Im dreißigsten Jahr
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Im dreißigsten Jahr

Weitere Anmerkungen eines Grenzverlegers. Ein Kapitel aus der noch ungeschriebenen europäischen Verlagsgeschichte

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Im dreißigsten Jahr

Weitere Anmerkungen eines Grenzverlegers. Ein Kapitel aus der noch ungeschriebenen europäischen Verlagsgeschichte

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Aus Anlass des Jubiläums hat der Verleger sowohl seinen Band mit Lieblingsgedichten erweitert als auch den Band "Im dreißigsten Jahr" hinzugefügt. Darin versucht er das Unmögliche: auszuwählen, was er noch immer und immer wieder aus seinem eigenen Programm gerne zur Hand nimmt. Es sind – dem Anlass folgend – dreißig Prosawerke geworden. Zu jedem einzelnen Auszug ist eine kleine Anmerkung des Verlegers zum Autor, zur Autorin, zur Übersetzung vorangestellt, oder einfach nur ein kleiner Hinweis, auf Zeit und Ort, wann oder wo er mit dem Buch eine Freundschaft eingegangen ist.

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Information

Zweites Kapitel

Anmerkungen zu Büchern, Reihen und Themen

Aus Anlass des Jubiläums habe ich meinen Band mit Lieblingsgedichten erweitert und nun den Band »Im dreißigsten Jahr« hinzugefügt. Darin versuche ich das Unmögliche: auszuwählen, was ich noch immer und immer wieder aus unserem Programm gerne zur Hand nehme. Es sind – dem Anlass folgend – etwas mehr als dreißig Abschnitte geworden. Zu jedem einzelnen habe ich eine kürzere – oder längere – Anmerkung zum Autor, zur Autorin, zur Übersetzung, vorangestellt, oder einfach nur einen kleinen Hinweis auf Zeit und Ort, wann oder wo ich mit dem Buch eine Freundschaft eingegangen bin. Und auch hier muss gesagt werden: Aus knapp 1300 vergebenen und 1000 lieferbaren Titeln zu wählen, war nicht einfach. Aber vielleicht erleichtert diese Vorauswahl Ihre / deine Entscheidung, weiterzulesen!

