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Theorie und Praxis der internationalen Wirtschaftsbeziehungen

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Theorie und Praxis der internationalen Wirtschaftsbeziehungen

About this book

Das Verständnis der Funktion und Wirkung internationaler Wirtschaftsbeziehungen ist gerade am global agierenden Wirtschaftsstandort Deutschland von zentraler Bedeutung. Technischer Fortschritt in der internationalen Logistik, moderne Kommunikationsmethoden und politische Entscheidungen zum weltweiten Abbau von Handelshemmnissen haben seit den 1990er Jahren eine rasante Entwicklung auf diesem Gebiet bewirkt. Das Lehrbuch vermittelt vor diesem Hintergrund praxisrelevantes Basiswissen, um das komplexe System der internationalen Wirtschaftsbeziehungen verstehen und in der betrieblichen Praxis anwenden zu können. Im Teil I werden die internationalen Güter- und Kapitalströme behandelt und im Teil II der globale Wettbewerb zwischen Industrie- und Aufsteigerländern.

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Information

Publisher
Kohlhammer
Year
2013
Print ISBN
9783170219038
eBook ISBN
9783170236097

Teil II: Globaler Wettbewerb der Staaten

4 Erfolgsfaktoren im Wettbewerb

4.1 Außenhandel und wirtschaftliche Entwicklung

(1) Gewinner und Verlierer im internationalen Handel

1. Entstehung der Globalisierung. Der Ost-West-Konflikt nach dem Zweiten Weltkrieg war der große Katalysator der internationalen Wirtschaftsbeziehungen. Die militärische Bedrohung durch die Sowjetunion und durch China führte zu verstärkter wirtschaftlicher Zusammenarbeit und zum Ausbau der Handelsbeziehungen zwischen den europäischen Staaten, den USA, Japan, Korea und Taiwan. Die USA öffneten den Verlierern des Zweiten Weltkriegs ihren Binnenmarkt, um ihnen beim Wiederaufbau ihrer Wirtschaft zu helfen. Die gleiche Hilfe erhielten Chinas Kriegsgegner Taiwan und Korea. Die USA stellten nach dem Zweiten Weltkrieg die Weichen für Freihandel und ihre Partner folgten ihnen: 1947 wurde das GATT gegründet, der Vorläufer der WTO, und in internationalen Verhandlungsrunden wurden weltweit die Zölle abgebaut. In Westeuropa entstand ein gemeinsamer Binnenmarkt. Der Handel zwischen den Industrieländern stieg steil an und weist auch aktuell ein noch größeres Volumen auf als der Handel zwischen Industrieländern und Schwellen- bzw. Entwicklungsländern.
Im wirtschaftlichen Aufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg führten alle Industrieländer große staatliche Investitionsprogramme durch, um ihre industrielle Standortqualität zu verbessern. Die USA machten den Anfang und starteten in den 1950er Jahren das National Interstate Program, um ein flächendeckendes Schnellstraßennetz zu schaffen, das den Warenaustausch zwischen den US-Bundesstaaten signifikant erleichtert. In den anderen Industrieländern erfolgten ähnliche Infrastruktur-Programme. Der internationale Flugverkehr nahm schnell zu: Die Einführung von Großraum-Flugzeugen erhöhte die Passagierzahlen und die Luftfracht-Tonnage sprunghaft. Großflughäfen entstanden. Ende der 1960er Jahre begann die Container-Schifffahrt und stimulierte den Welthandel durch wesentlich niedrigere Frachtraten: Zum ersten Mal in der Geschichte rechnete sich der Fernhandel mit Billigwaren.
