Konrad, Felix und ich
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Konrad, Felix und ich

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Konrad, Felix und ich

About this book

Da war Konrad, das Auto raste auf ihn zu, das Auto bremste nicht.Nora weiss: Ihr Bruder kommt nicht mehr nach Hause. Nora sieht: Die Eltern liegen auf dem Bett des Bruders. Nora beobachtet: Felix ist verstummt und wird durchsichtiger.In der Sommerhitze meldet sich immer wieder die Radiosprecherin zu Wort. Ihre Stimme begleitet Nora auf den Dachboden, in den Keller und hinter die HimbeerstrÀucher der Nachbarin, wo es einiges zu entdecken gibt.Und Nora hat eine Idee, wie es weitergehen könnte, und auch Oma Ida treibt vieles um.Am Geburtstagsfest hat Nora nicht nur eine Vorstellung vom Sterben, sondern auch eine leise Ahnung davon, wie man auf die Welt kommt.KONRAD, FELIX UND ICH ist das erste Buch von Isabelle Ryf.

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Information

Der Wind macht den VorhÀngen dicke BÀuche. Die BÀuche wachsen und werden flach, sie sind leer. Die VorhÀnge haben auch Hunger.
Im Radio spricht eine Frau schon den ganzen Morgen vom Mittagessen.
Mutter sagt, das Radio muss die Hörer abholen.
Bei uns gibt es FischstÀbchen, und Kartoffeln.
Wer mich abholen kommt?
Die Fische schwimmen mit den BÀuchen nach oben auf dem Wasser und werden eingesammelt. Die eine HÀlfte des Fangs wird zu FischstÀbchen gepresst, aus der anderen HÀlfte wird Katzenfutter. Oma Ida war schon einmal am Meer, sie hat alles gesehen.
Die Frau im Radio kĂŒndigt einen Gast an. Der Gast kann gut kochen, der Gast war auf einem hohen Berg. Was der Gast auf dem Gipfel gegessen hat, wird er in der Sendung verraten.
Die Frau im Radio spricht viel. Sie muss einen grossen Kopf haben. Ich habe sie noch nie gesehen, man sieht nicht in das Radio hinein.
Die neue Nachbarin sehen wir fast jeden Tag. Ich ziehe am Vorhang und schaue aus dem Fenster. Die Nachbarin macht ihren Garten kaputt. Sie reisst StrĂ€ucher aus und wirft sie in eine sehr grosse Einkaufstasche. Wenn die Nachbarin sich bĂŒckt, wĂ€chst ihr Hintern in die Höhe wie ein Berg.
Was sie mit den HimbeerstrÀuchern macht?
Es ist Vollmond, hat Konrad gesagt. Wenn der Mond einen vollen Bauch hat, leuchtet er uns den Weg hinter die StrÀucher.
Die Nachbarin macht den Garten kaputt.
Mutter legt den SparschĂ€ler aus der Hand, wischt sich mit dem HandrĂŒcken eine StrĂ€hne aus der Stirn und tritt neben mich ans Fenster.
Hat sie das Unkraut gesehen, fragt Mutter und geht wieder zu den Kartoffeln.
Ich lege die HĂ€nde an die Fensterscheibe, hauche das Glas an. Die Nachbarin verschwimmt, sie verschwindet mit dem Unkraut im Nebel.
Mutter, die angefangen hat, die Kartoffeln in StĂŒcke zu schneiden, ermahnt mich; ich solle ihr nicht die Scheibe verschmieren.
Der Nebel an der Fensterscheibe löst sich auf. Die Handschuhe der Nachbarin sind rot.
Kommt das Blut von den Wurzeln?
Mutter schĂŒttelt den Kopf, StrĂ€hnen lösen sich hinter den Ohren und fallen ihr ins Gesicht.
Sind das die Tulpen?
Mutter blickt auf, legt das Messer aus der Hand, die Hand legt sie sich an den Hals.
Tulpen, sagt sie, schaut auf die Armbanduhr: Das kann nicht sein.
Das Blut kommt aus der Erde und trocknet an der Luft. In Andalusien, hat Vater gesagt, ist die Erde rot. Es werden mehr und tiefere Löcher gegraben als bei uns. An der heissen Luft trocknet das Blut schnell. In Andalusien, hat Vater gesagt, hĂ€ngen in den Kellern WĂŒrste, und ganze Tiere mit Köpfen.
