Geistige Behinderung
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Geistige Behinderung

Grundlagen, Erscheinungsformen und klinische Probleme, Behandlung, Rehabilitation und rechtliche Aspekte

Gerhard Neuhäuser, Hans-Christoph Steinhausen, Frank Häßler, Klaus Sarimski, Gerhard Neuhäuser, Hans-Christoph Steinhausen, Frank Häßler, Klaus Sarimski

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Geistige Behinderung

Grundlagen, Erscheinungsformen und klinische Probleme, Behandlung, Rehabilitation und rechtliche Aspekte

Gerhard Neuhäuser, Hans-Christoph Steinhausen, Frank Häßler, Klaus Sarimski, Gerhard Neuhäuser, Hans-Christoph Steinhausen, Frank Häßler, Klaus Sarimski

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Geistige Behinderung hat verschiedene Ursachen und Auswirkungen. Dieses interdisziplinär verfasste Buch trägt der komplexen Problematik durch eine ausgewogene Darstellung verschiedener Aspekte Rechnung. In fundierten Beiträgen geben Ärzte, Psychologen, Pädagogen und Juristen detailliert Antwort auf Fragen der Praxis. Damit werden Grundlagen für die Erziehung, Förderung und Behandlung von Menschen mit geistiger Behinderung vermittelt und Perspektiven für das Leben in der Gemeinschaft aufgezeigt. Die 4. Auflage knüpft an den Erfolg der Vorauflagen an. Neu in dieser Auflage sind Kapitel zu Substanzmissbrauch, Sexualität, Aufgaben der Pflege, Problemen des Alterns sowie forensischen Fragen und Problemen.

