Filmwissen: Thriller
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Filmwissen: Thriller

Grundlagen des populären Films

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Filmwissen: Thriller

Grundlagen des populären Films

About this book

Der Autor verfolgt das Genre von seinen Anfängen (Das Kabinett des Dr. Caligari, M- eine Stadt sucht einen Mörder) über den film noir bis hin zum Schweigen der Lämmer, Illuminati und Shutter Island und zeigt was die Faszination des Genres ausmacht, welche Ängste und welche Hoffnungen es im Zuschauer auslöst und welchen Blick auf die Gesellschaft die Verbrecherjagd erlaubt.Wie eigentlich jedes Filmgenre, wie jede "ordentliche" Geschichte, handelt der Thriller von Leidenschaft, von Sex und von Verbrechen, allgemeiner: von Grenzverletzungen innerhalb der gesellschaftlichen Regelungen. Doch anders als zum Beispiel im Gangsterfilm dient hier das Verbrechen nicht (oder doch nur in sehr neurotischer Weise) einem "sozialen Aufstieg über die Hintertreppe", und anders als zum Beispiel im Detektivfilm dient seine Aufklärung nicht dem gesellschaftlichen Konsens, ja das Verbrechen und seine Ahndung dienen, so scheint es zunächst, im Thriller sehr oft zu überhaupt nichts. Das Verbrechen ist weder vom Ursprung noch vom Ziel her eindeutig zu fassen, es wirkt eher wie das Zeichen für eine viel tiefer gehende Beunruhigung: Regeln und Gesetze werden da nicht so sehr verletzt oder umgangen, sondern gerade durch Übererfüllung oder durch die perfekteste Aufrechterhaltung des "schönen Scheins" ad absurdum geführt. Die Anpassung an tatsächliche oder gedachte Größen, weniger die Erfüllung eines Bedürfnisses als die einer Rolle, führt zur Gewalt. Am Ende von PSYCHO wissen wir, was mit Norman Bates und der seltsamen Liebe zu seiner Mutter geworden ist; es klingt vernünftig, was uns der Psychologe da erzählt, und doch beginnt hier die schreckliche Verlängerung dieses "Falls" in unser Alltagsleben hinein, und kein Sherlock Holmes wäre da, durch seine rationalization die völlige Normalität des Vernünftigen wiederherzustellen. In einem Thriller steht das Verbrechen selbst, nicht seine Aufklärung, nicht seine Motivation, nicht seine Determination im Vordergrund.

