Schloß Hubertus
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Schloß Hubertus

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Schloß Hubertus

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Schloss Hubertus ist ein Heimatroman von Ludwig Ganghofer aus dem Jahr 1895. Er handelt von einem Grafen, der seine Jagdleidenschaft als Sucht auslebt und darüber zugrunde geht. (aus wikipedia.de)

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Information

Year
2012
eBook ISBN
9783849614621

17

Graf Egge war in schlechter Laune. Zwei Triebe seit dem Morgen. Und er hatte noch keinen Schuß getan. Er schalt über den »hundsmiserablen« Wind, ließ seinen Ärger an den Treibern und Jägern aus und schien doch einen gelinden Trost in der Tatsache zu finden, daß auch seine Söhne leer ausgegangen waren. Willy hatte zwar fünf Patronen »verpulvert«; aber die Gemsgeiß und die beiden Kitz, die sich in seinem sprudelnden Bericht zu »kapitalen Böcken« auswuchsen, waren von seiner feuerflinken Büchse gesund an Leib und Gliedern entlassen worden.
Nun ging es auf Mittag, und es sollte der dritte Bogen beginnen. Die Treiber waren schon abmarschiert und mit ihnen Tassilo und Franzl, die den Rückwechsel zu besetzen hatten. Robert und Willy warteten auf Schipper, der mit seinem Herrn in flüsterndem Gespräche abseits stand.
»Sieh nur, wie die beiden die Köpfe zusammenstecken,« sagte Robert zu seinem Bruder, »Papa scheint seinem Hof- und Staatsrat geheime Order zu geben.«
Das war nicht weit vom Ziel geschossen. »Den Bertl stell' auf den nächsten Stand!« befahl Graf Egge seinem Büchsenspanner. »Der kann allein bleiben. Bei dem bin ich sicher, daß er mir den Anlauf nicht verdirbt. Und du geh mit dem anderen! Sonst brennt er mir am End' wirklich noch eine Geiß nieder. Wenn er auf einen Bock zu Schuß kommt, in Gottes Namen!« Dieses Zugeständnis löste sich etwas zögernd von Graf Egges Lippen. »Aber nicht zu früh! Das bitt' ich mir aus!«
Schipper schien verstanden zu haben und nickte lächelnd.
Graf Egge trat zu seinem Stand, Robert und Willy wünschten ihm »Weidmanns Heil!« und begannen mit Schipper bergan zu steigen. Als Robert seinen Stand erreichte, flüsterte Schipper ihm zu: »Sind S' g'scheit, Herr Graf! Sie wissen schon, was ich mein'!« Robert schien nicht in der Stimmung zu sein, um vertrauliche Ratschläge anzunehmen. Gelangweilt zog er die Brauen auf und maß den Jäger mit einem hoheitsvollen Blick.
Auch Willy machte ein verdrießliches Gesicht. Als er sich mit Schipper den kahlen Felsen näherte, brummte er: »Papa hat mir wohl den schlechtesten Stand gegeben? Ja?«
»Gott bewahr! Den besten im ganzen Trieb. Da schießen S' gwiß a paar gute Böck!«
Noch ehe der Stand erreicht war, krachte schon der Losschuß auf der Treiberlinie. Willy nahm auf einer Felsstufe Platz, und hinter ihm ließ Schipper sich nieder. Es währte nicht lange, da hörten sie in den Latschen das leise Kollern kleiner Steine. »Es kommt was!« zischelte Willy, von heißem Jagdfieber befallen.
»Ja, ja, halten S' Ihnen nur stad!« mahnte Schipper und streckte den Hals.
Auf zweihundert Schritt erschien ein Gemsbock zwischen den schütteren Büschen. Willy wollte mit der Büchse auffahren, doch Schipper hielt seinen Arm gefesselt. »Zeit lassen! Der Bock is ganz vertraut. Lassen S' ihn her auf hundert Schritt, sonst fehlen S' ihn, und der Herr Graf macht an Spitakel!«
Willy saß in zitternder Ungeduld und hing mit brennenden Augen an dem näher ziehenden Wilde. Schipper lächelte, griff in die Joppentasche, zog lautlos sein rotgesprenkeltes Schnupftuch hervor und hielt es wie ein Fähnlein über Willys Kopf. Flink eräugte der Gemsbock das grell leuchtende Warnungssignal und war im nächsten Augenblick mit jagender Flucht hinter die Büsche geprasselt.
»Natürlich, jetzt hab' ich das Nachsehen!« brummte Willy, während Schipper sich duckte und das rote Tuch verschwinden ließ.
»Aber junger Herr! Was haben S' denn gmacht! Warum haben S' denn net gschossen? So an Bock auslassen, Mar' und Josef!«
Zwischen den beiden entwickelte sich ein mit Flüsterstimmen geführter Disput, den der Hall eines Schusses unterbrach.
Drunten auf dem Hauptstand wurde Graf Egge durch diesen Schuß aus seinem regungslosen Spähen und Lauschen geweckt; als er hastig das Gesicht gegen die Höhe wandte, auf welcher Robert seinen Stand hatte, sah er den Pulverdampf über die Latschen gleiten und einen verendeten Gemsbock mit schlagenden Läufen über den steilen Grashang herunterrollen. Wütend, mit übereinandergepreßten Zähnen, lachte Graf Egge vor sich hin. »Natürlich, jetzt hat er das Geld! Wenn es für ein Telegramm nicht schon zu spät wär', ich möcht' ihm einen Strich durch die Rechnung machen!«
Über das weite Latschenfeld herunter klang der Juchzer eines Treibers. Graf Egge schien die Bedeutung dieses Rufes zu verstehen; ein Ruck ging durch seine Gestalt, seine Hände schlossen sich fester um die Büchse, und die funkelnden Augen hefteten sich auf ein Gehäng, auf dem die Hauptwechsel des Triebes zusammenliefen. Zwischen dem fernen Grün sah er einen rötlichen Schimmer gleiten; mit vorsichtiger Bewegung hob er den Feldstecher, und der Blick, den er durch das Glas warf, steigerte seine leidenschaftliche Erregung. Über den Büschen sah er die Kronen eines mächtigen Hirschgeweihs erscheinen und wieder verschwinden. Schon hörte er, näher und immer näher, das leise Brechen der Äste. Er atmete tief und legte die Büchse an die Wange, um schußfertig zu sein, wenn der Hirsch aus der Dickung träte.
Da krachte auf Roberts Stand der zweite Schuß, eine Gemse mit baumelndem Vorderlauf schleppte sich über den Grashang, und vor dem Hauptstand im Dickicht schwankten die Äste, während die Sprünge eines flüchtenden Wildes sich entfernten.
Zornröte goß sich über Graf Egges Gesicht, und mit einem Fluch setzte er die Büchse ab. In der Treiberkette erhob sich wirres Geschrei, aus dem eine einzelne Stimme herausschallte: »Obacht, rückwärts! Ruckwärts!«
Franzl, der mit Tassilo am Saum eines steilen Lärchenwaldes saß, spitzte bei diesem Ruf die Ohren und flüsterte: »Passen S' auf, Herr Graf!« Im gleichen Augenblick sah er schon, noch außer Schu...

Table of contents

  1. Ludwig Ganghofer – Biografie und Bibliografie
  2. Zweites Buch