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Das Tibethausjournal Chökor, das halbjährlich erscheint, kann auf eine 20-jährige Geschichte zurückblicken. Artikel rund um das Thema Tibet - Buddhismus, Gesellschaft, Kultur, Kunst, Wissenschaft, Heilkunde, Biografien und Reisen - gehören zum Themenspektrum.
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Information
Publisher
Tibethaus DeutschlandeBook ISBN
9783931442958Topic
Theology & ReligionSubtopic
BuddhismBUDDHISMUS
Einladungen, öffentliche Auftritte, politische Verpflichtungen – der junge Dagyab Rinpoche in Lhasa
Im Dezember hatte ich die Gelegenheit, Rinpoches Mutter Sönam Lhamo zu treffen. Dezom Dagyab, ihre Enkelin, war dabei, um die Erzählungen aus dem Tibetischen ins Deutsche zu übersetzen. Der folgende Text ist ein Ausschnitt aus unseren Gesprächen.
Die Grundlagen tibetisch-buddhistischen Denkens

S.E. Dagyab Rinpoche © Chöling
Die buddhistische Lehre, das Fundament der tibetischen Kultur, ist vor allem in den letzten zwanzig Jahren in so vielen Veröffentlichungen dargelegt und kommentiert worden, dass ich mich hier auf die wichtigsten Stichworte beschränken kann: Der Buddhismus ist ein System von Erklärungen und Methoden zur Beendigung des Leidens. Dieses Ziel erreicht der Praktizierende durch Beachtung ethischen Verhaltens – indem er vermeidet, irgendeinem Lebewesen, und sei es das kleinste Insekt, Schaden zuzufügen – sowie durch meditative Versenkung und tiefe Einsicht in die Natur der Realität.
Wenn ich mich nun frage, was, verglichen mit dem westlichen Denken, das Spezifische am tibetisch-buddhistischen Denken ist, stoße ich sofort auf den unterschiedlichen Realitätsbegriff. Obwohl der Buddhismus von jeher unter die Weltreligionen gerechnet wird, ist bis heute nicht entschieden, ob man ihn überhaupt zu Recht eine Religion im üblichen Sinne nennen kann. Darauf hinzuweisen scheint mir an dieser Stelle besonders wichtig. Gerade wenn es um unseren Realitätsbegriff geht, sollten wir vielleicht zunächst vermeiden, mit dem Wort „Religion“ zu operieren, damit wir nicht irrtümlicherweise davon ausgehen, dass es um „Glauben“ statt um „Wissen“ geht.
Die konventionelle Realität
Eine festgefügte Realität, die als substantielle Einheit in Raum und Zeit existiert, gibt es dem tibetisch-buddhistischen Denken nach nicht. Jede Erscheinung, jeder beliebige Gegenstand, der uns vor Augen kommt, besteht seiner Natur nach lediglich als ein momentanes, vorübergehendes Zusammenspiel von physischen und nichtphysischen Faktoren, zusammengefasst als „Ursachen und Bedingungen“ (rgyu-dan rkyen), als da sind: das Vorhandensein einzelner Bestandteile bis hin zu den feinsten Partikeln und Sub-Partikeln in ihrer jeweiligen Anordnung, aber auch die Prozesse der Zusammensetzung oder Herstellung bzw. der Wiederauflösung jedes einzelnen Objekts, ferner der Betrachter als wahrnehmendes Subjekt und der Wahrnehmungsvorgang der Erfassung, Identifizierung und Benennung. Es gibt demnach nichts, aber auch wirklich gar nichts, worauf wir den Finger legen und sagen könnten: „Hier steckt das eigentliche, inhärente Wesen eines Objekts. Hier ist die „Tisch-heit“ des Tisches, die „Baumheit“ des Baumes, die „Thomas-heit“ von Thomas.“
