Reisen unter Osmanen und Griechen
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Reisen unter Osmanen und Griechen

Vom Peloponnes zum Olymp in einer ereignisreichen Zeit

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Reisen unter Osmanen und Griechen

Vom Peloponnes zum Olymp in einer ereignisreichen Zeit

About this book

Am Vorabend der Staatsgründung des modernen Griechenlands unternahm Urquhart eine längere Reise, die ihn von der Peloponnes über Makedonien in das heutige Albanien führte. Offiziell war er als Privatmann unterwegs, inoffiziell jedoch statte er regelmäßig Berichte nach London über die politische Situation und die sozialen Verhältnisse im Land ab, da England nicht an einer massiven Schwächung des osmanischen Staates und an einem weiteren Vordringen Russlands im Orient interessiert war. Insbesondere die russischen Aktivitäten im heutigen Nordgriechenland beobachtete man in England mit großer Sorge. Sein Tagebuch über seine Reise des Jahres 1830 veröffentliche David Urquhart im Jahr 1838 unter dem englischen Titel The Spirit of the East (dt. Der Geiste des Orients). Eine deutsche Übersetzung erschien bereits im selben Jahr, was die große Bedeutung Urquharts als Politiker und Literat in seiner Zeit unterstreicht. In dem ganzen Bericht scheint seine Skepsis gegenüber dem neuen Griechentum durch, das seiner Meinung nach mit dem der Antike nicht mehr viel zu tun habe. Überall begegnet man schlechtem Benehmen, Betrügereien und Überfällen der allgegenwärtigen "Klephthen", also räuberischer Diebesbanden, während man in dem türkisch dominierten Norden weit sicherer unterwegs wäre, da dort noch eine staatliche Ordnung existiere. Auch seien die Menschen dort, vor allem natürlich in den größeren Städten, angenehmer und weit gebildeter als im griechischen Süden. Bereits die englische Originalausgabe erschien in zwei Bänden. Die ursprüngliche Aufteilung wird in dieser Neuausgabe beibehalten. Der erste Band reicht von der Peloponnes bis zum Berg Olymp in Mittelgriechenland, behandelt also jenes Gebiet, in dem sich der größte Teil des neugriechischen Staates bis zum Ende des Ersten Weltkriegs befand.

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VIERUNDZWANZIGSTES KAPITEL

STREIFEREIEN AUF DEM OLYMP
UND
ERSTEIGEN DES GIPFELS

Ich begann nun das unbedingte Bedürfnis zu fühlen, mich mit den auf den Bergen im Norden von Thessalien zerstreuten griechischen Armatolis bekannt zu machen, und täglich schien mich der Gipfel des Olymps einzuladen, seine Höhen zu ersteigen. Eine hinreichend starke türkische Wache konnte ich nicht erhalten, bloß weil ich neugierig war, die griechischen Gebirgsbewohner zu sehen. Da die Behörden von Natur argwöhnisch auf England waren, so hätte schon ein solcher Vorschlag an den Pascha meinem Vorhaben einen unübersteigbaren Schlagbaum entgegensetzen können. Um indes keine nützlich scheinende Vorsicht zu vernachlässigen, vertraute ich meine Absicht einem verständigen jungen Griechen an, einem Eingeborenen des Olymps. Nachdem er versuchte, mir mein Unternehmen auszureden, entwarf er mir einen Operationsplan. Ich sollte zuerst nach Alassona, dort versuchen mit einigen der zerstreuten Armatolis bekannt zu werden und den Berg Olymp selbst besteigen. So wie er sich für den Gegenstand erwärmte, verschwanden allmählich seine Besorgnisse, und er fing an sich zu schämen, von dem Besuch seines Geburtslandes zu schaudern, wohin ein Fremder sich allein wagen wollte. Er bot sich daher als mein Führer und Reisegefährte an - ein Vorschlag, den ich ablehnte. Ich war sehr vertraut damit geworden, allein zu reisen, was, obgleich man oft der Unbequemlichkeit und Langeweile ausgesetzt wird, doch auch die Aussichten auf Interesse und Belohnung sehr vergrößert. Für diesmal beschloß ich, mit einem hinten an den Sattel geschnallten Hangbett und ohne Gepäck irgendeiner Art, ohne Diener und selbst ohne eine Münze in der