Das kleine Wirtschafts-Heureka
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Das kleine Wirtschafts-Heureka

Ökonomische Geistesblitze für zwischendurch

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Das kleine Wirtschafts-Heureka

Ökonomische Geistesblitze für zwischendurch

About this book

Alltagstauglich – Ökonomische Erkenntnisse, die in jede Reisetasche passenHeureka – das ist der Schlachtruf aller Wissenschaftler, denen das Schicksal eine Lösung für ein langgehegtes Problem in den Schoß gelegt hat.Oftmals finden wir Antworten auf spannende Fragen, indem wir in Bildern denken, Vergleiche anstellen, Parallelen ziehen – genauso wie damals Archimedes, dem beim Anblick seines Badewassers der entscheidende Geistesblitz kam. Wenn wir also verstehen wollen, wie etwas funktioniert, machen wir uns ein Bild – wir vergleichen die lahmende Wirtschaft mit einem stotternden Automotor und verstehen sofort, was ein Konjunkturprogramm kann oder nicht. Mit Hilfe solcher einfachen Bilder lässt sich auch die Ökonomie besser verstehen.Hanno Beck erklärt in knappen, kurzweiligen und bildhaften Geschichten die Welt der Wirtschaft, so dass sich auch beim Leser schnell ein angenehmes Heureka-Gefühl einstellt.Kurze, humorvolle Geschichten - Ein ideales Geschenkbuch.Für alle, die gleichzeitig informiert und unterhalten werden wollen.

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Information

DER KLEINE UND GROSSE WETTSTREIT

Zugegeben: Ökonomen nerven mit ihrer ewigen Predigt von mehr Wettbewerb. Muss das sein? So lästig das klingt – ja, es muss. Natürlich ist das unangenehm, wenn man selbst im Wettbewerb bestehen muss – es findet sich immer einer, der besser, schneller, freundlicher, ideenreicher und kreativer ist, zum Leidwesen derer, die nicht so gut, schnell, freundlich oder kreativ sind. Und abgesehen von den theoretisch-abstrakten Überlegungen der Ökonomen, warum man Wettbewerb braucht: Irgendwie steckt er uns im Blut. Wir wollen uns mit anderen messen, wir wollen zeigen, dass wir besser sind, und als Zuschauer fiebern wir mit über den Ausgang des Wettstreits.
Das ist der angenehme Nebeneffekt des Wettbewerbs, den Ökonomen so sehr schätzen: Je mehr sich die Wettstreiter anstrengen, umso mehr amüsiert sich das Publikum, je mehr sich die Anbieter anstrengen, umso billiger und besser wird es für die Kunden.
Wie heißt es doch so schön: Wenn sich zwei streiten, freut sich der Dritte.