Anfang der 1990er Jahre löste sich die Sowjetunion auf und die politische und wirtschaftliche Teilung Europas ging zu Ende. Nach einer Übergangsphase erfolgte die Osterweiterung der EU, welche die internationale Wettbewerbsfähigkeit von westeuropäischen Unternehmen nachhaltig stärkte: Jetzt waren Low-Cost-Industriestandorte als »verlängerte Werkbank« auf kurze Entfernung verfügbar, welche die Herstellkosten von europäischen Industriegütern verringerten. Hinzu kam die zusätzliche Nachfrage der neuen EU-Mitgliedsländer, in denen ein großer Nachholbedarf an Gebrauchsgütern bestand. Der Abbau von Handelshemmnissen in Europa wurde ergänzt durch den Ausbau der Verkehrswege. Das führte innerhalb von Europa zu einer schnellen Zunahme der Handelsströme.
Nach amerikanischem Vorbild investierten alle Industrieländer in die Entwicklung ihrer Humanressourcen. In Europa und in Japan sowie in den Tigerstaaten wurden die Oberschulen und die Hochschulen ausgebaut. Die Anzahl von Abiturienten und von Hochschulabsolventen stieg überall um das Mehrfache: Die prosperierende Industrie konnte die Ingenieure, Naturwissenschaftler und Betriebswirte rekrutieren, die sie benötigte. Die steigende Zahl von Hochschulabsolventen bewirkte in den Unternehmen einen großen Zufluss von technischem und betriebswirtschaftlichem Wissen. Das verstärkte den technischen Fortschritt und sorgte für eine größere betriebliche Effizienz. Die Produktivität der Unternehmen nahm stetig zu und die Stückkosten verringerten sich kontinuierlich. Gleichzeitig stiegen die verfügbaren Einkommen. Das führte dazu, dass seit den 1960er Jahren Gebrauchsgüter wie TV-Geräte, Kühlschränke, Waschmaschinen u. a. zur Grundausstattung aller Haushalte gehören.
Die Kombination von sinkenden Herstellkosten und abnehmenden Frachtraten bewirkte, dass der Welthandel in eine Globalisierung der Märkte überging. Die nationale Nachfrage ist seitdem nicht mehr auf das nationale Güterangebot und eine begrenzte Zahl von Importen beschränkt, sondern wählt aus dem weltweiten Angebot aus. Das hat einen internationalen Wettbewerb von Herstellern und Industriestandorten ausgelöst. Dabei ist die internationale Konkurrenzfähigkeit von nationalen Volkswirtschaften sichtbar geworden. Sie zeigt sich in der Entwicklung der Leistungsbilanzen und der Wechselkurse. Erfolgreiche Industrieländer erwirtschaften seitdem dauerhaft Leistungsbilanz-Überschüsse und vergrößern auf diese Weise ihren Anteil an Einkommen und Beschäftigung. Weniger erfolgreiche Länder verlieren seitdem Anteile: Seit dem Entstehen globaler Märkte in den 1990er Jahren gibt es Gewinner und Verlierer im internationalen Handel.
2. Gewinner des Welthandels. Japan war Ende des 19. Jahrhunderts das erste Aufsteiger-Land: Mit einem umfassenden staatlichen Modernisierungsprogramm konnte es zu den europäischen Industrieländern und zu den USA aufschließen. Nach dem Zweiten Weltkrieg machte die japanische Regierung den Außenhandel zum zentralen Instrument des Wiederaufstiegs: Der Staat gab die Ziele vor und die Großindustrie übernahm sie. Japans Großunternehmen erhielten eine umfangreiche staatliche Unterstützung, damit sie die festgelegten Ziele erreichen konnten. Korea übernahm das japanische Modell bis ins Detail. Taiwan hatte zuvor ein ähnliches Vorgehen gewählt, es verzichtete jedoch auf den Aufbau von Großunternehmen. Taiwan und Korea standen unter erheblichem Druck, ihre Wirtschaft zu entwickeln, um die großen Rüstungslasten im Konflikt mit China bzw. Nordkorea tragen zu können. Japan, Taiwan und Korea haben in den 1960er bzw. 1970er Jahren einen nationalstaatlichen Wettbewerb begonnen mit dem Ziel, ihr Einkommen und ihre Beschäftigung zu Lasten der traditionellen Industrieländer zu erhöhen. Damit hatten sie Erfolg.
