Oktoberrevolution. Aufstand gegen den Krieg 1917-1922
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Oktoberrevolution. Aufstand gegen den Krieg 1917-1922

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Oktoberrevolution. Aufstand gegen den Krieg 1917-1922

About this book

Im Oktober 1917 wurde die bĂŒrgerliche russische Regierung gestĂŒrzt. "Frieden" und "Brot" hießen die Losungen. Die neuen KrĂ€fte beendeten den Krieg und leiteten den Aufbau einer gĂ€nzlich anderen Gesellschaft ein, was weitere Revolutionen nach sich zog: 1921 die Wende zu einer Neuen Ökonomischen Politik, die Beendigung des BĂŒrgerkrieges und die GrĂŒndung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken 1922. Die russischen Revolutionen werden heute als Teil einer revolutionĂ€ren Welle im Gefolge des Ersten Weltkrieges gesehen und als Signal zur Ablösung des Kapitalismus. Der Historiker und Politikwissenschaftler Bollinger beschĂ€ftigt sich mit deren unterschiedlichen Auswirkungen bis in die Gegenwart. Er geht der Frage nach, ob der heutige globale Kapitalismus "revolutionĂ€r perfektioniert" oder nach dem Muster von 1917 ĂŒberwunden werden sollte.

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I. Eine kleine Revolutionsgeschichte
Krieg und Revolution
»Die Revolution erwuchs unmittelbar aus dem Krieg, und der Krieg wurde allen Parteien und revolutionĂ€ren KrĂ€ften zum PrĂŒfstein«4, so brachte es der Bolschewik Lew Dawidowitsch (Leo) Trotzki auf den Punkt. Heer und Land lagen in der Agonie, ein Ausweg war nötig, und die Februarrevolution brachte ihn nicht. Im Gegenteil, es entfaltete sich ein erbĂ€rmliches Schauspiel. Noch einmal in den Worten Trotzkis: »Die intellektuellen FĂŒhrer waren â€șgegen den Kriegâ€č. Viele von ihnen hatten sich unter dem Zarismus fĂŒr AnhĂ€nger des linken FlĂŒgels der Internationale gehalten und sich zu Zimmerwald5 bekannt. Doch Ă€nderte sich alles sofort, als sie sich in â€șverantwortlichenâ€č Stellungen befanden. In ihrer Lage bedeutete ein Festhalten am revolutionĂ€ren Sozialismus auch einen Bruch mit der Bourgeoisie ihres eigenen und der alliierten LĂ€nder.« Genau dazu hatten sie weder Mut noch Einsicht. »Sie beschrĂ€nkten sich auf Seufzer, Phrasen, heimliche Ermahnungen oder Aufrufe an die Adresse der alliierten Regierungen und beschritten doch genau denselben Pfad wie die liberale Bourgeoisie. Die Soldatenmassen in den SchĂŒtzengrĂ€ben konnten unmöglich den Schluss ziehen, dass der Krieg, in dem sie seit vierthalb Jahren befangen waren, seinen Charakter geĂ€ndert habe, weil sich ein paar neue Menschen, die sich â€șSozialrevolutionĂ€reâ€č oder â€șMenschewikiâ€č nannten, an der Petrograder Regierung beteiligten.«6
Ein verhĂ€ngnisvoller Irrtum, gleich dem, der 1914 die staatstragenden Linken auf allen Seiten, bei der Entente wie in den MittelmĂ€chten, in das Lager, teilweise in die Regierungen ihrer bisherigen politischen Feinde brachte – denn: Das Vaterland ist in Gefahr! VerhĂ€ngnisvoll im Jahre 1917 auch deshalb, weil die »neuen« politischen Akteure nicht verstanden, warum es zu den Unruhen kam, in deren Ergebnis eine »Palastrevolution« der bestehenden bĂŒrgerlichen Duma-Parteien möglich wurde. Von den Massen wurde diese mit riesigen demokratischen und Antikriegs-Erwartungen aufgeladen. Wer konnte sich den Erfolg des Umsturzes ans Revers heften? FĂŒr Lenin war klar: »Die Arbeiter und Soldaten haben die Revolution gemacht. Aber die Macht hat zunĂ€chst, wie das auch in anderen Revolutionen der Fall war, die Bourgeoisie an sich gerissen [
]. Nicht die Reichsduma – die Duma der Gutsbesitzer und der Reichen –, sondern die aufstĂ€ndischen Arbeiter und Soldaten haben den Zaren gestĂŒrzt. Aber die neue, die Provisorische Regierung wurde von der Reichsduma ernannt.«7