1. »Die Stadt und der Tod«, Kleine Reihe, Essays

Krieg um Jugoslawien. Nach 50 Jahren Frieden hält der Krieg in Europa wieder Einzug. Der Verlag hat in den Jahren seit der Gründung Bücher aus dem südosteuropäischen Raum veröffentlicht und mit diesen Veröffentlichungen begonnen, die blinden Flecken kultureller Unkenntnis ein wenig zu kitten. Der Krieg hat uns aber auch vor zusätzliche Aufgaben gestellt, Kulturen und die Menschen endlich kennenzulernen! Es bedurfte und es bedarf bis heute einer tiefergehenden Analyse, es sind Antworten gefragt, die die Politik zu geben verabsäumt hat und die die Medien nicht oder nur oberflächlich zu beantworten wussten. Wir haben uns mit diesen Oberflächlichkeiten nicht zufriedengegeben und sind auf die Suche gegangen, die Tagesfragen zu vertiefen, und haben uns mit der »Kleinen Reihe« von Essays dieser Aufgabe gestellt.
In den ersten Jahren seit dem Ausbruch des Balkankriegs haben wir zahlreichen Schriftstellern und ihren Familien die Existenz organisiert. Der Verlag wurde zur Drehscheibe zur anderen Sicht auf die Entwicklungen und zur Anlaufstelle für in Not geratene Autoren und Autorinnen und ihre Familien.
Seit seiner Gründung im Jahre 1987 hat der Wieser Verlag Zug um Zug Literatur aus den jugoslawischen Sprachen übersetzt und so indirekt auch Material zum Verständnis der Ereignisse im zerfallenden Jugoslawien vorgelegt, die zum Teil auch viel diskutiert wurden. Vor mittlerweile 25 Jahren war, am Beginn der kriegerischen Auseinandersetzungen, eine innerjugoslawische Bewegung gegen eine nationalistische Ausformung der jugoslawischen Politik und gegen die Abkehr von der Blockfreiheit noch deutlich vernehmbar. Im Zuge der Entwicklung nahmen die nationalistischen Sezessionsbestrebungen zu. Die dagegenhaltenden Bewegungen, in Serbien um den Belgrader Kreis versammelt (Bogdan Bogdanović, Filip David u. a.); in Kroatien legten sich hunderte Demonstranten vor den Kasernen in Zagreb auf die Straße, um die Panzerausfahrten zu blockieren, doch die Tuđman-Administration ließ sie vertreiben und verhaften; in Ljubljana zogen 2000 Mütter in den Tivolipark, um kund zu tun, dass sie ihre Söhne nicht in den zerfleischenden Selbstmord Jugoslawiens ziehen werden lassen – von den Weltmedien, die den Zerfall mit ihren vermeintlich objektiven Berichterstattungen begleiteten, meist ignoriert oder belächelt. Ich erinnere mich, dass ich in den ersten Tagen nach der Verkündung der slowenischen Unabhängigkeit dem ORF bei der Berichterstattung elf Tage und Nächte zur Hand ging und den damaligen Chefkommentator Paul Schulmeister auf diese Gegenstimmen und -bewegungen aufmerksam gemacht habe. Es verhallte, wie es bei den meisten Vertretern der Weltpresse verhallt ist.
In Belgrad wurde der Druck auf den ehemaligen Bürgermeister und Kritiker der innerserbischen Politik, Bogdan Bogdanović, systematisch erhöht. Der Zugang zu seiner Wohnung wurde mit faschistischen Runen und Parolen beschmiert, später wurde ihm in einer Satiresendung via Fernsehen mitgeteilt, dass er eigentlich ermordet werden sollte. Am Beginn der Angriffe auf ihn fragte ich ihn in einem Telefonat, was man für ihn tun kann, und er meinte: Schreiben Sie über mich und über unsere Arbeit. Die Öffentlichkeit ist meine Lebensversicherung. Ich lud Iris Radisch von Die Zeit auf eine zehntägige Reise durch Jugoslawien ein. Wir besuchten Bogdanović, wir trafen Filip David, wir fuhren zu Tišma nach Novi Sad, ein großer Bericht folgte. Während dieser Gespräche habe ich B. B. vorgeschlagen, einen kleinen Band zur den wichtigsten Fragen, die sich im Zusammenhang mit dem Zerfall Jugoslawiens auftun, zu machen.