China folgt aktuell diesem Beispiel. Das Reich der Mitte hat sich als politische und wirtschaftliche Großmacht zurückgemeldet nach einem nahezu 100-jährigen Konflikt mit den europäischen Kolonialmächten und mit Japan, einem Bürgerkrieg und den Wirren der Mao-Zeit. Seit den 1990er Jahren steuert Chinas Führung die wirtschaftliche Entwicklung des Landes mit weitgehend marktwirtschaftlichen Instrumenten. Der Neuaufbau der chinesischen Industrie erfolgte im Wesentlichen durch private ausländische Investoren. Es waren und sind vor allem Hongkong-, Taiwan- und Auslandschinesen, die im neuen Reich der Mitte zahllose Fabriken gebaut haben, später folgten ihnen Unternehmen aus Korea und Japan, zuletzt Investoren aus den USA und Europa. Mit preiswerten Waren Made in China wurden die größten Handelsströme aller Zeiten ausgelöst; sie dominieren weltweit das Marktsegment von Billigwaren. Dieser Erfolg im internationalen Wettbewerb wurde zum Motor von Chinas wirtschaftlichem Aufstieg.
In Indien hat der Anfang der 1990er Jahre vom IMF erzwungene Paradigmenwechsel der Wirtschaftspolitik ein veritables Wirtschaftswunder ausgelöst. Durch den Abbau der staatlichen Kontrollen über die Privatwirtschaft konnte die Jahrzehnte andauernde wirtschaftliche Stagnation überwunden und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum ausgelöst werden. Die traditionellen Industriebranchen haben in Indien – im Gegensatz zu China – mit erheblichen Engpässen zu kämpfen, mit einer unzulänglichen Infrastruktur und einer unzureichenden Energieversorgung. Das hat den Aufbau eines substantiellen Exportgeschäfts mit Industriegütern und den Ausgleich der chronisch defizitären Handelsbilanz bisher verhindert. Die indischen Exporte von industrieller Software und von Backoffice-Dienstleistungen waren hingegen sehr erfolgreich und haben das Image von Indiens Wirtschaft verbessert. Sie reichten jedoch nicht aus, um die chronisch defizitäre Leistungsbilanz des Subkontinents auszugleichen. Die indische Wirtschaft wächst ohne größere Impulse durch den Außenhandel. Die günstige wirtschaftliche Entwicklung wurde vor allem von der Liberalisierung der Binnenwirtschaft und von der wachsenden Nachfrage der großen indischen Mittelschicht ausgelöst.
3. Verlierer des Welthandels. Bisher ist kein Industrieland aus der 1. Liga abgestiegen, aber es gibt Länder, welche nach einer längeren Phase der Prosperität erkennbar zurückgefallen sind. Unter den Industrieländern haben Großbritannien und Italien eine solche Entwicklung durchgemacht. In Großbritannien fand im ausgehenden 18. Jahrhundert die Industrielle Revolution statt und bescherte dem Land die Spitzenstellung unter den Industrieländern. Das Vereinigte Königreich nutzte seine wirtschaftliche und militärische Stärke zur Eroberung seines Empire. Als es nach 150 Jahren abrupt zu Ende ging, hatte das gravierende Folgen für die britische Industrie: In den jahrzehntelangen sozialen Konflikten der Nachkolonialzeit ging etwa die Hälfte der industriellen Arbeitsplätze dauerhaft verloren. Die Wirtschaftsreformen von Margaret Thatcher in den 1980er Jahren konnten die De-Industrialisierung der britischen Wirtschaft stoppen, die Verluste industrieller Arbeitsplätze in den 1960er und 1970er Jahren konnten bis heute jedoch nur teilweise ausgeglichen werden. Die britische Wirtschaft verfügt seitdem über eine chronisch defizitäre Handelsbilanz und ist abhängig vom Erfolg der Finanzbranche der Londoner City.
