Europa im Visier der USA
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Europa im Visier der USA

Das Ende der transatlantischen Freundschaft?

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Europa im Visier der USA

Das Ende der transatlantischen Freundschaft?

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Der neue US-Präsident Donald Trump wurde auf einer Welle von "Amerika first!" ins Amt getragen. Begleitet wird er von radikalen Medien im Internet, die den Amerikanern die Folgen von Merkels Flüchtlingspolitik in den wildesten Farben ausmalen. Nun werden Verträge in Frage gestellt, Grenzen neudefiniert und Freund und Feind anders sortiert – vor allem in Europa. Trump, ein international operierender Geschäftsmann, unterstützt rechtspopulistische Parteien, sympathisiert mit Russland und England, die gegen die EU auftreten, und will Importe aus Deutschland, China und Mexiko blockieren. Nicht zum ersten Mal: Ausbrüche von Abschottung und Fremdenfeindlichkeit gab es in Amerika vor beiden Weltkriegen. Für Transatlantiker sind raue Zeiten angebrochen. Aber was bedeutet das für die Bürger? USA-Expertin Eva C. Schweitzer geht dem angespannten Verhältnis zwischenWashington und Europa nach. Faktenreich und kundig zeigt sie, wie der neue US-Präsident die Gräben zwischen Amerika und Europa vertieft unddie Spaltung Europas vorantreibt. Was er tut, wird eklatante Auswirkungen nicht nur auf die europäische, sondern unmittelbar auch auf die deutsche Politik haben. Das Ende der westlichen Wertegemeinschaft steht auf dem Spiel – und Deutschland droht zu einem Gegner der USA zu werden.