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Information

Publisher
Kohlhammer
Year
2013
ISBN
9783170275881

Teil B: Erscheinungsbilder und klinische Probleme

4 Klinische Syndrome

Gerhard Neuhäuser
4.1 Diagnose und Bedeutung von Syndromen
4.2 Pränatal entstandene Formen geistiger Behinderung
4.2.1 Die Entwicklung des Nervensystems
4.2.2 Genmutationen als Ursache geistiger Behinderung
a. Rezessiv vererbte Stoffwechselstörungen (inborn errors of metabolism)
Phenylketonurie (PKU, Phenylbrenztraubensäureschwachsinn, Fölling-Krankheit).
Galaktosämie
Mukopolysaccharidosen
Sanfilippo-Syndrom (MPS III)
Glykanosen (CDG-Syndrom)
Lipidosen
Störung von Zellorganellen (Mitochondrien, Peroxisomen)
Hormonelle Störungen
Störungen des Kupfer- und des Purinstoffwechsels
Menkes-Syndrom
Lesch-Nyhan-Syndrom
b. Dysplasie-Syndrome mit meist dominanter Vererbung
Phakomatosen (neurokutane Syndrome)
Tuberöse Sklerose (Morbus Bourneville-Pringle; Epiloia)
Neurofibromatose (NF 1, Morbus von Recklinghausen)
Andere Phakomatosen
Ataxia teleangiectatica (Louis Bar-Syndrom)
c. Geschlechtsgebunden vererbte Störungen mit geistiger Behinderung
Aquäduktstenose
X-chromosomal rezessiv vererbte Formen geistiger Behinderung
X-chromosomal rezessiv vererbte Syndrome mit Balkenmangel
Andere X-chromosomal rezessiv vererbte Störungen
X-chromosomal dominant vererbte Störungen mit geistiger Behinderung
Incontinentia pigmenti (Bloch-Sulzberger-Syndrom)
Aicardi-Syndrom
Rett-Syndrom
4.2.3 Monogen bzw. durch Mikrodeletionen und multifaktoriell bedingte Störungen (Fehlbildungs-Retardierungs-Syndrome)
Angelman-Syndrom
Coffin-Lowry-Syndrom
Cohen-Syndrom
Cornelia de Lange (Brachmann-de Lange)-Syndrom
Crash-Syndrom
De Morsier-Syndrom
Dubowitz-Syndrom
Fraser-Syndrom
Kabuki-Syndrom
Laurence-Moon/Bardet-Biedl-Syndrom
Lowe-Syndrom (Okulo-cerebro-renales Syndrom)
Marden-Walker-Syndrom
Noonan-Syndrom
Prader-(Labhart-)Willi-Syndrom 99
Rubinstein-Taybi-Syndrom
Sjögren-Larsson-Syndrom
Smith-Lemli-Opitz-Syndrom (SLO- oder RSH-Syndrom)
Smith-Magenis-Syndrom
Wiedemann-Beckwith-Syndrom (EMG-Syndrom)
Williams-Beuren-Syndrom
CHARGE-Assoziation
VATER- oder VACTERL-Assoziation
ADAM-Komplex
4.2.4 Fehlbildungen des Nervensystems
Dysraphische Fehlbildungen und Hydrocephalus
Fehlbildungen des Vorderhirns
Fehlbildungen der Rindenentwicklung des Gehirns
Cerebelläre Fehlbildungen
Porencephalie
Megalencephalie (Makrocephalie)
Mikrencephalie (Mikrocephalie)
4.2.5 Chromosomenanomalien und geistige Behinderung
a. Trisomien
Down-Syndrom (Trisomie 21)
Andere Trisomien
b. Deletionen
Katzenschrei-Syndrom (5 p-Syndrom)
Wolf-Hirschhorn-Syndrom (4 p-Syndrom)
Jacobsen-Syndrom (11 q-Syndrom)
Syndrome des Chromosoms Nr. 9
Syndrome des Chromosoms Nr. 22
c. Translokationen
d. Gonosomale Aberrationen
XO-Konstitution (Ullrich-Turner-Syndrom und Varianten)
XXY-Konstitution (Klinefelter-Syndrom und Varianten)
XYY-Konstitution
XXX-Konstitution
4.2.6 Exogen verursachte pränatale Entwicklungsstörungen und geistige Behinderung
a. Infektionen als exogene Ursache pränataler Schädigung
Rötelnembryopathie (Gregg-Syndrom)
Cytomegalie (CMV-Infektion)
HIV-Infektion (AIDS)
Andere Virusinfektionen
Konnatale Toxoplasmose
Lues (Syphilis)
b. Chemische Einflüsse auf die Entwicklung
Alkohol (C2H5OH)
Teratogene Wirkung von Medikamenten und Umweltbelastung
c. Strahlen und geistige Behinderung
4.2.7 Idiopathische geistige Behinderung
4.3 Perinatale Komplikationen als Ursache geistiger Behinderung
4.3.1 Das sogenannte Geburtstrauma
4.3.2 Hypoxisch-ischämische Encephalopathie
4.3.3 Frühgeburt
4.3.4 Erkrankungen des Neugeborenen
4.4 Postnatale Ursachen geistiger Behinderung
4.4.1 Entzündliche Erkrankungen des Zentralnervensystems
4.4.2 Schädel-Hirn-Trauma
4.4.3 Hirntumoren
4.4.4 Hirnschädigung durch Intoxikation, Hypoxie, Stoffwechselkrisen
4.5 Geistige Behinderung und zusätzliche Störungen
4.5.1 Cerebrale Anfälle
4.5.2 Cerebrale Bewegungsstörungen
4.5.3 Perzeptionsstörungen
4.5.4 Demenz
Schlussbemerkung
Literatur
Bei der ärztlichen Untersuchung von Menschen mit geistiger Behinderung sind nicht nur Funktionen des Zentralnervensystems zu prüfen und Lokalisation oder Ausdehnung einer Störung zu bestimmen, sondern auch deren Ursache und Entstehungsgeschichte (Ätiologie und Pathogenese). Lernt man viele geistig behinderte Kinder, Jugendliche und Erwachsene kennen, ist es nicht einfach, eine gewisse Ordnung in die Vielfalt der Erscheinungen zu bringen, obwohl es Ähnlichkeiten im Aussehen oder im Verhalten gibt. Ordnung aber ist ein Ziel der Diagnose, die erkennen und verstehen will. Manche äußeren Merkmale vermitteln hilfreiche Hinweise: Bei gemeinsamem Auftreten bestimmter Symptome kann ein Syndrom vorliegen und eine gemeinsame Ursache bzw. Entstehungsgeschichte haben, die mit geeigneten Methoden aufzuklären ist. Im Folgenden soll dargestellt werden, welche ärztlichen Überlegungen bei »klinischen Syndromen« von Menschen mit geistiger Behinderung angestellt werden und welche Folgerungen sich daraus ergeben. Die Schilderung ausgewählter Syndrome legt Wert auf Praxisbezug und pädagogische Relevanz, weniger auf molekulargenetische und pathogenetische Einzelheiten. Die Vielschichtigkeit der Symptome und des Verhaltens soll deutlich werden lassen, was für die Behandlung und Förderung des einzelnen Menschen aus ärztlicher Sicht zu bedenken ist.

