IV
DAS NEUE MENSCHENBILD
Jegliche Art von Geist-Gehirn-Dualismus und jeder Glaube an eine Autonomie des Geistes gegenĂŒber dem Gehirn ist mit dem Wissensstand der Hirnforschung unvereinbar.
Gerhard Roth, deutscher Biologe und Hirnforscher
GroĂe Fortschritte, sowohl in den Naturwissenschaften als auch in den Geisteswissenschaften, haben in den letzten Jahrzehnten zu einem neuen Menschenbild gefĂŒhrt, das sich weitaus stĂ€rker auf wissenschaftliche Erkenntnisse stĂŒtzt, als dass das vorher der Fall war. Insbesondere die empirische Bewusstseins- und Hirnforschung hat mit ihren modernen naturwissenschaftlichen Verfahren, wie der Elektroenzephalografie (EEG), der Positronen-Emissionstomografie (PET), der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT) und der Magnetenzephalografie (MEG) ganz erheblich dazu beigetragen. Es zeigte sich, dass bestimmte BewusstseinszustĂ€nde und bestimmte physische VorgĂ€nge im Gehirn unmittelbar miteinander korreliert sind. Damit konnte der Geist weitestgehend entmystifiziert werden. Davor war unser Menschenbild sehr stark von Wunschvorstellungen und Mythen geprĂ€gt. Viele sahen den Menschen im Zentrum des Universums als âKrone der Schöpfungâ. Alles andere, und insbesondere die Pflanzen- und Tierwelt, schienen lediglich zu seinem Nutzen vorhanden zu sein. Die gesamte Natur schien nur fĂŒr ihn geschaffen. Der neue Humanismus sieht dagegen den Menschen als Produkt der Evolution, die selbst keinerlei Ziele verfolgt, sondern sich ausschlieĂlich im Rahmen der Naturgesetze bewegt. Die grundlegenden Prinzipien, die zur Entwicklung des Menschen gefĂŒhrt haben und die im Menschen selbst wirken, sind eine Kombination von Zufall und Notwendigkeit bzw. Determinismus. DarĂŒber hinausgehende KrĂ€fte werden aus Sicht des neuen Humanismus zur ErklĂ€rung der menschlichen FĂ€higkeiten weder gebraucht, noch gibt es irgendwelche objektive Hinweise auf deren Existenz. Niemand hat den Menschen konstruiert und niemand fernab von unserem Planeten interessiert sich fĂŒr unser Schicksal. Vermutungen ĂŒber einen tieferen Sinn unserer Existenz sind reines Wunschdenken. Nichts in unserem Universum hat einen Wert an sich, und demzufolge gibt es auch keinerlei letzte Ziele der Existenz des Menschen.
Der Mensch unterscheidet sich in seiner Gehirnmasse und seinen Genen nur geringfĂŒgig von den höher entwickelten Primaten. Aber bei emergenten Prozessen können schon geringe Steigerungen der zugrundeliegenden KomplexitĂ€t zu völlig neuen FĂ€higkeiten fĂŒhren. So hat die Entwicklung der SprachfĂ€higkeit und der verstĂ€rkten Selbstreflexion den Menschen in eine Sonderstellung unter den biologischen Lebewesen gebracht. Es ist die einzige Spezies, die eine Kultur entwickeln konnte. Ein Teil der Kultur ist die Technik. Sie hat unsere FĂ€higkeiten gewaltig erweitert. SchlieĂlich konnten wir sogar Maschinen konstruieren, die schon jetzt unsere geistigen FĂ€higkeiten in Teilbereichen erheblich ĂŒbersteigen.