Italien besteht wirtschaftlich aus zwei Ländern: aus einem industrialisierten Norden und einem wirtschaftlich gering entwickelten Süden. Die Industrie Norditaliens verzeichnete nach 1945 ein Miracolo Economico, das bis in die 1970er Jahre andauerte. Danach geriet sie durch die fortschreitende Integration der EU zunehmend in Schwierigkeiten. Anfänglich war die italienische Industrie dem neuen Wettbewerb durch das niedrigere heimische Lohnniveau gewachsen. Letzteres glich sich jedoch zunehmend an und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der italienischen Industrie konnte nur durch fortgesetzte Abwertungen der italienischen Währung aufrechterhalten werden. Seit der Einführung des Euro ist das nicht mehr möglich und die italienische Wirtschaft stagniert seitdem. Italiens Leistungsbilanz ist defizitär: Die große Tourismusbranche des Landes kann das Defizit nicht ausgleichen. Im Gegensatz zu Großbritannien sind in Italien die notwendigen Wirtschaftsreformen bisher ausgeblieben.
Als weiteres Beispiel kann Argentinien, die zweitgrößte Wirtschaft Südamerikas, angeführt werden. Das Land erlebte zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine stürmische Wachstumsphase aufgrund von hohen Agrarexporten nach Europa. Das BIP pro Kopf stieg auf europäisches Niveau und seine Hauptstadt Buenos Aires wurde zu einer Weltstadt. Die Weltwirtschaftkrise von 1929 stoppte den wirtschaftlichen Aufstieg Argentiniens, weil seine Exporte einbrachen. Nach dem Zweiten Weltkrieg führte die überzogene Sozialpolitik der Peron-Regierung zu einem erneuten wirtschaftlichen Einbruch und zu einer langanhaltenden innenpolitischen Instabilität. Das Ergebnis davon ist eine wirtschaftliche Stagnation, die 2002 zu einer Zahlungsunfähigkeit des Landes führte. Argentinien beteiligt sich am Welthandel nur mit seinen Agrarprodukten und deshalb wird seine Wirtschaft vom Auf und Ab der Weltmarktpreise für Sojaschrot, Weizen und Rindfleisch bestimmt. Aktuell haben die hohen Agrarpreise und die gestiegenen Agrarexporte nach China die wirtschaftliche Situation des Landes stabilisiert.
Die Wirtschaft von Entwicklungsländern besteht noch überwiegend aus der Landwirtschaft. Diese wird nicht nur von meist schwierigen klimatischen Bedingungen erschwert, sondern auch von den Agrarexporten aus Industrie- und Schwellenländern, welche die lokalen Produzenten unterbieten und in Schwierigkeiten bringen. Hinzu kommt, dass ein großer Teil der lokalen Produktion von Hausgeräten und Bekleidung in Dritte-Welt-Ländern noch handwerklich oder in Kleinbetrieben erfolgt. Diese lokale Güterproduktion wird durch Importe von chinesischen Billigwaren und von europäischer Secondhand-Bekleidung zunehmend verdrängt.1 In Entwicklungsländern bringt der freie Welthandel die Güterherstellung für die eigene Versorgung immer mehr in Schwierigkeiten. Verfügen sie über Bodenschätze, so gelangt meist nur ein Teil der Exporterlöse in die Staatshaushalte, weil sich die Clans des Präsidenten einen Teil davon aneignen und privat verwenden. Dritte-Welt-Länder haben aus der Teilnahme am internationalen Handel kaum Vorteile, denn sie sind dem internationalen Wettbewerb nicht gewachsen. Sie sind die Verlierer der Globalisierung.

