Sagen vom Klabautermann
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Sagen vom Klabautermann

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Sagen vom Klabautermann

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Der Klabautermann ist in der Regel unsichtbar. Nur in Ausnahmefällen gibt er seine Tarnung kurzfristig auf. Das geschieht in Augenblicken der Gefahr. Wird er gesichtet, liegt auf dem Schiff etwas im Argen.

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Information

KULTURHISTORISCHES NACHWORT ZUR FIGUR DES KLABAUTERMANNS

Der Klabautermann ist eine Gestalt des seemännischen Aberglaubens. Als sagenhafter Schiffskobold der norddeutschen Matrosen verkörpert er ihren guten Geist, der ein Schiff bis zum Untergang nicht verlässt. Schon durch seine Anwesenheit soll er die treuen und ordentlichen Seeleute beschützen und ihrem Schiff für gewöhnlich Glück bringen. Er behütet es vor Brand, Strandung und anderem Unheil, steht dem Schiffsführer nahe, sitzt gern an dessen Speisetisch und warnt ihn vor Gefahren. Der Klabautermann ist der Schutzpatron des Schiffes und der Seeleute. Nach WOSSIDLO glaubte man sogar, dass er »… mehr zu dem Schiffer als zu dem Schiff gehöre«.1
Erstmals wird vom Klabautermann in einer Urkunde aus dem 13. Jahrhundert berichtet. BASSETT hat schon 1885 nachgewiesen, dass er in Deutschland im 15. und 16. Jahrhundert bekannt war.2 Die hohe Zeit des sagenumwobenen Schutzgeistes war eng mit der Segelschifffahrt verknüpft. Mit dem Aufkommen der Dampfschiffe schwand seine Bedeutung.
Neben der mündlichen Überlieferung hatte die Literatur wesentlichen Anteil an der Verbreitung des Gedankengutes vom Klabautermann. Theodor F. M. RICHTER sprach 1821 in seinem ersten Band der »Reisen zu Wasser und zu Lande« vom Kalfatermännchen. Heinrich HEINE schrieb im zweiten Teil seiner »Reisebilder« von 1827 über den seemännischen Aberglauben um den Klabautermann. Theodor STORMS Novelle »Die Halligfahrt« (1871) sowie Christian MORGENSTERNS Gedichte »Klabautermann« und »Brief einer Klabauterfrau« von 1919 sind in diesem Zusammenhang ebenfalls zu nennen.3
Heute leben die wundersamen Begebenheiten um den hilfreichen Kobold vorwiegend an den norddeutschen Küsten fort, wo sie in einzelnen Sagen unter Seeleuten und Segelsportlern sowie im Hotel- und Gastronomiegewerbe kolportiert werden.4
Herkunft des Namens
Der Name Klabautermann (Klabatersmann) wird meist aus der Bezeichnung Kalfatermann abgeleitet. »Kalfatern« ist der seemännische Ausdruck für »abdichten«. Der Kalfatermann verstopft mit Pech und Werg auf dem Schiff undichte Stellen, insbesondere solche, die für den Seemann unzugänglich sind.
Nach dem kaiserlichen Marinepfarrer Paul Gerhard HEIMS, der aus seinem intensiven Umgang mit Seeleuten im 19. Jahrhundert viel Wissenswertes übermittelt hat, kann der Name jedoch auch mit »…klütermannn zusammenhängen, abgeleitet von dem populären Wort klütern, d. h. in geschickter Weise geschäftig sein«.5
GOLTHER vermutet, dass der Name Klabautermann – auch in der Form Kabautermann – aus kabolt bzw. kobolt gebildet wurde.6 Weitere Namensdeutungen gehen auf Klettermann, Klabüstermann oder Klabattermann zurück. Dabei setzt sich das Wort aus klabauter (»klabastern« = niederdeutsch für poltern bzw. polternd umherziehen) und Mann zusammen.