Tasche auf meinem getreuen Maultier fortzureiten. Dieses Tier bin ich verpflichtet, des Lesers Aufmerksamkeit förmlich vorzustellen. Es hatte einen gewissen Grad von Berühmtheit erlangt durch weite Reisen und Eigenschaften, die sich zuerst an den Ufern des Nils erprobten; denn hatte es das Königreich des Minos und den Berg Ida besucht (die Insel Candia oder Canta oder Kreta); war wieder über die Meere gegangen, in Morea gelandet und hatte Ibrahim Pascha durch manche Gefahren in Griechenland getragen; von des ägyptischen Satrapen Dienst in den meinigen gekommen, hatte es drei Viertel der Ruinen des hellenischen Stammes besucht, mit denen es so vertraut geworden war, daß es bei jedem gehauenen Stein stockstill stand, und endlich hatte es Kräuter gesammelt in viel größerer Anzahl und auf größeren Feldern, als Galenus und Dioskurides. Entsprechend dieser verschiedenen Heldentaten und Eigenschaften wurde es unter verschiedenen Namen bekannt. Einige, der Archäologie ergebene Leute nannten es Pausanias; Botaniker gaben ihm den Namen Linné, während ich, mehr auf seine moralischen Anlagen achtend, es Aristoteles nannte, weil es, gleich jenem würdigen Alten, zuweilen seinen Herrn schlug. Mit solchen romantischen Entwürfen im Gehirn und auf einem so ausgezeichneten Renner sitzend, ritt ich mit entschuldbarem Geistesjubel und hochfliegendem Sinn, wenige Minuten vor Sonnenaufgang, am letzten Juli aus den Toren von Lárissa. Vor mir lag die Ebene und erhob der Olymp seinen von den Morgenstrahlen beleuchteten dreifachen Kamm gen Himmel. Ich bog ab vom Weg oder Pfad und spornte Aristoteles zur Eile und zügelte ihn erst dann, als ich genügend Raum zwischen mich und Lárissa gelegt hatte, um mir bewußt zu werden, daß ich entkommen und allein war, und bis ich einen Grabhügel erreicht hatte, wo ich mich umwendete und nach Lárissa blickte und seinen in der Sonne funkelnden dreißig Minaretts. Als ich auf dem einsamen Hügel hielt und die Aussicht ohne Gleichen bewunderte, bemerkte ich einen Reiter, der im vollen Galopp auf mich zukam. Freund oder Feind, dachte ich, es ist ja nur einer, und es wird zugleich sicherer und anständiger sein, ihm Auge in Auge entgegenzutreten und obendrein mit dem Vorteil des Platzes, auf dem ich hielt. Der Reiter kam in Sprüngen daher, da ich aber weder eingelegte Lanze, noch Pistole in der Hand, noch das malerische Schwenken des Säbels um das Handgelenk bemerkte, so erwartete ich ruhig seine Ankunft. Erst als er ein paar Meter von mir plötzlich sein Pferd auf das Hinterteil setzte, erkannte ich unter einem gewichtigen Turban und einem weiten, rauhen Mantel den Reisegefährten, dessen Dienste ich am Abend vorher zurückgewiesen hatte. „Ah, ha!“ sagte er, „Sie wünschen mir zu entwischen, aber ich wußte, mein At (Pferd) würde Ihr Maultier überholen, und ich dachte, wenn Sie mich in diesem Anzug sähen, würden Sie sich meiner Gesellschaft nicht schämen.“ Der arme Kerl hatte sich eingebildet, ich hätte ihn nur wegen der Rajah-Tracht, worin er ging, zurückgewiesen. Ich versicherte ihn, daß ich weder gestern abend an seinen Anzug gedacht hätte, noch heute morgen daran, ihm zu entwischen, bedeutete ihm aber die Gefahr, in die wir jetzt beide infolge seiner Tracht liefen; ich hätte mich wegen meiner Sicherheit auf die Entfernung aller anzüglichen Gegenstände und Verteidigungsmittel verlassen, sowie auf den Einfluß, den ich auszuüben gewohnt worden und auf den ich Vertrauen gewonnen. In dieser Tracht aber und mit diesen Waffen würden wir totgeschossen werden, ehe jemand eine Frage täte oder beantwortete. Ich war nur mit einem tüchtigen Stock bewaffnet, der in diesen Gegenden den unschätzbaren Vorteil hat, nicht als Waffe angesehen zu werden.1 Ich sagte ihm daher, daß wenn ich früher seine Gesellschaft abgelehnt hätte, ich mich ihr jetzt förmlich widersetzen müsse. Auf sein Andringen gab ich es indes zu, daß er mich bis Alassona begleitete.
