Internet für 1500 Euro angeboten wird.)
Oftmals erwähnt, immer aber nur sehr kurz zitiert, wird ein Aufsatz, den Bloch noch lange vor dem Schulabschluss geschrieben haben soll: „Über die Kraft und ihr Wesen“ – datiert auf 1902. Angeblich war die Publikation vorgesehen, soll aber wegen eines Formfehlers nicht zustande gekommen sein. (Offenbar hatte Bloch es versäumt, die Schule um das Imprimatur zu bitten.) Weil das Manuskript anscheinend nicht mehr vorliegt, wird in der Regel nur eine kurze Passage zitiert, die aber, nicht nur wegen der thematischen Nähe zu späteren Arbeiten, ein helles Licht auf die Formulierungsgewalt des jungen Bloch zu werfen geeignet ist:
Unsere Philosophie der Kraft löst nicht nur alle Stoffe und Elemente in Energie auf wie die Naturwissenschaft, deutet nicht nur das Ding an sich als energetischen, allgemeinen Willen, der gleichsam seinen Beruf verfehlt hat, ziellos in sich und seine Kreise zurückfließt: sondern das Wesen der Welt ist Drang und Kraft zur Gestaltung, zum aufgeschlagenen Geheimnis des Lebens an jeder Stelle; das Ding an sich ist die objektive Phantasie. (PA 115)
Man muss nicht allzu viel guten Willen mitbringen, um in dieser Passage zumindest die Beherrschung der gängigen Terminologie zu erkennen, wie sie sich auch in dem besagten Brief an Ernst Mach niederschlägt. Es ist nicht weiter überraschend, dass diese Terminologie noch wesentlich einer neukantianischen Grundhaltung entstammt, denn das ist zu jener Zeit die vorherrschende Diskursform der Philosophie. Es ist auch nicht weiter schwierig, den zentralen Begriff hier (objektive Phantasie) bereits als einen Vorschein des späteren Werkes zu sehen. Es wird ja künftig auch einen Sammelband mit philosophischen Aufsätzen unter diesem Titel geben. Ein ähnliches Fragment ist auf 1907 datiert und fällt in die Zeit der Promotion:
Auf das Ganze des zur Frage Stehenden bezogen muß man dann das Problem aller Probleme aufwerfen: Ist der Mensch Frage und die Welt Antwort, oder ist die Welt Frage und der Mensch Antwort? Immerhin: die Frage nach der Frage führt zu der Einsicht, daß das Problemstellen selber ein Problem enthält und daß statt der Kunst des Antwortens die Kunst eines antreffenden Fragens anstünde. Grundschule des Philosophierens wäre dann, statt der Logik und in ihr, die Problematik. (TLU 53)
Dieses Thema wird Bloch nicht nur lange beschäftigen, sondern er wird es auch zur Ziellinie seines ganzen Ansatzes ausbauen. In seinem Buch zum Materialismusproblem nämlich, dessen Entwicklung ebenfalls (wie jene des noch späteren Hauptwerkes Experimentum Mundi) bis in die dreißiger Jahre zurückreicht, wird es als Grundfragestellung pointiert aufgenommen:
Neuer Materialismus wäre also einer dieses gärenden und offenen Experimental-Inhalts, damit einer, der sich nicht nur auf den Menschen als Frage und die Welt als ausstehende Antwort, sondern vor allem auch auf die Welt als Frage und den Menschen als ausstehende Antwort versteht. (MP 450)
Wir sehen mithin, dass Bloch von der frühesten Zeit an eine Konzeption im Sinn hat, die ihn nicht verlassen und ihn dabei immer mehr vom Neukantianismus fortführen und zum dialektischen Materialismus hinführen wird. Ausführlich ist bereits vor einiger Zeit Doris Zeilinger auf diese „Leitfrage“ der Blochschen Konzeption eingegangen. (Zeilinger, 2003, 30–47. – Man sehe auch Zimmermann, 2001, Nr. 82 im Brevier, 242)
Andererseits – und das ist es wohl, was Bloch aus der Schulzeit noch ins spätere Leben hineinzuretten vermag – gibt es von Beginn an einen allumfassenden Ausgriff auf das „große Ganze“, der weder eine philosophische Disziplin noch eine Naturwissenschaft, aber auch nicht die Trivialliteratur oder die Kolportage scheut, wenn es darum geht, einen Gedanken zu exemplifizieren. Oftmals geht diese enzyklopädische Neigung bei jungen Philosophen verloren, wenn sie sich ersteinmal in den zermürbenden Alltag der Hochschulroutinen begeben haben. Bloch aber entwickelt sein Denken wesentlich allein, außerhalb des Hochschuldiskurses.
