DIGITALISIERUNG UND ERSCHLIESSUNG
VOM SUCHEN UND FINDEN VON THEATERZETTELN
ĂBER DIE UNTERSCHIEDLICHE ERSCHLIESSUNGSSITUATION VON ARCHIV-, BIBLIOTHEKS- UND MUSEUMSGUT
MARGRET SCHILD (DĂSSELDORF)
Dieser Beitrag beschĂ€ftigt sich mit der ErschlieĂung und damit der Auffindbarkeit von Theaterzetteln aus der Perspektive der Informationsvermittlung. Die Bibliothek des Theatermuseums in DĂŒsseldorf erwirbt und erschlieĂt Medien zum Theater und seiner Geschichte, seinem Kontext (Politik und Gesellschaft, Literatur, Bildende und Angewandte Kunst, Musik), den beteiligten Personen und Institutionen sowie den Rahmenbedingungen. Die aufbereiteten Informationen sind fĂŒr die Nutzung intern und extern zugĂ€nglich. Zu den Aufgaben der Bibliothek gehört auch die Beschaffung und Aufbereitung von externen Informationen fĂŒr die Mitarbeiter des Museums â ganz im Sinn einer auf das Profil des Museums ausgerichteten Informationsversorgung.1
DAS MUSEUM
Das Theatermuseum DĂŒsseldorf sammelt, erschlieĂt und prĂ€sentiert deutsche Theatergeschichte am Beispiel der Stadt DĂŒsseldorf und der Region Nordrhein-Westfalen. 1947 schenkte Gustav LINDEMANN (1872â1960) der Stadt das Archiv des Privattheaters Schauspielhaus DĂŒsseldorf Dumont-Lindemann (formal gegrĂŒndet 1904, Spielbetrieb 1905â1932, danach als SpielstĂ€tte der StĂ€dtischen BĂŒhnen bis zu seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg genutzt), das er seit den 1930er Jahren zusammengetragen hatte und mit dem das Andenken an das Leben und Werk seiner Frau Louise DUMONT (1862â1932) bewahrt und lebendig gehalten werden sollte.2 Das Sammlungsprofil wurde im Lauf der Zeit auf die Theatergeschichte der Stadt und der Region erweitert. Seit 1988 befindet sich das Theatermuseum im HofgĂ€rtnerhaus im Hofgarten in der JĂ€gerhofstraĂe 1. Dort finden Veranstaltungen (auf der StudiobĂŒhne und in einem weiteren Veranstaltungsraum) statt, auf der Plattform âMuseum fĂŒr Zuschaukunstâ werden Ausstellungen prĂ€sentiert, die Verwaltung und Bibliothek haben dort ihren Sitz. Seit 2005 gibt es einen weiteren Standort: die Sammlung des Theatermuseums befindet sich in einem BĂŒrogebĂ€ude im SĂŒden von DĂŒsseldorf (unweit der UniversitĂ€t) in der MerowingerstraĂe 88. Ende 2010 kam ein zusĂ€tzliches Depot unweit der Sammlung hinzu, weil die bisherigen Lagermöglichkeiten nicht ausreichten: Der Bestand der Sammlung und der Bibliothek hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt.3
Abb. 1: Theatermuseum im HofgĂ€rtnerhaus, AuĂenansicht Hofgartenseite. Foto: Theatermuseum.
Der Bibliotheksbestand ist (mit Ausnahme der TextbĂŒcher) im Rahmen des Gesamtkatalogs der Kulturinstitute (GDK) vollstĂ€ndig erschlossen und im Internet recherchierbar. Nachgewiesen sind zurzeit ca. 20.000 Medien (Stand: Dezember 2011).4
Seit 2005 dokumentiert das Theatermuseum seinen Sammlungsbestand im Rahmen eines weiteren Verbundprojekts: d:kult â Digitales Kunst- und Kulturarchiv DĂŒsseldorf. Zu den Zielen dieses Projekts gehören die Erstellung eines gemeinsamen digitalen Archivs zum kulturellen Erbe in der Obhut der stĂ€dtischen Kulturinstitute, die Erfassung und Verwaltung der gesamten BestĂ€nde, die Organisation und UnterstĂŒtzung der ArbeitsablĂ€ufe in den Kulturinstituten, die Verbesserung der QualitĂ€t der Dokumentation durch die EinfĂŒhrung von Standards sowie die gemeinsame PrĂ€sentation der BestĂ€nde.5 Der zentrale Bezugspunkt bei der Katalogisierung der Objekte im Theatermuseum ist die Inszenierung, die in der Datenbank als virtuelles Objekt erfasst wird. Viele, aber nicht alle Objekte beziehen sich darauf.
Abb. 2: Datenmodell zur Abbildung der Wissensstrukturen in Bezug auf die Objekte des Theatermuseums in d:kult.