Da auch die besonderen Eigenschaften und FĂ€higkeiten von biologischen Gehirnen im Rahmen des Naturalismus auf den grundlegenden Naturgesetzen basieren, stellt sich die Frage nach der möglichen Determination unseres Geistes. Sind die makroskopischen VorgĂ€nge, und hier insbesondere die mentalen ZustĂ€nde und die FĂ€higkeiten des menschlichen Gehirns, durch die VorgĂ€nge auf mikroskopischer Ebene determiniert (Mikrodeterminismus) und lassen sich umgekehrt alle diese Dinge auf die VorgĂ€nge im mikroskopischen Bereich zurĂŒckfĂŒhren bzw. reduzieren (Mikroreduktionismus)? Reduktive ErklĂ€rungen sind besonders ĂŒberzeugend, weil sich mit ihnen hĂ€ufig eine Vielzahl unterschiedlichster Erscheinungen auf einfache Grundprinzipien oder gar Gesetze zurĂŒckfĂŒhren lassen, und sie damit zu einer tieferen Einsicht fĂŒhren. Insbesondere das Aufstellen neuer Theorien, auf die bekannte Theorien reduziert werden können, kann als wissenschaftlicher Fortschritt gesehen werden.
Wie schon in Kap. 3.1 gezeigt, ist ein strenger Mikroreduktionismus, der versucht, alle Dinge auf die Bewegung von Elementarteilchen zurĂŒckzufĂŒhren (siehe Abb. 5), zum Scheitern verurteilt. Wenn man z. B. den Begriff âGeburtstagsfeierâ zunĂ€chst auf eine Ansammlung von Personen und Sahnetorten reduziert, diese dann auf ihre MolekĂŒle, dann auf ihre Atome und schlieĂlich bei einer Ansammlung von Elementarteilchen endet, bleibt von der Bedeutung des Begriffs nichts mehr ĂŒbrig. Man kann letztlich auf diese Weise alle GegenstĂ€nde auf eine Ansammlung von Elementarteilchen reduzieren. Die Funktion der GegenstĂ€nde geht aber bei diesem totalen Reduktionismus völlig verloren.
Abb. 5: Mikroreduktionismus: Schema von Oppenheim und Putnam, 1958. Die obere Schicht soll jeweils aus der unteren zusammengesetzt sein und sich auf diese reduzieren lassen. Quelle: Wikipedia
Im makroskopischen Bereich gibt es eine groĂe Menge von PhĂ€nomenen und GesetzmĂ€Ăigkeiten, die sich nicht auf die grundlegenden physikalischen Naturgesetze reduzieren lassen. Das schlieĂt aber andersherum keineswegs eine Mikrodetermination aus. Letztere ist allerdings nicht mit Berechenbarkeit gleichzusetzen. Selbst im Bereich der klassischen Physik, die vollstĂ€ndig algorithmisch beschreibbar ist, gibt es viele VorgĂ€nge, die sich nur nĂ€herungsweise berechnen lassen.
Das gegenteilige Konzept zur Mikrodetermination ist die sogenannte Makrodetermination. Sie beschreibt eine KausalitĂ€t von oben nach unten, d. h. von komplexen Systemen bis hinunter zu den Elementarteilchen. Gerade bei der Genetik sind ja offenbar Mechanismen am Werk, die die Anordnung einzelner MolekĂŒle bis hin zu Genen gezielt steuern und damit deren Eigenschaften determinieren. Daneben können wir mit Hilfe unserer geistigen FĂ€higkeiten Dinge bis hinunter zu Elementarteilchen gezielt beeinflussen und steuern. Die entscheidende Frage ist, ob der Beginn einer Ursachenkette im makroskopischen Bereich liegen kann. Dazu mĂŒsste es zwingend eine Kraft im makroskopischen Bereich geben, die ihrerseits keine Ursache hat. Beim Menschen lĂ€uft das auf die Frage nach dem freien Willen hinaus. Darauf wird in Kap. 4.3 noch nĂ€her eingegangen. FĂŒr den Moment können wir nur feststellen, dass eine solche Kraft nicht bekannt ist. Ăhnliches gilt fĂŒr die bei der Evolution der Lebewesen wirkenden Mechanismen. Eine Selektionskraft, die unabhĂ€ngig von den physikalischen KrĂ€ften wirkt, gibt es nicht. Im Bereich der Elementarteilchen bzw. der Quantenmechanik scheint es dagegen durchaus VorgĂ€nge zu geben, die ontologisch indeterministisch sind, womit der AnstoĂ von Ereignisketten bis hin zur Entstehung unserer Welt möglich ist. Es ist also insgesamt wohl so, dass das, was uns als Makrodetermination erscheint, letztlich doch auf die Mikrodetermination als tieferliegende Ursache zurĂŒckgefĂŒhrt werden kann. Es gibt aber offensichtlich in der Determination auch RĂŒckkopplungseffekte. Man könnte daher hier von kausalen Schleifen sprechen.
