Die Schulen werden von Veränderungen des gesellschaftlichen und politischen Lebens beeinflusst. Im Blickpunkt der allgemeinen Bildungsdiskussion in Deutschland steht die Qualität von Schule. Das gesamte öffentliche Bildungssystem befindet sich auf dem Prüfstand. Die Qualität von Lehrinhalten, Methoden, sowie die gesamte Lehrerschaft werden in Zweifel gezogen. Forderungen nach einer Bildungsreform werden deutlich.
Auf diese Forderung reagieren die Landesregierungen der Bundesländer mit einem politischen Umdenken. Um das höchstmögliche Qualitätsniveau zu erreichen, werden einerseits neue Qualitätsstandards entwickelt und andererseits neue Gesetze und Verordnungen verabschiedet; es werden Qualitätsprogramme für Schule zur Verbesserung von Organisations-, Personal- und Unterrichtsentwicklung erdacht.
Ebenso plädieren die Landesregierungen für eine Stärkung der Eigenverantwortlichkeit und Selbständigkeit der Schulen. Dieses beinhaltet ein Mehr an Gestaltungsmöglichkeiten und Verantwortlichkeiten für die Schule vor Ort und ein Weniger an zentralen Vorgaben. Sie sollen schrittweise mehr Freiheit in pädagogischen, personellen, finanziellen und organisatorischen Fragen erhalten. So möchte das hessische Kultusministerium nur noch die benötigten Ressourcen zur Verfügung stellen und die Rahmenbedingungen abstecken, in denen die Schulen die bildungspolitischen Ziele und Inhalte umsetzen können. In diesem Zusammenhang kommt der Schulleitung eine zentrale Stellung zu, da sie für die Umsetzung in den Schulen maßgeblich verantwortlich ist.
An die Schule werden neue Anforderungen gestellt:
„politisch (neue Aufgaben: Schulprogramm, Evaluation), ökonomisch (Budgetkürzungen, Einsparungen), gesellschaftlich (Image des Lehrberufs, Beamtenstatus), global (internationaler Wettbewerb, Rankings), pädagogisch (bessere Leistungen bei ungünstigeren Rahmenbedingungen), didaktisch-methodisch (Individualisierung und Dynamisierung des Unterrichts), (multi)medial (neue Medien und Kommunikationsformen).“
(Schratz 2003, 5)
Schulleitung ist der Motor der Schulentwicklung, ohne ihre innovativen und zukunftsweisenden Unternehmungen werden sich Schulen nicht qualitativ und professionell weiterentwickeln.
Daraus wird deutlich, wie vielfältig und umfangreich die Tätigkeit einer Schulleitung ist und welche umfangreichen Kompetenzen vorausgesetzt werden. Um Schulleitung soweit zu professionalisieren ist eine qualifizierte Aus- und Weiterbildung erforderlich. Aus diesem Grund ist es wichtig, sich mit zukunftsweisenden Lernarchitekturen der Aus- und Weiterbildung von Führungskräften auseinanderzusetzen.
Die Rahmenbedingungen von Schule und Schulleitung haben sich im Laufe der Zeit stark gewandelt. Im Zuge dessen, dass immer mehr Schulen selbstverantwortlich arbeiten, haben sich auch das Profil und der Umfang der Tätigkeiten eines Schulleiters (Zum vereinfachten Lesen wird die männliche Schreibweise verwendet. Wenn im Text die männliche Schreibweise zu finden ist, schließt diese die weibliche Schreibweise ein.)sehr verändert. Die Aufgaben gleichen denen eines Managers. Diese Entwicklung muss auch in der Schulleiterausbildung Berücksichtigung finden.
Das Ziel der Arbeit ist es von den Besten zu lernen. Aus diesem Grund stelle ich in dieser Arbeit drei sehr erfolgreiche Führungskräftetrainings vor. Zum Ersten das Managementtraining des Management Zentrums St. Gallen von Fredmund Malik für die DaimlerChrysler AG (seit 2007: Daimler AG), zum Zweiten das Hernstein General Manager Programm des Hernstein Instituts Wien und zum Dritten das Führungstraining der Europäischen Gesellschaft für Coaching, Supervision und Klienting von Karl-J. Kluge. Das Ziel ist es, die Lernarchitekturen herauszuarbeiten und die Vor- und Nachteile deutlich zu machen, um deren Wirkungsweisen kennen zu lernen. Dies soll zur Prüfung dienen, ob und welche Aspekte dieser Führungskräftetrainings Anwendung in der Schulleitungsausbildung finden können.