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Geschichte des Film-Thrillers
Die Entwicklung des Suspense im Stummfilm
Anfänge
Die einfachste Form, Suspense zu beschreiben, ist, die Reaktion des Publikums zu beschreiben. Wenn es seinen Thrill daraus erlangt, sich zu fragen, ob geschehen wird, was es befürchtet oder erhofft, spielt sich Suspense ab. Wenn der Informationsvorsprung der Zuschauer gegenüber den Helden nicht zu Geringschätzung oder Abwertung führt, sondern zu einer Spannung, die Mitleid und Angst ebenso umfasst wie verborgene Schadenfreude oder Sadismus, wird Suspense erlebt. Wenn Unschuld in Gefahr ist, eine Falle zuschnappt, ein Abgrund sich auftut und das Publikum drauf und dran ist, seine Besinnung zu verlieren, keine Distanz zur Situation mehr aufbauen kann und hilflos auf die Kunst des Regisseurs warten muss, die aufgebaute Spannung wieder zu lösen, erlebt es Suspense. So wenig es eine Geschichte ganz ohne Suspense gibt, so wenig gibt es einen Film, der eine Handlung hat, ohne Suspense. Bis daraus allerdings ein regelrechtes Genre werden konnte, der Thriller, der aus dem Suspense seine Botschaft macht, musste der Film noch seine Sprache für den Thrill finden.
Unter den ersten Filmen mit einer rudimentären Handlung ist Louis Lumières L’Arroseur Arrosé (Der begossene Begießer; 1895) im Allgemeinen als Vorläufer der Komödie bekannt, doch lässt er sich auch als Stufe in der Entwicklung des filmischen Suspense deuten: Da wird ein Gärtner gezeigt, der, um den Garten zu sprengen, einen Wasserschlauch aufdreht. Verdutzt hält er ihn sich vor Augen, als kein Wasser kommt. Das Publikum indes kennt den Grund für das Ausbleiben des Wassers: Ein Junge hat seinen Fuß auf den Schlauch gestellt. Eine Zeitlang fragt man sich: wird er oder wird er nicht, dann passiert das Unvermeidliche.
«Mit diesem einfachen Film fand Lumière die erste Regel für den Suspense: Das Publikum muss die Fakten kennen. Hätten wir nicht gesehen, dass der Junge auf dem Schlauch steht, wären wir zwar überrascht gewesen, dass der Gärtner plötzlich nassgespritzt wird, aber es hätte sich kein Suspense eingestellt. Der entsteht daher, dass wir mehr wissen als der Gärtner; wir sind gespannt, wann und wie es geschehen wird und wie die Hauptfiguren darauf reagieren werden.» (Lawrence Hammond)
Ein solcher Informationsvorsprung des Publikums, der eine Form des Suspense erst ermöglicht, kann schon durch den Titel hergestellt werden, der einem Film oder einem Kapitel aus einer Serie gegeben wird. So hieß etwa einer der ersten großen Erfolge von Henry Porten im deutschen Film Das Liebesglück einer Blinden (1910), und allein der Titel brachte das Publikum dazu, gespannt auf das Eintreten einer Schicksalswende zu bangen, an die die Heldin offensichtlich selber zunächst nicht glaubt. (Natürlich kann ein Filmtitel das Publikum auch auf eine falsche Fährte führen, etwa bei Filmen, die eine fantastische Auflösung suggerieren.)
Während der Film die Sprache für den Suspense entwickelte, waren die Themen für den Thrill noch relativ unspezifisch. Der größte Thrill überhaupt schien um diese Zeit für das Publikum die Bedrohung der Jungfernschaft zu sein; die Dekorationen änderten sich häufiger als die immerwährende Jagd des Unholds auf die Reinheit eines Mädchens. So wimmelte es etwa im deutschen Film von verlebten, kriminellen Baronen, die arme Tagelöhner-Töchter um «die einzige Mitgift eines armen Mädchens» zu bringen trachteten – und während die viktorianischen Mädchen des amerikanischen Films gute Aussichten hatten, ihre Unschuld über die dramatische Handlung des Films zu retten, kreiste im deutschen Film der 1910er und 1920er Jahre die Vorstellung um ein Ende in der Gosse durch den Verrat der amoralischen «Lebewelt» an der natürlichen Substanz des Volkes. Während das Publikum die bösen Absichten des schurkischen Aristokraten kannte, vertraute das arme Mädchen seinen Versprechungen und sorgte so nicht nur für eine Portion Suspense und erotischen Thrill, sondern auch für eine handfeste Botschaft. Die vielen Entführungen, ohne die der amerikanische Stummfilm nicht ausgekommen wäre, vermittelten ähnliche Erlebnisse, wenngleich mit einer anderen sozialen Rollenverteilung.
Zahlreiche Metaphern haben sich für die bedrohte Unschuld herausgebildet; als besonders wirksam hat sich dabei immer wieder die Bedrohung des Kindes erwiesen, die einen besonders hohen Grad an Human Interest fördert. Typisch für einen «Thriller» dieser Art aus der Stummfilmzeit ist etwa David Wark Griffiths The Adventures of Dollie (Dollys Abenteuer; 1908): Ein Zigeuner hat das Kind eines Mannes entführt, der ihn schlug, als er ihn bei einem Raub ertappte. Das Mädchen treibt hilflos in einem Fass, in das der Unhold es gefesselt und geknebelt gelegt hat, einen Fluss hinunter, über gefährliche Stromschnellen, bis es wohlbehalten am Ufer landet und gerettet wird, gerade an dem Platz, wo das Drama seinen Ausgang nahm.