Das konnte beide Seiten mit Illusionen erfĂŒllen und war die Grundlage fĂŒr eine Entwicklung, die zwei Machtzentren gleichzeitig in Russland regieren ließ: die Provisorische Regierung aus meist bĂŒrgerlichen, seit Mai auch aus linken, nichtbolschewistischen Politikern einerseits und die spontan, aber schließlich systematisch in allen Teilen der Gesellschaft von der Basis gewĂ€hlten RĂ€te, die Sowjets der Arbeiter, Soldaten, Matrosen und Bauern mit vorherrschend linker, zunĂ€chst aber nur bedingt bolschewistischer Ausrichtung. In dieser Doppelherrschaft formierte sich eine nichtparlamentarische, sehr dynamische Macht von unten her. Mindestens 200000 Deputierte, gewĂ€hlte Vertreter, arbeiteten in zunĂ€chst ĂŒber 700, im Herbst fast 1500 RĂ€ten, berieten, fassten BeschlĂŒsse und setzten sie als arbeitende Körperschaften selbst um.
Nikolaj Nikolajewitsch Suchanow, Menschewik,
1917 Mitglied des Exekutivkomitees des Petrograder Sowjets,
zur Doppelherrschaft:
Die Revolution hatte sich ĂŒber die ganze Breite des russischen Landes ausgedehnt. Aus allen Gegenden kamen zu Hunderten und Tausenden Nachrichten ĂŒber den Umsturz, der sich blitzartig, leicht und schmerzlos vollzogen und die unterdrĂŒckten, notleidenden Volksmassen zum Leben erweckt hatte. Telegramme meldeten die â€șAnerkennungâ€č und den â€șAnschlussâ€č von Truppen (gemeinsam mit dem Offizierskorps), von Arbeitern, Bauern, Beamten, vom BĂŒrgertum und ĂŒberhaupt von Menschen aller Farben und Schattierungen [
]. NatĂŒrlich teilte sich die Bevölkerung in zwei Lager. Das eine zog es zum Marienpalais, das andere zum Taurischen [d.h. entweder zum Sitz der Provisorischen Regierung oder zum Sitz der Sowjets – St. B.]. Die Mitte – die kleinbĂŒrgerlichen Schichten – zögerte, entschied sich jedoch nach und nach und bezog ihre Stellungen. Freilich war das zunĂ€chst nicht leicht, denn die sichtbare OberflĂ€che war ruhig und ungetrĂŒbt.
Im Handumdrehen hatten sich ĂŒberall Sowjets konstituiert. Ihre Bildung entsprang zwangslĂ€ufig keinerlei Plan, und ihre TĂ€tigkeit zeichnete sich nicht durch besondere Weisheit aus. Aber sie waren existente Organisationen, StĂŒtzpunkte der Demokratie und der Revolution [
]. Die Gewerkschaften schossen wie Pilze aus der Erde, alle Parteien und politischen Gruppen, einschließlich der mikroskopischsten und unnĂŒtzesten, stĂŒrzten sich Hals ĂŒber Kopf in die Arbeit und entfalteten schon eine derartige Energie, dass die Bourgeoisie betreten diese wilde Jagd betrachtete und mit der Zeit immer offener ihrer Besorgnis Ausdruck gab [
].
Aus: Nikolaj Nikolajewitsch Suchanow: 1917. Tagebuch der russischen Revolution. MĂŒnchen 1967, S. 211.
All dies Àndert nichts an der Tatsache, dass es die ewiggestrigen Kreise waren, die in der Revolution die Macht an sich rissen, den Zaren zur Abdankung drÀngten und dem Volk nicht einhaltbare Versprechungen machten. Der ihnen sicher nicht abgeneigte, aber trotzdem realistisch denkende britische Kriegspremier David Lloyd George hat in seinen Memoiren eine wenig wohlwollende Charakteristik dieser Provisorischen Regierung abgegeben, sie hÀtte wohl auch von den Bolschewiki stammen können: »Die MÀnner, die der russischen Revolution anfangs die Richtung gaben, waren nicht die Bolschewiken, sondern ...

Table of contents

  1. Impressum
  2. Über das Buch
  3. Titel
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. I. Eine kleine Revolutionsgeschichte
  6. II. Revolution – Epoche – Erbe – Tradition
  7. III. »Revolution« – die Karriere eines Begriffs nach dem Ende des Ostblocks
  8. Eckdaten zur Orientierung*