Bankenaufsicht im Dialog 2018
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Bankenaufsicht im Dialog 2018

Andreas Dombret, Andreas Dombret

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Bankenaufsicht im Dialog 2018

Andreas Dombret, Andreas Dombret

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2017 war ein Meilenstein in der Geschichte der internationalen Bankenregulierung: Obwohl von Einzelnen schon für unmöglich gehalten, haben sich die Mitgliedsländer des Baseler Ausschusses Ende 2017 auf einen Kompromiss für das Reformpaket Basel lll geeinigt. Insbesondere die Verhandlungen um die überarbeitete Berechnung der risikogewichteten Aktiva, die bei der Ermittlung der Eigenmittelanforderungen einfließen, waren zwar zäh, aber schlussendlich erfolgreich. Nach Umsetzung wird das Basel-III-Abkommen seinen Beitrag zu einem stabilen und sicheren Finanzsystem leisten – und dies durch seine internationale Gültigkeit flächendeckend.Mit der Einigung in Basel kehrt keinesfalls Stillstand in Bankenaufsicht und -regulierung ein. Sowohl Aufsicht als auch Institute stehen vor neuen und zahlreichen Herausforderungen. Neben dem Handlungsdruck, den das Niedrigzinsumfeld, die Digitalisierung oder auch der Brexit mit sich bringen, gibt es eine weitere zentrale Herausforderung, die Leitthema unseres diesjährigen Symposiums war: der Klimawandel und seine Auswirkungen auf das Finanzsystem. Unter dem Begriff "Green Finance" wird inzwischen darüber diskutiert, wie der Finanzsektor auf den Klimawandel reagiert und seinen Teil dazu beitragen kann, die Auswirkungen von Klimaveränderungen abzuschwächen und eine ökologisch nachhaltige Entwicklung zu fördern. Aus Sicht der Bankenaufsicht geht es aber auch um die Risiken, die der Klimawandel und der Wandel der Wirtschaft für den Finanzsektor bergen können – sowie um die Frage, inwiefern sich Finanzinstitute anpassen müssen, um sich vor diesen Risiken zu schützen. Und nicht zuletzt geht es darum, welche Rolle Aufsicht und Regulierung beim Übergang in ein grünes Finanzsystem spielen können und wollen.

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Information

Year
2018
ISBN
9783831408887

Kapitel 1

Nachhaltigkeit

Andreas Dombret

Greener finance – better finance? Wie grün sollte die Finanzwelt sein?

