
- 280 pages
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eBook - ePub
About this book
Die warme Luft, die frische Liebe, die neuen Freunde: Das Leben könnte so schön sein in Avignon. Auch für den 22-jährigen Punk Peter. Doch der rasselt auch in Südfrankreich ins nackte Chaos: zu viel Alkohol, zu viele Drogen, zu viele überdrehte Gefühle... "Chaos en France" ist die Fortsetzung des Kultromans "Vielen Dank, Peter Pank". Der Roman erschien über Jahre hinweg in den Szene-Magazinen ZAP und OX, den auflagenstärksten Zeitschriften für Punkrock und Hardcore im deutschsprachigen Raum, und wurde für die Buchfassung überarbeitet und ergänzt.
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Information
Freitag
»Du machst alles falsch!« gellte die Stimme in den schönen Traum, den ich hatte. »Du mußt dafür sorgen, daß dein Körper und dein Geist eine Einheit bilden, sonst wirst du nie die Transparenz und die Höhen erreichen, die für dich vorgesehen sind.« Ich ließ die Augen geschlossen, hoffte, daß der Traum wieder einsetzte, hatte aber kein Glück. Die unerbittliche Stimme schimpfte und tobte weiter, und mir wurde bewußt, daß ich immer noch an einem verlassenen Strand in Südfrankreich lag.
Was für ein Wochentag ist eigentlich? überlegte ich, während ich liegen blieb und spürte, wie die Benommenheit langsam aus meinem Körper wich. Wenn ich mich nicht ganz irrte, war jetzt Freitag. Wochenende ...
In Deutschland hätte ich mich jetzt auf ein Punk-Konzert vorbereitet, hier in Südfrankreich lebte ich in einem zeitlosen Raum, aus dem ich nicht entkommen konnte. Es war nicht mal eine Woche her, seit mein Leben sich noch angefühlt hatte, als ob es perfekt sei, mit einer hübschen Freundin und anstrengenden Freunden, mit lockerem Punkrock-Leben in Avignon und einer unerträglichen, dafür aber Platz bietenden Wohnung. Bevor ich aber ins Sinnieren kam und mir bewußt machte, was in den letzten fünf Tagen alles schief gelaufen war, öffnete ich lieber die Augen.
... und schloß sie sofort, als ich mir die Sonne direkt ins Gesicht knallte. Immerhin hatte ich keine Kopfschmerzen. Es ging mir richtig gut, zum ersten Mal seit Tagen verspürte ich keinen Kater. Kein Wunder, am Vorabend hatte ich ja auch nicht gesoffen. Was ich aber eigentlich alles getrunken hatte! Dieser seltsame Tee und seine beruhigende Wirkung ... Ich schüttelte den Kopf, drehte ihn leicht zur Seite und öffnete die Augen erneut.
Neben dem Lieferwagen stand Josef, diesmal mit einer grau verwaschenen Latzhose und einem karierten Hemd aus der Vorkriegszeit bekleidet, und schnauzte seinen Kompagnon an, der an der Feuerstelle saß und etwas kaute. Ich versuchte, den lauten Wortwechsel zu ignorieren, bei dem es vor allem um Schwitzen, Gesundheit und gute Ernährung ging, teilweise richtig laut auf Josefs Seite, teilweise jammernd und fast heulend von Alfreds Seite. Kopfschüttelnd legte ich den Pullover zur Seite, unter dem ich es die Nacht über ausgehalten hatte, richtete mich auf, zog die Hose hoch und stand auf.
Da die beiden Alten nicht auf mich achteten, ging ich zwischen einige Felsen, wo ich kurzerhand in den Sand urinierte. Dann holte ich mein Waschzeugs und begab mich an den Strand. Die Luft war vergleichsweise warm, wenngleich sich der Wind gelegentlich kühl anfühlte. Mit nacktem Oberkörper stand ich am Strand, putzte mir die Zähne mit Meerwasser; das hinterließ zwar einen seltsam salzigen Geschmack, ich würde hinterher starken Durst haben, aber es war allemal besser als der pelzige Geschmack auf der Zunge und am Gaumen. Danach wusch ich meinen Oberkörper, so daß ich mich hinterher richtig gut fühlte. Ich zog ein T-Shirt über, das einigermaßen sauber wirkte, bevor ich zu meinem Schlafplatz zurückkehrte.