Die Frau im Radio wĂŒnscht einen guten Appetit. Ihr Gast hat schöne Katzen. Die Katzen sind so schön, dass sie zu Hause auf dem Tisch herumlaufen dĂŒrfen. Mutter blĂ€ttert in einer Zeitschrift. Das Essen wĂ€re fertig, aber wir mĂŒssen warten, und das Essen wird kalt.
Kalt wird das Essen auf dem Gipfel, sagt der Gast im Radio. Er habe gesehen, wie ein Steinbock ausrutschte und in eine Gletscherspalte fiel. Es sei schade gewesen um das Fleisch.
Mit uns wird es euch nicht langweilig, sagt die Frau im Radio. Sie befiehlt, man solle sie anrufen und sich ein Lied wĂŒnschen.
Wenn das Lied lÀuft, legt sie ihren Kopf unter einen Baum und packt ihr Picknick aus?
Stopft es sich in den Mund?
In meinem Kopf spricht sie weiter, mit vollem Mund: Mit euch wird es uns nicht langweilig. Mit euch wird es euch nicht langweilig. Mit uns wird es uns auch nicht langweilig.
Ohne Konrad ist es mir langweilig. Wenn er einmal ein guter Fussballer wird und ins Ausland geht, muss ich mir etwas ĂŒberlegen.
Ist das Ausland mit Rasen bedeckt?
Hat es dort GĂ€rten mit Himbeeren?
Kriegt der Mond im Ausland seinen Bauch voll?
Die FischstĂ€bchen haben sich im Backofen die BĂ€uche verbrannt. Die toten Fische reisen mit den BĂ€uchen nach oben unter der Sonne, bis sie in den Hafen gespĂŒlt werden. Ich streiche Mayonnaise auf die BĂ€uche der FischstĂ€bchen und stelle mir vor, es sei Sonnencreme.
Das Telefon klingelt. Mutter trocknet die HĂ€nde an der SchĂŒrze ab, nimmt den Hörer und klemmt ihn zwischen Ohr und Schulter. Sie nimmt eine Tasse vom Tisch, stellt sie in die Abwaschmaschine, schmeisst eine Tablette hinein, schlĂ€gt die TĂŒr zu. Die Maschine rauscht wie das Meer.
Die Nachbarin hat die Handschuhe und das Werkzeug auf dem Rasen liegen lassen und ist ins Haus gegangen.
Musste sie aufs Klo?
Mutter gibt einen Laut von sich. Sie sinkt zu Boden, lehnt mit dem RĂŒcken an die Abwaschmaschine. Sie lĂ€sst den Hörer fallen, die Hand krĂŒmmt sich und vergrĂ€bt sich im Stoff der SchĂŒrze.
Ich hebe den Hörer auf, horche hinein.
Es knistert und raschelt, zerknĂŒlltes Zeitungspapier. Ist das Telefon innen eine Schachtel?
Hörst du? Hörst du? Vater legt auf, und das Besetztzeichen ertönt.
Mutters BrĂŒste bewegen sich auf und ab. Sie sperrt den Mund weit auf, wie beim Zahnarzt. Ich fasse ihren Hals an, er ist klebrig. Aus der Abwaschmaschine tönt es, als wĂŒrde das Meer die Richtung wechseln.
Über Mutters Kopf leuchtet orange die verbleibende SpĂŒlzeit. Ich fange oben bei der Eins an und wandere die zwei Striche hinunter, dann springe ich auf die andere Eins, wandere auf ihr von unten nach oben. Von dort springe ich auf die Drei und schaffe es bis in die Mitte. Hier muss ich ĂŒberlegen, wie es weitergeht.
Im Radio lĂ€uft ein sehr trauriges Lied. Das Lied ist so traurig, dass niemand es sich gewĂŒnscht haben kann. Es wird in einer anderen Sprache gesungen, aber wir mĂŒssen trotzdem weinen.
SchĂ€men sich die Leute dafĂŒr, dass sie weinen mĂŒssen?
Die Frau im Radio drĂŒckt allen, die unterwegs sind, die Daumen. Stau wegen eines Radfahrers auf der Autobahn. Stau wegen eines Unfalls, eine Umleitung ist signalisiert. Stau wegen Wassermelonen auf der Fahrbahn, sagt sie, und dass die Wassermelonen aus Italien stammen und auf der Strasse liegen wie aufgeschlagene Köpfe.
Zwischen den Staus gehen die Bauchschmerzen zurĂŒck, verspricht die Frau im Radio.
Woher weiss sie, dass ich Bauchschmerzen habe?
