Als ich Lord Winter war
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Als ich Lord Winter war

Eine Reise zu Astrid Lindgren

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Als ich Lord Winter war

Eine Reise zu Astrid Lindgren

About this book

Auch Journalisten mit Flugangst mĂŒssen ab und zu ein Flugzeug besteigen – um nach Stockholm zu fliegen beispielsweise, wo Astrid Lindgren einen Termin gewĂ€hrt hat. Astrid Lindgrens Figuren und Geschichten sind dem ErzĂ€hler bis ins Blut vertraut, aber auf dieser Reise gerĂ€t allerhand durcheinander wie bei einem wild rotierenden Mobile – der Vogelmann, Moby Dick, eine LeuchtturmwĂ€rterin, eine Aztekenprinzessin, ein Fremder im Flieger und Pippi Langstrumpf. Vielleicht liegt es aber doch am Gin.Hubert Flattinger macht aus seiner tiefen Verehrung fĂŒr Astrid Lindgren (1907–2002), die er mehrfach interviewte und portrĂ€tierte, keinen Hehl. So gerĂ€t ihm schon die Reise nach Schweden zu einer Hommage an die großartige Kinderbuchautorin, die den (ewigen) Kindern Helden wie Michel, Madita und Kalle Blomquist hinterlassen hat.

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Information

Publisher
Limbus Verlag
Year
2017
eBook ISBN
9783990391068
Subtopic
Classici
1
Entlang des Schienenstrangs sprĂŒhen Funken in das Blau der DĂ€mmerung. Wie aufgeschreckte GlĂŒhwĂŒrmchen torkeln sie in das Schneegestöber, erlöschen im Bruchteil eines Fingerschnippens im wirbelnden Sog der schnellen Fahrt.
Die Gleise singen ihr schrilles Lied, mal lauter, mal leiser, wÀhrend das rhythmische Tagalag-taga-lag der Schwellen wie ein ruhiger Pulsschlag zu uns nach oben dringt.
Mehr und mehr verkehrt sich das Abteilfenster mit seinen Bildern von verschneiten HĂŒgeln und geduckten schwedischen Waldlandschaften in den Spiegel eines kleinen Raums, einer Wabe, in der sich Schattenwesen regen. Ein jedes bringt etwas aus seinen TrĂ€umen mit.
Beim Einladen der Fracht rasseln die Ketten von SchlĂŒsselbĂŒnden, klimpern silbern eingefasste PortrĂ€t-Miniaturen, wetzen Anoraks, Jeans und Cord aneinander, wĂ€hrend wir uns umstĂ€ndlich aneinander vorbeischieben, uns im Halbschlaf an BĂ€uchen, Armen und Knien berĂŒhren, Entschuldigungen raunen, uns drehen, schnaufen, winden und einrollen. Ein einziges Dösen.
Alles halbwahr, kaum zur Kenntnis genommen. Mit verschleierten Augen irgendwelchen Hirngespinsten zugewandt, als verfolge man im Turnsaal einer Schule beilĂ€ufig die Proben einer Weihnachtsdarbietung, wĂ€hrenddessen draußen ein letzter Herbststurm tobt und BlĂ€tter auf das Milchglas der Oberlichter klebt. Alles, alles schon erlebt. Alles?
Nein, das hier nicht.
Da schwingt sich einer zum GepĂ€cksnetz hoch und lĂ€sst sich wie eine bucklige Waldeule darauf nieder. Schraubt seinen Kopf dreimal um den Hals, breitet seine FlĂŒgelarme aus und macht sich an dem GestĂ€nge zu schaffen.
„Was?“
„Gleich wird es hell“, flĂŒstert mir der Vogelmann Bescheid und lĂ€sst es in seiner Faust mehrmals aufblitzen.
Am Ende seines geschĂ€ftigen Treibens schaukeln im Scheinen sanften Lichts Papierlampions ĂŒber unseren Köpfen. Weiße Perlkugeln zieren die Fransenspitzen am Ende eingedrehter KordelschnĂŒre, klickern aufeinander und machen Musik.
Und da sind wir. Der Gefiederte entpuppt sich als kahlköpfiger Greis im abgerissenen Origamigewand eines fernöstlichen Handlungsreisenden. Weiße, gelockte Haare wachsen aus seinen Ohren, umrahmen als Koteletten das schmale Gesicht von den SchlĂ€fen bis zum Kinn. Seine Lippen sind schwarz wie die eines Alchimisten oder ĂŒbernĂ€chtigten Weintrinkers. Anstelle von Augen rollen zerkratzte Murmeln in den Schlitzen einer Haut, die wie ein Wachstuch glĂ€nzt.
Dann ist da noch der Junge. Er sitzt gegenĂŒber und sieht mich forschend an, wĂ€hrend ich sein Alter schĂ€tze. Vielleicht zehn, elf Jahre alt mag das BĂŒrschchen sein. Unendlich jung und dabei dennoch lĂ€ngst dem schmutzigen Matrosenleibchen entwachsen, aus dessen Löchern wie zĂ€her Löwenzahn da ein blonder Haarschopf, dort dĂŒnne Arme sprießen.
Der Junge. Seine Stirn ist eine Leinwand, auf die er von innen Gedanken und EinfĂ€lle projiziert. Jetzt, wĂ€hrend er zu den wippenden Lampions aufsieht, sind es Pferde. Gefleckte Indianerponys, Mustangs mĂŒssen es sein. Schnaubende Wesen, die sich im engen Strudel ungezĂ€hmter Körper drehen, sich mit rollenden Augen aufbĂ€umen, durchgehen, ĂŒber zersplitternde Zaunlatten springen, im aufwirbelnden Staub jegliche Kontur hinter sich lassen und auf blasser Haut vergilben.
All das wegen des bisschen Lichts?
„Und was meinen Sie“, fragt der alte Chinamann und sieht mich an, als wollte er eine Bestellung aufnehmen. „Finden Sie dieses Scheinen nicht ebenfalls ganz mĂ€rchenhaft? Sie mĂŒssen wissen, dass meine Tochter Shun diese Lampions in Handarbeit herstellt, und 
“
„Von mir aus, meinetwegen“, schneide ich in seinen Satz. Ich bin weiß Gott zu mĂŒde, um anderen Gedanken außer meinen zu folgen. Ich, Quiqueg, der Tintenmann.
Nicht dass ich etwa wie der Harpunier aus Melvilles imposantem Walgesang am ganzen Körper tĂ€towiert wĂ€re. Nein, beileibe nicht, nicht einmal an geheimen Stellen. SinĂȘ hat mir diesen Namen gegeben, weil sie fand, dass er meinem Tun mehr Bedeutung verleihen wĂŒrde. „Schließlich bist du doch Redakteur, ein Tintenmann, oder etwa nicht?“
„Wenn du meinst, SinĂȘ.“
„Ist doch wahr! Einer wie du ist doch immer auf der Suche nach einem weißen Mops.“
SinĂȘ darf so reden.
Ihr Name bedeutet Nordwind. Weiß der Himmel, weshalb sich der ausgerechnet im heißen Blut dieser jungen Kellnerin einnisten musste. Als könnte sich ein Schneemann jemals am Feuer dieses Busens wĂ€rmen, ohne bei diesem Abenteuer gĂ€nzlich zu zerfließen!
SinĂȘ. Schönes Rauchgespinst, schlaksiges KurdenmĂ€dchen mit großen FĂŒĂŸen. Und kalten HĂ€nden! HĂ€nden, die sie im RĂŒcken ĂŒberkreuzt, wenn sie hinter dem Tresen am Balken mit den Postkarten aus fernen LĂ€ndern lehnt und ihre Blicke mit den Nachtfaltern ums Licht tanzen lĂ€sst.
SinĂȘ, wenn ich dir nur halb so viel wie eine Ameise bedeute, dann sieh in den nĂ€chsten zehn Sekunden zu mir.
Neun, acht, sieben, sechs, fĂŒnf, vier, drei, zwei 
 – Vorbei!
Bedeute ich dir denn rein gar nichts?
Gut, eine Chance sollst du noch haben!
Neun, acht, sieben, sechs 

