Deutsch in Luxemburg
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Deutsch in Luxemburg

Positionen, Funktionen und Bewertungen der deutschen Sprache

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Deutsch in Luxemburg

Positionen, Funktionen und Bewertungen der deutschen Sprache

About this book

Aus Sicht der Gesetzgebung ist Luxemburg ein dreisprachiges Land. LĂ«tzebuergesch ist die Nationalsprache, doch Französisch und Deutsch ĂŒbernehmen seit jeher wichtige Funktionen. Dieser Band untersucht erstmals systematisch die deutsche Sprache in Luxemburg. Er beschreibt das Sprachwissen und Sprachhandeln der heterogenen Luxemburger Gesellschaft und gewĂ€hrt den Lesern einen tiefen Einblick in den Stellenwert, die Funktionen und die Bewertung des Deutschen in Bereichen wie "Bildung", "Medien", "Integration", "Sprachpolitik", "Literatur" und "Werbung".

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Fußnoten

I. Einleitung

Hubertus von Morr war von 2006 bis 2012 Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Luxemburg.
S. a. Exkurs: ‚ErlĂ€uterungen zu Bourdieus Habitus- und Feldbegriff’ in Kapitel III.

1 Entwicklung der luxemburgischen Mehrsprachigkeit

Der historische Abriss ist stark verkĂŒrzt und orientiert sich an Hoffmann (1979), Davis (1994) und Bruch (1953).
Graf Heinrich der Blinde (auch Graf von Namur) erbte nach dem Tod seines Vetters Graf Konrad II. von Luxemburg die Grafschaft Luxemburg sowie die Obervogteien der Abteien Echternach und St. Maximin (vgl. Pauly 2011: 29). Im Jahr 1139 gingen ferner die Grafschaften Namur, Laroche und Durbuy wegen weiterer TodesfĂ€lle ohne direkte Erbfolge in seinen Besitz ĂŒber. Auf diese Weise dehnte sich das luxemburgische Territorium auf das wallonische (Sprach-)Gebiet aus (vgl. Hoffmann 1979: 4; Pauly 2011: 29).
Nach dem spanischen Erbfolgekrieg fielen die deutschsprachigen Gebiete um Diedenhoven, Rodemacher und Sierck an Frankreich (LW15: 18.04.1989). Infolge des Wiener Kongresses verlor Luxemburg Gebiete östlich von Mosel, Sauer und Our an Preußen (vgl. Thewes 2008: 4).
Das KĂŒrzel LW steht fĂŒr Luxemburger Wort. Presseartikel und OnlinebeitrĂ€ge der luxemburgischen Tages- und Wochenzeitungen Luxemburger Wort (LW und Wortonline), Luxemburger Land (LL), Le Jeudi (LJ), LĂ«tzebuerger Journal (Journal), L’essentiel (l’essentiel; l’essentielonline), Point24 (Point24), Tageblatt (Tagebl) und TĂ©lĂ©cran (Telecr) sowie BeitrĂ€ge von RTL Radio LĂ«tzebuerg/RTL.lu (RTL Radio; Rtl.lu) sind Teil des Untersuchungskorpus der Arbeit und werden im Literaturverzeichnis gesondert unter ‚Medienkorpus’ aufgefĂŒhrt. Das KĂŒrzel ‚LW15: 18.04.1989’ bedeutet, dass der Artikel im Luxemburger Wort vom 18.04.1989 auf Seite 15 zu finden ist.
1841 gab es in einem Drittel der Gemeinden keinen PrimĂ€rschulunterricht. Von insgesamt 382 Schulen funktionierten lediglich 176 wĂ€hrend der Wintermonate (vgl. Trausch 2008: 55). Es gab kaum SchĂŒler, die man hĂ€tte auf eine Sekundarschule schicken können.
S. a. Kapitel VIII.
Die zitierten Gesetzestexte sind im Literaturverzeichnis gesondert unter Gesetzestexte aufgefĂŒhrt.
Die Sprachenpolitik der NS-Besatzung und das schwierige VerhÀltnis zur deutschen Sprache nach 1945 werden in Kapitel VIII. behandelt.
S. a. Kapitel VIII.

Soziolinguistische AnsÀtze: Diglossie, Bilingualismus, DomÀne

Ferguson (1959) betonte, dass das VerhĂ€ltnis zwischen Dialekt und StandardvarietĂ€t in vielen diglossischen Sprachsituationen ĂŒber Jahrhunderte hinweg nahezu gleich bleibt (vgl. Fasold 2004: 37). Die Sprachgebrauchsregeln in Luxemburg zeichnen sich ebenfalls zu unterschiedlichen Momenten durch StabilitĂ€t aus.
Er fĂŒhrt aus, dass auch mehreren Sprachen in einer Gesellschaft spezifische Funktionen zugeteilt werden können (vgl. ebd.: 43).
S. a. Timm (2014).