Wissen meine Bauchschmerzen nicht, woher sie kommen?
Können sie deswegen nicht zurĂŒck?
Die Frau im Radio vergisst zu sagen, dass man von den Wassermelonen Bauchschmerzen bekommt. Man passt auf, keine Kerne zu schlucken, aber die Kerne verstecken sich im Fleisch und sind glitschig. Wenn man zu viele Kerne im Bauch hat, verschwinden die Schmerzen zwar, aber alles andere auch. Man verschluckt nicht nur Kerne von Wassermelonen, sondern manchmal auch Kerne von Mandarinen. Die Mandarinen sind noch viel schlimmer; an den Schnitzen kleben weisse HÀutchen, die man nicht essen sollte. Einmal habe ich Frau Böni eine Mandarine abgegeben, um zu sehen, ob sie die Mandarine sauber schÀlen kann. Das hat sie wÀhrend ihrer Ausbildung sicher gelernt. Sie wollte aber nicht. Das kannst du selber, hat sie gesagt. Die meisten Leute essen die Mandarinen auf, ohne sie richtig geschÀlt zu haben. Ich glaube, wenn die Bauchschmerzen weg sind, ist man selbst auch nicht mehr da.
Sind viele Leute bald nicht mehr da.
Die Frau im Radio sagt nicht, dass Bauchschmerzen auf der Strasse liegen.
Sie vergisst zu sagen, dass alle Leute gleichzeitig auf die Strasse gehen. Oma Ida hat beobachtet, dass die Leute einander im Weg sind. Sie wollen schnell weg, an einen anderen Ort. Dort, wo sie sind, gefĂ€llt es ihnen nicht. Sie sehen nichts. Die Leute hupen und geben Gas, sie lassen sich ĂŒberraschen. Sie fluchen ĂŒber die Wassermelonen und ĂŒber die Radfahrer. Sie fluchen ĂŒber die FussgĂ€nger. Ihre eigenen FĂŒsse vergessen sie, aber auf ihre Autos passen sie auf, als wĂ€ren es frisch lackierte ZehennĂ€gel. Oma Ida ist schon einmal geflogen, sie hat gesehen, wie viele AutodĂ€cher in der Sonne glĂ€nzen.
Manche Wörter, mit denen die Frau im Radio uns abholen will, höre ich zum ersten Mal, zum Beispiel Feierabend.
Der Gast ist nach Hause gegangen, um mit seinen Katzen zu sprechen und sie zu kĂ€mmen. Wir laden immer interessante GĂ€ste ein. Morgen wartet ein schöner Sommertag, das dĂŒrft ihr nicht verpassen.
Mutter hat vergessen, das Radio auszuschalten. Ich schalte es aus, aber die Stimme bleibt. Wir sollen den schönen Sommertag nicht verpassen.
Vater kommt ohne Konrad nach Hause. Er zieht die Schuhe nicht aus und setzt sich nicht hin. Er legt seine HĂ€nde auf Mutter, aber die HĂ€nde fallen von Mutter herunter. Vater drĂŒckt mich an sein Gesicht, die Bartstoppeln stechen.
Wie ein ganzes Auto sticht, mĂŒsste man Konrad fragen.
Kann man Konrad nicht mehr fragen.
Wie weh ein ganzes Auto tut.
Hat er mit einer Wassermelone Fussball gespielt?
Ist er schon ins Ausland gegangen?
Die Frau im Radio stellt viele Fragen.
Felix, sagt sie, könnt ihr abholen, sobald es ihm besser geht.
Felix holen wir ab, sobald es ihm besser geht, will Vater sagen, aber dann kann er nichts sagen. Mit den Fingerbeeren streiche ich ĂŒber die Wange, in die er mich gestochen hat.
Die Eltern treiben wie SchiffbrĂŒchige auf einer Planke im offenen Meer, sagt die Frau im Radio.
Hat sie das extra einstudiert, damit sie etwas zu sagen weiss, wenn wir traurig sind?
So traurig waren wir noch nie. Die Eltern liegen auf Konrads Bett. Sie halten sich fest, damit niemand abrutscht. Mutter sieht nicht aus, als könnte sie noch schwimmen.
Im Gesicht hat sie Gischt, sagt die Frau im Radio, das Meer hat die Richtung gewechs...

Table of contents

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Widmung
  5. Inhalt
  6. Konrad, Felix und ich
  7. Die Autorin