Vielfältiges Deutschland
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Vielfältiges Deutschland

Bausteine für eine zukunftsfähige Gesellschaft

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Vielfältiges Deutschland

Bausteine für eine zukunftsfähige Gesellschaft

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About this book

Eine zukunftsfähige Gesellschaft, die einen anderen Umgang mit dem Thema "Migration" kultivieren möchte als bisher, muss ihr Selbstverständnis verändern. Im 21. Jahrhundert tragen Konzepte nicht mehr, die ein nationales "Wir" von einem fremden "Die anderen" unterscheiden. Was aber trägt stattdessen? Aus fünf Blickwinkeln liefert "Vielfältiges Deutschland" mögliche Antworten. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Themenfeldern "Identität", "Willkommens- und Anerkennungskultur", "Zuwanderungssteuerung" sowie "Repräsentanz und öffentlicher Diskurs". Es geht um Orientierungspunkte für eine im Wandel befindliche Gesellschaft, welche die Fehler zu vermeiden sucht, die in der sogenannten Gastarbeiterära begangen wurden und den Integrationsdiskurs in Deutschland jahrzehntelang belastet haben. Die neuen Konzepte müssen ein komplexes Bündel an politischen, kulturellen und administrativen Fragen beantworten. Zu vielen Aspekten gibt es konkurrierende Antworten und divergierende Interessen. Aber der neue integrationsfreundliche Ton in der Politik lässt uns diese Fragen konstruktiver diskutieren als in der Vergangenheit - wenn das bestmögliche Wissen und die belastbarste empirische Evidenz zum Maßstab werden für Richtungsentscheidungen in der Migrationspolitik.

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Information

Identität/Nation Building

Multikulturalismus: Erfolg, Scheitern und Perspektiven

Will Kymlicka
Die Konzepte für den rechtlichen und politischen Umgang mit ethnischer Vielfalt haben sich in den letzten 40 Jahren überall auf der Welt ständig gewandelt. Oft ist von »Aufstieg und Fall des Multikulturalismus« die Rede und daraus ist eine Art Metaerzählung geworden, auf die sich Wissenschaftler, Journalisten und Politiker immer wieder berufen, wenn sie erklären wollen, welche Richtung die Debatten rund um das Thema Diversität gegenwärtig nehmen. Zwar wird darüber gestritten, was nach dem Multikulturalismus kommen soll, doch herrscht ein erstaunliches Maß an Übereinstimmung darüber, dass wir in einer postmultikulturellen Epoche leben.
In diesem Beitrag wird die These vertreten, dass die Metaerzählung vom »Aufstieg und Fall des Multikulturalismus« ebenso viel verschleiert wie erhellt und dass wir ein anderes gedankliches Gerüst brauchen, um über politische Optionen in der Gegenwart nachzudenken. Erfolge und Fehlschläge multikulturellen Denkens und der Grad an öffentlicher Akzeptanz für multikulturelle Politik hängen stets davon ab, welche Probleme in welchen Ländern gelöst werden sollen, und wir müssen diese Wechselfälle verstehen, um ein nachhaltigeres Modell für den Umgang mit Diversität zu entwickeln.
Hier soll dargelegt werden, dass die Metaerzählung vergangene Experimente mit multikulturellem Denken und Handeln falsch darstellt, das Ausmaß der Abkehr von diesen Experimenten übertreibt sowie weder die tatsächlichen Schwierigkeiten und Grenzen, die bei diesen Versuchen sichtbar wurden, noch die Möglichkeiten, sie zu überwinden, richtig beschreibt.
Bevor wir uns entscheiden, den Niedergang des Multikulturalismus zu feiern oder zu beklagen, müssen wir klären, was Multikulturalismus in Theorie und Praxis bedeutet hat und bedeutet, wo genau er seine Ziele erreicht oder verfehlt hat und unter welchen Bedingungen er künftig Früchte tragen könnte.