Auch die Verbindung der Wörter Kobold und Mann ist als Ursprung denkbar. Das Wort Kobold ist nur im Mittelhochdeutschen und im Niederhochdeutschen nachgewiesen, dürfte aber älter sein. Dabei ist der Kobold eigentlich ein kobwalt, einer, der des Kobens – also der Hütte oder des Verschlages – waltet.
1906 hat SCHRÖDER die friesisch-niederländische Sprachform Klabautermann als Streckform: kl(ab)autermann von klautern = klettern erklärt. In der gleichen Arbeit nahm er auch eine Zusammenfassung der semantischen Entwicklung und der Etymologie dieses Wortes vor und sprach von zwei Bedeutungsrichtungen, nämlich erstens einem drolligen, munter-wilden, auch ungezogenen, störrischen Kind und zweitens einer Art dienstbarem Hausoder Schiffsgeist bzw. Kobold.7
Die synonyme Verwendung des Namens Petermännchen durch Mecklenburger Schiffer aus Wismar wurde von WOSSIDLO aufgezeigt. Er sah einen Zusammenhang zwischen der sagenhaften Wikingerstadt Reric, auf deren Burgwall die Sage vom Petermännchen beheimatet ist, und unserem Schiffsgeist.8 Auf der Insel Poel soll man diesen als Heumännchen verehrt haben.
Übersetzungen des Namens »Klabautermann« und Kunde von seinem Wirken gibt es in vielen Sprachen der Welt. Für etymologisch geprägte Unterschiede seien hier drei Beispiele genannt: Im Englischen heißt er »bogy man«, im Finnischen »laivanhaltia« und im Livischen9»Klabatorman«, »Pottermann« oder »Pottormann«. Die Bezeichnungen variieren nicht nur in den verschiedenen Sprachen, sondern auch zwischen Landschaften und sogar zwischen einzelnen Orten.10
Den sagenhaften Schiffsgeist kennt man in Deutschland, Polen, Lettland, Estland, Finnland, Schweden, Dänemark, Norwegen, den Niederlanden, Frankreich11 und Großbritannien, ja sogar in der Schweiz und in den USA.
Interessant ist das Urteil von LOORITS, des profunden Kenners der internationalen, vor allem der baltischen Klabautermann-Szenerie von vor einem knappen Jahrhundert, »… dass die Ostseeländer an diesen deutschen Schiffsgeist beinahe mehr Erinnerung bewahrt haben als Deutschland selbst«.12
Der Schiffsgeist im System der Sagengestalten
Im Laufe der Zeit haben sich in Norddeutschland – ähnlich wie in anderen deutschen Landen – zahlreiche Sagengestalten etabliert. Etliche davon tauchen in verschiedenen Regionen auf, so etwa in Pommern und in Ostfriesland. Die Sage bietet »… durch ihre prinzipielle Bindung an Ort und Zeit eine große regionale Identifikationsmöglichkeit und damit auch einen Schlüssel zur Kultur und zu den Menschen einer Region«.13
Der Klabautermann ist über viele Ländergrenzen hinweg bekannt. Dies ist darin begründet, dass Besatzungen auf Segelschiffen gemeinhin multinational geprägt waren. Er spielte vom Ende des 14. bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts im Bewusstsein der Küstenbevölkerung aller Anlieger von Ost- und Nordsee eine wichtige Rolle. Auch in Deutschland gehört er zum mündlich und schriftlich tradierten Kulturgut des Volkes.
Mit dem Aufkommen der Dampf- bzw. Motorschiffe verlor sich seine Bedeutung. Die Maschinisten, Ingenieure und modern ausgebildeten Kapitäne dieser Schiffe wussten zu viel, »… als dass sie im Nebel ein Gespenst erkennen oder in der Luft oder unter Wasser Vorzeichen kommenden Unglücks wahrnehmen sollten«.14 Sie waren und sind von ihrer Technik abhängig und nicht vom Wirken eines imaginären Wesens, das ihnen angeblich guten Wind verschaffen und ihr Schiff vor dem Untergang bewahren konnte.