In diesem und den zahlreichen Filmen Griffiths, die nach ähnlichem Modell entstanden, lässt sich auch verfolgen, wie die filmische Sprache für den Suspense sich entwickelte. Einer der ersten Schritte in diese Richtung war die Entwicklung der Nahaufnahme, die die Gefühle eines der Protagonisten betonen und so etwa eine extreme Spannung zwischen Hass, Lüsternheit und Gier auf Seiten des Bösen und Angst, Grauen, Ekel auf Seiten des Opfers aufbauen konnte. Der Wechsel der Perspektiven gehört zu den notwendigen Stilmitteln des Thrillers, der zwischen Opfer und Täter oszilliert.
Eine andere Form, Suspense zu erzielen, war die Verwendung der Rückblende: In The Adventures Of Dollie ist der gefährliche Weg des Mädchens den Fluss hinunter unterbrochen von Rückblenden auf die Ereignisse, die zu dieser dramatischen Situation geführt haben. Durch dieses Element der Montage ließ sich eine Komposition von Momenten des extremen Thrills und eher erzählenden, retardierenden Teilen realisieren, die die Spannung nie versiegen ließ, ohne dass man auf die logische, erschöpfende Darstellung der Vorgeschichte und die Erklärung der Charaktere und ihres Verhaltens verzichten musste, was erst eine über die bloße Aktion hinausgehende Anteilnahme des Publikums ermöglichte. Die Parallelmontage von Bildern der Verfolger und solchen der Verfolgten schließlich erlaubte es, zusätzlich die Spannung einer der unerlässlichen Verfolgungsjagden zu verlängern. Mit anderen Worten: die Entwicklung des Thrillers bedeutete die Erfindung filmischer Methoden, das Bild von einer in Gefahr geratenen unschuldigen Person und ihrem Verfolger so aufzulösen und zu komponieren, dass die Spannung möglichst hoch und möglichst lange aufrechterhalten wurde.
Durch die Abwechslung von Nahaufnahmen als Schnitt-/Gegenschnittkomposition konnte der Eindruck erweckt werden, der Zuschauer sähe abwechselnd das Opfer mit den Augen des Täters und den Täter mit den Augen des Opfers. Dazwischen ließen sich größere Handlungsausschnitte zeigen in dem, was wir heute Halbtotale nennen würden (Griffith verwendete bald auch Totalen), die in den «objektiven» Handlungsablauf zurückführten. Dieser Perspektivenwechsel, unerlässlich für die Aufladung jeder Filmhandlung mit Suspense, definiert den Rhythmus und damit die emotionale Spannung des Films.
«Um 1912 hatte Griffith praktisch das gesamte Reservoir Suspense erzeugender Techniken entwickelt, die die Regisseure bis heute anwenden. Er erzielte nicht nur durch Nahaufnahmen zusätzliche Wirkung, zusätzliche Spannung durch Montage und parallel geschnittene Szenen, zusätzliche atmosphärische Eindrücke durch die stärkere Ausleuchtung, durch die Einführung der Totale, durch Wechsel von Halbtotale und Nahaufnahme und durch die diagonale Bewegung der Darsteller durch das Bild, er setzte auch zum ersten Mal mehrere Kameras für eine Szene ein, und er verwendete häufig eine Kamera, die auf einen in Bewegung befindlichen Zug montiert war.» (Lawrence Hammond)
Nachdem nun die Techniken des Suspense und die Motive für den Thrill entwickelt waren, begannen sich die verschiedenen Formen der Film-Erzählung mehr und mehr in Genres zu unterteilen: Western, Kriminalfilme, Melodramen fanden ihre spezifischen Formen von Action und Thrill. Der Thriller war allerdings als eigenständiges Genre noch nicht ausgeprägt, während es etwa im Western schon eine eigenständige Ikonografie und eine eigene Moral gab. Das «Drama» blieb lange Zeit als eine umfassendere Filmform bestehen, welche melodramatische wie der Kriminalliteratur entlehnte Momente verwendete, um immer wieder den Kampf der unschuldigen Helden gegen die Übermacht des Bösen darzustellen.
Griffiths The Musqueteers of Pig Alley
Als «Geburt des Thrillers» (Michel Cieutat) mag D.W. Griffiths The Musketeers of Pig Alley (1912) gelten; es ist zumindest wohl der erste Film, der die Suspense-Elemente mit einer reinen Kriminalhandlung und der Urban Illness, den Widersprüchen des Stadtlebens, in Beziehung setzte. Griffiths Film funktionierte nicht nach den Regeln des Detektivromans und seiner filmischen Umsetzung, und er war auch kein Gangster-Film, wie man ihn zwei Jahrzehnte später produzieren sollte, obwohl das Gangstertum eine wichtige Rolle in der Handlungsführung spielt und die Unterwelt mit einer fast dokumentarischen Genauigkeit porträtiert wird. Nach Filmen wie The Fatal Hour (1908) und The Transformation of Mike (1911), die bereits Gangster als Hauptfiguren präsentiert hatten, folgte mit The Musqueteers of Pig Alley ein Film, für den Griffith On Location in der New Yorker Lower East Side drehte. Thriller sind auch Filme, in denen die Schauplätze eine große Rolle spielen; und anders als im Detektiv-Film sind sie nicht exotisch, sondern so gut als möglich real.
Die Handlung beginnt mit dem Zwischentitel: «New York other side. The poor musician goes away to improve his fortune.» Die Stadt selbst spielt im Schicksal des Helden eine große Rolle.
