II
Best Practices für externe Standardsituationen
7 Statements Kernaussage in 30 Sekunden auf den Punkt bringen
Denke wie wenige und sprich wie alle.
Franz Josef Strauß
Dieses Kapitel behandelt im Einzelnen:
1 Bedeutung der Fernsehrhetorik
2 Überzeugungswirkung beim Publikum
3 Die Zeit ist knapp – Statements im Fernsehen
4 Aufbaupläne für Statements
5 Wissensmodule – Ihre „Inseln im Wasser“
1 Bedeutung der Fernsehrhetorik
Fünf Millionen Menschen schalten Woche für Woche ein, wenn Sabine Christiansen am Sonntagabend zum Polit-Talk einlädt. Größen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft diskutieren dann in der meistgesehenen TV-Gesprächsrunde Deutschlands aktuelle Themen – und nutzen dabei kräftig die Gelegenheit, ihr Image zu fördern. Die Bedeutung medialer Präsenz ist inzwischen so groß geworden, dass ein Politikerauftritt bei Sabine Christiansen oder Maybrit Illner für die Meinungsbildung einen höheren Stellenwert genießt als eine Bundestagsdebatte. Und die TV-Duelle zwischen George W. Bush und John Kerry haben erneut gezeigt, dass Fernsehrhetorik und persönliche Wirkung der Akteure Wahlausgänge maßgeblich mitentscheiden.
Auch Führungskräfte aus der Wirtschaft sollten die „Bühne Fernsehen“ beherrschen. Denn über Medienauftritte erhalten Unternehmen ein Gesicht bei Zielgruppen und Marktteilnehmern: Heinrich von Pierer ist Siemens, Jürgen Schrempp ist DaimlerChrysler und Bill Gates ist Microsoft. Nur wer wirkungsvolle TV-Präsenz mitbringt, hat die Chance, das Image und das Vertrauen ins Unternehmen zu stärken. Auch die eigene Rolle als Führungskraft kann nachhaltig gefördert werden.
Die Kapitel 7 bis 9 zeigen Ihnen, wovon Ihre Wirkung bei Fernsehauftritten abhängt. In diesem Kapitel geht es neben übergreifenden Aspekten zu Auftritten in Funk und Fernsehen um die Frage, wie Sie Statements publikumswirksam formulieren. Wer Statements auf den Punkt bringen kann, beherrscht eine Fähigkeit, die auch für andere Standardsituationen von großer Bedeutung ist, zum Beispiel für Pressekonferenzen oder die Krisenkommunikation.
2 Überzeugungswirkung beim Publikum
Die folgenden Spielregeln erleichtern es Ihnen, eigene Stärken und Verbesserungspotenziale zu erkennen. Dies ist ein wichtiger erster Schritt, um die persönliche Medienkompetenz gezielt weiterzuentwickeln. Ein weiteres Element muss jedoch hinzukommen: das dauerhafte Training. Dabei steht die Simulation konkreter Managerauftritte im Mittelpunkt professioneller Medientrainings.
Fernsehjournalist Ullrich Kienzle hat seine Empfehlungen für erfolgreiche Managerkommunikation im Fernsehen auf sechs Kernbotschaften verdichtet:
Sechs Gebote für TV-Auftritte
• Was nicht sofort verstanden wird, wird nie verstanden.
• Eine einfache Sprache ist das Erfolgsrezept.
• Eindrücke wirken stärker als Gedanken.
• Die Vereinfacher sind erfolgreich.
• Das Fernsehen hat alles – nur keine Zeit.
• Wer sympathisch wirkt, der hat auch Recht.
Sympathie und emotionale Glaubwürdigkeit (siehe Kapitel 1) sind offenbar die entscheidenden Faktoren für die überzeugende Wirkung. Ob Sie allerdings als sympathisch, attraktiv und intelligent über den Fernsehschirm kommen oder nicht, entscheidet sich bereits in den ersten Sekunden Ihres Auftritts. Ganz wichtig ist es deshalb, positiv gestimmt und freundlich vor die Kamera zu treten, mit ruhigem Blick und sparsamen Bewegungen. Lehrreiche Vorbilder in dieser Hinsicht sind Bill Clinton und Helmut Schmidt. Beide Persönlichkeiten nehmen durch ihre „Bühnenpräsenz“ und Gelassenheit von vornherein für sich ein. Mit Zuversicht und Optimismus sollte man ein Interview auch verlassen: Legen Sie sich vorab einen einprägsamen Gedanken, ein motivierendes Motto oder einen zukunftsweisenden Appell zurecht. Auch der letzte Eindruck, den ein TV-Zuschauer von Ihnen erhascht, sollte ein guter sein.
„Denke wie wenige und sprich wie alle!“, hat Franz Josef Strauß einmal gesagt – und damit den entscheidenden Leitsatz der Fernsehrhetorik auf den Punkt gebracht. In diesem flüchtigen Medium können Inhalte nun einmal nicht nachgelesen werden. Was nicht sofort verstanden wird, wird nie verstanden. Franz Josef Strauß wusste um die Wichtigkeit einer geläufigen, den Zuhörern angepassten Sprache.