Effizienz

Welcher Fußballclub ist der erfolgreichste?
Diese Frage beschäftigt uns immer: Wer ist der Beste? Der Beste, das sagt uns die schwedische Pop-Musik, kriegt alles, und deswegen wollen wir gerne auch der Beste sein. Aber wie finden wir heraus, wer der Beste ist? Natürlich mit Hilfe von Ranglisten – wer ganz oben auf einer solchen Liste steht, ist die Nummer eins. Ein Paradebeispiel dafür ist die wichtigste Tabelle des Wochenendes, nämlich die Bundesligatabelle: Wer hier auf Platz eins steht, ist auch die Nummer eins. Oder?
Als Anhänger einer Mannschaft, die eher im unteren Drittel der Tabelle beheimatet ist, weigert man sich natürlich, diese Tabellentatsache als solche hinzunehmen – und ein guter Ökonom (und Fußballfan) hat natürlich eine Begründung parat: „Nix gegen die Bayern – aber mit dem vielen Geld, das die haben, muss man doch in der Tabelle oben stehen, die Mainzer hingegen müssen sich mit einem viel kleineren Etat behaupten“, sagen die Verteidiger des rheinhessischen Fußballs. Und recht haben sie.
Ökonomisch gesehen ist da viel dran: Wer nicht auf den absoluten Erfolg einer Mannschaft, sondern auf ihre Effizienz abstellt, muss fragen, wie viele Euros das jeweilige Team pro Tor eingesetzt hat. Die effizienteste – und nach dieser Definition beste Mannschaft – ist diejenige, die mit dem wenigsten Geld die meisten Tore oder die meisten Siege einfährt. Wer mit billigen Spielern ein Tor pro Spiel schießt, kann nach Effizienzgesichtspunkten betrachtet besser sein als das überteuerte Legionärs-Team, das pro Spiel zwei Tore macht. Nicht der Tabellenplatz, sondern die Kosten pro geschossenem Tor entscheiden also nach dieser Lesart darüber, wer der Beste ist. Diese Maximierung einer Leistung bei Minimierung der eingesetzten Mittel nennen Ökonomen „Effizienz“. Die Bayern mögen also effektiv spielen – sie schießen die meisten Tore –, aber ein kleiner rheinhessischer Verein kann trotzdem effizienter sein, wenn er zwar weniger Tore als die Bayern schießt, aber pro Tor weniger Geld in Stürmer investiert.
Diese Philosophie – nicht die Größe, sondern die Effizienz siegt – findet sich in vielen Ranglisten. Auf die Frage nach dem erfolgreichsten Film aller Zeiten beispielsweise kann man zwei verschiedene Antworten geben: Die „Ich-bin-der-König-der-Welt“-Schmonzette „Titanic“ ist gemessen an ihren Einnahmen wohl einer der erfolgreichsten Filme – aus Effizienzgesichtspunkten hingegen wird der gute Leonardo DiCaprio locker vom Gruselschocker „Blair Witch Project“ abgehängt, der nur ein paar hunderttausend Dollar gekostet, aber etliche Millionen eingespielt hat. Da gab es deutlich mehr Bang für den Buck, wie Angelsachsen sagen.
Ein anderes Beispiel für solche problematischen Leistungsvergleiche sind die Rankings der deutschen Universitäten: Da werden Forschungsleistungen der verschiedenen Fakul-täten miteinander verglichen und die beste deutsche Uni gekürt. Ein an vielen Stellen zweifelhaftes Verfahren: Da Forschungsleistungen in der Regel anhand der Zahl veröffentlichter wissenschaftlicher Quellen gemessen werden, haben Fakultäten bessere Karten, die einen ganzen Stall voller Professoren beherbergen – die kleine Provinz-Universität mit einem Dozenten und einer Halbtags-Sekretärin fällt bei dieser Art des Leistungsvergleichs hinten runter. Vergleicht man die Unis hinsichtlich ihrer Leistung in der Lehre, so wird das nicht viel besser: Gute Lehre von einem Dozenten ist mehr wert als ein Haufen Lehre von einem Rudel Dozenten, unter denen auch ein paar gute Dozenten sind – mal abgesehen von der Frage, wie man gute Lehre misst.
Eine weitere Leistungsschau findet sich auf den Seiten der Anlegermagazine: Dort vergleicht man Fonds oder andere Finanzanlagen miteinander und fragt, welches Produkt die höhere Rendite hat. Auch hier schnappt die Vergleichbarkeitsfalle zu: Zum einen wechselt der Favorit je nachdem, über welchen Zeitraum man diese Rankings betrachtet, zum anderen fehlen viele Angaben. Wenn Fonds A 10 Prozent besser war als Fonds B, so kann das daran liegen, dass Fonds A besser war – möglicherweise hat Fonds A aber auch mit einem viel höheren Risiko gearbeitet und Glück gehabt. Das wäre ungefähr so, als ob der Bundesligatabellenführer seine Siege mit zwölf Mann auf dem Platz errungen hat und nur Glück hatte, dass ihn der Schiedsrichter nicht erwischt hat.
Noch undurchsichtiger wird es, wenn man fragt, über welchen Zeitraum denn der Sieger gekürt werden soll: über ein, drei, sechs, zwölf Monate oder Jahre?
Keine Frage, wir Menschen lieben Wettbewerb, und Vergleiche und Ranglisten ermöglichen Wettbewerb – doch wir sollten diese Vergleiche immer mit skeptischer Zurückhaltung genießen. Nicht jede Rangliste ist ehrlich zu uns – und leider ist nicht jede Bundesligatabelle gut zu unserem Verein.