Wir erreichten den Fuß des Olymps, am Ursprung der Quelle, vier oder fünf Meilen von Túrnovo, deren reines und helles Wasser so viel zu der Schönheit der Färbereien in diesem Bezirk beitragen soll. Wir setzten uns auf einen grünen Rasen, unter einige schöne Platanen, dicht an dem überschwellenden Strom.
Der Marmorfelsen hinter uns, der über Túrnovo hängt, trifft nah bei diesem Ort auf den Gneis und Granit des Olymps. Gegen Norden, unterhalb dieses Zusammenstoßes und recht im Mittelpunkt eines zurückliegenden Winkels der Bergkette, liegt das Dorf Mati. Der beengte Teil der Ebene vor uns, nach der Richtung von Tempe, wird von dieser Quelle bewässert und ist von smaragdgrünem Rasen, mit dunkelgrünen Binsen, Gesträuch und Bäumen, im Gegensatz zu den nackten, abgerundeten Formen der Marmorformation und das angeworfene, gebrochene, aber weniger kahle Aussehen des aus Schiefer gebildeten Olymps. Dieses Wasser, in Verbindung mit der Quelle bei Túrnovo, muß der Titaresos des Homer sein, oder sollte es doch sein, denn der Winterstrom, der diesen Namen trägt, zeigte jetzt nur ein breites, weißes Bett, während hingegen dieses Kristallwasser seine grünenden Ufer ausfüllt, und noch jetzt so hell, daß es zum Sprichwort dienen könnte, in einem vollen, klaren Strom hingleitet und noch im schlammigen Peneos, in den es fließt, zu erkennen ist. Nachdem wir kaum eine Stunde in einer steilen Schlucht, durch die des Pompeius’ Legionen vor der Schlacht von Pharsalia herunterzogen, gestiegen und halb so weit wieder hinunter geritten waren, eröffnete sich vor mir die schöne kleine Bergebene von Alassona, etwa zehn Meilen im Umkreis. Gleich allen Hochebenen in Thessalien ist ihr Ansehen, wie das eines plötzlich zum Festland erstarrten Sees, umgeben von einer unregelmäßigen Küste, mehr als von einem Hügelkreis. Durch ihre Öffnung nach Westen hin zeigt sich die Kette, die sich vom Pindos bis an den Olymp erstreckt. Dem Punkt gegenüber, wo wir hineingekommen waren, glänzten die Minaretts von Alassona und einige weißliche Klippen, wovon es seinen homerischen Beinamen hat, und auf einem Felsen darüber das Kloster. Pappelbäume, Maulbeerbäume und Reben grünten ringsum. Rechts liegt Tzeritsines (von Tzerna, im Bulgarischen: ein Maul beer baum2) unter der Gruppe des Olymps, auf einer hübschen Erhöhung, unmittelbar von Felsen überhangen. Die breiten Dächer, die aussehen, als lägen sie eines über dem anderen, mit Laubwerk vermischt, geben dem Ort ein hübsches Ansehen und einen Schein von Wohlstand. Wir kamen durch Weinreben, die von Unkraut fast erstickten, und durch Anpflanzungen üppiger Maulbeerbäume, die, wie ich kaum glauben wollte, aber überzeugt wurde, erst vor drei Wochen an den Zweigen beschnitten waren.