1.Einleitung

Sehr geehrte Damen und Herren,
herzlich willkommen zu unserem diesjährigen Bundesbank-Symposium „Bankenaufsicht im Dialog.“ Ich freue mich sehr, dass ich heute die nunmehr 20. Veranstaltung dieser Art eröffnen darf.
Manch einer von Ihnen mag sich fragen, was zum Jubiläum aus dem guten alten Bundesbank-Symposium geworden ist: Soll es heute statt um Kreditrisiken, Eigenmittel oder die Bankenunion um Treibhausgase, schmelzende Pole und sterbende Tierarten gehen? Gilt für die Bundesbank jetzt das Motto: „Nach uns die Sintflut“?
Meine Damen und Herren, ganz im Gegenteil. Das Bundesbank-Symposium hat es sich in den vergangenen 20 Jahren immer wieder zur Aufgabe gemacht, Themen zu diskutieren, die die Finanzwelt bewegen. Und ich möchte das letzte Symposium in meiner Amtszeit bei der Bundesbank dazu nutzen, um eine Frage zu diskutieren, die im wahrsten Sinne des Wortes existenziell ist: den Klimawandel und die Rolle der Finanzwelt.
Dass das Thema zunehmend greifbar wird, zeigt das Pariser Klimaabkommen, das im Jahr 2015 verabschiedet und seitdem von fast allen Ländern der Welt unterzeichnet wurde. Hier wurde eine globale Einigung über Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels erzielt, die schon seit Jahrzehnten angestrebt und von manchen kaum noch für möglich gehalten wurde. Dieser weltweiten Übereinkunft liegt die ernüchternde und zugleich erschütternde Einsicht zugrunde, dass der Klimawandel von Menschen verursacht ist und nur durch gemeinsame Anstrengungen der Menschheit begrenzt werden kann.
Trotz aller Erfolge scheint aber noch nicht überall durchgedrungen zu sein, was die Vereinbarung der UN-Klimakonferenz in Paris eigentlich bedeutet. Bis jetzt ist sie für die meisten lediglich die abstrakte Einigung, die Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Wert zu begrenzen und für eine noch weitergehende Begrenzung zu kämpfen. Doch uns allen sollte klar sein: Wenn die Weltgemeinschaft das ehrgeizige Ziel einer Zwei-Grad-Beschränkung auch nur einigermaßen konsequent verfolgen will, sind weitreichende Eingriffe in die bestehenden Wirtschaftssysteme notwendig. Und dabei gilt: Je später wir anfangen, desto tiefgreifender müssen wir handeln. Vom Planeten selbst dürfen wir jedenfalls keine Rücksicht erwarten.
Ganz konkret heißt das: Wir müssen ehrgeizig sein – und zwar deutlich ehrgeiziger als bisher. Und dabei müssen wir das Thema aus einer systemischen Perspektive betrachten. Alle Teile der Wirtschaft müssen sich anpassen, indem die Externalitäten des Klimawandels richtig bepreist und internalisiert werden. Und diese Anpassung wird weit über reine CO2-Begrenzungen hinausgehen. Die Art, wie wir wirtschaften, und der Pfad, auf dem sich Wirtschaft und Gesellschaft weiterentwickeln, müssen sich verändern.
Konkret sehe ich in der Volkswirtschaft drei Bereiche, um den Klimawandel anzugehen. Erstens die Erzeugung von grüner Energie – hier sind wir schon recht weit gekommen. Zweitens das Thema grüne Transportsysteme – hier ist die Entwicklung leider noch dürftig. Und drittens geht es beim Klimawandel auch um nachhaltige und grüne Ernährung – hier gibt es nur sehr wenige belastbare Voraussagen, wie die künftige Entwicklung verlaufen könnte.
Bei all diesen Bereichen ist ohne Zweifel auch der Finanzsektor betroffen. An Banken und Sparkassen als Kreditgeber der Realwirtschaft können der Klimawandel und der bevorstehende „grüne“ Wandel in der Wirtschaft nicht spurlos vorübergehen. Damit sind wir nun beim Thema unseres heutigen Symposiums und meiner Eröffnungsrede angekommen.
Der Begriff „Green Finance“ dürfte Ihnen inzwischen geläufig sein. Hier geht es im Grunde darum, wie der Finanzsektor reagiert und seinen Teil dazu beitragen kann, die Auswirkungen von Klimaveränderungen abzuschwächen und eine ökologisch nachhaltige Entwicklung zu fördern. Beispielsweise, indem der Finanzsektor Mittel in umweltfreundliche Technologien und Wirtschaftszweige lenkt – und nebenbei von deren Entwicklung profitiert. Für mich ist Green Finance vor allem auch „patient finance“ – also eine Finanzwelt, die in erster Linie auf die langfristigen Folgen ihres Handelns schaut. Es geht also um einen regelrechten Paradigmenwechsel. Schaffen wir es, Kurzfristdenken zu überwinden? Schaffen wir es, langfristige Investitionen über kurzfristige Handelschancen zu stellen? Wollen wir nicht Aktionäre, die ihre Aktien über einen langen Zeitraum halten, anstatt sie sekündlich zu handeln? Für all diese Fragen soll die heutige Veranstaltung ein Bewusstsein schaffen.
Aber gerade aus Sicht der Bankenaufsicht gibt es noch mindestens einen weiteren zentralen Aspekt. Dieser betrifft die Risiken, die der Klimawandel und der Wandel der Wirtschaft für den Finanzsektor bergen können – sowie die Frage, inwiefern sich Finanzinstitute anpassen müssen, um sich vor diesen Risiken zu schützen.
Und nicht zuletzt müssen auch wir uns als Zentralbanker und Aufseher die Frage stellen, welche Rolle wir beim Übergang in ein grünes Finanzsystem spielen können und wollen. Diesen drei Themen – den Risiken für die Finanzwirtschaft, den Chancen für die Finanzwirtschaft und der Rolle der Aufsicht – möchte ich mich im Folgenden widmen.

2.Die Risikoperspektive: Worüber sprechen wir?