Wir brachten 1993 den Essayband »Die Stadt und der Tod«, von Klaus Detlef Olof aus dem Serbokroatischen übertragen, heraus. Matjaž Vipotnik (1944–2016) gab dem Band ein unübertreffliches Aussehen, Bogdanović wurde zu zahlreichen Interviews und Vorträgen geladen, die deutschsprachigen Medien gaben seiner Haltung Platz und Raum. Eine Gegenposition zu den zunehmend einseitigen Berichten wurde etabliert. Dem Band folgten drei weitere, die er schon im Exil in Wien verfasste: »Architektur und Erinnerung« und »Die Stadt und die Zukunft« und der Band von Urša Komac und Pablo Guillén »Aus der Erinnerungskiste von Bogdan Bogdanović«.
Als die Morddrohungen gegen Bogdanović unerträglich wurden, organisierten wir im Verlag seine Übersiedlung nach Österreich, konnten Institutionen wie KulturKontakt (Ingrid Kapsch und Annemarie Türk) und die Stadt Wien (Hannes Swoboda u. a.) gewinnen, dass Unterkunft und Existenz innerhalb von zehn Tagen für das Ehepaar gesichert wurden und sie von Wien aus ein neues Leben organisieren konnten, alles zurücklassend. Nach einem halben Jahr konnte auch eine Genossenschaftswohnung bezogen werden, die Kosten für den Baukostenzuschuss übernahm KulturKontakt, das Kulturministerium zahlte in der Folge ein Drittel der laufenden Kosten, der Wieser Verlag beglich über 16 Jahre die restlichen zwei Drittel – insgesamt über 70.000 Euro – und das auch in jener Zeit, in der der Autor nicht mehr bei Wieser erschien und wir mit den Folgen der Briefbomben und der ungerechtfertigten Anklage zu kämpfen hatten. Wir selbst hatten uns in den folgenden Jahren mit großen finanziellen Problemen herumzuschlagen, doch wir entschieden uns bewusst, auch weiterhin für in Not geratene Autoren zu sorgen. Ich bin davon ausgegangen, dass Hilfe für in Not geratene Kolleginnen und Kollegen auch bei unseren Autorinnen und Autoren ein selbstverständliches Gut wäre. Das war jedoch Ende der Neunzigerjahre schon sehr brüchig geworden.
Für einen in den Siebzigerjahren sozialisierten Spätachtundsechziger waren für mich Solidarität und gegenseitige Unterstützung ein unverrückbares Gut – hatten wir es doch in der Minderheitenfeststellung 1976 (offizielle Bezeichnung: Volkszählung der besonderen Art) und in der Anti-Zwentendorf-Bewegung erfolgreich umgesetzt – und ich dachte, dass sich dieses bis in die späten Neunzigerjahre erhalten hätte. Einige sagten mir ins Gesicht, dass sie unser Engagement für in Not geratene Kollegen nicht interessiere, ich solle gefälligst pünktlich zahlen, für sie mehr tun und mich nicht nur um die Emigranten aus Ex-Jugoslawien kümmern! (In dieser Zeit fragte mich eine renommierte Literaturkritikerin: »Sind Sie noch immer mit Handke befreundet?« Ja. »Dann spreche ich nicht mit Ihnen.« Sie hat es so fünf Jahre lang gehalten.) Ich wäre wahrlich gerne allen Verpflichtungen zeitgerecht nachgekommen, wären mir zu dieser Zeit in der Folge der ungerechtfertigten Anklage – auf drei Jahre – nicht der Großteil der Subventionen und Förderungen gestrichen worden und ich erlebte Tage, wo ich in der Früh nicht wusste, womit ich am Abend das Brot für die Kinder bezahlen sollte. (Dass daran in der Spätfolge auch die Familie zerbrach, steht auf einem anderen Blatt). Eine der Weisheiten meiner Eltern, die sie uns seit frühester Kindheit zu vermitteln verstanden, war: Vergiss nicht, dass es Menschen gibt, denen es noch schlechter geht, als dir! Wenn ich also in der Loch-auf-Loch-zu-Politik vor die Wahl gestellt war, zu entscheiden, ob ich für die in Not geratenen Autoren die knappen vorhandenen Mittel einsetzte und hoffte, mit der nächsten größeren eingegangenen Summe auch den restlichen Verpflichtungen nachzukommen, dann entschied ich mich für die in Not Geratenen.