Alle Erscheinungen sind diesem bedingten Entstehen bzw. diesem Bestehen in Abhängigkeit unterworfen. Der tibetische Terminus dafür lautet rten-´brel (gesprochen: tendrel). Interessanterweise setzt sich dieses Wort aus rten (Stütze) und ´brel (Abhängigkeit, Bedingtheit) zusammen. Wer gewohnt ist, in buddhistischen Begriffen zu denken, assoziiert sofort: Alles, was existiert, stützt sich auf etwas bereits Vorhandenes, nämlich auf Ursachen und Bedingungen (rten). Aber nichts, auch nicht die stützenden Faktoren, existiert unabhängig aus sich selbst heraus (´brel). Damit ist in nur zwei Silben ausgedrückt, dass von Nichtexistenz der Erscheinungen keine Rede sein kann, sie existieren lediglich „anders“ als wir bisher dachten – nämlich, infolge ihrer Bedingtheit, leer von Eigenexistenz. Eben das ist die berühmte Leerheit (ston-pa-nyid), einer der Hauptpunkte des Buddhismus. Die schlichte Beschreibung dieser Betrachtungsweise lässt kaum erahnen, wie umwerfend ihre Konsequenzen in der tatsächlichen Erfahrung sind. Ich will trotzdem versuchen, einiges davon anzudeuten: Das lockere Gefüge von physischen und nichtphysischen Faktoren, das unsere Realität – uns selbst natürlich eingeschlossen – bildet, verändert sich ununterbrochen von allen Seiten her. Diese Veränderungsprozesse und damit die Anordnung der Realität selbst sind insofern durch uns beeinflussbar, als wir über unsere Wahrnehmung daran beteiligt sind. Wir können davon ausgehen, dass unsere derzeitige Wahrnehmungskapazität begrenzt und oberflächlich ist, es gibt also noch vieles zu entdecken. Aufgrund des Fehlens einer inhärenten Existenz wird uns die Realität dabei keinen Widerstand entgegensetzen. Eine umfassendere Wahrnehmung wird uns wahrscheinlich eine umfassendere Realität enthüllen. Überlegungen dieser Art lassen Neugier und Offenheit entstehen, und die gewohnheitsmäßige „freiwillige Selbstbeschränkung“ unseres Bewusstseins wird damit, vielleicht erstmals, leicht erschüttert.
Lässt man sich weiter darauf ein, so lernt man durch fortgesetztes Üben die Realität direkt zu erfassen. Wenn das so ein erstrebenswertes Ziel sein soll, muss man schon fragen: Wie nehmen wir denn dann jetzt eigentlich wahr? Die Antwort, die jeder selbst leicht nachvollziehen kann, lautet: Alles, was an Eindrücken und Wahrnehmungsreizen auf uns zukommt, wird vor jeder weiteren Verarbeitung zunächst sortiert, und zwar in eines von drei möglichen Fächern: angenehm – unangenehm – neutral. Einziges Sortierkriterium ist dabei die vermutete Auswirkung, die das Objekt auf uns selbst haben könnte. Angenehm ist, was unser Ego stabilisiert; unangenehm ist, was es bedroht oder ihm Unbehagen verursacht; alles andere ist neutral. Es ist erstaunlich, wie viele Reize blitzschnell als angenehm oder unangenehm bewertet werden. Aber immerhin haben wir uns jahrzehntelang im Sortieren geübt und nehmen uns selbst und unser Wohlbefinden – im Brennpunkt sämtlicher Ereignisse – so wichtig, dass wir schon deshalb unter dem Zwang stehen, die Auswertung unserer Eindrücke schnell und sicher vornehmen zu müssen.
In Wirklichkeit ist dieser simple Sortiervorgang natürlich mit einer hohen Fehlerquote behaftet, aber wir schaffen es mit Leichtigkeit, diese Tatsache unser ganzes Leben lang vor uns selbst zu verschleiern. Nach der Sortierung erfolgt dann automatisch die Handlung: Wir greifen nach dem Angenehmen und versuchen, das Unangenehme abzuwehren oder zu zerstören. Was neutral ist, ignorieren wir größtenteils. Aus diesem Verfahren resultiert eine enorme Macht der Objekte über uns und unser Verhalten. Wir werden ständig von ihnen in Atem gehalten, und diese Anspannung findet nie ein Ende. Dauernd werden wir mit etwas Angenehmem konfrontiert, das wir noch nicht haben, aber dringend haben wollen, oder mit etwas Unangenehmem, das uns bedroht. Totale Kontrolle ist nicht möglich, das müssen wir immer wieder schmerzhaft erfahren. Deshalb ist dieser ganze frustrierende Prozess, obwohl auf Glück und Wohlbefinden ausgerichtet, in Wirklichkeit reines Leiden. Das Tragische daran ist, dass wir ununterbrochen agieren wie Marionetten, ohne zu verstehen, wie und warum. Es gibt tatsächlich keine Hoffnung auf Veränderung unserer Lage, solange diese grundlegende Unwissenheit (ma-rig-pa) weiterbesteht.