Am besten erhellt wohl ein Zitat aus Blochs frühem Nietzsche-Aufsatz den Sachverhalt, wesentlich auf den Prophetie-Gehalt des Nietzscheschen Werkes bezogen:
Nur die Richtung zur gänzlichen Bejahung des Lebens ist bedeutungsvoll. Diese lebensfreudige Weltanschauung sollte durch Verkündigung des unendlichen Rechts alles Ursprünglichen, Eigenen, Echten, Starken geschaffen werden. […] Von hier aus geht der Weg zu einer neuen Philosophie der Kultur: zu einem durch genaue Erforschung und Vertiefung des Selbst ermöglichten und eroberten Standpunkt der vollkommenen Autonomie. (Zitiert nach Zudeick, 1987, 30)
Viele Anliegen Blochs treffen hier aufeinander, unter anderem die oben bereits erwähnten. Freilich deutet auch der verbale Überschwang (durchaus dem Diskurs jener Zeit geschuldet) auf einen besonderen Selbstbezug, der vor allem um den Begriff der „Autonomie“ kreist. Im Übrigen gewinnt auch die Bezeichnung „Philosophie der Kultur“ an vorausweisender Bedeutung.
Was den Hochschulbetrieb angeht, so war Bloch unter dieser Perspektive nicht gut gerüstet, um irgendeinen Aufstieg zu erreichen: Sind seine abfälligen Äußerungen über den Lehrbetrieb in München und Würzburg noch nicht allzu ernst zu nehmen – zumal er ja einer Mischung aus Ernsthaftigkeit und Muße zu eigenen Gedanken ausgesetzt ist, die ihm eine schnelle Promotion ermöglicht – ist doch seine Entscheidung, anschließend zu Simmel nach Berlin zu gehen, bereits prägend. Denn so attraktiv die Lehrveranstaltungen Simmels für die Jugend auch sind, Simmel selbst ist an der Universität nur mit Schwierigkeiten etabliert und bezahlt sein „enzyklopädisches Wissen“ mit der Ablehnung der meisten Kollegen. (Zudeick, 1987, 35) Zudeick zitiert hierzu an gleicher Stelle Ludwig Marcuse:
Als ich Simmel denken sah und denken hörte, begann ich – nicht ein Gelehrter zu werden, sondern ein Denkender. […] An der äußersten Kante des Katheders stehend, mit einem spitzen Bleistift sich in irgendeine Unzulänglichkeit einbohrend, von Rembrandt und Stefan George und dem Geld und der Ästhetik des Henkels sprechend, setzte der zarte, behende, mausfarbene Mann etwas in Gang, was nie wieder zum Stillstand kam […]: das grenzenlose Fort und Fort des Einsehens – auch in das, was es mit dem Einsehen auf sich hat.
Streng genommen sehen wir hier bereits den späteren Ernst Bloch vorweggenommen – sowohl, was den Habitus des akademischen Vorgehens betrifft, als auch hinsichtlich der vielfältigen Inhalte, die sein Werk durchziehen. Das wird ihn freilich nicht daran hindern, ein Zerwürfnis zu forcieren (angeblich wegen eines Streits mit Margarete Susman – damals noch Bendemann – bei welchem Simmel diese eher als Bloch unterstützte) und Berlin alsbald wieder zu verlassen, um (auf Umwegen) nach Heidelberg zu gehen, wo er sich Ende 1911 einfindet. (Zudeick, 1987, 38–39) Die Vermutung ist nicht ganz von der Hand zu weisen, dass die Atmosphäre im Umkreis Simmels wohl auch zu einer vorübergehenden (intellektuellen) Ermüdung Blochs beigetragen hatte.