Als wir in Tzeritsines ankamen, schien der Ort der Verwüstung entgangen zu sein, an die ich seit langem gewöhnt war, allein nirgends hat sich mir das Elend, dem dies Land zur Beute geworden, auf eine so eindringliche Weise dargestellt. Mein Gefährte war hier in die Schule gegangen und seit zwölf Jahren nicht dort gewesen. Mit aller Kraft, welche die Einfachheit dem Gefühl verleiht, zeigte er bei jedem Schritt auf einen Gegensatz zwischen dem jetzigen Zustand und dem früheren. Jetzt erkannte er den Diener eines alten Freundes, dessen ganzer Hausstand verschwunden war; jetzt einen Vater, dessen Kinder nicht mehr am Leben waren; jetzt stand er still auf dem Platz, wo ein glückliches Haus gestanden hatte, und nun wieder auf der Stätte eines zerstörten Hauses, wo er einst glücklich gewesen. Er bestand darauf, wir sollten zu seinem ehemaligen Schulmeister gehen. Wir fanden bald das Haus, aber - sonderbar! - die Tür war fort. Nachdem wir eine zeitlang gerufen hatten, zeigte sich am Fenster ein alter Kopf, mit einem kleinen schwarzen Bart und Brille auf der Nase. Wir wurden durch eine etwas entfernte Tür gewiesen und fanden unseren Weg in die Wohnung des Höchstverständigen3 durch ein Loch in seiner Gartenmauer, eine klassische Art der Holzsparkunst. Wir fanden den Schulmeister auf einem Teppich sitzend, an einem Ende eines weiten Raums, der früher in verschiedene Zimmer abgeteilt gewesen. Die Scheidewände waren niedergeschlagen, das Dach wurde an einer Seite nur durch Pfähle gestützt, der Fußboden war zum Teil aufgebrochen. Während der letzten drei Jahre war es ein Quartier für Albanesen gewesen, seit er aber auf die Erfindung geraten war, die Tür zu vermauern und durch einen verborgenen Gang hineinzukommen, lebte er ungestört mitten unter seinen Ruinen. Er lachte herzlich, als er seine Geschichte erzählte und tippte weislich mit dem Finger an die Stirn, ungefähr in der Lieblingsstellung Swifts, wodurch, wie man sagt, Gall zuerst darauf geführt wurde, das Organ des Witzes aufzufinden.
Nachher wurde ich mit zum Besuch genommen, zu einem der früher wohlhabendsten Einwohner des Ortes, wie der Schulmeister4 mir sagte, einem Gelehrten und Philosophen. Wir traten in einen von beträchtlich ausgedehnten Gebäuden umgebenen geräumigen Hof; wir gingen durch verschiedene zertrümmerte Gänge und Korridore; wir lösten die Schnüre, womit einige Türen zugemacht waren, konnten aber keine lebendige Seele finden. Endlich antwortete uns eine scharfe und knarrende Stimme, und der Ton führte uns zu einer kleinen Kammer, wo wir den gesuchten Philosophen fanden, der in einer Ecke auf einem alten Pelz saß und an einem Stuhl schrieb. Er war ganz verstört bei dem unerwarteten Erscheinen eines Europäers, nahm aber sofort eine Miene gezwungener Zufriedenheit an. Mit Vergnügen und zugleich mit Schmerz beobachtete ich diesen Charakter, der den unaufhörlichen und leeren Klageliedern und Seufzern der Griechen geradezu entgegengesetzt war. Er deutete niemals auf allgemeine Klagen oder die Leiden der einzelnen und wußte es künstlich einzurichten, daß ein Nachbar Kaffee machte und hereinbrachte als würde er von seinen Leuten serviert. Er sagte mir, er habe Haus und Hof absichtlich in der verlorenen Lage gelassen, wie ich