„Du solltest schlafen gehen“, hat sie irgendwann gesagt und ihre Zigarettenkippe gleich neben der meinen ausgeknickt. „Morgen ist dein großer Tag, Quiqueg.“
„Dann muss heute meine große Nacht sein, FrĂ€ulein Nordwind. Was hĂ€ltst du davon?“
„Hast du die Tickets“, ĂŒberging sie meinen Antrag, stĂŒtzte ihr Kinn auf die Knöchel ihrer Faust und schwĂ€rmte: „Stockholm! Ach, Quiqueg, Reisen ist so aufregend! Und dann noch zu ihr! Glaub mir, es wird die Story deines Lebens!“
„Kann sein, SinĂȘ. Stanley fand Livingstone. Ich finde 
 Mrs. Lindgren, I presume?“
„Mach nicht immer den ernsten Affen, freu dich doch einfach!“
„Leichter wĂ€re mir, wenn du mich begleiten wĂŒrdest, SinĂȘ. Warum hĂ€ngst du nicht einfach die SchĂŒrze ĂŒber den Nagel und kommst mit?“
„Du weißt doch besser als sonst wer, dass es nicht geht! Hast du vergessen? Das Phantom! Diese Woche wird es endlich sein Geheimnis lĂŒften und sich mir anvertrauen! So steht es in meinem Horoskop! Du hast doch nicht etwa geschwindelt, als du es geschrieben hast, Tintenmann?“
„Nein, ich habe nicht geschwindelt, SinĂȘ.“
Als Urlaubsvertretung von Madame Medusa liegt es neuerdings in meiner Hand, der Skorpiongeborenen einmal in der Woche guten Wind zuzufÀcheln. Und auch wenn sich die anderen in der Re...

Table of contents

  1. Titel
  2. Motto
  3. 1
  4. 2
  5. 3
  6. Reise
  7. Bildteil
  8. Bildlegende
  9. Autor
  10. Impressum