Patente

Sollen wir in der Formel 1 Schwingungsdämpfer zulassen?
Nicht jeder ist ein großer Fan von Autorennen, aber ab und an erregt dieses Spektakel sogar die Aufmerksamkeit von Ökonomen, beispielsweise wenn es dort Ärger gibt. Und in der letzten Saison von Michael Schumacher gab es Ärger: Da warf man dem Renault-Team vor, dass es sich mittels eines sogenannten Masse-Dämpfers einen Vorsprung vor dem Ferrari-Team gesichert habe. Dieser Masse-Dämpfer war eine Art Gewicht, das an strategisch wichtiger Stelle in der Nase des Wagens angebracht war und dafür sorgte, dass der Wagen ruhiger lief – und damit deutlich schneller als die Konkurrenz. Lange ging das nicht gut: Diese Schwingungstilger in der Nase des Renaults seien rechtswidrig, befand das Berufungsgericht des Internationalen Automobilverbandes und verbot sie – zur Freude aller Ferraristi.
Für Renault war das sehr ärgerlich – 0,3 Sekunden pro Runde soll diese kleine Innovation angeblich gebracht haben; die waren jetzt futsch, und der Motorenlärm der Ferraris wurde wieder lauter hinter dem führenden Renault. Und (nicht nur) als Ökonom muss man sich fragen, was davon zu halten ist.
Auf den ersten Blick ist die Antwort eindeutig: Wer ein faires Rennen will, muss dafür sorgen, dass jeder Teilnehmer die gleichen Startbedingungen hat – da darf sich niemand einen Vorteil über merkwürdige Nasenschwingungs-dämpfer erschleichen. „Level playing field“ nennen das angelsachsophile Fachleute und meinen damit die Forderung, dass im Wettbewerb gleiche Spielregeln für alle gelten müssen. Aber was, wenn sich einer der Teilnehmer einen Vorteil erarbeitet – muss oder darf man ihm diesen Vorteil nehmen? Darüber lohnt es sich, in einem einfachen Gedankenexperiment nachzudenken. Lassen Sie uns über Streuselkuchen reden.
Wer den Wettbewerb auf dem Streuselkuchenmarkt revolutioniert, indem er ein geheimes Rezept für Streuselkuchen mit Biergeschmack herstellt und alle Kunden auf seine Seite zieht, hat einen klaren Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz. Darf der Staat im Interesse der Fairness auf dem nationalen Streuselkuchenmarkt den Bierstreuselkuchenerfinder dazu zwingen, diesen Bierstreuselkuchen vom Markt zu nehmen? Der Bierstreuselproduzent und Bierstreuselkuchenliebhaber werden diese Frage vermutlich verneinen: Wer sich durch Schlauheit, Mut und Cleverness einen Vorteil erarbeitet, darf dafür nicht bestraft werden. Warum, ist klar: Wer für seine Cleverness bestraft wird oder keine Vorteile von seiner Findigkeit hat, wird in Zukunft den Kopf einziehen und nichts mehr erfinden – wer weiß, wie viele gute Entdeckungen uns dann entgehen würden?
Das bringt uns zu Renault zurück: Die Konstrukteure des Teams waren offenbar schlauer und findiger als ihre Konkurrenten und wurden vom Internationalen Automobilver-band dafür bestraft. Die Folge dieser Strafe ist klar: In Zukunft sollten die Konstrukteure aller Rennställe sich zurücklehnen und auf Innovationen verzichten, da sie im Zweifelsfall befürchten müssen, dafür bestraft zu werden. Wer nichts macht, kommt auch ins Ziel.
Dies bezeichnen Ökonomen als die dynamische Anreizfunktion des Wettbewerbs: Wer sich auf fairem Weg durch Innovationen einen Vorsprung verschafft, muss dafür belohnt werden, sonst werden die Innovationen ausbleiben. Das erklärt beispielsweise, warum wir Pharmafirmen die Gelegenheit geben müssen, Patente auf lebensrettende Medikamente anzumelden: Nur wer mit einem Patent hinreichend Geld verdient, wird sich weiterhin um Innovationen bemühen – im Interesse der eigenen Brieftasche, aber auch zum Wohl der Allgemeinheit. Findet ein Pharmakonzern hingegen ein neues Medikament, das er anschließend aber nicht gewinnbringend vermarkten darf, weil der Gesetzgeber das entweder als unfair erachtet oder vermeiden will, dass Patienten aufgrund des hohen Preises das Medikament vorenthalten wird, wird dieser Konzern sich in Zukunft die Forschung nach neuen Medikamenten ersparen. Ist es das, was wir wollen?
Nun hat der Internationale Automobilverband aber noch eine Trumpfkarte in der Hinterhand, die seine Maßnahme rechtfertigen könnte: Würde Renault es durch eine geniale Konstruktion schaffen, den Wagen auf Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen, so könnte der Formel-1-Zirkus ein-packen – niemand will einen Wettbewerb sehen, in dem der Sieger bereits feststeht. Will man dennoch Innovationen, so müsste man Renault dazu nötigen, seine Lichtgeschwindigkeits-Technologie mit den anderen Teams zu teilen – gegen eine entsprechende Entschädigung, versteht sich.
So könnte man den Wettbewerb spannend halten, zugleich aber Renault für seine Findigkeit entlohnen. Eine Lösung, die auch für das lebensrettende Medikament der richtige Weg ist: Man zwingt den Erfinder des Medikaments, dieses für andere Hersteller zu lizenzieren, entschädigt ihn aber dafür angemessen.
Wie immer im Leben und in der Ökonomie kommt es also darauf an, die Anreize richtig zu setzen – leider sind Politiker darin nicht immer so weltmeisterlich wie Michael Schumacher seinerzeit im Fahren.