Sagen bilden wie Legenden, Fabeln und Märchen eine jeweils eigene Kategorie volkstümlicher Überlieferung. Allein der »Volksprofessor« WOSSIDLO sammelte in Mecklenburg über 30 000 Sagen.15 Sein postum veröffentlichtes Werk »Reise Quartier in Gottesnaam – Das Seemannsleben auf den alten Segelschiffen im Munde alter Fahrensleute« (1943) ist bis heute eine der wichtigsten Quellen zum Seemannsleben und -aberglauben.
Betrachtet man Sagen aus dem jetzigen und ehemaligen deutschen Küstenraum, aus Mecklenburg, Friesland, Schleswig-Holstein und dem Baltikum, so stellt man fest, dass im Bereich der mythischen Sagen Hausgeister, Zwerge, Nixen und andere Wassergeister genannt sind. Der Klabautermann ist eine Abart der Hausgeister, aber mit etwa gleicher Funktion: er beschützt statt eines Hauses ein Schiff, wirkt als guter »Aufpass-Geist«.
Obwohl von zwergenhafter Gestalt, ist der Klabautermann nicht identisch mit den Zwergen. Van der KOOI verwendet den treffenden Begriff »das kleine Volk« und zählt hierzu die Unterirdischen, Odderbaantjes, Mürewüfer, Ölken, Puken, Klabautermännchen, Wieschler, Bergmanntjes und einige andere Figuren.16
In Anlehnung an das »Handbuch der Germanischen Mythologie« von GOLTHER lässt sich der Klabautermann wohl am besten in die Gruppe der »Elbe und Wichte« einordnen. Hierher gehören auch Zwerge, Kobolde, Nixen sowie Wald- und Feldgeister. Diese Gestalten gleichen sich häufig in Größe, Aussehen und Kleidung und bleiben meist unsichtbar.
Elbische Wesen wie Kobold und Klabautermann erscheinen als die Seelen von ungetauft Verstorbenen, die nach dem Tod fortwirken. Sie treten gern mit Menschen in Verbindung. Die intensivste Beziehung stellen sie zu ihnen her, wenn »… der Alb als Hausgeist, als ständiger Genosse sich einlegt«.17 Nach altem Aberglauben stellten die Hausgeister den Segen des Hauses dar. Wer einen Kobold »… in seinen Diensten hat, braucht nicht Not zu leiden. Denn der Puk trägt seinem Herrn so viel Geld zu, als er nur irgend wünscht und braucht.«18
HEIMS rechnet den Klabautermann »… zum Geschlecht der Zwerge und Hauskobolde in ihrer ganzen Gemütlichkeit, Schlauheit und bedenklichen Anhänglichkeit«.19 Der Kobold lebt aber, im Gegensatz zu den Zwergen, einzeln und verbindet sich dem Menschen und dessen Hausstand dauerhafter. Für seinen Aufenthalt wählt er meist den Herd oder angrenzende Bereiche wie Holzkammer, Speicher und Gebälk.20
Der Hauskobold ist ein naher Verwandter der Zwerge, »… verwandt nicht nur durch seine äußere Erscheinung als kleines, für gewöhnlich unsichtbares Kerlchen, spannenlang, mit roter Jacke und spitzem roten Mützchen, sondern auch durch sein Wesen, in dem sich freundliche Hilfsbereitschaft mit einer oft recht bos...

Table of contents

  1. Cover
  2. Titel
  3. Inhalt
  4. Vorwort
  5. Eine Flasche Wein und zwei Gläser für den Kapitän (Föhr)
  6. Die Sage von Ruthwer (Rügen)
  7. Pucks Mariechen und der Klabautermann (Pommern)
  8. Klabautermännchens Rache (Amrum / Sylt)
  9. Glücksbringer und Unheilkünder (Mecklenburg)
  10. Die drei Klabautermänner (Mecklenburg)
  11. Der Klabautermann in Pommern (Pommern)
  12. Das Schiff wird untergehen (Föhr)
  13. Die naschhafte Magd (Ostfriesland)
  14. Über den Klabautermann (Ostfriesland / Seemannssage)
  15. Der arme Peter (Helgoland)
  16. Klabautermann an Bord (Oldenburg)
  17. Man soll den Warnungen des Klabautermanns folgen (Rügen)
  18. Klaboltermännchen im Haus (Föhr)
  19. Kulturhistorisches Nachwort zur Figur des Klabautermanns
  20. Literatur und Quellen
  21. Impressum