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eBook - ePub
Jim Grimsley: Ein Lesebuch
About this book
"Wintervögel", "Das Leben zwischen den Sternen" und "Dreamboy" - Jim Grimsleys moderne Südstaaten-Trilogie hat sich einen festen Platz im Kanon der amerikanischen Literatur gesichert. Dieses E-Book versammelt Leseproben zu den drei Büchern, zu "Ellens Geschichte" und begleitende Texte.Von Jim Grimsley außerdem in der Edition diá: WintervögelISBN 9-783-86034-511-5Das Leben zwischen den SternenISBN 9-783-86034-512-2DreamboyISBN 9-783-86034-513-9
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Information
Wintervögel: Leseprobe
Der Geruch von Brathähnchen zieht durchs Haus. Papa hat eine ganze Weile still gesessen, doch nun beugt er sich hinab, um seine Schuhe anzuziehen. Schon lange hat er gelernt, sie sich mit einer Hand zuzubinden, ohne andere um Hilfe bitten zu müssen. Er stopft sich die Zigarettenschachtel in die Tasche und geht um den Stuhl herum zur Tür. Der Gedanke, dass er vielleicht fortgeht, lässt dich ruhiger atmen.
Doch als er die Tür öffnet, kommt Mama ins Zimmer gestürzt, die Hände an einem Handtuch abwischend. »Gehst du spazieren?«
»Wenn ich Lust dazu habe, ja.« Papa schaut auf die Straße hinaus.
»Willst du nicht deinen Mantel anziehen? Oder denkst du an was anderes, um dich warm zu halten?«
»Es ist noch gar nicht kalt genug für einen Mantel.«
»Nein, aber kalt genug für eine Flasche, was?«
Die Runzeln auf Papas Stirn vertiefen sich, und der Blick in seinen Augen macht dir Angst. »Nur immer weiter so«, droht er. »Du wirst schon kriegen, was du verdienst. Heute ist Feiertag. Da werd ich mir von keinem vorschreiben lassen, was ich tun darf und was nicht.«
»Na dann los. Geh schon zu deinem Auto. Glaubst du, ich weiß nicht, wo du deinen Whiskey versteckst? Gleich hinter dem Sitz in einer kleinen braunen Tüte.«
»Ich bin doch nicht so blöd zu glauben, ich könnte irgendwas vor dir geheim halten, so wie du rumschnüffelst.«
»Warum zeigst du nicht, wie mutig du bist, und bringst ihn rein? Ich werde dir sagen, warum. Weil du genau weißt, dass ich ihn schnurstracks in den Ausguss schütten werde. Und selbst du kannst am Erntedankfest keinen neuen kaufen, stimmt’s?«
Papa knallt die Tür hinter sich zu. Du hörst seine leiser werdenden Schritte auf der Veranda, die Stufen hinab, du hörst sein leiser werdendes Pfeifen. Als Mama sich umdreht, ist der Zorn aus ihrem Gesicht gewichen. Sie legt Amy ihre Hand auf die Schulter und fragt Grove ruhig, wie es ihm geht. Ob er noch etwas Eis für seinen Arm braucht. Ihre Stimme ist sanft und trocken wie der Wind in den Maisfeldern. Ihr seht sie alle an, wollt ihr sagen, es ist doch egal mit Papa. Er kann trinken, wenn er will, euch macht das nichts aus. Alles ist egal, nur anders dreinschauen soll sie. »Bitte mach dir keine Sorgen, Mama«, sagt Amy, »wir beachten ihn gar nicht.«
»Wenn doch bloß nie Erntedankfest wär, dann müsste er die ganze Zeit arbeiten«, Allen.
»Ich hab nicht mal Hunger«, Duck.
Mama geht in die Küche und legt das Handtuch zusammen. »Ich habe auch keinen Hunger. Da kocht das ganze gute Essen, und keiner von uns kriegt einen Bissen runter.«
Da hörst du wieder Schritte auf der Veranda. Draußen hustet und spuckt Papa. Das Geräusch erschreckt dich, du hasst ihn so sehr, dass dein ganzer Körper zittert, du stellst dir vor, wie Papa sich zu einem kleinen Ball zusammenrollt und stirbt, nur weil du ihn so sehr hasst, dass er in der Hitze deines Hasses zusammenschrumpelt, bis er klein und rauchschwarz ist, trockenes Laub oder ein Stück Asche, federleicht, dass der Wind es davontragen kann. Doch er weiß nichts von deiner Fantasie. Mama verschwindet in der Küche, als sie die Türklinke hört. Papa tritt auf den schweren Dielenbrettern die Füße ab. Ein kalter Wind strömt durch den Raum, dann schließt er die Tür. Die Flammen im Gasofen tanzen hin und her, fast zum Nichts zusammengeblasen. Du kannst den Whiskey an Papas Kleidern riechen. Er schwankt ein wenig, sackt in den Sessel. Seine Gesichtszüge sind schwer, dumm und zäh. Er fischt eine Zigarette aus seiner Tasche und fingert herum, bis er sie endlich angezündet hat. Er schnippt Asche auf den Boden. Amy stiert ihn an, von ihrem eigenen Hass erfüllt. »Da steht ein Aschenbecher direkt neben dir.«
Er dreht sich zu ihr um. Sie sucht seine Augen. Er lallt. »Was hast du gesagt?«
Sie bleibt vollkommen unbeweglich. »Ich sagte, da steht ein Aschenbecher neben dir. Du brauchst die Asche nicht auf den Boden fallen zu lassen.« Ihr Mund ist ein zusammengekniffener Strich.
