Gemeindehaushaltsrecht Baden-Württemberg
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Gemeindehaushaltsrecht Baden-Württemberg

Neues Kommunales Haushalts- und Rechnungswesen mit Kassen- und Prüfungsrecht

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Gemeindehaushaltsrecht Baden-Württemberg

Neues Kommunales Haushalts- und Rechnungswesen mit Kassen- und Prüfungsrecht

About this book

Die Reform des Gemeindehaushaltsrechts bringt grundlegende Neuerungen für das Haushalts-, Rechnungs-, Kassen- und Prüfungswesen der Kommunen in Baden-Württemberg. Dieses Fachbuch ist eine Praxishilfe für Mitarbeiter der Kämmereien, Rechtsaufsichtsbehörden sowie für Gemeinderäte. Zugleich eignet es sich für Lehrende und Studenten in der Aus- und Fortbildung. Die wesentlichen Punkte der Planung, des Vollzugs, des Jahres- und Gesamtabschlusses sowie der Prüfung werden aufgegriffen. Prozessbeschreibungen, Schaubilder und Buchungssätze sichern eine anschauliche Darstellung."Das Werk kann den Gemeinderäten, der Kämmerei, allen übrigen Verwaltungsmitarbeitern sowie den Rechnungsprüfern nur mit Nachdruck empfohlen werden (- und nicht nur denen aus Baden-Württemberg)!" Prof. Dr. Martin Richter, Universität Potsdam, 2010

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Information

Publisher
Kohlhammer
Year
2011
eBook ISBN
9783170283121
Edition
1
Topic
Law
Subtopic
Public Law
Index
Law

1 Zur Reform des Gemeindehaushaltsrechts

1.1 Das Reformgesetz: Geltungsbeginn, Geltungsbereich, Evaluierung

Mit dem Gesetz zur Reform des Gemeindehaushaltsrechts vom 4. Mai 20091, wodurch in erster Linie die Vorschriften der Gemeindeordnung (GemO) zur Haushaltswirtschaft geändert und jene zum Prüfungswesen angepasst werden, sowie die auf Grundlage der GemO neu erlassenen Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO) und Gemeindekassenverordnung (GemKVO) vom 11. Dezember 20092 wird das Neue Kommunale Haushaltsrecht (NKHR) für die Kommunen Baden-Württembergs eingeführt. Die Reform basiert auf empfohlenen Musterentwürfen, die von der Innenministerkonferenz am 21. November 2003 beschlossen wurden.3 Dieser Beschluss soll sicherstellen, dass bundesweit die Grundzüge der Einheitlichkeit des kommunalen Haushaltsrechts und damit die interkommunale Vergleichbarkeit gewahrt sowie finanzstatistische Anforderungen erfüllt werden.
Nach Artikel 13 des Gesetzes ist bis spätestens zum Haushaltsjahre 2016 auf das neue Recht umzustellen. Bis zur Umstellung gelten die bisherigen Regelungen für die kameralistische Haushaltswirtschaft weiter. Wer früher umstellt, kann bis zum Haushaltsjahr 2015 eine Vergünstigung bei der Haushaltsausgleichsregelung in Anspruch nehmen. Der nach dem neuen § 95a GemO geforderte Gesamtabschluss ist abweichend davon frühestens erst ab dem Haushaltsjahr 2018 aufzustellen.
Die vor Inkrafttreten des Gesetzes für die freiwillige Einführung der Kommunalen Doppik erteilten Ausnahmegenehmigungen nach der Experimentierklausel (§ 146 GemO a. F.) galten letztmalig für das Haushaltsjahr 2009. Ausnahmsweise kann das zuständige Regierungspräsidium die Genehmigungen für das Haushaltsjahr 2010 verlängern.
„Soweit die Kommunen bis zum Inkrafttreten des Reformgesetzes bereits mit der Bewertung ihrer Vermögensgegenstände begonnen haben und dabei die zum Bewertungszeitpunkt zur Verfügung stehenden Leitlinien zur kommunalen Kostenrechnung in Baden-Württemberg und die Referentenentwürfe des Innenministeriums vom Januar 2005 und August 2005 einschließlich Ihrer Fortschreibung sachgerecht zugrunde gelegt haben, besteht für die durchgeführten Bewertungen Vertrauensschutz.“4
Außer für die Gemeinden gilt das Gesetz zur Reform des Gemeindehaushaltsrechts auf der Grundlage bestehender gesetzlicher Verweisungen auch für die Landkreise, die Gemeindeprüfungsanstalt, den Kommunalen Versorgungsverband Baden-Württemberg, den Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg, die Region Stuttgart, die Regionalverbände und die Nachbarschaftsverbände. Des Weiteren ist es von den Eigenbetrieben und Zweckverbänden anzuwenden, die wahlweise nicht die handelsrechtliche kaufmännische Buchführung eingeführt haben.
Die Auswirkungen der Reform des kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens werden spätestens nach Ablauf des Haushaltsjahres 2017 durch das Landesinnenministerium unter Mitwirkung der kommunalen Landesverbände überprüft (Artikel 13 Abs. 7).