Bei den Verfechtern der Makrodetermination kann man zwei unterschiedliche Positionen identifizieren. Die schwache Position ist, dass durch den Einfluss von oben die Gesetze der Mikroebene nicht verletzt werden. Sie wird z. B. vom ungarisch-britischen Philosophen Michael Polanyi vertreten. Er schreibt1: âDie Kontrolle eines Systems durch irreduzible Randbedingungen kommt nicht mit den Gesetzen der Physik und Chemie in Konflikt. [âŠ] Irreduzible höhere Prinzipien kommen zu den Gesetzen der Physik und Chemie hinzu.â Die starke Position des Makrodeterminismus wird z. B. vom amerikanischen Philosophen Jaegwon Kim2 beschrieben mit dem Satz: â[âŠ] dass diese höherstufigen mentalen Ereignisse und Prozesse eine Verletzung physikalischer Gesetze des niedrigeren Niveaus verursachen.â
Die starke Position ist mit den Prinzipien des Naturalismus absolut unvereinbar und muss daher aus Sicht des neuen Humanismus abgelehnt werden. Aber auch die schwache Position ist letztlich inkonsistent und muss mit der folgenden BegrĂŒndung des deutschen Philosophen Paul Hoyningen-Huene3 als unzutreffend angesehen werden:
Wenn die Gesetze der tieferen Ebene deterministische Gesetze sind, wie das etwa in der klassischen Physik der Fall ist, dann ist das Wirken echter zusĂ€tzlicher Kausalfaktoren, die nicht von auĂen an das System angreifen, mit der uneingeschrĂ€nkten Geltung dieser Gesetze nicht vertrĂ€glich. Denn die Gesetze der Mikroebene determinieren die Dynamik der Systemkomponenten vollstĂ€ndig; Makrodetermination aber wĂŒrde eine endogene Abweichung von dieser Dynamik bedeuten, was nur durch einen Bruch des gesetzmĂ€Ăigen Zusammenhangs möglich ist. Das gleiche Argument trifft auch fĂŒr die Quantenmechanik zu.
Die Frage der Determination ist ganz entscheidend fĂŒr unser Menschenbild. Eine Mikrodetermination wĂŒrde fĂŒr den sogenannten Physikalismus sprechen, der in der Regel in die Kategorie des materialistischen Monismus eingeordnet wird. Mit Physikalismus bezeichnet man die Position, dass alle Objekte, Eigenschaften und Ereignisse als physisch gelten, wenn sie mit den Theorien und Hypothesen der Physik beschrieben werden können. Eine Makrodetermination wĂŒrde dagegen den philosophischen Standpunkt des Geist-Körper-Dualismus stĂŒtzen. Dieser Standpunkt wĂ€re auch mit der christlichen Sicht des Menschen zu vereinbaren, wobei man hier eher die Bezeichnung Leib-Seele-Dualismus benutzt. Neben den physischen Ursachen fĂŒr die Funktion unseres Gehirns kommen mystische Ursachen bzw. Substanzen hinzu, die naturwissenschaftlichen Methoden grundsĂ€tzlich unzugĂ€nglich sind. Nur auf diese Weise lĂ€sst sich eine unsterbliche Seele begrĂŒnden. Zuweilen wurden und werden allerdings auch monistische Standpunkte von der Theologie vertreten, mit der BegrĂŒndung, dass Leib und Seele als Einheit von Gott geschaffen wurden. Solche Standpunkte sind aber noch weiter von der Naturwissenschaft entfernt, weil sie zusĂ€tzlich auch noch den Körper mystifizieren.