Unverdiente Einkommen

Wem sollen wir einen Preis verleihen?
Das weckt Neid: Während man – gerüstet mit Knabberzeug, Getränken und Kissen – auf den Hauptfilm um Viertel nach acht wartet und die Nachrichten schaut, erklärt der Nachrichtenmoderator, dass ein alter, berühmter Schriftsteller irgendeinen noch älteren, berühmten Kulturpreis nebst zugehörigem Scheck verliehen bekommt. Das ist ganz schön ungerecht – was braucht so eine Berühmtheit einen satt dotierten Preis? Der Mann hat doch schon Geld bis zum Abwinken, oder?
Jeder, dessen Einkommen und Vermögen diesseits der Yacht-in-Monte-Carlo-Grenze liegt, wird wohl im ersten Moment zustimmen: Muss man einem Menschen, der bereits alles im Leben erreicht hat, noch eine üppige Kulturpreisprämie hinterherwerfen, die er bestenfalls dazu nutzt, sich einen neuen Golfplatz zu kaufen? Wie ungerecht, die meisten von uns hätten für das Geld auch gute Verwendungsmöglichkeiten, und die tausend anderen hoffnungsvollen Nachwuchsschriftsteller und Künstler wüssten sicher auch, was sie mit dem Geld anfangen könnten.
Nachdem der erste Neid verraucht ist und der Hauptfilm läuft, meldet sich während einer der unvermeidbaren Werbepausen das ökonomische Gewissen: Ist die Neidkritik der Nicht-Yachtenbesitzer und Nicht-Preiswürdigen gerechtfertigt? Leider nein, aus ökonomischer Sicht gibt es gute Gründe, warum man dem Mann einen Preis um den Hals hängt, selbst wenn er bereits steinalt ist und für sein Leben ausgesorgt hat. Dazu muss man zunächst überlegen, wofür man Preise verleiht: herausragende Leistungen, besondere Taten oder sonstige ehrungswürdige Kraftakte. Das Ziel dieser Preise ist klar: Sie sollen uns zu solchen Taten animieren. Wenn es der betreffende Mensch – unser Preisträger – geschafft und der Welt ein solches Werk geschenkt hat, so muss man ihm zwar eigentlich keinen Preis mehr umhängen, aber schließlich hat man ihm doch genau diesen Preis in Aussicht gestellt, wenn er es schaffen würde.
Wenn wir es zuspitzen, können wir sagen, dass wir den Preisträger beschummeln, wenn wir ihm eine Belohnung in Aussicht stellen, falls er etwas Besonderes vollbringt, sie aber dem unbedeutenden Nachwuchskünstler verleihen, weil dieser gerade knapp bei Kasse ist. Würden wir hingegen auf den Preis verzichten, so müssten wir damit rechnen, dass sich vielleicht viele potentielle Preisträger gar nicht mehr anstrengen, ein preiswürdiges Werk zu schaffen – es winkt ja keine Belohnung mehr.
Genauso funktionieren Marktwirtschaften: Wir belohnen diejenigen, die etwas geleistet haben, und wir stellen denjenigen, die sich bemühen, eine Belohnung in Aussicht. Würden wir das nicht tun, so müssten wir damit rechnen, dass sich niemand mehr anstrengt. Wer damit droht, glücklichen Marktwirtschaftspreisträgern, die es aufgrund ihrer Findigkeit zu einem stattlichen Vermögen gebracht haben, ihr Einkommen zu entziehen, muss nicht nur damit rechnen, dass diese fluchtartig das Land verlassen, er muss auch erwarten, dass sich viele andere erst gar nicht mehr anstrengen werden. Diese dynamische Anreizkomponente in einer Marktwirtschaft wird von vielen Gleichheitsbefürwortern unterschätzt: Wer die heutigen Vermögenden, sozusagen die Preisträger der Marktwirtschaft, schröpft, sorgt zugleich dafür, dass morgen weniger Vermögende nachwachsen – es lohnt sich nicht, sich anzustrengen, weil am Ende dieser Anstrengungen kein Preis mehr auf mich wartet.
Nun wird dem oft entgegengehalten, dass ein Teil der Einkommen in einer Marktwirtschaft ja unverdient sei – soll man denn nicht wenigstens diesen Teil der Einkommen oder Vermögen härter anfassen? Aus Gerechtigkeitsüberlegungen ist das nachvollziehbar, doch dieser Gedanke hat einen schwerwiegenden Haken: Welches Einkommen ist unverdient? Bei allen Einkommen, selbst bei Glücksspielgewinnen, steht hinter diesen Einkommen eine Leistung: Kapitaleinsatz beim Spekulieren, Kapitalüberlassung und Risikoübernahme bei Zinseinkommen, und hinter einer Erbschaft steht auch eine Leistung, nämlich die des Erblassers – bei einer entsprechend hohen Erbschaftssteuer wird sich dieser rasch überlegen, wie er diese aushebelt.
Man kann sich drehen und wenden, wie man will, ohne Anreize keine Leistungen. Das ist eben Marktwirtschaft: An ein paar Glückliche werden Preise verliehen, damit sich der Rest umso mehr anstrengt.