1.2 Die Steuerungskonzeption des neuen Rechnungswesens

Die Reform des Gemeindehaushaltsrechts verfolgt folgende Zielsetzungen:5
  • Die Kameralistik basiert auf einer geldvermögensorientierten Darstellung über Einnahmen und Ausgaben. Die Veränderung des Geldvermögens ergibt sich hierbei aus einer Veränderung des Zahlungsmittelbestands durch Ein- und Auszahlungen (Anordnungs-Soll = Zahlungs-Ist) zuzüglich der Veränderung von Kassenresten aus fällig gestellten Forderungen und Verbindlichkeiten (Differenz aus Anordnungs-Soll und niedrigerem Zahlungs-Ist). Der wertmäßige Bestand wird in der Geldvermögensrechnung ausgewiesen. Das Nichtgeldvermögen bleibt – mit Ausnahme kostenrechnender Einrichtungen (u. a. Gebührenhaushalte) – unberücksichtigt. Die Reform setzt nun an die Stelle dieser vorrangig zahlungsorientierten Teilsicht ein Rechnungssystem, das den Bestand und die Veränderung des gesamten Vermögens – dies umfasst alle zur Verfügung stehenden Ressourcen (neben den Zahlungsmitteln auch Sach- und sonstiges Finanzvermögen) und deren vollständige Finanzierung durch eigenes Kapital oder Verbindlichkeiten – darstellt. Die entscheidenden Veränderungsgrößen sind hier Ertrag (Ressourcenmehrung) und Aufwand (Ressourcenverbrauch), die im neuen Ergebnishaushalt verbucht werden. Zusätzlich wird die zahlungsorientierte Sicht über Ein- und Auszahlungen im neuen Finanzhaushalt abgebildet. Der Fokus beim Haushaltsausgleich liegt zukünftig nicht mehr auf den Einnahmen und Ausgaben, sondern auf den Erträgen und Aufwendungen. Dieses Ressourcenverbrauchskonzept entspricht dem Prinzip der intergenerativen Gerechtigkeit, wonach jede Generation die von ihr verbrauchten Ressourcen selbst wieder ersetzen und keine Lasten einseitig in die Zukunft verschieben soll.
  • Die bisherigen kameralen Ausgabeermächtigungen mit – häufig tief gegliederten – Haushaltsstellen werden auf der neuen Teilhaushalts- und Budgetebene (in etwa vergleichbar mit den bisherigen Einzelplänen oder Unterabschnitten) ersetzt durch nach Aufwandsarten und Auszahlungsarten gegliederte Budgetermächtigungen, die zumindest budgetintern weitgehend deckungsfähig sind. Die Teilhaushalte sind produktorientiert zu bilden, so dass produktbezogene messbare Leistungsziele beigefügt werden können. Damit tragen die Budgetverantwortlichen zugleich die Produktverantwortung, was dem Prinzip einer einheitlichen Fach- und Ressourcenverantwortung entspricht. Dies soll eine output- bzw. produktorientierte Steuerung der Verwaltung ermöglichen. Als Ergänzung zur bisher lediglich anlassbezogenen Unterrichtung des Gemeinderats ist dieser nunmehr unterjährig obligatorisch über die Erreichung der Finanz- und Leistungsziele zu unterrichten.