In der Vergangenheit wurde der Geist in der Philosophie ĂŒberwiegend als etwas Immaterielles angesehen. Da unser Geist aber einerseits Einfluss auf unseren Körper nehmen kann und andererseits vom Körper bzw. den Sinnen Informationen ĂŒber die AuĂenwelt erhĂ€lt, stellt sich das Problem, wie hier eine Verbindung des materiellen Körpers zum immateriellen Geist zustande kommen kann. Mit der aufkommenden philosophischen Strömung des Materialismus wurde der Geist erstmals als reine Funktion des Körpers angesehen und damit als Folge von physikalischen und chemischen Prozessen im Körper. Wir wollen hier mit dem Begriff âGeistâ die subjektiven, mentalen ZustĂ€nde zusammenfassen. In einem so definierten Sinne existiert sicherlich Geist.
Im Folgenden sollen kurz die wichtigsten philosophischen Standpunkte diskutiert werden, nicht zuletzt, weil sie ganz erheblichen Einfluss auf unser gesamtes Weltbild und unser SelbstverstĂ€ndnis haben. Die beiden gegensĂ€tzlichen Hauptrichtungen sind der Monismus und der Dualismus. Sie lassen sich noch weiter in verschiedene Varianten aufteilen. Neben dem materialistischen Monismus gibt es noch den idealistischen Monismus, der aber hier nicht weiter diskutiert werden soll, da er ohnehin keine allzu groĂe Bedeutung mehr hat. Bei den Theorien des materialistischen Monismus sind die Unterschiede untereinander nicht allzu groĂ. Derzeit werden im Rahmen des Naturalismus vor allem der nichtreduktive Physikalismus und die Emergenztheorie favorisiert. Die besonderen FĂ€higkeiten unseres Gehirns, wie Bewusstsein, Emotionen usw. werden hier als emergente PhĂ€nomene aufgefasst. Zuweilen kritisieren die Vertreter des Dualismus, dass dies nur eine andere Bezeichnung fĂŒr Mystik sei, weil man genauso wenig weiĂ, was sich dahinter verbirgt. Dies trifft jedoch nicht zu, denn man kann das Auftreten von Emergenz z. B. innerhalb der Mathematik studieren. Dort treten solche PhĂ€nomene im Bereich der zellulĂ€ren Automaten auf, der ein Teilbereich der KomplexitĂ€tstheorie ist. Hier sei insbesondere das monumentale Werk4 von Stephen Wolfram, A new Kind of Science, erwĂ€hnt, das sich auf 1200 Seiten mit diesen PhĂ€nomenen befasst. In Kap. 4.4 wird noch einmal etwas genauer auf das PhĂ€nomen der Emergenz eingegangen.
Unstrittig bei den verschiedenen Varianten ist, dass in unserem Gehirn die Vorverarbeitung der Sinnessignale und die Steuerung des Bewegungsapparates stattfinden. Das Kernproblem, an dem die Unterschiede festgemacht werden können, ist das sogenannte Bindungsproblem, das heiĂt die Frage, wie die physischen VorgĂ€nge in verschiedenen Hirnarealen zusammenwirken. An welcher Stelle werden z. B. GefĂŒhle wahrgenommen? In der Vergangenheit ging man in der Regel von einer hierarchischen Struktur der Signalverarbeitung aus, an deren Spitze eine Art Homunkulus stand, der die GefĂŒhle erfuhr, die Handlungen plante und ĂŒber einen freien Willen verfĂŒgte. Dieses Bild wurde von der modernen Hirnforschung jedoch weitestgehend widerlegt. Es gibt kein Konvergenzzentrum im Gehirn. Zwar lassen sich bestimmte FĂ€higkeiten grob lokalisieren, aber es gibt fĂŒr diese VorgĂ€nge kein lokalisierbares Steuerzentrum. Psychische QualitĂ€ten scheinen aus dem Zusammenspiel mehrerer Hirnregionen zu entstehen. Entscheidend scheint dabei nach neueren Erkenntnissen die zeitliche Synchronisation des Feuerns der beteiligten Neuronen zu sein. Experimentelle Untersuchungen zeigen, dass diese Synchronisationsprozesse in einem Zeitraster von 25 Millisekunden stattfinden.