Bekundete Präferenzen

Wo gehen wir einkaufen?
Rheinhessen ist eine Gegend, die ländlich strukturiert ist, oder um präziser zu sein: Rheinhessen ist nichts für Großstadtkatzen. Dort gibt es viele kleine Dörfer, die sich gemütlich an fröhliche Weinberge schmiegen und geruhsam in der rheinhessischen Sonne vor sich hin dösen, fernab der Hektik der stets beschäftigten, hektischen, ständig summenden und pulsierenden Rhein-Main-Metropole. Und in vielen dieser Örtchen gab es über lange Jahre hinweg das, was man im Volksmund Tante-Emma-Laden nennt: Kleine, enge und dunkle Lädchen, in denen sich der Geruch von Wein, Lebensmitteln, Gebäck und Backzutaten zwischen engen Regalen verfängt, geführt von einem oder einer meist älteren Inhaber oder Inhaberin mit Hosenträgern oder Kittelschürze, die jeden Kunden mit Vornamen begrüßen.
Hier konnte man alles erstehen, was das Überleben in der rheinhessischen Tiefebene erfordert: Butter, Brot, Eier, Kurzwaren, Lottoscheine, Korkenzieher, Gummistiefel, Eis, Schokoladenensembles für den kleinen Hunger und die unverzichtbaren Informationen über das soziale Leben im Ort. Es gibt wohl niemanden, der diese Lädchen nicht mag – sie sind gemütlich, praktisch, haben Flair und liefern den lokalen Nachrichtenfluss inklusive ein wenig Unterhaltung.
Leider werden diese Lädchen immer weniger, und der Grund dafür ist der Siegeszug des Automobils. Mittlerweile ist es jedem Rheinhessen möglich, innerhalb kürzester Zeit eine der berüchtigten grünen Wiesen zu erreichen, auf denen Großkonzerne dem Kunden neben einem überdimensionierten Parkplatz nicht nur das anbieten, was man zum Überleben benötigt, sondern auch weniger alltagsnotwendige Dinge wie Wäschetrockner, Importweine aus Südafrika, Umstandskleidung, Nasenhaarschneider, Orchideen oder ostmongolische Cocktailkirschen.
Gegen ein solches Spitzenangebot – mit einigen echten und falschen Sonderangeboten garniert – kann der rheinhessische Tante-Emma-Laden nicht ankämpfen. Das ist eigentlich schade, und viele Rheinhessen klagen bitterlich über den Verlust an ländlicher Kleineinkaufskultur in ihrer Nachbarschaft. Doch das Gejammer der Tante-Emma-Nostalgiker über diesen Zustand verstummt zumeist rasch, wenn man sie fragt, wo sie ihre Einkäufe tätigen – natürlich fahren auch sie auf die grüne Wiese. Und an diesem Punkt kommt man ins Grübeln.
