Analgewitter: Wenn man sich als unpolitisch bezeichnet und dann trotzdem mit dem Extremismus oder Rassismus verglichen oder angegriffen wird, muss man sich ja dazu Ă€uĂern, sonst wird man selbst in diese Ecke gedrĂ€ngt.
Bremsspur Thorsten: Ich finde schon, dass man im Deutschrock sich positionieren muss und sollte. Man darf den rechten Idioten erst gar keinen NĂ€hrboden geben. Das ist auch das Problem an der Sache â denn das tun die meisten Bands nicht.
Brennstoff: Man kann nicht unpolitisch sein und gleichzeitig politisch Stellung beziehen. Solange AuĂenstehende nicht aufhören, die gesamte Szene zu beschuldigen oder in ein falsches Licht zu stellen, so lange bleibt der Deutschrock auch nicht unpolitisch.
Controvers: Ja schon, aber welche von uns sind gebrannte Kinder, was den rechten Mist angeht. Wir sind dermaĂen auf die Schnauze damit gefallen und haben unsere Lektion gelernt. Nur haftet das einem ewig an und ganz werden wir den Ruf wahrscheinlich nie loswerden. Damit mĂŒssen wir leider leben. Man kann nur jedem raten, sich genau zu ĂŒberlegen, auf welchen Mist man sich da einlĂ€sst. Und ein absolutes NEIN gegen Rassismus und Extremismus aussprechen.
Dezibold: Ist keine Meinung auch eine Meinung? Gegen Rassismus zu sein, ist nicht automatisch links, und gegen Extremismus zu sein, ist einfach vernĂŒnftig. Es sind immer Fanatiker, die die Welt ins Chaos stĂŒrzen. Sei es politisch, religiös oder anderweitig motiviert. Es ist generell schwer, sich komplett aus dem aktuellen Geschehen herauszuhalten. Daher muss man frĂŒher oder spĂ€ter mit diesem Statement brechen â und dann wird man unglaubwĂŒrdig. Manchmal muss man den Sturm einfach vorĂŒberziehen lassen.
D.o.F Dresden: Der Kampf gegen Extremismus, egal, ob links/rechts, sollte von jedem Menschen ernst genommen werden, das hat uns ja die deutsche Geschichte zweimal gezeigt.
Ich wusste gar nicht, dass Kommunisten die beiden Weltkriege angefangen und die Nazis an die Macht gebracht haben. Bisher dachte ich immer, es wĂ€re die âPatriotenâ-Fraktion gewesen âŠ
D.o.F Dresden Steve: Aber eingeschrÀnkte Freiheiten, siehe DDR, sind auch nicht ein Zeichen von Toleranz und offener Wertegesellschaft. Oder ein Blick nach Nord-Korea reicht da auch aus.
Die krampfhafte Positionierung der Szene gegen rechts wird ja nicht zwingend von der Szene selbst gefordert, sondern ist die logische Konsequenz aus den Rufen von âauĂenâ: Ihr mĂŒsst euch positionieren! Das ist im Metal einfacher. Da kommen, den Black Metal auĂen vorgelassen, kaum Rufe nach einem âGegen rechts-Konzertâ. Warum auch? Sind ja auch unpolitisch.
Einheit 13: Ich finde diese Positionierungsversuche immer recht schwammig und unklar. Ich muss mich nicht fĂŒr etwas rechtfertigen, was ich nicht getan habe. Positionieren muss sich nur der, der Verantwortung fĂŒr derartige VorwĂŒrfe ĂŒbernehmen muss. Unpolitisch kann man nur sein, wenn man seine Fresse hĂ€lt.
Harte Zeit: Ich glaube nicht, dass Dinge wie der Kampf gegen Rassismus oder Extremismus politische Einstellungen sind. Vielmehr moralische, ethische. Nur weil ich dafĂŒr eintrete, dass wir alle gleich sind und niemand wegen seiner Herkunft, Religion oder Ăberzeugung diskriminiert werden sollte, stelle ich mich damit noch lange nicht auf die Seite irgendeiner Partei oder Ideologie.
Kneipenterroristen Jörn: Nur weil man ernste Themen besingt oder MissstĂ€nde anprangert, ist man ja nicht gleich âne politische Band. Da kommt dann wieder das fĂŒr Deutschland typische Schubladendenken durch. Ich bin zum Beispiel Mitglied in der SPD, das hat in meiner Familie eine lange Tradition. Meine Mutter sitzt fĂŒr die SPD in der Hamburger BĂŒrgerschaft. Aber das hat doch nichts mit den Kneipenterroristen zu tun, warum soll ich das also nach auĂen kehren. In erster Linie geht es mir um die Musik und meine Texte, und wer die aufmerksam liest, weiĂ dann sicher, wie ich ticke.
Morgenrot: Ja, es ist unlogisch! Es ist aber auch Deutschland! Es nervt! Es ist schon eine Volks- oder Nationalkrankheit. Warum soll man sich auch rechtfertigen fĂŒr Dinge, die man nicht denkt oder tut?