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1. Kapitel
Trumps Amerika und die letzten Tage von Europa – Was der neue amerikanische Präsident für uns bedeutet
An einem Abend im September 2014 lud Steve Bannon zu einem festlichen Dinner mit Cocktails in seine Stadtvilla in Wash­ing­ton ein. Die Villa ist ein stattliches Haus aus roten Ziegeln unweit des Gebäudes des Supreme Court gelegen, dem höchsten Gericht der USA. Bannon war damals Chairman der reißerischen, rechtspopulistischen Website Breitbart.com, er tritt für ein Amerika ein, das von Weißen dominiert wird. Bald sollten Breitbart und insbesondere Bannon die Wahlkampagne für Donald Trump unterstützen. Bannon wohnte nicht nur in der Villa, sie diente ihm auch als Büro für die Breitbart-Hauptstadtreporter sowie für Empfänge, zu denen das konservative Wash­ing­ton geladen war.
Ein paar Dutzend Gäste waren gekommen, darunter Jeff Sessions, der republikanische Senator aus Alabama, der heute Trumps Generalstaatsanwalt ist (und ein großer Fan von Breitbart). Der Ehrengast war ein damals in den USA wenig bekannter britischer Konservativer, Nigel Farage. »Die Leute von Breitbart erzählten mir voller Bewunderung, dass Farage der Führer der United Kingdom Independence Party, der UKIP, sei«, schreibt Reid Cherlin, ein Reporter für das Magazin Rolling Stone, der ebenfalls eingeladen war. »Und Farage sei an der Spitze einer Initiative, Großbritannien aus der Europäischen Union zu holen.« Farage stand am Kamin unter einem Ölgemälde und hielt eine flammende Rede, in der er den damaligen britischen Premierminister, David Cameron, »kinnlos und mutlos« nannte. Die amerikanischen Gäste waren begeistert, aber Cherlin fand den Auftritt so irrelevant, dass er nur ein paar lustlose Notizen machte und später die Aufnahme der Rede löschte. Das, weiß er heute, war ein Irrtum.
Weniger als zwei Jahre später war die Abstimmung zum Brexit erfolgreich, und jeder weiß, wer Nigel Farage ist, nämlich eine der treibenden Kräfte hinter dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union. Aber keiner weiß, wie stark Breitbart und amerikanisches Geld darin involviert waren – Geld von reichen Trump-Unterstützern. Einer davon ist Sheldon Adelson, ein ultrakonservativer Milliardär, der in Las Vegas mehrere Casinos betreibt und der die lokale Presse aufgekauft hat, um vor Kritik sicher zu sein. Trumps wichtigster Wahlkampfspender aber ist Robert Mercer, der sowohl Breitbart.com als auch Bannons Dokumentarfilme über konservative Politiker finanziert. Mercer hat auch den Brexit finanziell unterstützt, indem er austrittswilligen Briten, allen voran der Initiative Leave.EU, die Dienste seiner Datenanalysefirma Cambridge Analytica zur Verfügung gestellt hat. Cambridge Analytica erstellt sogenannte psychometrische Profile, Persönlichkeitsprofile, mit deren Hilfe sich erfassen lässt, welche politischen Präferenzen Internetnutzer haben. Dazu werden Online-Umfragen genutzt, Daten in Social Media wie Facebook, Pinterest oder Instagram, Daten von öffentlichen Ämtern, Ärzten und E-Commerce-Anbietern, Mitgliedschaften in Vereinen, Wählerverzeichnisse, Kreditkartenkäufe und Kundendatenbanken. So lassen sich Millionen von Wählern mit quasi individuellen Botschaften gezielt ansprechen.
Farage beschäftigt Leute von Breitbart als Berater; der Pressesprecher von Leave.EU, Jack Montgomery, ist der Büroleiter von Breitbart in London. Am Tag nach der Abstimmung zum Brexit lud Bannon UKIP-Führer Farage in das Londoner Büro von Breitbart zu einem Radioauftritt ein. »Die Europäische Union ist gescheitert«, sagte Farage triumphierend. »Ich freue mich, zu sagen, dass die EU dem Untergang geweiht ist.« Daraufhin Bannon: »Das ist eine großartige Leistung. Ich gratuliere Ihnen!« Das überrascht die nicht, die ihn kennen. »Bannon hasst die EU«, sagte Ben Shapiro, ein früherer Breitbart-Reporter zur Politwebsite Politico. »Er sieht sie als Instrument für die Globalisierung.« Bannon will starke, christliche Nationalstaaten in Europa, in denen es nationalistische Bewegungen gibt. Das werde auch der Einwanderung aus »islamistischen Ländern« nach Europa ein Ende bereiten, glaubt er. Und ähnlich denkt Stephen Miller, ebenfalls ein Berater von Trump, auf den der Reisebann gegen Muslime zurückgeht.