Kommen wir nun zurück auf die buddhistischen Aussagen über die Leerheit aller Erscheinungen und wenden wir sie auf unsere eigene Person an, so dämmert uns eine verblüffende Erkenntnis: Auch unser Ego, um das wir ständig zittern und das wir unbedingt glücklich sehen wollen, ist nur ein bedingtes Phänomen, es hat keinerlei unabhängige Eigenexistenz. Genauso steht es mit allen wahrgenommenen Erscheinungen. Wenn das so ist, warum sortieren wir dann wie besessen? Warum räumen wir den Objekten so viel Macht über uns ein? Eben – das lassen wir sofort bleiben, wenn wir durch die Erkenntnis der Leerheit die Unwissenheit besiegt haben. Wir existieren dann immer noch, wir besitzen auch nach wie vor die Fähigkeit, uns über schöne Dinge zu freuen und bei Verlust Schmerz zu empfinden. Aber die fieberhafte Spannung des Jagens und Gejagtwerdens ist für immer von uns gewichen. Wir geben die Sucht nach Kontrolle auf und lernen, uns im Strom der Erscheinungen ohne Widerstand zu bewegen. Paradoxerweise vervielfältigen sich genau durch diese Haltung unsere Einflussmöglichkeiten. Durch die übertriebene Ego-Fixierung sind unsere Energien gebremst und gebunden. Wenn sie wegfällt, geht es uns besser, und wir können mehr erreichen.
Die Einsicht in die Leerheit wird deshalb als die schärfste Waffe gegen die grundlegende Unwissenheit und gegen alle Hindernisse betrachtet. Sie stoppt den Prozess des „Wahrnehmens unter Irrtum“ und die Überfrachtung der Objekte, ja der gesamten Realität mit einer dicken Schicht von Konzepten. Sie hebt die künstliche Trennung zwischen dem „Ich“ und dem „Rest der Welt“ auf und beendet dadurch unsere Isolierung. Verständlicherweise wird sie deshalb als das Instrument zur unmittelbaren, sofortigen, endgültigen Befreiung vom Leiden angesehen.

© Jangbu Dorje Chenagtsang
Solche Überlegungen beantworten auch gleich die Fragen, die aus einem nur intellektuellen Leerheitsverständnis heraus auftauchen: „Wenn unsere Realität tatsächlich leer von Eigenexistenz ist, wird sie damit öde, langweilig und wertlos? Und wenn ich die Leerheit meines Egos realisiere, bin ich dann nicht ein Automat ohne Gefühle?“ Die Antwort ergibt sich einmal aus dem oben Gesagten, nämlich, dass das höchste Wissen, also die Erkenntnis der Leerheit, die Unwissenheit aufhebt und damit das Leiden (nicht die Freude!) beendet. Was das Realitätsverständnis selbst angeht, so ergibt sich aber auch noch eine weitere Antwort aus der Betrachtung der anderen Seite der Medaille: Das „Nichtvorhandensein“ von inhärenter Existenz ist gleichbedeutend mit dem „Vorhandensein“ einer grenzenlosen Fülle von Möglichkeiten. Alle von uns wahrgenommenen Erscheinungen mit ihrer unendlichen Anzahl von Facetten und Ausprägungen sind lediglich ein kleiner Ausschnitt, nämlich der gerade jetzt erfahrbare Ausdruck einer sehr viel größeren möglichen Realität mit einer unbeschreibbaren Bandbreite von Varianten, die in Form der abhängigen Existenz jederzeit manifestiert werden können. Jede Veränderung auch nur eines einzigen der oben genannten Einflussfaktoren (Bestandteile, Prozesse, wahrnehmendes Subjekt, Wahrnehmungsvorgang) eröffnet neue „Gestaltungskanäle“. Schon der Ansatz eines Versuchs, diese Potentiale in uns selbst und den Erscheinungen um uns herum zu erfassen und zu würdigen, ändert unsere Lebenss...
Table of contents
- Cover
- INHALT
- Editorial
- Impressum
- Tibethaus Deutschland in Frankfurt
- BUDDHISMUS
- BIOGRAPHIE
- WISSENSCHAFT
- HEILKUNDE
- KUNST + KULTUR
- PERSÖNLICHKEIT + GESELLSCHAFT
- TIBET
- Bücher und Filme
- Service & Kontakt
- Buddhismus Begreifen – Studienprogramme
- Programmübersicht Juli bis Dezember 2012