es gefunden, damit es nicht die Albanesen anlocke. Das war das erste Mal, daß ich einen Griechen kennenlernte, der mir nicht seine Leiden und seine wirkliche oder geheuchelte Armut auskramte und mich nicht in den ersten fünf Minuten fragte: Gibt es kein Mitleid, kein Erbarmen für uns?5 Er sagte: „Schon seit manchen Jahren müssen in diesen Landen die Kinder der Hellenen erröten, wenn eines freien Mannes Auge auf sie schaut. Alles, was uns jetzt noch bleibt, ist der Becher der Philosophie, das heißt die Hefe, denn der Rest ist fort. Seht ihr auf mich, meinen Anzug, meine Lage und meine Höhle, so mögt ihr leicht denken, ihr besucht einen Diogenes, aber damit, ich muß es leider sagen, hört auch alle Ähnlichkeit auf.“
Obgleich Tzeritsines ein solches Bild der Zerstörung darbietet, ist es doch vielleicht der am wenigsten unglückliche Ort auf dem Olymp. Korn muß gesät, Weinberge müssen bearbeitet werden, aber der Maulbeerbaum bringt seine Blätter von selbst. Einige Seidenwürmer kann man sich leicht beschaffen, und Seide ist leicht zu transportieren, leicht zu verstecken und immer zu verkaufen, mithin fast so gut wie Bargeld. Die Maulbeerbäume sind merkwürdig wegen ihres breiten, dunkelgrünen und glänzenden Laubes. Die Leute pflücken die Blätter nicht von den Bäumen, sondern schneiden die jährlichen Sprossen ab. Sie sagen, die Blätter würden so reichlicher und saftiger, und die Würmer kriechen lieber auf die Zweige, die dann leichter rein zu halten und gesünder sind und besser treiben. Nachdem die Sprossen abgeschnitten sind, schießen andere aus, mit überraschender Schnelle, so daß einen Monat darauf der Baum aussieht, als wäre er nie beschnitten. Die Schößlinge bleiben dann bis zum nächsten Jahr stehen.
Von Tzeritsines nach Alassona ist weniger als eine halbe Stunde, längs des Fußes der Hügel. Zersetzter Feldspat vom Gneis, hellfarbiger Sand und Ton geben den Klippen das weiße Ansehen, die den nördlichen Gürtel der schönen kleinen Ebene bilden, obgleich jetzt diese Klippen fast von dunklerer Farbe scheinen als das verwelkte Gras. Ehe aber die Klippen so sehr verwittert waren, und wie sich noch ihre Farbe von den Wälder droben und den Anbau unten abhob, müssen sie ganz weiß ausgesehen haben. Das Kloster der heiligen Jungfrau steht vermutlich auf der Stelle der Akropolis von Oleasson. Für den Pfosten der Kirchentür ist ein Stück Marmor verwendet, das eine lange Inschrift in kleinen Buchstaben enthält, die aber unleserlich ist. Eine Säule drinnen ist ganz bedeckt mit kleinen, gut geformten Buchstaben, aber so sehr abgeschabt, daß ich nicht vier Buchstaben zusammenbringen konnte. Eine andere Säule hatte eine ähnliche Inschrift getragen, die sorgfältig ausgegraben ist. Als ich diese Marmorstücke betrachtete, dachte ich an Johnson6, der das Verzeichnis von Plutarchs verlorenen Werken durchlas und sich mit einem Schiffseigner verglich, der das Warenverzeichnis einer durch Schiffbruch verlorenen Ladung durchliest. Hier war aber der Verlust nicht das Werk des Zufalls, sondern der Hände, die zum Schutz und zur Erhaltung verpflichtet gewesen wären. Auf dem Kirchenpflaster befindet sich ein Halbrelief, ein mit einem Stier kämpfender Löwe, in gutem Stil, aber sehr abgenutzt.
Das Kloster der ...