Aufstieg und Fall des Multikulturalismus

Die Metaerzählung vom »Aufstieg und Fall des Multikulturalismus« gibt Aufschluss über wichtige Charakteristika unserer gegenwärtigen Debatten. In anderer Hinsicht ist sie jedoch irreführend und verstellt eher den Blick auf die tatsächlichen Herausforderungen und Chancen, mit denen wir konfrontiert sind. Die einfachste Variante dieser Metaerzählung lautet etwa wie folgt (Joppke und Morawska 2003; Koopmans 2006; zur Diskussion in Großbritannien siehe Hansen 2007; Back et al. 2002; Vertovec 2010; zu Australien siehe Ang und Stratton 2001; zur Situation in Kanada siehe Wong, Garcea und Kirova 2005; für einen guten Überblick, wie die Backlash-These in verschiedenen Ländern diskutiert wird, siehe Vertovec und Wessendorf 2010).
Von den 1970er- bis zur Mitte der 1990er-Jahre gab es in den westlichen Demokratien einen deutlichen Trend, Diversität verstärkt anzuerkennen und zu berücksichtigen. Hierzu wurde ein Spektrum multikultureller politischer Strategien entwickelt und es wurden Minderheitenrechte verankert. Multikulturelle politische Strategien gewannen Rückhalt in der Innenpolitik einzelner Staaten und in internationalen Organisationen. Sie bedeuteten auch eine Abkehr von früheren Vorstellungen einer einheitlichen und homogenen Nation.
Seit Mitte der 1990er-Jahre erleben wir jedoch einen Backlash und eine Abkehr vom Multikulturalismus. Ideen vom Zusammenhalt der Nation, von gemeinsamen Grundwerten und einer gemeinsamen Identität sowie einheitlichen staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten gewinnen dagegen wieder an Einfluss – sogar nach einer »Rückkehr zur Assimilation« wird gerufen.
Grund für diese Abkehr vom Multikulturalismus sind unter anderem Ängste innerhalb der Mehrheit, dass die Rücksicht auf Diversität »zu weit gehe« und die eigene Lebensweise bedrohe. Diese Ängste finden oft Ausdruck in einem vermehrten Zulauf zu nativistischen und populistischen politischen Bewegungen des rechten Flügels. So tritt etwa die Dänische Volkspartei für die überkommenen Vorstellungen ein, dass »Dänemark den Dänen« gehören sollte.
Die Abkehr ist aber auch Folge einer eher auf der linken Seite oder in der Mitte des politischen Spektrums verbreiteten Überzeugung, dass der Multikulturalismus gerade denjenigen, denen er nützen sollte – nämlich den Minderheiten selbst –, nicht geholfen habe, weil er die eigentlichen Ursachen für ihre soziale, wirtschaftliche und politische Ausgrenzung nicht bekämpft und entgegen aller Absicht vielleicht sogar zu ihrer sozialen Isolation beigetragen hat. Deshalb haben sich sogar die Mitte-Links-Kräfte, die sich ursprünglich für Multikulturalismus stark gemacht hatten, wie die sozialdemokratischen Parteien in Europa, von ihm verabschiedet und diskutieren nun mit Nachdruck über »staatsbürgerliche Integration«, »sozialen Zusammenhalt«, »gemeinsame Werte« und »gleiche staatsbürgerliche Rechte und Pflichten für alle« (für einen Überblick vgl. Cuperus, Duffek und Kandel 2003).
Der sozialdemokratische Diskurs zur Integration unterscheidet sich vom Gedankengut der radikalen Rechten, indem er die Notwendigkeit betont, eine stärker inklusiv ausgerichtete nationale Identität zu entwickeln und Rassismus und Diskriminierung zu bekämpfen; doch man nimmt trotzdem Abstand von der Rhetorik und den politischen Strategien des Multikulturalismus. Dieser neue Ansatz, der versucht, die Begrenzungen eines naiven oder fehlgeleiteten Multikulturalismus zu überwinden, ohne wieder in repressive Denkmuster und nationalistische, Homogenität verherrlichende Ideologien zu verfallen, wird oft als Postmultikulturalismus bezeichnet (vgl. hierzu für Großbritannien Alibhai-Brown 2000 und 2004; für Australien Jupp 2007; und für die USA King 2004 sowie Hollinger 2006).