Als ich mich zu meinem Rucksack bückte, sah ich die Plastikflasche. Es war eine dieser in Frankreich üblichen Wasserflaschen, allerdings fehlte das Etikett. Ich hob sie an, musterte sie mißtrauisch.
»Ich ging davon aus, daß du Durst haben wirst«, sagte Josef, der sich unbemerkt genähert hatte. Er lächelte über das ganze Bartgesicht. »Du kannst ruhig trinken«, fügte er hinzu. »Es ist Wasser, und wir haben es ordentlich abgekocht.«
Mir fiel nichts kluges ein, also sagte ich erst einmal »Guten Morgen«. Er hatte recht, ich hatte Durst. Rasch öffnete ich die Flasche und setzte an. Das Wasser schmeckte schal, es war offensichtlich nicht frisch, aber es erfrischte und stillte meinen Durst. »Danke.« Es hörte sich wie ein Krächzen an.
»Nichts zu danken.« Josef verbeugte sich mit einem Grinsen im Gesicht. »Gut geschlafen?«
»Sehr gut.« Ich gab das Grinsen zurück. »Dein Tee hat mir richtig gut getan.« Kurzer Seufzer. »Aber ihr habt mich mit eurem Geschrei aufgeweckt. Worum ging’s denn?«
»Ach.« Josef winkte ab. »Nicht so wichtig. Es ging um meine Versuche, aus Alfred einen anständigen Menschen zu machen. Aber davon verstehst du nichts, mußt du auch nicht.«
Na immerhin. Das hätte ja gerade noch gefehlt. »Für etwas, das nicht wichtig war, habt ihr euch ziemlich laut angehört.«
»Mag sein. Aber ich hätte dich ohnehin gleich geweckt. Du wolltest doch heute morgen zu einem Bahnhof in der Gegend fahren.«
Ich zuckte zusammen. »Stimmt! Fast hätt’ ich’s vergessen.« Ich hatte nicht die geringste Lust dazu, mich mit Pico zu treffen, aber ich hatte es versprochen. »Wir haben uns für elf Uhr am Bahnhof von Cerbère verabredet.«
»Das reicht locker.« Josef winkte ab. »Dann haben wir sogar noch Zeit für ein gemütliches Frühstück.« Er wies auf die Wasserflasche. »Trink erst noch was und pack deinen Kram. Dann kommen wir rasch los.«
Ich folgte seiner Anweisung. Mein Durst war groß, ich trank die Flasche innerhalb kürzester Zeit zur Hälfte leer. Danach fühlte ich mich besser. Es hätte mich interessiert, welche Substanzen ich in der vorigen Nacht zu mir genommen hatte. Mein Hirn fühlte sich zwar klar an, aber ich hatte trotzdem das Gefühl, irgendwelche Drogen zu mir genommen zu haben. Achselzuckend nahm ich mir vor, das Thema erst einmal zu ignorieren. Es gab wichtigeres zu tun: Ich mußte meinen Trip mit Pico zu Ende bringen und nach Spanien kommen. Egal, welcher Art diese Geschäfte sein mochten, auf die sich Pico hier einlassen wollte ...

Nachdem ich meinen Kram gepackt hatte, was recht schnell ging, schnappte ich mir den Rucksack, die Lederjacke und die Wasserflasche und schleppte alles an die Feuerstelle, wo ich mich zu den beiden Alten setzte. Alfred zwinkerte mir zu, was Josef aber nicht zu bemerken schien.
Es gab Tee, allerdings nicht jenen mit den seltsamen Nebenwirkungen. Zumindest spürte ich nichts unnormales. Das Essen servierte mir Josef in einem Teller, dessen fleckige Oberfläche bewies, daß er seit einigen Jahren nicht mehr richtig gespült worden war. Zu der erbärmlich dünnen Kartoffelsuppe reichte er mir einen harten trockenen Kanten Brot.
Kein Wunder, daß Alfred die ganze Zeit Hunger hat, dachte ich. Die Suppe war heiß und schmeckte nicht einmal schlecht, was sicher an den Kräutern lag, die Josef hineingemischt hatte. Wenn ich mein Brot hineintunkte, wurde es sogar weich, so daß man es kauen konnte, ohne ernsthafte Verletzungen befürchten zu müssen.