«New York, die Stadt, die oft als Metropole der Welt gesehen wurde (The Crowd; 1928, Regie: King Vidor; Two-Faced Woman; 1941, Regie: George Cukor; The Big Circus; 1959, Regie: Joseph M. Newman etc.), ist hier schon die mikrokosmische Abbildung des Bösen und des geprägten Sozialdarwinismus. Der junge Musiker (Walter Miller), der mit Lillian Gish verheiratet ist, versucht in dieser Stadt einen Platz an der Sonne zu erobern. In einer Ellipse zeigt der Film, dass er den Aufstieg schließlich geschafft hat. Doch dieser Aufstieg wurde ihm nur durch den Kontakt mit der Unterwelt ermöglicht, deren Repräsentant Snapper Kid (Elmer Booth) ist. In einer späteren Szene schlägt dieser den Musiker nieder, um sich seines Geldes zu bemächtigen, stößt ihn so wieder in die Verzweiflung. Ein solcher Ausgangspunkt ist eine häufig verwendete Handlungsfigur aus der Literatur (man denke etwa an Theodore Dreisers Sister Carrie) und wurde später noch Dutzende von Malen von Hollywood-Regisseuren variiert. Tatsächlich ist der Traum von der goldenen Pforte, die man mit einem goldenen Schlüssel öffnet, ein Bild vieler berühmter Filme (Young Man with a Horn; 1949, Regie: Michael Curtiz; The Eddy Duchin Story; 1956, Regie: George Sidney; The Rat Race; 1960, Regie: Robert Mulligan), wo es ebenso um den schwierigen Aufstieg von Musikern geht wie etwa in vielen Komödien und Musicals, die ihre Handlung um Erfolgsstories im urbanen Milieu aufbauen. Das Schicksal des tenderfoot Walter Miller in der Stadt der tausend Fallen ähnelt denen der Tyrone Power, Tony Curtis oder Kirk Douglas in den späteren Filmen. Die Stadt, der einzige Ort für den wirklichen Triumph, bietet einen langen und harten Kampf, bedingt durch die tausendfältigen Hinterhalte, die die Geschöpfe des Ghettos legen.»(Michel Cieutat)
Es ist die Geschichte vom Menschen, der mehr oder minder unschuldig in die Welt des Verbrechens gerät: Der Musiker denkt an seine Musik als Medium seines persönlichen Erfolgs, aber die Menschen in der Unterwelt verwenden sie als Medium ihrer aggressiven Kultur und zur Verschleierung ihrer wahren Natur. Dieses Thema, der Künstler (später mehr noch der Wissenschaftler), der von finsteren Mächten missbraucht, ausgebeutet und schließlich zum Freiwild erklärt wird, ist eine der vielen Variationen der gebrochenen Unschuld; jemand, der Schönheit (oder Wissen) produziert, wird von einer Welt des Hässlichen absorbiert, muss sich in ihr bewähren und ihr schließlich entkommen.
Suspense in den Serials
Während sich in den Filmen von D.W. Griffith bereits eine Sophistication des Thrillers andeutete und Ansätze für eine mythologische Struktur das Genre als Ausdruck urbaner Ängste und Widersprüche formten, spielten die Serials immer und immer wieder das kleine Einmaleins des Suspense durch: die Verfolgungsjagden mit ihren allmählich schon formelhaften Parallelmontagen, die Bedrohung der Unschuldigen, die Last Minute Rescue, schließlich die fast aussichtslose Lage, in der sich Haupt- oder Nebenhelden am Ende eines jeden Cliffhanger-Kapitels befanden, um zu Beginn des nächsten daraus wundersame Rettung zu erfahren.
Unter den berühmtesten dieser frühen Serials ist etwa The Perils of Pauline (1914, Regie: Donald Mackenzie), das von Episode zu Episode die Abenteuer der Heldin (Pearl White) erzählte, welche von ihrem heimtückischen Vormund bedroht wird, der in jeder (abgeschlossenen) Folge einen Versuch unternimmt, sie ums Leben zu bringen bzw. bringen zu lassen, was jedes Mal in letzter Minute verhindert wird. Der Suspense dieser Geschichte entstammt unter anderem der Tatsache, dass zwar der Zuschauer, nicht aber die Heldin weiß, woher die Gefahr eigentlich kommt. The Exploits of Elaine (1915, Regie: Louis Gasnier), wieder mit Pearl White in der Hauptrolle, variiert dieses Thema.
Natürlich lebte auch der komische Film dieser Zeit von der Variation vieler Thrill-Momente: die wahnwitzigen Turnereien von Harold Lloyd an den Wolkenkratzern und den riesigen Turmuhren wurden später ebenso in dramatischen Thrillern verwendet wie etwa die Verfolgungsjagden der Keystone-Cops. Wie der Thriller war der komische Film um die Instabilitätsängste und Wandlungstraumen zentriert, bloß dass im Gegensatz zum Thriller-Drama das Mit-Leiden durch das Lachen ersetzt oder zumindest abgeschwächt war.
Eine andere Möglichkeit der Erzeugung von Thrill war die Verbindung des Suspense mit fantastischen Elementen wie etwa in den Serien-Filmen von Louis Feuillade. Er hatte bereits 1911 mit Les Vipères eine Art von Thriller-Serie hergestellt und wurde dann vor allem durch seine Serien bekannt, in denen ein anscheinend ungreifbarer Superverbrecher im Mittelpunkt stand. Der berühmteste von allen ist wohl der Fantomâs (1913), der in fünf Filmserien Feuillades erschien. In den Filmen dieses Regiss...

Table of contents

  1. Mythologie des Thrillers
  2. Geschichte des Film-Thrillers
  3. Anmerkungen