Der Autor wurde uns in dieser Zeit abgeworben. Der neue Verlag hat aber über all die Jahre keine »Buchungsstelle« gefunden, um den Mietanteil zu übernehmen und zu verbuchen und verstieg sich sogar in den Vorwurf, auch wir würden den Mietanteil nicht bezahlen. In dieser Zeit habe ich frühzeitig lernen müssen: die Solidarität ist brüchig, der Chauvinismus hat die Mitte der Gesellschaft längst erreicht, der Verdrängungskampf wird mit Mitteln der Diffamierung geführt, auch in der Verlagsbranche. Die Häme wird zum Stilmittel der Diffamierung. Unterstützung und Verständnis sind ein Gut, das selten verteilt wird. Das gesellschaftliche Problem, das durch die Briefbombenserie sichtbar wurde, wird uns als von uns selbst zu verantwortendes Problem umgehängt. Der Schaden, der dem Verlag zugefügt wurde, muss so nicht gesellschaftlich gelöst werden, es brauchen keine Entschuldigungen für die Verleumdungen ausgesprochen und es müssen keine Entschädigungen gezahlt werden. So können alle Probleme personifiziert und auf Unfähigkeit reduziert werden, und man kann, wie bei der Muppet Show, erste Reihe fußfrei oder vom Balkon aus zusehen, wie sich einer auf Gedeih und Verderb abstrampelt und ihm vor dem Untergang mit zugeworfenen Strohhalmen helfen. Man ist ja nicht so …
Zu dieser Zeit hat sich der erste gravierende gesellschaftliche Bruch in der Nachkriegszeit manifestiert. Krieg, Flucht, Elend klopften gefährlich an die Wohlstandstore und waren von der Nähe gesehen gar nicht esay. Die systematische Offensive zur Verbreitung der Literatur aus dem europäischen Osten ist ins Stocken geraten. Die dreijährige Zäsur hat Spuren hinterlassen, einige Autoren und Übersetzer haben begonnen, bei anderen Verlagen zu veröffentlichen. Aus der schwierigen Situation mussten wir uns selbst wieder auf die Beine stellen. Wir erfanden 1997 die – mittlerweile zum Kult gewordene Reihe – Europa erlesen, die uns die Basis für den Wiederaufbau des Verlags bot.
Ich kann heute, rückblickend, eindeutig feststellen: Hätten wir in diesen eineinhalb Jahrzehnten nicht sehr gut und geschickt gearbeitet, hätten wir auch nicht unsere Programmlinie schärfen und umsetzen können, die Literatur des europäischen Ostens im deutschsprachigen Raum auch weiterhin systematisch zu verlegen. Es gibt keinen Verlag im gesamten deutschsprachigen Raum (und darüber hinaus), der sich nun schon drei Jahrzehnte lang beharrlich bemüht, den Sprachen und Kulturen des europäischen Ostens eine literarische Öffentlichkeit zu geben. Von diesem Ziel sind wir auch in schwierigsten Zeiten nicht abgerückt. Bis heute hört man, dass wir keine wiedererkennbare Verlagslinie hätten (ich darf unbescheiden einwerfen: gut 400 Übersetzungen aus den Sprachen des europäischen Ostens, Europa erlesen, Edition Traumreiter, WEEO, Sachbuch, Edition Geist&Gegenwart u. v. a. m.) und man hört, dass wir keine Preise für unsere verlegten Bücher vorweisen könnten, abgesehen davon, dass solche Behauptungen an den Haaren herbeigezogen sind – siehe Vilenica-Preis, siehe Kresnik-Preis, siehe Petrarca-Preis, siehe Obranović-Auszeichnung, siehe Kreisky-Preis, um nur einige zu nennen. Die meisten davon werden halt im slawischen Osten vergeben. Was aber aus solchen Feststellungen abzulesen ist: dass die systematische Übersetzungsarbeit aus den Sprachen des europäischen Ostens einfach weniger zählt. Für Übersetzungen aus dem europäischen Osten, wie alle wissen dürften, gibt es (nach der Einstellung der überaus erfolgreichen EditionZwei und des Bank Austria Literaris in Zusammenarbeit mit KulturKontaktAustria und dem Wieser Verlag) kaum noch Förderungen oder Preise. Und ich darf hinweisen: Denken wir doch in diesem Zusammenhang nur an die unwürdige Debatte über den Großen Staatspreis für Literatur, wo in Österreich slowenisch schreibende Autoren noch 2016 nicht für würdig erachtet werden, ausgezeichnet zu werden, da sie ja nicht »deutsch« schreiben!
Das sind alles Beispiele, wie sich eine zunehmende Geringschätzung für Literatur aus Sprachen des europäischen Ostens eingeschlichen hat und hoffähig wurde. Diese Haltung leitet sich aus der generösen Osterweiterung ab, die zu keinem Zeitpunkt auch nur einen Finger gerührt hatte, damit Europa zu sich kommt. Unsere Arbeit war nicht »Erweiterung«, unsere Arbeit war ein Zusammenkommen und ein sich endlich wieder Finden.