Bei TV-Auftritten sollten Sie rasch auf den Punkt kommen sowie in kurzen Sätzen klar und einprägsam sprechen. Die Kunst besteht darin, beim Zuschauer ein „Kopfkino“ zu erzeugen. Dies gelingt durch anschauliche Bilder und Vergleiche aus der unmittelbaren Erfahrungswelt des Publikums. Sie helfen dadurch, Kernbotschaften beim Zuschauer zu verankern. Unabdingbar ist, dass Sie möglichst frei sprechen und bei wichtigen oder schwierigen Inhalten betont langsamer reden. Nichts kommt schlechter an als Schnellsprecher und „Äh-Sager“. Legen Sie deshalb häufig Pausen ein, um strukturiert formulieren zu können. Ausdrücke wie „eigentlich“, „vielleicht“, „irgendwie“ oder „ich will mal sagen“ werden auch „Weichmacher“ genannt, weil sie Ihre Überzeugungswirkung schwächen und Ihrem Gegenüber Angriffsflächen öffnen. Im Fernsehen sichern Ihnen einfache und plakative Aussagen Aufmerksamkeit: Als Edmund Stoiber und Gerhard Schröder 2002 im TV-Duell gegeneinander antraten, wiederholte der Kanzler immer und immer wieder eine klare und unmissverständliche Botschaft: „Wir werden keine Soldaten in den Irak schicken.“ Der Herausforderer musste bei dieser Frage differenzieren. Punkten konnte er damit nicht.
Hinweis
Wenn eine Redaktion oder ein Journalist wegen eines Statements, eines Interviews oder einer Diskussionsrunde anfragen, werden Sie in der Regel ein Vorgespräch mit dem Sender führen, um die Anfrage zu analysieren und Chancen und Risiken eines Medienauftritts beurteilen zu können. Im Anhang auf Seite 188ff. finden Sie dazu eine differenzierte Checkliste: Was ist grundsätzlich bei Medienauftritten zu klären?
3 Die Zeit ist knapp – Statements im Fernsehen
Das Fernsehen hat alles – nur keine Zeit. Deshalb ist ein hinreichendes Zeitgefühl unabdingbar: Wenn Sie beispielsweise zu einem aktuellen Ereignis eine Stellungnahme abgeben müssen, beträgt Ihr Zeitbudget in der Regel nicht mehr als 30 Sekunden. „Was kann Ihr Unternehmen besser als der Wettbewerb?“ Versuchen Sie einmal im Selbsttest mit Aufnahmegerät und Stoppuhr, eine entsprechende 30-Sekunden-Botschaft zu formulieren. Sie werden merken, wie schwierig das ist, und rasch erkennen, das nur durch regelmäßiges Üben Fortschritte zu erzielen sind. Das „Statement“ ist eine Standardsituation auf der Fernsehbühne und sollte daher von jedem Manager beherrscht werden. Bei dieser Schlüsselkompetenz geht es darum, in 15 bis 30 Sekunden eine Stellungnahme auf den Punkt zu bringen. Dabei ist die Komplexität eines Themas auf kurze, anschauliche und einprägsame Kernbotschaften (siehe Kapitel 2) zu reduzieren.
Kommen Sie beim Statement sofort zur Sache und verzichten Sie auf die Anrede des Fragestellers. Sympathie gewinnen Sie mit einem freundlichen Lächeln, das allerdings in Krisensituationen selbstverständlich nicht angebracht ist. Je kürzer das Statement, desto deutlicher muss es Wort für Wort formuliert werden. Es fördert Ihre subjektive Sicherheit, wenn Sie Statements gezielt vorbereiten: Bei der Strukturierung hilft häufig der einfache Dreisatz „Kernaussage – Argumentation – Verstärkung der Kernbotschaft“.
Abbildung 12: Verlauf der Aufmerksamkeit in einem Interview mit Fachausdruck oder Fremdwort (Quelle: Friedrichs 2001)
Ungewöhnliche Fremdwörter und Fachausdrücke sollten vermieden oder erklärt werden. Es besteht die Gefahr, dass Fachwörter wie „Kostendegression“, „Deregulierung“, „Portfolio“ oder „Cashflow“ beim Zuhörer ein Verständnisproblem oder eine Blockade verursachen, sodass die nächsten Sätze nicht mehr aufgenommen werden. Erst nach einigen Sekunden hören die Adressaten wieder zu. Diesen Prozess symbolisiert Abbildung 12.
Spezielle Empfehlungen
• Beschränken Sie die Komplexität auf wenige Botschaften und Beispiele. Sie sollten Ihre Botschaft in 15 bis 30 Sekunden übermittelt haben. Das sind etwa 7 bis 8 Schreibmaschinenzeilen. Faustregel: 15 Zeilen = 1 Minute.
• Halten Sie Ihre Sprache so einfach wie möglich: kurze Sätze, keine Abkürzungen, kein Fachchinesisch und möglichst wenige Fremdwörter.
• Benutzen Sie möglichst Ihre eigenen Formulierungen. Bleiben Sie natürlich!
• Verwenden Sie ein imageförderndes Vokabular, das positive Assoziationen beim Zuhörer weckt.
• Zeigen Sie Verständnis für die Anliegen, Ängste und Probleme der Zuschauer.
• Je kürzer das Sta...