Bannon, der 2016 auf die Empfehlung von Mercer in das Wahlkampfteam von Trump aufrückte, hat auch Trump und Farage miteinander bekanntgemacht. Nun ist Farage gerngesehener Gast im Weißen Haus. Das schreckt die EU auf. »Die EU ist ernsthaft bedroht«, sagte der liberale EU-Parlamentarier Guy Verhofstadt im Januar 2016 in London. Denn Trump hört auf Bannons außenpolitischen Rat. Der Präsident traf sich nicht nur früh und demonstrativ mit der britischen Premierministerin Theresa May, die hinter dem Brexit steht, auch die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen wurde vor der Wahl im Trump Tower gesichtet. Trump engagierte mit Sebastian Gorka einen früheren Berater des ungarischen Präsidenten Viktor Orbán, ebenfalls ein führender Rechtspopulist. Und den russischen Staatschef Wladimir Putin, auch kein EU-Freund, sieht Trump als Bruder im Geiste. Es ist dieser Trump, um den sich Europa und vor allem Deutschland sorgen sollte. Denn Amerika ist wie ein Elefant: Wenn er hustet, zittert der ganze Zoo.
Was Trump von Europa hält, zeigte er bei seiner ersten Reise. Selbst die zurückhaltende Angela Merkel – deren Hand der Präsident bei ihrem Besuch in Wash­ing­ton nicht schütteln wollte – sagte, mit Trump seien die Zeiten vorbei, in denen sich Europa auf Amerika verlassen habe. Trump drängelte sich vor die Kameras, indem er den Präsidenten von Montenegro am Schlafittchen packte und nach hinten schob, er schaffte es nicht, dem Papst ein einziges Lächeln zu entlocken, und er versetzte die baltischen Staatschefs mit der Ankündigung in Panik, er könne nicht garantieren, dass die NATO sie vor Russland schütze. Er erklärte, Deutschland sei »sehr, sehr böse«, es manipuliere den Euro zu seinen Gunsten, die Deutschen schuldeten der NATO Milliarden von Dollar, und die USA müssten den deutschen Autoexporten und dem deutschen Handelsüberschuss ein Ende bereiten. Zuletzt lieferte er sich ein Händewettdrücken mit dem neugewählten französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron. Das verlor er. Und Macron prahlte danach auch noch damit, dass er den amerikanischen Präsidenten beim Händeschütteln übertölpelt hätte. Das hielt Trump nicht davon ab, nach einem Terroranschlag auf London wenige Tage später den – muslimischen – Bürgermeister der britischen Hauptstadt per Twitter zu beschimpfen.
Trump selbst verließ Europa allerdings auch nicht glücklich. Dass er kurz darauf das Klimaschutzabkommen von Paris aufkündigte, führen Beobachter in Wash­ing­ton darauf zurück, dass er sauer auf die Staatschefs der EU war und denen zeigen wollte, dass er der Größte ist. Andererseits, auch die Republikaner wollten das Abkommen aufkündigen. Zweiundzwanzig Senatoren hatten in der Sache einen Brandbrief an Trump geschickt; allesamt bekommen sie Millionenspenden von der Öl- und Kohleindustrie und den Koch-Brüdern, den Öl- und Chemiemagnaten Charles und David Koch von Koch Industries.
Was könnte die US-Regierung wirklich tun, wenn sie die EU auseinanderbrechen wollte, etwa um den Euro als Konkurrenzwährung zu eliminieren? Durchaus einiges. Trump hat bereits angedeutet, er werde dem Post-Brexit-Großbritannien Handelsprivilegien gewähren, die er der EU nicht zugestehen will. Das betrifft etwa Einfuhrzölle, aber auch, wie leicht es Bürgern und Firmen aus unterschiedlichen Ländern gemacht wird, in den USA Geschäfte zu tätigen. Wenn die USA das Signal senden, dass sich ein Austritt aus der EU lohnt, können noch weitere Mitgliedsstaaten wegbrechen. Bis Deutschland allein übrig bleibt. Denn Deutschland ist das eigentliche Ziel von Trumps Zorn, das Land, das sein Großvater Friedrich Trump in Unfrieden verlassen hat.