4.1 Diagnose und Bedeutung von Syndromen

Hippokrates (tätig um 440/410 v. Chr.) verwandte den Begriff »Syndrom«, um die »zusammen vorkommenden« Erscheinungen einer krankhaften Störung, deren »Syndromie«, zu kennzeichnen. Seit Thomas Syndenham (1624 – 1689) beschreibt man damit eine regelhafte Kombination von Krankheitszeichen, die ursächlich (ätiologisch) oder entstehungsgeschichtlich (pathogenetisch) verknüpft ist (»kausales Syndrom«) und grenzt sie ab von einem zufälligen Zusammentreffen (»assoziatives Syndrom, Zufallssyndromie«).
Fehlbildungs-Retardierungs-Syndrome kennzeichnen eine Kombination von körperlichen Auffälligkeiten bei Menschen mit geistiger Behinderung: Ist das Aussehen charakteristisch, kann ein bekanntes Syndrom diagnostiziert werden. Ob dies gelingt, wird von dessen Häufigkeit und von den Erfahrungen der Untersuchenden bestimmt. Hilfreich sind dabei Syndromatlanten (z. B. Kunze 2010; Leiber-Olbrich 1990; Witkowski et al., 2003) und Datenbanken (Winter und Baraitser 1995).
Falls man zu einer bestimmten Kombination von Auffälligkeiten keine Parallele findet, kann es sich um ein zufälliges Zusammentreffen handeln oder aber um ein neues, bis dahin nicht bekanntes Syndrom. Es sind auch die Familienangehörigen des Patienten genau zu betrachten, da bestimmte Eigenarten vererbt werden und bei dem behinderten Menschen, der zur Untersuchung kommt, besonders deutlich sein können, z. B. Kopfform, Nase, Mund, Ohren. Bei »variablem familiären Entwicklungsmuster» würde dann zu Unrecht ein Syndrom diagnostiziert.
Eindeutig definiert sind Fehlbildungs-Retardierungs-Syndrome erst nach Kenntnis ihrer Ätiologie und Pathogenese. Nun ist ihre Entstehung genau zu verfolgen, es kann das »phänotypische Spektrum« bzw. die Spielbreite (Variabilität) der Symptome bestimmt werden. Auslesefaktoren führen nämlich mitunter zu einem »schiefen Bild«.
So ist bei Menschen mit Klinefelter-Syndrom (S. 122), die in Einrichtungen für Menschen mit geistiger Behinderung leben, die Intelligenzminderung relativ häufig; wird die Diagnose aber bei Untersuchung wegen eines anderen Symptoms, der Infertilität, gestellt, findet man fast nur Männer mit normaler oder überdurchschnittlicher Intelligenz.
Anomalien oder Fehlbildungen sind eine Folge von Entwicklungsstörungen. Sie entstehen während der Embryogenese, im ersten Drittel der Schwangerschaft, durch genetische, chromosomale, exogene oder multifaktorielle Ursachen. Als primäre Fehlbildungen bezeichnet man abnorme Anlagen von Organen oder Systemen; sie sind von Disruptionen (exogen bedingte Defekte) und Deformationen (mechanisch entstandene Verformungen) zu unterscheiden. Störungen der Histogenese (Gewebsdifferenzierung) führen zu Dysplasien mit einer abnormen zellulären Organisation.
Die Kombination von Anomalien ist Folge der Störung eines Entwicklungsfeldes, z. B. der medianen Gesichtsstrukturen (kraniofaciale Dysmorphie, oft verbunden mit Hirnfehlbildungen). Andere komplexe Entwicklungsstörungen sind Sequenzen, bei denen eine Ursache mehrere Abweichungen zur Folge hat (Potter-Sequenz bei Oligohydramnion durch Nierenagenesie, Robin-Sequenz bei Spaltbildung des Kiefers).
Bei der Zuordnung klinischer Syndrome müssen molekulargenetische und embryologische Zusammenhänge berücksichtigt werden, auch um zusätzlich vorhandene Abweichungen aufzuspüren. Aussagen zur Entwicklungs- oder Funktionsprognose werden davon bestimmt, wie genau und umfassend eine Diagnose ist.
Im Folgenden werden beispielhaft einzelne Syndrome geschildert, die bei Menschen mit ge...

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