2. Die Reihe »Europa erlesen«

Die Erfindung der Reihe Europa erlesen war ein Glücksfall. Wir machten nach den Briefbomben, der ungerechtfertigten Anklage ein vereintes »Durch-den-Kakao-Ziehen« durch, viele schämten sich ganz einfach, mit einem Verlag in Verbindung gebracht zu werden, der kriminalisiert wird. Redakteure führender Zeitungen wendeten sich wider besseres Wissen und wider konkrete Beweise gegen den Verlag. Entschuldigungen gab es meist nicht. In dieser Situation und unter diesem Druck zu stehen ist nicht angenehm. Ich traf mich in dieser Zeit während der Buchmesse mit einem Freund, der als Medienberater in Frankfurt lebte. Leider ist er viel zu früh an Krebs verstorben. Bei diesen Gesprächen drängte er, sich nicht nur auf einzelne Autoren und deren Übersetzungen zu konzentrieren, vielmehr den gesamten Raum im Auge zu haben und mit preisgünstigen Publikationen breitere Leserschichten zu erreichen. Ihm waren die damals sehr populären kleinen Büchlein, wie sie von großen Verlagen günstig angeboten wurden, vor Augen.
Diese Überlegungen boten auch einen Ausweg aus der bis dahin gewälzten Problematik, dass Übersetzungen aus früheren Jahrzehnten heute in der vorliegenden Version nicht mehr aufgelegt werden könnten. Abschnitte vielleicht, aber nicht das ganze Buch, da sie sprachlich veraltet, in der Übersetzung ungenau oder thematisch heute nicht mehr lesbar waren. Wenn wir uns auf bestimmte Städte und Regionen und ihr ganzheitliches literarisches Netzwerk als Toponom konzentrieren würden, könnten wir dazu beitragen, dass ein Raum und die daraus entspringende Literatur neu bewertet werden, dass die Sprachen und die Kulturen unseren Leserkreisen nahegebracht und dem Vergessen entrissen werden.
Der Hinweis vom Diogenes-Verleger Rudolf C. Bettschart im Frühjahr 1997, als ich ihn in Zürich besuchte, gab dann den Ausschlag, an die Umsetzung der Idee in der nun als Europa erlesen vorliegenden Form zu gehen. Er meinte damals, als er sich meine Überlegungen anhörte und die Muster begutachtete – die unsere Druckerei als Maquetten vorlegte und mit denen ich auf einer zehntägigen Rundreise durch Österreich, Deutschland, die Schweiz und Slowenien Buchhändler, Journalistinnen und Brancheninsider befragte –, dass wir für billig gemachte Bücher zu arm seien; ich solle lieber einen edel gestalteten Band machen, so im Wert eines schönes Blumenstraußes, den man seiner Frau oder Geliebten bringe. So standen mein Freund Schmid und Bettschart mit ihren Ratschlägen an der Wiege der Reihe Europa erlesen. Sie redeten mir gut zu und halfen, den Verlag wieder aus der schwierigen Situation zu manövrieren.
Ich hatte damals auch Kontakt zu Siegfried Unseld aufgenommen und ihm vorgeschlagen, dass der Suhrkamp Verlag den Vertrieb dieser Reihe übernehmen sollte/könnte. Nach mehrwöchigem Prüfen hat mir Unseld dann im persönlichen Gespräch leider abgesagt, mit dem Hinweis, seine Vertriebsleute wären der Meinung, dass eine derartige Reihe ohne Bilder nicht funktionieren könne. Wir haben es trotzdem gewagt, wir fanden einen hiesigen Banker, der an die Idee glaubte und sie trotz der ver...

Table of contents

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Ante scriptum
  5. Erstes Kapitel Einleitung
  6. Zweites Kapitel Anmerkungen zu Büchern, Reihen und Themen
  7. Drittes Kapitel Über Ignoranz, Beharren und Erstaunen. Widerspruch und Beredungen
  8. Viertes Kapitel
  9. Bibliographische Angaben
  10. Jiří Gruša: Der weise Wieser
  11. Personenregister
  12. Ortsregister
  13. Förderungen & Buchpatenschaften
  14. Inhalt