Da ich selbst aus dem hessischen Schulsystem komme nehme ich bei der Schilderung des Berufsbilds Schulleitung und den Kompetenzen von Schulleitung Bezug auf Veröffentlichungen des hessischen Kultusministeriums, die aber inhaltlich auf andere Bundesländer übertragbar sind.
In diesem Kapitel soll aufzeigt werden, wie sich die Rahmenbedingungen für Schule und Schulleitung im Laufe der Zeit verändert haben.
1972 bemerkte Scharnberg, dass Schulleitung nicht eine bürokratische Nebenfunktion im Schulbetrieb ist, sondern dass die Schulleitung das zentrale pädagogische Steuerungsorgan darstellt. Die Ausübung dieser Funktion hat Form und Rang eines pädagogischen Spezialberufs. (Vgl. Scharnberg 1972, 487) Ergänzend äußerte Wirries, dass Schulleitung zum „Steuern“ auch „Steuerungsinstrumente“ (Führungsinstrumente) und „Steuerungszeit“ (Leitungszeit) benötigt. (Vgl. Wirries 1986, 76) Wirries führt weiter aus, dass, obwohl sich der „Arbeitsplatz Schule“ Arbeitsplätzen in der freien Wirtschaft angenähert hat, unterschiedliche Maßstäbe angesetzt werden. Aber zum Vorteil einer erkennbaren Weiterentwicklung sollte auch der Arbeitsplatz Schule unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet und der Faktor Mensch vergleichbar der Wirtschaft eingesetzt und gesteuert werden. (Vgl. Wirries 1986, 77) In den 80er Jahren findet auch auf ministerialer Ebene ein Umdenken statt. So hat unter anderem Hans Maier, seinerzeit Bayerischer Staatsminister für Unterricht und Kultus, 1983 Parallelen zwischen den Führungsaufgaben in einer Schule und in einem Wirtschaftsunternehmen erläutert:
„Spricht man von einem Manager, so fallen einem die Schlagwörter Organisation, Planung, Führung, Konferenz, Produktivität, Rentabilität, Effektivität, Leistung, Marketing ein. Überträgt man diese Begriffe auf den schulischen Alltag , so bemerkt man rasch, daß der Schulleiter heute in der Tat so etwas wie ein Manager geworden ist: Organisation, Planung, Führung, Konferenz, Umsetzen von Stundentafeln und Lehrerzuweisung in einen Stundenplan, Erreichung größtmöglicher Ausstattung mit möglichst geringem finanziellen Aufwand, Auswahl aus den in vielfältigstem Angebot vorhandenen Lehr- und Lernmitteln, Pflege des Erscheinungsbildes, des Images seiner Schule in der Öffentlichkeit […]“
(Meier 1983, 4)
1985 möchte der niedersächsische Kultusminister Oschatz mit einem neuen Trainingsprogramm für Schulleitung, Maßstäbe setzten, in dem er die Mitarbeiterführung in den Mittelpunkt stellt. (Vgl. Wirries 1986, 77)
Schule ist in mancher Hinsicht ein Ort, an dem Traditionen bewahrt werden aber auch Veränderungen stattfinden. Dies ist das Spannungsfeld, in dem die Schulleitung und die Lehrerschaft agieren müssen:
„Eine gut funktionierende Schule war bislang diejenige, die als bürokratische Organisationseinheit nach der Vorgabe übergeordneter Kenn- und Grenzwerte klaglos arbeitete. Als Schulleitung bewährte sich vorwiegend, wer ein guter „Befehlsempfänger“ und „-weitergeber“ mit dem Ziel einer reibungslosen Verwaltung von Schule war. Die Rahmenbedingungen der zentral gesteuerten Schule waren klar (d. i. hierarchisch) strukturiert und über den Verordnungsweg „von oben nach unten“ reguliert.“
(Schratz 2003, 1)
Die Schule der Zukunft ist durch mehr Selbständigkeit und Eigenverantwortung geprägt. Sie muss sich ständig neuen Herausforderungen stellen und dem immer währenden Wandel von Gesellschaft, Wirtschaft und Forschung anpassen. Schlüsselkompetenzen und selbständiges Lernen stehen im Mittelpunkt, welches ganz neue Herausforderungen an die Gestaltung der Unterrichtsinhalten und -formen stellt.