Table of contents

  1. Cover
  2. Über den Autor
  3. Zum Buch
  4. Titel
  5. Impressum
  6. INHALT
  7. VORWORT DES HERAUSGEBERS
  8. EINLEITUNG
  9. ERSTES KAPITEL: Reisezwecke – Abreise von Argos – Beschwerden und Freuden einer Reise im Orient
  10. ZWEITES KAPITEL: Zustand des griechischen Landvolks im Jahr 1830 – Militärische und politische Wichtigkeit der Bucht von Korinth – Vorfall im Befreiungskrieg – Seegefecht in der Bay von Salona
  11. DRITTES KAPITEL: Patras – Türkische und griechische Flaggen
  12. VIERTES KAPITEL: Das westliche Griechenland – Griechische Meinungen vom Herzog von Wellington – Messolonghi – Das Füllhorn – Schlacht von Lepanto
  13. FÜNFTES KAPITEL: Anatolikó – Trigardon – Moor von Lezini – Schwimmen nach einem Kloster – Senkung der Küste von Akarnanien und Epirus
  14. SECHSTES KAPITEL: Europäische Politik und türkisches Verfahren – Vergleichung der türkischen und römischen Eroberung – Von den Türken eingeführte Verwaltung
  15. SIEBTES KAPITEL: Flüchtlinge im See von Vrachóri – Altertümliche Forschungen und Unfälle – Einfluss des Schießpulvers auf Regierungen und Völker – Kultur und Trümmer von Alyzea – Eine malerische Szene
  16. ACHTES KAPITEL: Veränderungen unter den Palikaren – Die Vlachen, Hirten, Soldaten – Pouqueville’s Irrtümer – Festlichkeiten auf dem Makronoros – Eberjagd – Ankunft in Albanien
  17. NEUNTES KAPITEL: Das Protokoll
  18. ZEHNTES KAPITEL: Die drei Kommissarien – Abreise von Preveza – Aussicht auf Zerrüttung in Albanien – Die Ebene von Arta
  19. ELFTES KAPITEL: Politische, gesellschaftliche und diplomatische Erörterungen mit einem Gouverneur, einem Edelmann und einem Kadi
  20. ZWÖLFTES KAPITEL: Stand der Parteien, Einleitungen zur Eröffnung des Feldzugs
  21. DREIZEHNTES KAPITEL: Stadt Arta – Abreise nach und Ankunft in Jannena – Zustand des Landes – Weibliche Tracht und Schönheit – Häuslicher Gewerbfleiß – Verteilung der Truppen – Plötzlicher Schrecken und Zurüstungen zu einem Feldzuge
  22. VIERZEHNTES KAPITEL: Skipetaren – Zug nach dem Pindos
  23. FÜNFZEHNTES KAPITEL: Zusammentreffen der Lager – Konferenz zwischen den Anführern – Neue Besorgnisse
  24. SECHZEHNTES KAPITEL: Eindrücke, die das Skipetarenlager auf uns machte – Frühere Lage und zukünftige Aussichten Albaniens – Vergleichende Charakterzüge des Aufstandes in der Türkei und in Europa
  25. SIEBZEHNTES KAPITEL: Abreise aus dem Lager – Abenteuer auf dem Pindos – Aufwinden in ein Kloster – Meteora – Entdeckung seltsamer Intrigen – Der radikale Gouverneur von Trikala – Ankunft in Lárissa
  26. ACHTZEHNTES KAPITEL: Thessalien
  27. NEUNZEHNTES KAPITEL: Aufnahme der albanesischen Beys aus Monastir
  28. ZWANZIGSTES KAPITEL: Ausflüge in Thessalien – Politische Stellung Englands – Abenteuer in Thermopylä – Feld von Pharsalia – Ver fassung und Wohlstand der Städter in Magnesia – Túrnovo – Einführung der Künste aus Kleinasien – Geschichte Turkhan Beys
  29. EINUNDZWANZIGSTES KAPITEL: Ein Rückblick – Mohammed IV. und seine Zeiten – Diplomatischer Verkehr – Gegenseitiges National-Unrecht – Dragomans im Orient – Handelsbe schränkungen im Abendlande
  30. ZWEIUNDZWANZIGSTES KAPITEL: Geselliger Verkehr mit den Türken
  31. DREIUNDZWANZIGSTES KAPITEL: Eigentümlichkeiten eines orientalischen und eines antiken Zimmers – Erscheinen eines Europäers in morgenländischer Gesellschaft
  32. VIERUNDZWANZIGSTES KAPITEL: Streifereien auf dem Olymp und Ersteigen des Gipfels
  33. FÜNFUNZWANZIGSTES KAPITEL: Gerichtsverwaltung und auswärtige Angelegenheiten eines Bergräuber-Königs – Organische Überreste des trojanischen Krieges
  34. Kontakt zum Verlag