»Und ihr?« fragte ich, während ich mit vollem Mund kaute. »Eßt ihr nichts?«
»Doch schon«, sagte Alfred. »Wir müssen warten, bis der Teller und der Löffel frei sind.«
Ich beeilte mich, würgte das trockene Brot hinunter, trank immer wieder aus der Wasserflasche. Mit einem kurzen Rülpser beendete ich das Mahl, bevor ich Teller und Löffel an Josef zurückgab. Er blickte mich fragend an. Als ich den Kopf schüttelte, grinste er in seinen Bart hinein und füllte den Teller erneut mit Suppe. Schnell begann er zu löffeln.
»Und ich darf die Reste essen«, klagte Alfred. »Mir bleiben nur die Krümel übrig, und davon soll ich den ganzen Tag leben. Mehr gesteht er mir nicht zu, dieser Unmensch.«
»Sei ruhig!« rief Josef empört und riß den Mund weit auf. Suppenspritzer und Brotkrümel spritzten über seinen Bart, liefen über die Latzhose. »Hättest du einen Schwitzanzug an und würdest du dich anständig ernähren, hättest du solche Probleme nicht. Die Fleischeslust bliebe fern von dir, und du wärst ein besserer Mensch.«
Das Gezeter wollte ich mir nicht noch einmal anhören. Ohne Kommentar stand ich auf, keiner der beiden achtete auf mich, und ging hinüber zu den Felsen, wo ich pißte. Als ich zurück zur Feuerstelle kam, hatten sich die beiden beruhigt.
»Wir können bald los«, sagte Josef, während er den erneut gefüllten Teller an Alfred weitergab. Fasziniert schaute ich zu, wie der Alte zu essen anfing, mit einem Heißhunger, als habe er seit Wochen gefastet.
Nervöse Gedanken keimten in mir, ohne daß ich es den beiden Alten sagen konnte. Was Pico in der vergangenen Nacht angestellt hatte, war mir völlig unbekannt. War er bereits über die spanische Grenze gefahren, oder hatte er die Nacht irgendwo in der Gegend verbracht? Er hatte ein Dorf ansteuern wollen, eines der vielen in der Region. Hatte Pico sogar versucht, mich zu finden, nachdem er mich am Straßenrand abgesetzt hatte? Eigentlich hatte ich keine Lust, ihn wiederzusehen. Allein die Tatsache, daß er mir in Avignon geholfen hatte und ein Freund Maos war, sprach für ihn.
Ein Akt der Loyalität, verspottete ich mich in Gedanken. Es geht doch nur um irgendeine Drogenscheiße. Mir fiel das Päckchen ein, das er mir in die Finger gedrückt hatte. Ich unterdrückte den Impuls, es aus dem Rucksack zu holen, zu öffnen und zu untersuchen. Muß jetzt nicht sein, dachte ich, ich hab’s bisher ohne dieses Wissen ausgehalten. Ich bemerkte, daß ich auf meiner Unterlippe herumkaute, und unterdrückte diese Bewegung.