In der Philosophie hing man bis in die Gegenwart hinein ĂŒberwiegend dem Dualismus von Geist und Materie an. Der Geist schien etwas zu sein, das unter keinen UmstĂ€nden im Rahmen eines reinen Materialismus beschrieben werden kann. Der evolutionĂ€ren Entwicklung des menschlichen Geistes wurde damit kaum Rechnung getragen, und insbesondere den Tieren wurde in der Regel jede Art von Geist abgesprochen. Davon abgesehen konnte kaum erklĂ€rt werden, wie der immaterielle Geist Einfluss auf die Gehirnzellen nimmt und damit HandlungsablĂ€ufe des Körpers in Gang setzen kann. Vom Standpunkt des Naturalismus ist diese Art von Dualismus aber nicht haltbar, weil sich der Begriff âGeistâ dann gerade an den besonderen FĂ€higkeiten des menschlichen Gehirns orientiert.
Zentraler Punkt beim Dualismus ist die Behauptung, dass mentale PhĂ€nomene nicht-physische PhĂ€nomene sind. Das heiĂt, man geht von der Existenz irrreduzibler geistiger VorgĂ€nge aus, die neben den physischen VorgĂ€ngen existieren und nicht auf diese zurĂŒckgefĂŒhrt werden können. Bekannte Vertreter des Dualismus waren der Philosoph Rene Descartes, der die Welt in eine ausgedehnte und eine denkende Substanz aufteilte, und der Philosoph Karl Popper, der dem Geist und seinen Produkten eine eigene RealitĂ€t zusprach. Typisch fĂŒr den Standpunkt des Dualismus sind die von Colin McGinn5 etwas genauer formulierten Annahmen:
1. Das Bewusstsein ist eine Art âStoffâ.
2. Dieser Stoff wird durch das âVermögen der Introspektionâ erkannt. Bewusstsein ist in genau der Weise das âObjektâ des Introspektionsvermögens, wie die physische Welt das Objekt des Wahrnehmungsvermögens ist.
3. Um ein VerstĂ€ndnis der Körper/Geist-Beziehung zu haben, mĂŒssten wir die âVerbindungâ zwischen Bewusstsein und Hirn verstehen.
Das Hauptproblem dabei ist, dass ganz offensichtlich mentale PhĂ€nomene physische PhĂ€nomene in Gang setzen können. So können wir z. B. durch unseren Willen unseren Körper in Bewegung setzen. Wenn mentale PhĂ€nomene aber nicht physisch sind, dann widerspricht das dem KausalitĂ€tsprinzip der Naturwissenschaften, nach dem physische PhĂ€nomene ausschlieĂlich physische Ursachen haben. Der dualistische Standpunkt zum Geist-Körper-Problem erinnert stark an den Zustand der Biologie in der Mitte des vorigen Jahrhunderts, als noch ein groĂer Anteil der Biologen vom Vitalismus beeinflusst war, also dem Glauben, dass Dinge durch eine geheimnisvolle Lebenskraft belebt werden. Bereits im Jahr 1944 verfasste Erwin Schrödinger, einer der MitbegrĂŒnder der Quantentheorie, ein Buch mit dem Titel What is Life?, in dem er die Ăberzeugung vertrat, dass Lebendiges auf der Grundlage des Aufbaus der Materie zu verstehen sei. Durch die moderne Gentechnik konnte schlieĂlich die Idee des Vitalismus restlos widerlegt werden.
Dieses Argument gegen den Dualismus wird von der modernen Neurobiologie gestĂŒtzt. Sie kann schon heute das Verhalten einfacher Organismen nahezu lĂŒckenlos auf die VorgĂ€nge in deren Nervensystem zurĂŒckfĂŒhren. Die Neuronen in unserem Gehirn unterscheiden sich aber kaum von denen einfacher Organismen, wir haben nur eine viel gröĂere Zahl davon, und die Vernetzung ist viel komplexer. Die Kommunikation zwischen den Sinnesorganen und dem Gehirn sowie innerhalb des Gehirns geschieht mit elektrischen und chemischen Signalen, die sich ihrerseits prinzipiell naturwissenschaftlich erklĂ€ren lassen. Daraus können wir schlieĂen, dass auch unser Verhalten alleine auf die VorgĂ€nge in unserem Nervensystem zurĂŒckzufĂŒhren ist, auch wenn wir aufgrund der extremen KomplexitĂ€t viell...