Was ist Multikulturalismus?

Ein irreführendes Bild
In vielen Publikationen, die sich dem Postmultikulturalismus zurechnen lassen, wird Multikulturalismus als Wohlfühlveranstaltung dargestellt, bei der die ethnisch-kulturelle Vielfalt gefeiert wird und die Bürger die ganze Palette von Gepflogenheiten, Traditionen, Musikstilen und kulinarischen Besonderheiten in einer multiethnischen Gesellschaft kennenlernen und genießen sollen. Yasmin Alibhai-Brown spricht vom »Multikulturalismus der drei S« in Großbritannien, bei dem Saris, Samosas und Steeldrums im Mittelpunkt stünden (Alibhai-Brown 2000).
Diese Form von Multikulturalismus stellt die bekannten kulturellen Eigenheiten ethnischer Gruppen in den Vordergrund – Kleidung, Kochkunst und Musik – und erhebt sie zu authentischen Praktiken, die von den Angehörigen der jeweiligen Gruppe bewahrt werden sollen und von anderen Bürgerinnen und Bürgern gefahrlos konsumiert werden können. Unter dem Banner der Multikulturalität werden diese Praktiken in Schulen unterrichtet, auf Festivals gezeigt, in Medien und Museen zur Schau gestellt usw. Diese Volksfestvariante des Multikulturalismus ist vielfach kritisiert worden und einige Einwände sollen hier wiedergegeben werden:
Ein folkloristischer Multikulturalismus übergeht das Problem wirtschaftlicher und politischer Ungleichheit. Selbst wenn alle Briten sich für jamaikanische Trommelmusik oder indische Samosas begeisterten, hätte sich damit an den tatsächlichen Sorgen der karibischen und südasiatischen Communitys in Großbritannien nichts geändert – Arbeitslosigkeit, geringer Bildungserfolg, Segregation von Wohngebieten, mangelnde Englischkenntnisse und politische Marginalisierung bestünden fort. Diese wirtschaftlichen und politischen Probleme können nicht gelöst werden, indem man schlicht kulturelle Unterschiede feiert.
Selbst das (sinnvolle) Streben, das Verständnis für kulturelle Unterschiede zu vertiefen, birgt Gefahren, wenn der Fokus darauf liegt, »authentische« kulturelle Praktiken zu zelebrieren, die angeblich die »Einzigartigkeit« der jeweiligen Gruppe ausmachen. Zunächst einmal sollten nicht alle kulturellen Traditionen gewürdigt oder auch nur gesetzlich geduldet werden. Zwangsehen etwa sind abzulehnen. Um keine Konflikte zu schüren, werden bei multikulturellen Festen oft harmlose Gepflogenheiten in den Vordergrund gestellt – wie Kochkunst oder Musik –, an denen sich die Mitglieder der Mehrheitsgesellschaft erfreuen können. Doch dies birgt die Gefahr, kulturelle Unterschiede zu bagatellisieren oder zu Attraktionen in einem Multikulti-Disneyland zu machen. Die tatsächlichen Herausforderungen, die unterschiedliche kulturelle und religiöse Überzeugungen mit sich bringen können, werden dabei übersehen.
Ein folkloristischer Multikulturalismus kann dazu führen, dass Gruppen als hermetisch abgeschlossen und statisch wahrgenommen werden. Dieser Vorstellung nach pflegt dann jede Gruppe auch zukünftig ihre eigenen, besonderen Traditionen. Multikulturalismus zielt zwar darauf ab, dass Menschen ihre Traditionen miteinander teilen, doch die Annahme, dass jede Gruppe sich durch ihre eigenen, unverwechselbaren Gepflogenheiten auszeichnet, blendet Prozesse der kulturellen Anpassung, Vermischung und Melange ebenso aus wie neu entstehende kulturelle Gemeinsamkeiten und nährt dadurch möglicherweise eine Wahrnehmung von Minderheiten als unabänderlich »anders«. Dies kann Vorurteile und stereotype Bilder verstärken und insgesamt zu einer Polarisierung in den Beziehungen zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen beitragen.