THEATERZETTEL IM THEATERMUSEUM
Der Schwerpunkt der Sammlung des Theatermuseums liegt auf dem 20. Jahrhundert. Das gilt auch fĂŒr die Theaterzettel: Zum Bestand gehören Theaterzettel des Schauspielhauses Dumont-Lindemann (1905â1932), der StĂ€dtischen BĂŒhnen (ca. 1900â1951), des DĂŒsseldorfer Schauspielhauses (Neue Schauspiel GmbH)/Deutsche Oper am Rhein (ab 1951) sowie anderer Theater in DĂŒsseldorf und der Region (zweite HĂ€lfte des 20. Jahrhunderts). Insgesamt handelt es sich um ca. 40.000 Theaterzettel und 20.000 Programmhefte. Die Ă€lteren BestĂ€nde aus der Stadt und der Region, d. h. bis zum 3. Quartal des 19. Jahrhunderts, liegen im Original in der UniversitĂ€ts- und Landesbibliothek (ULB). Sie werden dort als Bibliotheksgut behandelt und zurzeit katalogisiert; die Digitalisierung der BestĂ€nde und die Einbindung in den Katalog werden durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert.6
Die Theaterzettel und Programmhefte dienen als Grundlage fĂŒr die lange Jahre konventionell gefĂŒhrte Inszenierungskartei bzw. die nunmehr digitale Verzeichnung der Inszenierungen innerhalb von d:kult. Seit Beginn der Spielzeit 2004/2005 werden die aktuellen Inszenierungen erfasst, sobald inszenierungsbezogene Materialien vorliegen (Theaterkritiken, Programmhefte des DĂŒsseldorfer Schauspielhauses und der Deutschen Oper am Rhein). Ferner werden Inszenierungen im Rahmen von Projekten, Ausstellungen und Drittmittelprojekten aufgenommen.
In Bezug auf den Gesamtbestand ist bisher nur ein sehr geringer Teil in die Datenbank eingegeben und, sofern bestimmte Kriterien erfĂŒllt sind, ĂŒber die Internet-PrĂ€sentation d:kult online im Internet recherchierbar. Liegt kein digitales Bild vor bzw. fehlen die Nutzungsrechte fĂŒr die verknĂŒpften Bilder, werden Stellvertreterbilder (âDummiesâ) eingestellt. Ein Ausschnitt der fĂŒr d:kult freigegebenen Daten ist inzwischen auch ĂŒber das europĂ€ische Portal zum Kulturerbe Europeana auffindbar.7 Hier gelten strengere Kriterien fĂŒr die Freigabe: Mit dem Objektdatensatz muss stets ein Bild verknĂŒpft sein. Im Fall der DĂŒsseldorfer Daten erfolgte die Weitergabe ĂŒber Athena, den Aggregator fĂŒr Museen.8 Nach Ende des Athena-Projekts 2011 werden neue Vereinbarungen in Bezug auf die Nutzungsrechte notwendig. Der Aggregator soll in Zukunft die Deutsche Digitale Bibliothek sein, wobei die Projektleitung von d:kult als Vertreterin der Kommunen aktiv an den Vorarbeiten beteiligt ist. Die Kerndaten zu digitalisierten Objekten aus deutschen Einrichtungen des Kulturerbes sollen auf diesem Weg an Europeana weitergeleitet werden, von wo aus auf ausfĂŒhrlichere Angaben beim Anbieter selbst verlinkt werden.9
Abb. 3: Eingangsbildschirm Erfassungssoftware TMS2010, genutzte Module und Zahlen zum Erfassungsstand (Juli 2012).
THEATERZETTEL ALS ARCHIVGUT
Nun zurĂŒck zur Frage der Auffindbarkeit von Theaterzetteln ĂŒber den lokalen Bestand hinaus. Theaterzettel können sowohl in Archiven als auch in Bibliotheken und Museen gesammelt, erschlossen und fĂŒr die Nutzung zugĂ€nglich gemacht werden. Von daher ist es erforderlich, sich mit den unterschiedlichen Arbeitsweisen zu beschĂ€ftigen und diese bei der Recherche zu berĂŒcksichtigen.
Archive sind Behörden oder private Einrichtungen, die Dokumente aus den unterschiedlichsten Epochen vom Mittelalter bis zur Gegenwart verwahren und erhalten. Sie ĂŒbernehmen auf der Basis von gesetzlichen Vorschriften Unterlagen aus der öffentlichen Verwaltung. DarĂŒber hinaus werden private Dokumente ĂŒbernommen, um möglichst vielfĂ€ltige Unterlagen fĂŒr zukĂŒnftige Forscher bereitstellen zu können.10 Die Ablage erfolgt nach dem Provenienzprinzip, d. h. nach der Herkunft der Dokumente, um den Entstehungszusammenhang zu dokumentieren. Die ErschlieĂung und Bereitstellung erfolgt ĂŒber (elektronische) FindbĂŒcher. Ein abgeschlossenes Findbuch bezieht sich meist auf einen bestimmten Bestand und enthĂ€lt AusfĂŒhrungen zur Geschichte des Bestandes, die Beschreibung der Bewertungs-, Ordnungs- und Verzeichnungsarbeiten. Vermerkt werden in der Regel Signatur, Titel, Laufzeit und Angaben zum Inhalt. Gegliedert sind die EintrĂ€ge normalerweise durch eine Klassifikation. ErgĂ€nzt werden kann diese noch durch Sach-, Orts- und Personenindizes. Heute werden Archivalien meist mithilfe von Datenbanken erschlossen.11
In Nordrhein-Westfalen bietet das Portal âArchive in Nordrhein-Westfalenâ einen sparten- und institutionenĂŒbergreifenden Zugang zur Archivlandschaft in diesem Bundesland. Neben dem Landesarchiv und den Kommunalarchiven informieren hier auch die Archive der politischen Parteien, katholische und evangelische Kirchenarchive, Unternehmensarchive, Privatarchive, Archive der Hochschulen, der Medien sowie von Kultureinrichtungen und diversen anderen Institutionen ĂŒber ihre Angebote und BestĂ€nde.12 Man kann mittels einer einfachen und einer erweiterten Suche ĂŒber die GesamtbestĂ€nde recherchieren, sich aber auch ĂŒber die einzelnen A...