(2) Bestimmungsfaktoren nationalstaatlicher Wettbewerbsfähigkeit

1. Wirtschaftlicher Aufstieg Europas. Zu Beginn der Neuzeit verfügten vier Weltregionen über ein vergleichbares kulturelles und technisches Niveau: China, das indische Mogul-Reich, das Osmanische Reich und Europa. Die ersten drei Großreiche wurden absolutistisch regiert und waren weitgehend statische Gesellschaften. In Europa bestand hingegen Wettbewerb und Warenaustausch unter den Königreichen, Fürstentümern und freien Städten. Mit der Entdeckung Amerikas verschärfte sich der Konkurrenzkampf der Einzelstaaten um die Vorherrschaft zur See und den Fernhandel. Spanien und Portugal teilten Südamerika unter sich auf. Englands Flotte kaperte spanische Schiffe, die mit Gold und Silber aus Südamerika nach Spanien unterwegs waren. Auch das deutsche Handelshaus der Welser beteiligte sich an der spanischen Kolonisierung Südamerikas. Die Reichtümer aus Übersee verstärken die Aufbruchsstimmung in Europa. Der Protest eines einzelnen Mönches gegen die mächtige katholische Kirche hatte Signalwirkung und wuchs zu einer Reformationsbewegung an, die halb Europa erfasste. In Europa war eine neue Zeit angebrochen.
Der Wettbewerb der europäischen Staaten entlud sich in regelmäßigen militärischen Auseinandersetzungen. Aus der Rückschau waren die Zerstörungen der Kriege jedoch geringer als die Aufbauleistungen durch den Wettbewerb. Die Einzelstaaten standen unter Druck, ihre wirtschaftlichen Ressourcen zu entwickeln, um im politischen und militärischen Konkurrenzkampf bestehen zu können. Diese nationale Konkurrenz wurde zum Treiber eines gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritts, der in die Industrielle Revolution mündete und Europa einen substantiellen technischen und wirtschaftlichen Vorsprung verschaffte. Das versetzte Europas Nationalstaaten in die Lage, ab dem 17. Jahrhundert große Kolonialreiche zu erobern. Im 19. Jahrhundert hatten die europäischen Kolonialmächte die halbe Welt unter sich aufgeteilt.
Betrachtet man die wirtschaftlichen Entwicklungen, welche die europäischen Länder seit dem Mittelalter vollzogen haben, dann zeigen sich große Gemeinsamkeiten: Eine ertragreiche Landwirtschaft und der Abbau von Bodenschätzen forcierten den Aufbau des Handwerks. An Flüssen und an der Küste entstanden Städte, auf deren Märkten Waren aus dem Umland gehandelt wurden und die zu Zentren des Handwerks und später der Industrie wurden. Hier entstanden auch Oberschulen und Universitäten, die Schüler und Studenten aus den umliegenden Regionen und anderen Ländern aufnahmen. Europas Städte wurden zum Motor von technischem Fortschritt und Handel. Beide standen in einem engen Zusammenhang, denn neuartige Güter bedeuteten einen Wettbewerbsvorteil und führten zu einer Ausweitung des Handels. Die Industrielle Revolution schuf die Produktionsform der Fabrik. Das verstärkte das Wachstum der Städte, denn die großen Produktionsmengen machten es für Zulieferunternehmen attraktiv, sich in räumlicher Nähe ihrer Abnehmer anzusiedeln. Es bildeten sich Industriecluster. Die nationalen Volkswirtschaften wurden in zunehmendem Maß von der Eigendynamik dieser industriellen Ballungsräume geprägt.
Während in Europa der Aufstieg vom Agrar- und Handwerksland zum Industrieland mehrere hundert Jahre dauerte, konnten die USA diese Entwicklung innerhalb von weniger als 100 Jahren vollziehen: Eine ertragreiche Landwirtschaft, ergiebige Rohstoffvorkommen und beständig zunehmende Humanressourcen sorgten für eine stabile Eigendynamik der wirtschaftlichen Entwicklung. Japan vollzog den Aufstieg zum Industrieland im Zeitraffer. Die staatlich verordnete »Revolution von oben« verfolgte das Ziel, den wirtschaftlichen und technischen Rückstand des Landes gegenüber Europa und den USA in möglichst kurzer Zeit aufzuholen. Das gelang binnen 50 Jahren und dabei wurden die Erfolgsfaktoren für die Herstellung eines nachhaltigen wirtschaftlichen Wachstums deutlich: Der Staat besitzt eine zentrale Rolle für die Entwicklung der Human- und Kapitalressourcen seines Landes. Durch staatliche Investitionen werden die Voraussetzungen für private geschaffen. Der Ausbau des Bildungssystems erhöht die Arbeitsproduktivität und sorgt für einen kontinuierlichen technischen Fortschritt, der die Kapitalproduktivität ansteigen lässt. Die steuernde Rolle des Staates sorgt für ein endogenes Wirtschaftswachstum, das sich aus der Modernisierung der Wirtschaft speist. Eine kompetente Wirtschafts- und Ressourcenpolitik bestimmt die internationale Wettbewerbsfähigkeit eines Landes.
2. Porter-Modell. Eine bekannte Systematisierung der Bestimmungsfaktoren der wirtschaftlichen Entwicklung und der internationalen Wettbewerbsfähigkeit eines Landes stammt von Michael E. Porter.2 Es ist kein Zufall, dass ein Wirtschaftswissenschaftler, der sich mit Publikationen über strategisches Management und Wettbewerb einen Namen gemacht hat, auch eine Untersuchung vorgelegt hat, welche die relevanten Treiber von wirtschaftlicher Entwicklung und dem Wettbewerb von Ländern zum Gegenstand hat. Die Parallelen zwischen den beiden Themenbereichen sind evident: Ein Unternehmen und eine nationale Volkswirtschaft entwickeln sich vor allem dann erfolgreich, wenn sie über leistungsfähige Kernbereiche verfügen, mit denen sie im internationalen Wettbewerb bestehen können: Innovative Produkte und eine effiziente Wertschöpfung gewähren einem Unternehmen substantielle Konkurrenzvorteile und das Gleiche gilt auch für eine Volkswirtschaft.
Für Michael Porter gibt es für die Entwicklung eines Landes...

Table of contents

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Vorwort
  6. Teil I: Mechanismen und Treiber des Welthandels
  7. Teil II: Globaler Wettbewerb der Staaten
  8. Anmerkungen und Literatur
  9. Stichwortverzeichnis