In letzter Konsequenz kann ein folkloristischer Multikulturalismus Machtgefälle und einengende Traditionen innerhalb von Minderheiten verstärken. Um herauszufinden, welche Gepflogenheiten »authentisch« sind, was sie bedeuten und wie sie nach außen gezeigt werden, konsultieren staatliche Stellen in der Regel die traditionellen Eliten der jeweiligen Gruppen – meist ältere Männer –, nehmen aber selten zur Kenntnis, dass diese traditionellen Praktiken (und traditionellen Eliten) häufig von Reformern innerhalb der Gruppe infrage gestellt werden, die ihre eigenen Ansichten darüber haben, wie sich etwa ein »guter Muslim« verhalten sollte. So kann ein folkloristischer Multikulturalismus Menschen auf »kulturelle Skripts« festlegen, die sie nicht anzweifeln oder ablehnen dürfen.
In der wachsenden Einsicht in eben diese Fehler sehen Verfechter des Postmultikulturalismus den Grund für die Abkehr von multikulturellen Ideen. Ein Erkenntnisprozess habe eingesetzt, zu dem auch die Suche nach neuen Modellen staatsbürgerlicher Beziehungen gehöre, die 1) auf politische Beteiligung und wirtschaftliche Chancen mehr Wert legen als auf eine symbolische Anerkennung kultureller Unterschiede, 2) Menschenrechte und individuelle Freiheit über den Respekt vor kulturellen Traditionen stellen, 3) die Stärkung auf Inklusion ausgerichteter nationaler Identitäten höher bewerten als die Anerkennung ererbter kultureller Identitäten und 4) kulturellen Wandel und kulturelle Annäherung begünstigen, statt unwandelbare kulturelle Unterschiede festzuschreiben.
Diese Erzählung vom Aufstieg und Fall eines folkloristischen Multikulturalismus ist sicher vielen Leserinnen und Lesern vertraut. Meines Erachtens wird sie jedoch der Wirklichkeit nicht gerecht. Zum einen wendet sie sich bereits gegen ein Zerrbild des Multikulturalismus und nicht gegen die praktizierte Realität, die sich in den letzten 40 Jahren in den westlichen Demokratien herausgebildet hat. Vor allem aber lenkt sie von den wirklichen Problemen ab, denen wir uns stellen müssen. Das Zerrbild eines Multikulturalismus, der Samosas, Saris und Steeldrums feiert, enthält auch realistische Elemente. Es zeigt eine natürliche menschliche Neigung, ethnische Unterschiede zu vereinfachen, und die Funktionsweise des globalen Kapitalismus, die es erlaubt, kulturelle Erzeugnisse weltweit zu vermarkten. Den verschiedenen politischen multikulturellen Strategien verschiedener Regierungen seit Ende der 1960er-Jahre und ihren komplexeren historischen Wurzeln und politischen Zielen wird es jedoch nicht gerecht.
Multikulturalismus im historischen Zusammenhang
Es ist wichtig, Multikulturalismus im historischen Zusammenhang zu verstehen. Die Idee eines multikulturellen Zusammenlebens gibt es seit Menschengedenken – immer haben unterschiedliche Kulturen Formen der Koexistenz gefunden und viele große Imperien, unter anderem das Osmanische Reich, zeichneten sich durch Respekt vor kultureller Vielfalt aus. Doch die Form von Multikulturalismus, von deren »Aufstieg und Fall« nun die Rede ist, stellt ein spezifischeres historisches Phänomen dar, das zuerst gegen Ende der 1960er-Jahre in den westlichen Demokratien auftauchte. Der genaue Zeitpunkt ist bedeutsam, will man den Multikulturalismus im Zusammenhang der großen gesellschaftlichen Transformation der Nachkriegsära begreifen.