Zu jener Zeit ist Bloch bereits mit Lukács bekannt und pflegt einen regen Briefwechsel. Der erste überlieferte Brief an Lukács stammt vom 22. April 1910 und ist im Café „Prinz Ludwig“ in Ludwigshafen verfasst. In diesem Brief wird auch bereits auf das Blochsche Projekt eines mehrbändigen Philosophiesystems angespielt. Im Laufe des Jahres 1911 wird Bloch darauf mehrfach eingehen.
Und er hat auch bereits seine zentrale philosophische Idee expliziert, wenn auch noch im Anfangsstadium befindlich: das Nocht-Nicht-Bewußte, das ihn wohl schon seit 1908 umtreibt. Man muss aber auch klar sehen, dass sich in dieser Zeit (also wohl nach dem Verlassen Berlins) die akademische Arbeitslosigkeit ankündigt. Bloch beginnt damit, sich – wenn auch mit ironischem Habitus – nach einer Ehefrau aus reichem Hause umzusehen. Mit Lukács arbeitet er inzwischen eng und freundschaftlich zusammen. Im philosophischen Salon Max Webers treten sie beide recht auffällig in Erscheinung. Weil aber Bloch offenbar sein Selbstbild noch nicht überarbeitet hat, bleibt für ihn der Erfolg in dieser Runde eher aus. (Zudeick, 1987, 45–46.)
Gleichwohl ist Bloch in Heidelberg sehr produktiv, was seine Schriften angeht. Aber seine Versuche, eine Habilitation zu erreichen, scheitern, und er ist nach wie vor auf die finanzielle Unterstützung seiner Eltern (und auch seiner Freunde) angewiesen. Er heiratet schließlich Elsa von Stritzky. Aber kurz darauf kommt es zum großen Bruch im mehrfachen Wortsinne: der erste Weltkrieg bricht aus, und zeitweise verbringt das Ehepaar Bloch die Zeit im schweizerischen Exil. Trotz der Umstände erscheint 1918 zum ersten Mal Geist der Utopie, ein Werk, das ihn mit einem Schlag bekannt macht – nicht das System, das Bloch lange angekündigt hatte, eher ein „Anti-System“, aber er ist im Grunde doch immer noch dem treugeblieben, was er seit der Studienzeit und seit der Berliner Zeit als Habitus angenommen hatte: einem enzyklopädischen, kulturphilosophischen Panorama.
Der Bruch in der Biographie wird für Bloch charakteristisch werden: Nach einer durchaus unruhigen Zeit der Weimarer Republik (auch von persönlichen Umbrüchen geprägt: seine erste Frau verstirbt, es folgt eine wenig erfolgreiche zweite Ehe, er lernt seine spätere dritte Ehefrau Karola kennen, eine Freundin bekommt eine Tochter von ihm) wird er das im vorliegenden Sammelband in Frage stehende Hauptwerk Das Prinzip Hoffnung bereits im zweiten, dieses Mal amerikanischen, Exil verfassen. Buchstäblich im letzten Augenblick gelingt ihm die Flucht, schon 1933, gemeinsam mit Karola. Sein Sohn Jan Robert wird 1937 in Prag geboren. Im Jahr 1938 sind alle sicher in den USA. Bis zu diesem Zeitpunkt ist der Thomas Münzer erschienen (1921), die Neuausgabe von Geist der Utopie (1923), die Spuren (1930) und Erbschaft dieser Zeit (1935).