3 Typologisierung von Sprachgruppen

Kloss (1977) schlug nicht ohne Grund vor, anstelle des Terminus der Sprachgemeinschaft, den der Repertoiregemeinschaft zu benutzen. Der Begriff des Sprachrepertoires umfasst PĂŒtz (2004: 226) zufolge: „[
] die Gesamtheit der sprachlichen Möglichkeiten, die einem Sprecher in spezifischen Situationskontexten zur VerfĂŒgung stehen. Diese mit Rollen und Situationen variierende Sprachverwendung setzt die kommunikative Kompetenz voraus, sich mittels stilistischer und dialektaler Sprachmittel situationsadĂ€quat (registerspezifisch [
]) zu verhalten bzw. zu artikulieren.“

EXKURS: Migrationsbewegungen

1875 zĂ€hlte das Land 205158 BĂŒrger, 5895 davon waren AuslĂ€nder. 1880 hatte sich die Zahl der AuslĂ€nder bereits verdoppelt (vgl. Pauly 1985: 11). Über einen Zeitraum von 20 Jahren, von 1890 bis 1910 verdoppelte sie sich erneut, von 17990 im Jahr 1890 auf 39723 im Jahr 1910 (vgl. ebd.; Weides et al. 2003: 8).
Die luxemburgische Regierung verfolgte eine restriktive Immigrationspolitik, die nur Einwanderer zuließ, wenn es die Konjunkturlage erlaubte (vgl. Scuto 2012: 284).
Die Regierung blieb bei ihrer restriktiven Einwanderungspolitik, ließ nur so viele Zuwanderer zu, wie benötigt wurden. Sie bewilligte nur zögerlich die Maßnahmen zugunsten der Bewegungsfreiheit, die auf Ebene der EGKS, EWG und der EU erlassen wurden (vgl. Pauly 2011: 119).
Das Abkommen mit dem ehemaligen Jugoslawien sah, anders als jenes, das mit Portugal geschlossen wurde, nicht vor Familienangehörige nachzuholen (vgl. Scuto 2012: 297).
1950 waren 14 Geldinstitute in Luxemburg ansÀssig, 1970 waren es 37, 1980 111 und im Jahr 2000 209 (vgl. Trausch 2003: 263).

1.1 „Dieses ‚Denken-wie-ĂŒblich‘, wie wir es nennen möchten [
]“

SchĂŒtz (1972: 58).
Einerseits sind die Rezepte Anweisungsschemata: „wer immer ein bestimmtes Resultat erreichen will, muss so verfahren, wie es das Rezept, das fĂŒr diesen speziellen Zweck gilt, angibt“ (SchĂŒtz 1972: 58). Und andererseits sind sie Auslegungsschemata: „wer immer so verfĂ€hrt wie es das spezifische Rezept anzeigt, zielt vermutlich auf das entsprechende Resultat“ (ebd.).

MentalitÀt im Sinne der historischen MentalitÀtsforschung

Da die meisten MentalitĂ€tshistoriker anfangs im Umkreis der Zeitschrift ‚Annales. Économies SociĂ©tĂ©s Civilisations’ publizierten, wird bis heute verkĂŒrzend von der Annales-Schule als GrĂŒndungsstĂ€tte der MentalitĂ€tsgeschichte gesprochen (vgl. Dinzelbacher 1993: XVII).
Im DUDEN Bedeutungswörterbuch findet sich unter MentalitĂ€t: „die einem bestimmten Einzelnen oder einer Gruppe eigene) Art zu denken und zu fĂŒhlen [
]“ (Dudenredaktion 2010: 640). Folgende Beispiele werden fĂŒr den Gebrauch von MentalitĂ€t angefĂŒhrt: „in sĂŒdlichen LĂ€ndern herrscht eine andere MentalitĂ€t; sie kann sich gut in die MentalitĂ€t anderer Menschen einfĂŒhlen.“
Verwiesen sei u.a. auf seinen Beitrag ‚Sprachgeschichte als MentalitĂ€tsgeschichte’ (1995).
Auch Le Goff (1987: 20) sieht Parallelen zur Sozialpsychologie: „Der MentalitĂ€tenhistoriker hat manches mit einem Sozialpsychologen gemein. Begriffe wie Einstellung und Verhalten sind fĂŒr den einen wie fĂŒr den anderen von Wichtigkeit.“
Burke (1986: 439) weist darauf hin, dass der MentalitĂ€tsbegriff nicht synonym mit dem Einstellungsbegriff gebraucht werden kann: „In other words, to assert the existence of a difference in mentalities between two groups is to make a much stronger statement than merely asserting a difference in attitudes.“
Die vorliegende Arbeit unterscheidet zwischen Einstellung und Bewertung. Unter Bewertung werd...

Table of contents

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Vorwort
  6. I. Einleitung
  7. II. Historische Sprachentwicklung und soziolinguistische ErklÀrungsansÀtze
  8. III. Das Wissen der Sprecher – Theoretische Grundlagen
  9. IV. Untersuchungskriterien
  10. V. Der Bildungsdiskurs
  11. VI. Sprachwissen und Immigration
  12. VII. Fremdenfeindliche Tendenzen im Sprachdiskurs
  13. VIII. Sprach(en)politiken und politische Kommunikation
  14. IX. Medien und Sprachwissen
  15. X. Literatursprachen
  16. XI. Sprachwissen in Öffentlichkeitsarbeit und Werbung
  17. XII. Schlussbetrachtung
  18. Literaturverzeichnis
  19. Fußnoten