Genauer betrachtet ist der Multikulturalismus Teil einer umfassenderen Revolution für die Menschenrechte, zu der auch der Kampf für einen fairen Umgang mit ethnischer Vielfalt gehörte. Bis zum Zweiten Weltkrieg war die ethnisch-kulturelle und religiöse Vielfalt im Westen geprägt von verschiedenen repressiven und undemokratischen Hierarchien, die durch rassistische Ideologien gerechtfertigt wurden (hierzu gehören Beziehungen zwischen Eroberern und Eroberten, Kolonialisten und Kolonialisierten, Herren und Sklaven, Siedlern und indigener Bevölkerung, ethnisch »unauffälligen« und aus ethnischen Gründen diskriminierten Bürgern, »normalen« und als abweichend stigmatisierten Menschen, Strenggläubigen und Häretikern, angeblich Zivilisierten und angeblich Primitiven, Verbündeten und Feinden). Diese Ideologien behaupteten, dass einige Völker und Kulturen anderen überlegen seien und deshalb das Recht hätten, andere zu beherrschen. In der westlichen Welt wurden diese Ideologien weithin akzeptiert und sowohl innerstaatliche Gesetze (z. B. eine auf Rassevorurteilen gründende Einwanderungs- und Einbürgerungspolitik) als auch die Außenpolitik (z. B. in Bezug auf die Kolonien in Übersee) verschafften ihnen Geltung.
Nach dem Zweiten Weltkrieg jedoch war man auf der ganzen Welt entsetzt über Hitlers fanatischen und mörderischen Gebrauch solcher Ideologien. Die Vereinigten Nationen ächteten sie und traten für eine neue Weltanschauung ein, deren zentrale Überzeugung die Gleichheit aller Rassen und Völker ist. Diese neue Grundannahme von der Gleichheit aller Menschen brachte eine Reihe politischer Bewegungen hervor, die das Fortbestehen oder die anhaltenden Auswirkungen überkommener Hierarchien infrage stellten. Drei Wellen solcher Bewegungen lassen sich unterscheiden: der Kampf um Entkolonisierung, der vor allem zwischen 1948 und 1965 stattfand; der Kampf gegen Rassentrennung und -diskriminierung, für den die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung der Jahre 1955 bis 1965 sowohl Initialzündung als auch herausragendes Beispiel war; der Kampf für ein gleichberechtigtes multikulturelles Zusammenleben und für Minderheitenrechte, der in den späten 1960er-Jahren begann.
Alle politischen Bewegungen, die zu diesen drei Wellen gehören, beziehen ihre Ideale aus der Menschenrechtsrevolution und der grundlegenden Überzeugung von der Gleichheit der Rassen und Völker. Sie alle bekämpften überkommene ethnische Hierarchien und ihre Folgen. Die Menschenrechtsrevolution spielt hierbei sogar eine doppelte Rolle, indem sie nicht nur für den politischen Kampf begeistert, sondern auch die Grenzen für Ziele und Methoden dieses Kampfes vorgibt. Wenn Gruppen, die im Lauf der Geschichte marginalisiert oder stigmatisiert wurden, sich im Namen der G...

Table of contents

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. Einleitung
  7. Deutschland – einig Einwanderungsland?! Nur ein Strategiewechsel bei der Zuwanderung macht das Land zukunftsfähig
  8. Ein Jahrzehnt in Fakten
  9. Identität/Nation Building
  10. Anerkennung/Willkommenskultur
  11. Repräsentanz/Öffentlicher Diskurs
  12. Zuwanderung/Steuerung
  13. Die Autorinnen und Autoren
  14. Abstract