„Es geht um eine gute Balance zwischen den Zielen der Persönlichkeitsbildung junger Menschen auf der einen, und neuen Herausforderungen einer im Umbruch begriffenen gesellschaftlichen Wirklichkeit auf der anderen Seite. Reformen und Innovationen bleiben dabei an den Bildungs- und Erziehungsauftrag gebunden, wie er in Grundgesetz und Landesverfassung vorgegeben ist.“ (Abschlussbericht Gesprächskreis „Berufsbild Schulleitung“ 2008, 6)
Die Bildungspolitik muss für die neuen Entwicklungen die entsprechenden Weichen stellen, die wiederum von den Schulleitungen und Schulen umgesetzt werden. Man geht davon aus, dass eine erhöhte Selbständigkeit positive Einflüsse auf die Unterrichtsqualität hat. Wo Menschen substanziell Einfluss auf die Inhalte ihrer Arbeit, auf die Arbeitsweise und die Arbeitsorganisation ihrer Einrichtung nehmen können, steigen Motivation, Leistungs- und Verantwortungsbereitschaft. (Vgl. Abschlussbericht Gesprächskreis „Berufsbild Schulleitung“ 2008, 7) Aus diesem Grund gibt es Bestrebungen der Bildungspolitik, dass die Gestaltungsspielräume der Einzelschulen erweitert werden. Schulen befinden sich in einem kontinuierlichen zirkulären Prozess der erweiterten Selbständigkeit, dies bedeutet Selbststeuerung, Selbstverantwortung und beständige Qualitätsverbesserung. (Vgl. Abschlussbericht Gesprächskreis „Berufsbild Schulleitung“ 2008, 8)
Dieser Wandel beeinflusst auch die Zusammenarbeit der Schule und der Schulaufsicht. Das Aufgabenprofil der Schulaufsicht muss sich dem Wandel anpassen. Die Zusammenarbeit läuft auf einer anderen Grundlage ab. Schule und Schulaufsicht arbeiten ergebnisorientiert, das bedeutet, dass man gemeinsam an Zielvereinbarungen arbeitet, die dann ebenfalls gemeinsam evaluiert werden. Die Schulaufsicht berät, unterstützt und begleitet die Schulen in ihrer Entwicklung und verleiht den Schulen z.B. größeres Mitsprachrecht bei Personalentscheidungen. Bei all dem hat die Schulleitung eine Schlüsselrolle inne. (Vgl. Abschlussbericht Gesprächskreis „Berufsbild Schulleitung“ 2008, 10)
„Autonomisierung von Schulen und Regionalisierung von Entscheidungen sind europaweite Entwicklungen in den staatlichen Bildungssystemen. Dies bedeutet aber nicht automatisch einen Rückgang an zentralem Verwaltungseinfluss. Es entwickeln sich vielmehr neue Aufgaben und Einflussmuster zwischen Schule, regionaler Schulverwaltung und zentraler Verwaltung. Dies hat deutliche Auswirkungen auf die Leitung von Schulen.“
(Rauch; Biott 2003, 9)
Die Schule, insbesondere die Leitung, wird zu einem Ort, an dem immer mehr die Auseinandersetzung mit komplexer Vielfalt und Heterogenität stattfindet. Sie ist ein Lernort, der an Komplexität sowohl innerhalb als auch bezüglich seines Umfelds zugenommen hat. (Vgl. Schratz 2003, 9) Diese Entwicklung stellt hohe Anforderungen an die Schulleitung und die Qualifizierung von Schulleitung. Um einer verstärkten Eigenverantwortlichkeit der Schulleitung Rechnung zu tragen und alle damit verbundenen Aufgaben erfüllen zu können,
„[…] benötigt Schulleitung erweiterte Entscheidungs-, Durchsetzungs- und Delegationsmöglichkeiten, die [z.B.] im Hessischen Schulgesetz, in der Dienstordnung und in der Konferenzordnung festzulegen sind. Es ist dabei über die Ausstattung der Schulleiterinnen und Schulleiter mit den vollen Eigenschaften als Dienstvorgesetzte für alle an der Schule Beschäftigten zu entscheiden. […]Schulleitungen in Schulen mit größerer Selbständigkeit veränderte Führungsaufgaben zu bewältigen sind. Dazu sind die Rechtsfähigkeit der Schule und die Budgetverantwortung zu klären.“
(Hessisches Kultusministerium 2010, 9)
In diesem Kapitel soll der Wandel des Berufsbildes der Schulleitung dargestellt werden und wie sich das Rollenverständnis den heutigen Gegebenheiten angepasst hat. Wie sich die Komplexität der Rollen und Aufgaben entwickelt haben, zeigt das folgende Zitat: „Neben den klassischen Aufgaben der Verwaltung sind im Gefolge zunehmender Autonomisierung von Schulen Finanzmanagement und Personalentwicklung, pädagogische Führung sowie Qualitätsentwicklung und Qualitätsevaluation hinzu gekommen.“ (Rauch 2003, 14)
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