Manhattan, die schmale, langgestreckte Insel, ist das alte Herz von New York. Hier stehen all die berühmten Bauwerke, vom Empire State Building bis zum Rockefeller Center. Hier leben die berühmten New Yorker, von Woody Allen bis Lady Gaga. Ganz unten im Süden, wo sich der East River in den Atlantischen Ozean ergießt, liegt der South Street Seaport, der historische Hafen. Ein paar Segelschiffe dümpeln leise vor Anker, darunter das Museumsschiff Wavertree. Dies hier ist der Ort, wo New York – noch unter dem Namen Nieuw Amsterdam – gegründet wurde, eine der ersten europäischen Kolonien in der Neuen Welt. 1625 eröffnete die holländische Dutch West India Company hier ihre erste Niederlassung. Ihr erster Direktor war Peter Minuit, der aus Wesel im heutigen Nordrhein-Westfalen stammte; dort, wo heute das alte Zollhaus steht, war damals eine holländische Windmühle. Ein paar Jahre später schickten die Engländer eine Flotte von Kanonenbooten, um den holländischen Handelsposten zu übernehmen. 1664 benannten die Stadt in New York um.
Heute ist New York die Welthauptstadt der Wirtschaft. Der South Street Seaport ist eine Art städtisches Disneyland, wo sich Touristen aus allerlei Ländern zwischen Büdchen tummeln, die Andenken und »Coffee to go« verkaufen. Der alte Fischmarkt wurde in die Bronx verfrachtet: nicht fein genug. Die wenigen historischen Lagerhallen wurden von Grund auf renoviert, teure Restaurants und Boutiquen sind eingezogen. Die Pier 17, die letzte historische Schiffsanlegestelle, wird gerade durch ein Stahl-und-Glas-Shoppingcenter ersetzt. Der Hurrikan Sandy, der erste spürbare Vorbote der globalen Erwärmung in New York, hatte das alte Hafengebäude geflutet.
In der großen Zeit der Segelschifffahrt war der South Street Seaport der wichtigste Einwandererhafen nicht nur der Stadt, sondern von ganz Amerika. Mit den Schonern, die hier vor Anker gingen, landeten Hunderttausende von Immigranten aus Europa an, erst Engländer, dann Deutsche und Skandinavier, dann die Iren. Amerika brauchte Bauern und Handwerker, bald auch Soldaten für den Bürgerkrieg. Als die Neuankömmlinge ebenfalls ihr Stück vom Kuchen verlangten, lief das durchaus nicht friedlich ab: Protestantische Alteingesessene aus England kämpften auf den Straßen mit Äxten und Knüppeln gegen die neuen Amerikaner, katholische Iren und Deutsche, die in immer größeren Massen kamen, freudig begrüßt von den Politikern, ungeliebt vom Volk.
Martin Scorsese hat diese Zeiten in seinem Film Gangs of New York beschrieben. Die Hauptperson in dem im Jahr 2002 erschienenen Kinostreifen ist »Bill the Butcher«, Wilhelm der Metzger, gespielt von Daniel Day-Lewis, der an die historische Gestalt des William Poole (1821–1855) angelehnt ist. William Poole war Metzger, Hobbyboxer und Politiker. Er kommandierte mehrere englische Gangs, die die Straßen von New York patrouillierten und die Iren und Deutschen draußen hielten oder wenigstens unten. Poole war auch der New Yorker Parteivorsitzende der »Know Nothings«. Der eigentliche Name der Partei war »Native American Party«. Die »Know Nothings« verteidigten die Interessen der in den USA geborenen Weißen, vor allem der Arbeiter und Bauern, gegen die Neuankömmlinge aus Europa. Der Name rührte daher, dass sie sich als Geheimbund verstanden. Immer wenn sie nach ihrer Partei befragt wurden, sagten sie: »I know nothing.« (»Ich weiß von nichts.«) Mit dem Bürgerkrieg gingen die »Know Nothings« in den Republikanern auf. Mit Poole nahm es ein böses Ende: John Morrissey (1831–1878), ein irischer Immigrant, ebenfalls Boxer und Funktionär des demokratischen Clubs »Tammany Hall«, beauftragte zwei Männer, ihn zu erschießen.
Nahe dem Hafen verläuft die Wall Street. Die Holländer hatten hier eine Befestigungsmauer gegen die Angriffe der Mohikaner und der Delaware errichtet. Im Unabhängigkeitskrieg (1775–1783) besetzten die Truppen des britischen Königs die Stadt, sieben Jahre lang. Als sie vertrieben wurden, hackten die New Yorker der Statue von King George den Kopf ab und trugen diesen auf einer Stange herum. Danach baute das US-Militär ein gutes Dutzend Ge...

Table of contents

  1. 1. Kapitel
  2. 2. Kapitel
  3. 3. Kapitel
  4. 4. Kapitel
  5. 5. Kapitel
  6. 6. Kapitel
  7. 7. Kapitel
  8. 8. Kapitel
  9. Quellen