Papa beugt sich vor. »Was glaubst du eigentlich, wer du bist, meine verdammte Mutter oder was?«
Amy schüttelt den Kopf, errötet leicht.
»Gib Antwort, du kleine Schlampe. Was glaubst du, wer du bist, meine verdammte Mutter?«
»Hör auf, mit meiner Schwester zu schimpfen!« Plötzlich setzt sich Grove auf, wiegt den geschwollenen Arm unter dem Eis. »Sie ist keine Schlampe. Selber eine.«
Papa blinzelt ihn an.
Beugt sich vor, als wollte er aufstehen. »Diese Frechheiten lasse ich mir nicht gefallen …«
Mama kommt an die Tür, ihr Schatten fällt über die Couch. Amy greift nach Mamas Rock, vor Wut zittert sie. »Leg dich wieder hin, Grove«, sagt Mama.
»Diese verdammte kuhäugige kleine Schlampe glaubt, sie kann mich anglotzen, als wollte sie mir die Kehle durchschneiden, und dann redet sie mit mir, als wär ich ihr Balg und sie müsste mich erziehen …« Er deutet mit einem dicken Finger auf Amy, sein Gesicht aufgedunsen. »Sag es noch mal, Schlampe. Sag es für deine Mama, sie wird stolz auf dich sein.«
Amy senkt den Kopf, atmet schwer.
»Sag mir noch mal, was ich tun soll! Los, guck mich noch mal so an, du verdammte kleine Nutte. Ich bin immer noch dein Vater, verdammt noch mal …«
»So benimmst du dich aber nicht«, sagt Mama gleichmütig und tritt leichenblass dazwischen. »Du solltest dich schämen, deine eigenen Kinder halb zu Tode zu ängstigen.«
Jetzt wendet er sich Mama zu. Zorn überschwemmt sein Gesicht wie eine rote Flut. »Da will wohl jemand heute streiten«, murmelt er. »Bringst den Kleinen bei, mit ihrem Vater zu reden, als wär er ein Hund. Steh bloß nicht da und versuch mir zu sagen, wie ich mich benehmen soll, als wär ich der letzte Dreck.«
»Ich sag dir nur eins«, antwortet Mama. »Lass dir bloß nicht einfallen, meine Kinder rumzuschubsen, wenn du was getrunken hast. Verstanden?«
»Sieh mal einer an. Klingst du aber streng.«
Sie streicht ihr Haar zurück, ihre helle Stirn leuchtet. »Glaubst du, ich mache Witze? Du willst ihr Vater sein, dann benimm dich auch wie ein Vater. Lass sie einen Feiertag haben wie ganz normale Kinder. Komm nicht besoffen ins Haus und mach ein Höllentheater, dass sie eine solche Angst vor dir haben, dass sie nicht mehr wissen, was sie tun sollen.«
»Wer hat denn mit dem Streit angefangen? Du und deine verdammte dreckige Fantasie. Wenn deine Kinder Angst haben, dann ist das allein deine Schuld.«
Mamas Wut schlägt um in Verachtung. Sie zieht ein Gesicht, als wollte sie ausspucken. »Eine verfluchte Lüge ist das, die zum Himmel schreit. Was ich in deinem Auto gefunden habe, war nicht meine schmutzige Fantasie, mein Herr. Willst du es noch mal sehen? Soll ich es deinen Kindern zeigen und ihnen erklären, was das ist?«
»Red nur weiter, Mädchen. Bald wird es dir leidtun, dass du nicht den Mund gehalten hast.«
»Das wirst du nicht schaffen, dass es mir noch mehr leidtut als jetzt schon.«
»Du bist genauso verrückt wie deine ganze verdammte Familie.«
»Was weißt du schon von meiner Familie? Nur was du selber wissen willst.«
»Ich weiß, dass deine Schwestern alles Nutten sind.«
»Und deine Schwestern, was sind die?«
»Ich weiß, dass deine fettärschige Mama mit Niggern bumst. Scheiße, du bist wahrscheinlich selber ’ne halbe Niggersau.«
»Hör sich einer an, wie du vor deinen eigenen Kindern redest.«
»Scheiß auf die Kinder. Streite es doch ab, los. Ich habe gesagt, dass deine Mama mit Niggern bumst. Ich habe gesagt, du bist selber ein halber Nigger …«
»Meine Mutter hat nichts getan …«
»Sie hat mit einem Nigger gebumst, sie hat mit einem Nigger gebumst. Ich hab’s gehört, wie dein eigener Vater das gesagt hat. Alle in deiner Familie bumsen mit den Niggern. Delia hat gerade ihren verdammten Freund dabei erwischt …«
»Delia?«, fragt Mama ganz ruhig.