Lassen Sie uns zunächst die Risikoperspektive einnehmen. Im Kontext des Klimawandels denken viele zuerst an Naturkatastrophen: Unwetter, Hitzerekorde, Dürren, Überschwemmungen, Wirbelstürme. Sie erinnern sich: Die atlantische Hurrikansaison des vergangenen Jahres war eine der verheerendsten, die wir je erlebt haben. Solche Katastrophen verursachen in erster Linie großes menschliches Leid. Sie bergen aber auch wirtschaftliche Risiken – wir sprechen in diesem Fall von physischen Risiken. Diese können uns alle betreffen: Privatpersonen, Staatshaushalte, Versicherungen und andere Finanzunternehmen.
Sichtbar werden die Kosten schon heute in den Bilanzen der Schaden- und Rückversicherer. Für die Hurrikansaison und andere Naturkatastrophen im Jahr 2017 werden allein die versicherten Schäden mit rund 135 Milliarden US-Dollar beziffert. Die Versicherer beherrschen deshalb meist die Schlagzeilen. Aber auch aus Sicht von Banken und Sparkassen können zum Beispiel von ihnen finanzierte Vermögenswerte wie Immobilien, Produktionsanlagen oder Handelsgüter direkt betroffen sein. Indirekt kann es zu Störungen von Wertschöpfungs- und Lieferketten kommen, die ihre Kunden betreffen. Und es ist nicht gesagt, dass sich solche wetter- und klimabedingten Schadensfälle auch künftig noch versichern lassen, sollten sich die Eintrittswahrscheinlichkeiten und die erwarteten Schadenssummen durch den Klimawandel weiter drastisch erhöhen.
Aber wir müssen weiterdenken. Es gibt noch andere Risiken als die direkten Folgen des Klimawandels, die wir im Blick behalten müssen. Denn der Wandel hin zu einer emissionsärmeren, einer „grünen“ Wirtschaft birgt selbst wiederum Risiken. Diese werden etwas sperrig als „Transitionsrisiken“ bezeichnet.
Denn zur Realisierung des Übergangs sind potenziell disruptive technische Fortschritte und weitreichende klimapolitische Änderungen erforderlich. Dies wird an kaum einem Wirtschaftszweig spurlos vorrübergehen. Und zweifelsohne werden Marktteilnehmer im Rahmen dieser Umwälzungen viele Vermögenswerte neu bewerten müssen.
Ist Ihnen der Begriff „stranded assets“ schon einmal begegnet? Um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, muss der weltweite Kohlenstoffausstoß begrenzt werden. Über den Daumen gepeilt darf der CO2-Ausstoß wohl nicht viel mehr als 1 000 Gigatonnen betragen, bis wir unser Budget aufgebraucht haben. Allerdings liegt der CO2-Gehalt der bekannten, noch nicht gehobenen fossilen Brennstoffreserven viel höher, nämlich etwa beim Dreifachen. Die Folge: Ein großer Teil davon muss im Boden bleiben. Das Problem: Der Wert vieler Unternehmen beruht zu einem bedeutenden Anteil auf der künftigen Ausbeutung dieser Brennstoffvorräte. Wenn diese Vorräte aber gar nicht erschlossen werden dürfen, sind sie wertlos – es sind sogenannte „stranded assets“. Der Wertverlust der Vermögenswerte wird zum Existenzrisiko der Unternehmen. Beispielsweise ist die Marktkapitalisierung der großen amerikanischen Kohleunternehmen in den vergangenen fünf Jahren um etwa 60 Prozent, in den vergangenen zehn Jahren um etwa 90 Prozent gefallen. Und das, während der amerikanische Aktienmarkt insgesamt von Rekord zu Rekord eilte.
Und das ist nur ein Beispiel von vielen. Je nachdem, wie rasch und unerwartet der Übergang und die damit einhergehende Neubewertung stattfinden, könnten sie auch von hoher Relevanz für die Stabilität ganzer Wirtschaftssektoren sein. Problematisch wird es also vor allem dann, wenn Unternehmen und Investoren ihre Planungen nicht langfristig ausrichten können, weil sie auf kurzfristige politische Impulse reagieren müssen. Dann drohen Klippeneffekte, die zu Verwerfungen und finanziellen Verlusten führen können. Auch das Finanzsystem und dessen Stabilität sind dann betroffen.

3.Klimarisiken im deutschen Bankensystem

Lassen Sie uns nun direkt von der Theorie in die Praxis springen. Wie stark wären deutsche Banken und Sparkassen vom Übergang zu einer emissionsärmeren Wirtschaft betroffen?
Die Kreditvolumina deutscher Institute gegenüber besonders CO2-intensiven Sektoren wirken auf den ersten Blick vernachlässigbar: Die Millionenkredite deutscher Banken an Unternehmen im Kohlebergbau belaufen sich aktuell auf knapp 1 Milliarde Euro. Bei einzelnen Instituten können Kredite an Kohlebergbauuntern...

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