Von 1941 bis 1949 wird die Familie in Cambridge (Massachusetts) wohnen. In dieser Zeit schreibt Bloch am Prinzip Hoffnung, von dem er einen kurzen Auszug 1946 unter dem Titel „Freiheit und Ordnung“ in New York vorab veröffentlicht. Schließlich wird Bloch 1949, im Alter von 64 Jahren, auf den Lehrstuhl für Philosophie an der Universität Leipzig berufen, aber die ersten beiden Bände von Prinzip Hoffnung erscheinen erst 1954 und 1955 in der DDR.
Es kann nicht ausbleiben, dass dieses allseits bekannte Hauptwerk Blochs eben gerade jenen Habitus widerspiegelt, den er sich in seiner Jugend angeeignet und auch unter dem Druck der historischen Ereignisse nicht mehr abgelegt hatte: Die Attribute „enzyklopädisch“ und „kulturphilosophisch“ treffen auf dieses Werk wohl noch mehr zu als auf andere Werke Blochs. Zudem bedingt die langjährige Isolation auch einen explizit autodidaktischen Habitus, welcher eher der spontanen Assoziation ausgewählter Themen verbunden ist, dem aktuellen Interesse geschuldet und der persönlichen Lektüre zu verdanken, als der intensiven, systematischen und auf relevanten Konsistenzbezug pochenden Durchdringung von miteinander verbundenen Themenkomplexen. Mit Blick auf die neukantianisch geprägte Fachliteratur seiner Zeit, aber auch auf die gegenwärtig noch verbreitete philosophische Fachliteratur nimmt sich Das Prinzip Hoffnung daher eher merkwürdig und ungebräuchlich aus. Allerdings müssen hierbei verschiedene Aspekte in Rechnung gestellt werden.
Zum einen gehört das Werk gattungstechnisch den Arbeiten aus dem Umfeld der „Lebensphilosophie“ an, die durchaus bereits von Simmel deutlich auf den Weg gebracht worden ist und oftmals die Fachgrenze zur Soziologie ebenso überschreitet wie zu den Künsten und den übrigen Wissenschaften. Zum anderen hat es einen wesentlich existentialistisch geprägten Hintergrund, der vor allem deshalb interessant ist, weil das Blochsche Werk zwar Bezüge zur frühen Philosophie Heideggers aufweist, diese aber vergleichsweise unsystematisch reflektiert werden. Darüber hinaus ist eine unmittelbare Rezeption der ersten Bewegungen des französischen Existentialismus für Bloch weitestgehend auszuschließen. (Man sehe hierzu im Detail Zimmermann, Grün (Hg.), 1999.) Gleichwohl teilt das Blochsche Werk mit den Schriften speziell Jean-Paul Sartres die auf das umfassende Ganze ausgreifende Diktion, die auch das Triviale nicht scheut, die aber vor allem auf die Erfassung der konkreten Praxis ausgerichtet ist. Im methodischen Hintergrund steht deshalb eine geradezu empirische Grundhaltung zur philosophischen Reflexion. Es ist nicht weiter verwunderlich, dass deshalb jene Fachliteratur, die vor allem auf Philosophiegeschichte eher ausgerichtet ist als auf das konkrete, selbständige Philosophieren, wie im deutschen Sprachraum oftmals für den Hochschulbetrieb die Regel, hiermit nicht kompatibel erscheint. Es gilt aber zu bedenken, dass nur im wagemutigen Ausprobieren des Denkmöglichen allein die produktive Wurzel für die erfolgreiche philosophische Reflexion aufzufinden ist. Philosophen, denen in diesem Sinne der „große Wurf“ gelungen ist, sind in Deutschland aber (was das zwanzigste Jahrhundert angeht) vergleichsweise selten geblieben – anders als in Frankreich zum Beispiel.
In diesem Sinne haben wir im Vorliegenden versucht, diesen Blochschen Habitus deutlich herauszuarbeiten. Die offensichtliche Heterogenität der Themen verlangt mithin nach einer entsprechenden Heterogenität der Textsorten. Nicht nur im Prinzip Hoffnung kommt dieser Umstand zum Ausdruck, sondern eben auch in den Kommentaren, die hier zu den einzelnen Kapiteln dieses Werkes versammelt sind. Das hat auch da...

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