Papa wird rot.
»Über Delia wissen wir doch alle Bescheid, oder?«, fügt Mama hinzu.
Papa starrt auf den Gasofen, den Mund zu einer mürrischen Linie verzogen. Mama lacht. »Jetzt fehlen dir auf einmal die Worte. Meine Familie ist also Pack? Und was bist du? Frag doch Delia, wenn du nicht von selber draufkommst!«
»Geh lieber in die Küche zurück und mach deinen verdammten Erntedankfest-Truthahn fertig«, knurrt Papa.
»Was ist denn los? Willst du dein Maul nicht noch ein bisschen aufreißen?«
»Ich hab dir gesagt, du sollst in die Küche zurückgehen. Wenn du weißt, was gut für dich ist, dann tust du, was ich dir sage …«
»Mama, bitte geh in die Küche«, flüstert Allen.
»Still, mein Kleiner. Er wird mir nichts tun.«
»Hör lieber auf deinen Sohn«, sagt Papa.
»Ich habe keine Angst vor dir«, zischt Mama mit blitzenden Augen.
Doch als er aufsteht, weicht sie schnell zurück.
Da lacht er, ein hässliches Geräusch, das von den Wänden widerhallt. »O nein, du hast keine Angst, was? Guck dir doch an, wie mutig du bist. Warum bist du denn zurückgeschreckt, Schätzchen? Denkst du, dein Mann will dich schlagen? Ich wollte mir nur ein Küsschen abholen.«
»Ich weiß, was für ein Küsschen du willst.«
»Dann komm doch her und gib’s mir, meine Süße. Komm. Du bist doch diejenige, die vor nichts und niemand Angst hat.« Er lacht wieder, dieses rollende Lachen, das in deinen Knochen klirrt, und sein Gesicht zuckt zwischen Hohn und Grimm. »Keine Sorge, mein teurer Schatz. Noch bin ich nicht so weit. Ich will mir nicht die Hände an so was Dreckigem wie dir schmutzig machen.« Lässig dreht er sich wieder der Tür zu, steht da, die Hand auf der Klinke.
»Du brauchst erst einen Drink, hab ich recht?« Mama umkreist langsam den Sessel. »Nur noch einen Drink, und dann traust du dich.«
»Um dich in den Griff zu kriegen, brauche ich nichts zu trinken.«
»Oh, da muss ich aber lachen. Wenn du nichts brauchst, warum rennst du dann alle Viertelstunde raus zum Wagen?«
In dem weichen Licht erinnern dich seine Augen an Amys Puppen, glasig, trübe und leblos. »Werden ja sehen, wer hier noch große Sprüche klopft, wenn ich zurückkomme«, sagt er und schlüpft durch das offene Fliegengitter. Mama knallt ihm die Tür ins höhnische Gesicht. Ihre Hand zögert einen Moment. »Ich sollte abschließen«, sagt sie. »Ich sollte ihn dazu zwingen, die Tür einzutreten, oder draußen in der Kälte zu stehen, bis er zu Eis gefroren ist.«
Doch schließlich zieht sie die Hand wieder zurück. Dreht sich um, sieht nichts, hört Duck flüstern. »Ich hasse ihn. Warum ist er nicht tot.«
»Das wünschen wir uns alle«, sagt Amy. »Aber es nützt ja nichts.«
»Ga...
Table of contents
- Über dieses Buch
- Barbara von Becker: Wintervögel
- Wintervögel: Leseprobe
- Jim Baker: Das Leben zwischen den Sternen
- Das Leben zwischen den Sternen: Leseprobe
- Marko Martin: Jim Grimsley im Gespräch
- Dreamboy: Leseprobe
- Ellens Geschichte: Leseprobe
- Impressum