Neurotox: Auf den ersten Blick sieht das natĂŒrlich so aus. Aber kein Mensch auf dieser Erde sollte Rassismus tolerieren. Andere Menschen zu respektieren, hat in meinen Augen nichts mit Politik zu tun. Extremisten, egal ob rechtsradikal, linksradikal, Salafist, Islamist ⊠diese Gruppen haben kein gesundes MaĂ an Einstellungen bzw. Sichtweisen und sind sehr gefĂ€hrlich. Braucht also niemand.
Resomus: Sich gegen Rassismus zu stellen, hat nichts mit Politik, sondern mit Menschlichkeit zu tun. Es zeigt die Toleranz gegenĂŒber anderen Kulturen, den Respekt voreinander. Bei Frei.Wild finde ich es wichtig, da ihnen das ja immer wieder angekreidet wird. FuĂballclubs mĂŒssen sich auch immer mehr fĂŒr das Verhalten ihrer Fans verantworten, auch wenn der Verein direkt nichts fĂŒr die Ausschreitungen kann. Umso wichtiger ist es, dass die Vereine nach solchen VorfĂ€llen Stellung beziehen und dieser Art von Fans ganz klar kommunizieren, dass sie und ihre Meinung, ihr Handeln und Verhalten unerwĂŒnscht sind! Eine unverzichtbare MaĂnahme!
Ruhr Rock: Sicher ist es auf den ersten Blick unlogisch, wenn jemand, egal ob Gruppe oder Einzelperson, sich als unpolitisch bezeichnet und sich gleichzeitig politisch Ă€uĂert. Aber es kommt doch wohl auch darauf an, wie er es tut. Nicht jeder, der sich dann und wann mal zu Themen wie Gewalt, Rassismus, Extremismus usw. Ă€uĂert, ist auch gleich politisch engagiert; er drĂŒckt vielleicht nur seine Empfindungen gegenĂŒber diesen Problemen aus, und das hat dann doch eher etwas mit Ethik & Moral zu tun als mit Politik.
Salud: Wir finden, dass Engagement gegen Rassismus und Extremismus nichts mit Politik zu tun hat, sondern mit Menschlichkeit und Zivilcourage. FĂŒr uns ist es selbstverstĂ€ndlich und szenenunabhĂ€ngig, sich gegen Rassismus und Extremismus auszusprechen.
Shorts: Musik ist Musik. Politik ist Politik. Allerdings kann und sollte man politische Inhalte in der eigenen Musik in geringem MaĂe verankern und nicht ganz auĂer Acht lassen. Ist man nicht der inhaltlichen Meinung, sollte man sich andere Musik suchen, denn Genuss ist ja schlieĂlich Zweck der Musik. SchlieĂlich ist die Politik nicht nur auf staatlicher Ebene prĂ€sent und in unserem Leben allgegenwĂ€rtig, selbst wenn wir es nicht als solche wahrnehmen. Sich als âunpolitischâ zu bezeichnen, bedeutet, ohne eigene Meinung und autonom durch das Leben zu gehen; sich als âunpolitischâ zu bezeichnen heiĂt auch oft, die Augen verschlieĂen, wegzurennen, sich nicht damit zu befassen, was uns alle etwas angeht. âUnpolitisch seinâ gibt es nicht.
Stainless Steel / Killerton: Nachdem immer wieder versucht wird, der Musik das Signum der Rechtslastigkeit anzuheften, ist es doch mehr als nachvollziehbar, dass Bands versuchen, dieser ungerechtfertigten Stigmatisierung ein entsprechendes Zeichen entgegenzusetzen. Zu sagen: Seht her, wir sind nicht so. Wir haben mit Rassismus, Extremismus und dem ganzen Dreck nichts am Hut. Im Gegenteil, wir engagieren uns sogar gerne dagegen. Das hat allerdings nichts mit der Tatsache zu tun, dass die Musik selbst âunpolitischâ ist. Man wird als Band doch fast schon gedrĂ€ngt, um nicht zu sagen genötigt, sich dementsprechend zu engagieren. Tut man es nicht, wird man dafĂŒr kritisiert. Tut man es, wird man ebenfalls dafĂŒr kritisiert, weil das dann ja âpolitischâ ist oder man es nicht ernst meinen könnte. Wenn einem etwas Falsches angedichtet wird, kann einem das doch eigentlich nicht egal sein, oder?
SĂŒndikat: Wer in eine Ecke geschoben wird, muss sich gelegentlich positionieren, um wieder unpolitisch sein zu können.
Toxigen: Rassismus und Faschismus sind fĂŒr uns keine politischen Meinungen, die man vertreten kann, sondern es sind Verbrechen, gegen welche man sich engagieren MUSS. Dass die Szene immer wieder diesen VorwĂŒrfen unterliegt, ist mir persönlich absolut unverstĂ€ndlich â und vielleicht bezeichnen sich auch gerade deswegen so viele Bands als unpolitisch.
Unantastbar: Wir hatten niemals ein Problem damit, uns klar zu Ă€uĂern: LOVE MUSIC â HATE FASCISM.