»Du siehst nachdenklich aus«, sagte Josef leise. »Stimmt etwas nicht?«
»Nein nein. Alles in Ordnung. Ich dachte eben nur an Avignon und meine Freunde dort.«
»Du mußt selbst wissen, was du tust. In den letzten Tagen hast du dich zu sehr treiben lassen. Auch dein Aufenthalt hier war nicht geplant, obwohl er uns sehr gefreut hat.«
»Mich auch.« Ich meinte es ehrlich, aber einen Seitenhieb konnte ich mir nicht verkneifen. »Wobei ich vor allem Alfred um seine Erfindung beneide.«
Josef lachte. »Ich auch, das kannst du mir glauben.« Er schaute mich an. »Was willst du machen, wenn du deinen Freund Pico getroffen hast?«
»Er ist nicht mein Freund! Der doch nicht!«
»Mag sein. Aber mit ihm bist du hier, und seinetwegen fahre ich dich nachher nach Cerbère. Also ist er so was ähnliches wie ein Freund.«
»Keine Ahnung, was dann ist. Mal hören, was er vorschlägt. Nach Spanien wollte er.«
»Was ja immerhin ein Ziel ist. Wenn auch nicht dein eigenes.« Josef stand auf. »Also, fahren wir los. Komm, Alfred!«
Der Schwede war gerade dabei, den Teller auszulecken, den Löffel hatte er bereits zur Seite gelegt. »Ich bin gleich fertig«, sagte er. »Nur noch einmal, dann hab‘ ich alles sauber.«
Josef seufzte. »Paß auf, daß du nicht zu dick wirst!«
Mir fiel ein, daß der Lieferwagen der beiden Alten nicht viel Platz bot. Nicht noch einmal in der rollenden Müllkippe sitzen, dachte ich. Die Erinnerung an die Fahrt hierher schüttelte mich. »Wäre es nicht sinnvoller, wenn Alfred hier bleiben würde?« fragte ich. »Dann kann er sich um seine Erfindung kümmern, und du kannst mich nach Cerbère bringen.«
Prüfend schaute mich Josef an. Wahrscheinlich suchte er nach dem wahren Grund für meinen Wunsch. Sein Bart klaffte auseinander, er wollte etwas sagen, aber ...
»Großartige Idee!« Alfred sprang auf. »Das ist die beste Idee seit langem! Peter, du bist ein echter Freund und Kamerad!« Er umfaßte mit beiden Händen meine Rechte und schüttelte sie. »Du hast mir schon gestern sehr geholfen und der Wissenschaft einen Dienst erwiesen. Und heute erweist du mir einen erneuten Dienst.« Ich glaubte schon, er würde meine Hand gar nicht mehr loslassen, bis er sich beruhigte. »Lange Abschiede machen alles nur schlimmer. Adieu!« Er drehte sich um und verschwand in dem Felsengewirr, das den Lagerplatz von seiner Anlage trennte.
»Womit sich meine Frage wohl von selbst beantwortet hätte.« Josef seufzte. »Ich bin mir sicher, daß Alfred in Wirklichkeit nicht an seinem Experiment arbeiten, sondern etwas essen möchte.« Er schüttelte den Kopf. »Dir kann es egal sein. Komm, wir fahren, bevor die Zeit knapp wird.«
Der Bahnhof von Cerbère wirkte genauso langweilig und unbedeutend wie das gesamte Kaff. Mit einem röchelnden Geräusch rollte der Lieferwagen im Schatten eines großen Baumes aus. Nur wenige Menschen waren auf der schmalen Dorfstraße unterwegs; sie schauten zu dem Lieferwagen herüber, schienen sich wohl zu wundern, wer mit so einem Auto durch die Gegend fuhr.
»Unauffälliger geht’s nicht«, maulte ich. »Wieviel Uhr ist denn?«
»Ziemlich genau elf Uhr.« Josef klopfte auf die runde Zeitanzeige am Armaturenbrett. »Das Ding geht ziemlich genau. Darauf kannst du dich verlassen.«
»Aber wahrscheinlich nicht auf Pico.« Ich lehnte mich im Beifahrersitz zurück, ignorierte den muffeligen Geruch im Wagen und dachte nach. »Du mußt nicht warten, Josef. Wenn du noch etwas zu tun hast, kannst du schon mal fahren. Du hast mir schon viel geholfen. Pico wird sicher bald auftauchen.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob es so gut ist, wenn der Kerl auftaucht. Wenn ihr irgendwelchen Dreck über die Grenze bringen wollt, kann das richtigen Ärger geben. Aber das ist deine Sache. Ich red’ dir da nicht rein, es ist dein Leben.«
»Mh.« Ich nickte nur und starrte angestrengt durch die schmutzige Windschutzscheibe. Den Rucksack hatte ich zwischen den Beinen; in ihm steckte alles, was ich nicht am Leib trug. So konnte ich im Zweifelsfall rasch aufbrechen. Die Lederjacke hatte ich wieder angezogen, obwohl es dafür zu warm war. Mit ihr am Rücken hatte ich aber nicht das Gefühl, in dem altersschwachen Sitz zu versinken.
Eigentlich will ich nur meine Ruhe, versuchte ich meine Gedanken zu...
Table of contents
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