Die Klage über das Sterben der kleinen Lädchen wird oft und gerne geführt – allein fehlt dem Ökonomen der Glauben an die Ernsthaftigkeit der Kritiker. Sie preisen den Tante-Emma-Laden – und kaufen auf der grünen Wiese. Sie fordern den Erhalt der örtlichen Buchhandlung – und bestellen ihre Bücher online. Sie wollen eine Fußgängerzone mit Läden und Cafés – aber gehen dort nie einkaufen.
Unter Ökonomen zählen Lippenbekenntnisse wenig, hier spricht man von den sogenannten bekundeten Präferenzen: Die Menschen zeigen allein über das, was sie tun, was sie wirklich wollen. Put your money where your mouth is, oder auf Deutsch: Leg’ Dein Geld dort auf den Tisch, wo auch Deine Lippenbekenntnisse sind, heißt es dazu bei den Angelsachsen. Und wenn die Mehrheit der Menschen lieber auf der grünen Wiese shoppen geht, muss man das leider akzeptieren und betrübt zusehen, wie der Tante-Emma-Laden in der rheinhessischen Schweiz zu einem Stück Geschichte wird.
Ebenso verhält es sich mit den Buchhandlungen: Wenn die Mehrheit der Bürger ihre Bücher lieber über das Internet bestellt, weil es bequemer ist, sich die Bücher ins Haus liefern zu lassen, so darf man sich anschließend nicht darüber beschweren, wenn es vor Ort keine Buchhandlungen mehr gibt.
Leider gilt das auch für die Frage, ob man Tante-Emma-Läden erhalten sollte: Wenn diese Läden nicht mehr genug Geld abwerfen, so zeigt damit die Mehrheit der Konsumenten, dass ihnen das Tante-Emma-Einkaufsgefühl nicht genügend wert ist – weswegen es ökonomisch betrachtet leider gerechtfertigt ist, dass man diese Läden schließt.
Wer Wert darauf legt, eine Buchhandlung vor der Haustür zu haben, sollte seine Bücher in der örtlichen Buchhandlung kaufen. Wenn diese dann doch schließt, waren offenbar zu wenige der Mitbürger der Ansicht, dass eine Buchhandlung vor Ort attraktiv genug ist. Also muss man das akzeptieren, anstatt sich darüber zu beklagen, dass man sich seine Bücher jetzt am Bildschirm aussuchen muss. Was man aber nicht akzeptieren muss, sind Menschen, deren Worte nicht zu den Bekenntnissen passen, die sie mittels ihrer Brieftasche abgeben.

Markenbildung

Warum werden Supermodels so gut bezahlt?
Hätte es jemals eines Beweises bedurft, wie geistesumnachtet Männer sein können, so liefern Supermodels wie Giselle Bündchen, Heidi Klum oder Kate Moss den Beweis: Laut der Fachzeitschrift „Gala“, ein Magazin, das selten un...

Table of contents

  1. INHALT
  2. Prolog: Heureka
  3. DER KLEINE ALLTAG
  4. DER KLEINE UND GROSSE WETTSTREIT
  5. DIE GROSSE WIRTSCHAFT
  6. DIE GROSSEN UND KLEINEN IRRTÜMER
  7. DIE GROSSE POLITIK
  8. Epilog: Induktives und deduktives Denken
  9. DER AUTOR