Vollblut Richi: Ich sehe das Engagement gegen rechts weniger als Politik, sondern viel mehr als gesellschaftliches Engagement. Jeder, der sich gegen rechts einsetzt, tut in erster Linie der Menschheit etwas Gutes â und genau das brauchen wir! Das ist alles andere als kontraproduktiv!
Seb: Es gibt einen Unterschied zwischen privater Meinung und Bandmeinung. Eine Band ist ein Zusammenschluss von mehreren Menschen, die höchst unterschiedlich ticken können, aber als Band mit vereinten KrĂ€ften âeinfach Musikâ machen wollen. Warum auch nicht? Eine âunpolitischeâ Band sollte sich dann allerdings auch nicht politisch Ă€uĂern. In keine Richtung, weder positiv noch negativ, oder es zumindest nicht auf die Fahnen schreiben.
Vorlaut: Warum sollte ich, wenn ich Musik mache, nicht auch unsere CDU hier im Ort unterstĂŒtzen? Sich gegen Rassismus und Extremismus zu Ă€uĂern, ist ja auch nicht falsch. WĂŒrde einer Band wie Frei.Wild nicht stĂ€ndig der Hang zum Rechtsradikalen vorgeworfen, dann mĂŒssten die sich auch nicht stĂ€ndig dazu Ă€uĂern und immer mehr fĂŒr ihre GlaubwĂŒrdigkeit tun. Sich dagegen auszusprechen ist fĂŒr mich eher ein Zeichen der Menschlichkeit und âFremdenâ einfach ein GefĂŒhl zu geben, dass sie hier willkommen sind. Wir fahren ja auch in fremde LĂ€nder und sind dort herzlich willkommen.
Wiens No. 1: Gegen Rassismus einzutreten sollte eine SelbstverstĂ€ndlichkeit sein. Wir sehen das so: Man muss sich nicht zwangslĂ€ufig positionieren, um ernst genommen zu werden. Da spielt viel mehr mit. Die Geschichte der Band, der einzelnen Bandmitglieder, ihre Taten, ihre Texte âŠ
Analgewitter: Ich denke, das macht jede Band auf ihre Art. Es gibt ja genĂŒgend Möglichkeiten wie z. B. Texte, Konzerte, Radio, Flyer ⊠Und nur weil man sich politisch nicht engagiert, heiĂt das ja nicht, dass einem alles am Arsch vorbei geht.
Berserker: Vorbilder sind gut, das stimmt. Aber wer macht einen zum Vorbild? Die Fans? Darf ich deshalb nicht mehr rĂŒlpsen, wenn ich bei uns am Merchandise-Stand stehe? Jeder ist sein eigenes Vorbild. Wenn man sich ein neues Vorbild sucht, muss man auch mit den Konsequenzen rechnen.
D.o.F Dresden: Wenn diese Dinge nicht als werbetechnische Veranstaltung gemacht werden, um sein kĂŒnstlerisches Gewissen zu sĂ€ubern, dann sollten die groĂen KĂŒnstler das gerne machen. Aber am Beispiel Dresden: Wenn man nur einmal am 13.02. ein âZeichen setztâ und fĂŒr den Rest des Jahres vor dem Kamin sitzt und in der Tagesschau die schlimmen Dinge der Welt passiv verfolgt, dann sind alle Aktionen hinfĂ€llig!
Einheit 13: Nein, denn ich denke, das verkommt ganz schnell zum Gutmenschen-Image. Und sind wir nicht Deutschrocker, um auch anti zu sein? Die erfolgreichen Menschen, die tatsĂ€chlich was Ă€ndern wollen, hĂ€ngen das eben nicht an die groĂe Glocke. Die machen das aus Ăberzeugung. Ich glaube, das ist der ehrlichere Weg, mit seinen Anfeindungen umzugehen. Die Fanbases sollte man daran teilhaben lassen, Ă€hnlich wie die Onkelz das bei ihren vielen derartigen Aktionen getan haben. Wichtig sollte aber dennoch fĂŒr jeden sein, auch die Bescheidenheit zu bewahren.
110 Prozent: Jeder sollte sich selbststĂ€ndig seine Meinung ĂŒber das Geschehen in der Welt bilden. Toleranz und Akzeptanz sollten nicht nur von der Musik vermittelt werden, sondern tĂ€glich umgesetzt werden. Dinge wie Gewalt und Armut sehen die Menschen tagtĂ€glich in den Nachrichten. Aus diesem Grund werden genau diese Themen nicht in unseren Texten umgesetzt.
Endgegner: Ja, es wĂ€re wĂŒnschenswert. Wenn man einen gewissen Status hat, fungiert man immer irgendwie als Vorbild. Aber leider fruchtet sowas nicht bei den Zuhörern. Sie sagen: Ja, der hat Recht und wir mĂŒssen etwas unternehmen! Und danach ist vieles wieder vergessen. âViva la Revolutionâ wird gebrĂŒllt und trotzdem passiert nichts...