  • Als neues Rechnungssystem wird die kommunale doppelte Buchführung (kommunale Doppik) eingeführt. Für sie sind die im Handelsrecht geltenden Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung unter Berücksichtigung der besonderen gemeindehaushaltsrechtlichen Bestimmungen maßgeblich. Eine Wahlmöglichkeit für die erweiterte Kameralistik, mit der die beiden vorgenannten Zielsetzungen durch zusätzliche Neben- bzw. Abgrenzungsrechnungen auch erreicht werden könnten, besteht nicht. Auf die Option wurde verzichtet, da sich die Rechnungsergebnisse der beiden Systeme nicht vollständig angleichen lassen und damit interkommunale Vergleiche sowie die Aufstellung einer einheitlichen Finanzstatistik erschwert würden. Ebenso wenig wäre aus diesem Grund die Erstellung eines Gesamtabschlusses möglich.
  • Um ein Gesamtbild der kommunalen Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage einschließlich der „ausgelagerten“ Bereiche zu erhalten, wird der Jahresabschluss nach dem NKHR für den Kernhaushalt (auch Kämmereihaushalt genannt) der Gemeinde mit den Abschlüssen der von ihr beherrschten und abhängigen Unternehmen und Einrichtungen mit eigener Rechnungsführung in einem Gesamtabschluss zusammengeführt (konsolidiert). Das ist mit Einführung des NKHR möglich, weil ab diesem Zeitpunkt alle zu konsolidierenden Einheiten die Doppik nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger kaufmännischer Buchführung – unter Beachtung spezifischer, sich aus dem jeweiligen Rechtskreis ergebener Abweichungen – eingerichtet haben.
System
Bewegungsrechnung (Mehrung/Verbrauch)
Bestandsrechnung
Einnahmen/Ausgaben
(Veränderung des Geldvermögens)
Ertrag/Aufwand
(Veränderung des Gesamtvermögens)
Leistung/Kosten
(Veränderung des betriebsbedingten Vermögens)
Einzahlungen/Auszahlungen
(Veränderung des Zahlungsmittelbestands)
Fällig gestellte Forderungen/
Verbindlichkeiten
(Veränderung der Kassenreste)
Kameralistik
(bisheriges Recht)
Verwaltungs- und Vermögenshaushalt, Jahresrechnung
(Soll = Ist)
Verwaltungs- und Vermögenshaushalt, Jahresrechnung
(Δ Soll – Ist)
Nur kostenrechnende Einrichtungen
(u. a. Gebührenhaushalte)
Geldvermögensrechnung (nur freiwillig Vollvermögensrechnung), Anlagennachweise kostenrechnender Einrichtungen
Erweiterte Kameralistik
Verwaltungs- und Vermögenshaushalt, Jahresrechnung
(Soll = Ist)
Verwaltungs- und Vermögenshaushalt, Jahresrechnung
(Δ Soll – Ist) ⇒ Aufnahme in die Vollvermögensrechnung
Ermittlung durch Abgrenzung von Einnahmen/Ausgaben
Ermittlung durch Abgrenzung von Einnahmen/Ausgaben, Produktinformationen
Vollvermögensrechnung
NKHR-Doppik
Finanzhaushalt, Finanzrechnung
Abbildung in der Vermögensrechnung
Ergebnishaushalt, Ergebnisrechnung...

Table of contents

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Vorwort
  6. Abbildungsverzeichnis
  7. Abkürzungsverzeichnis
  8. Literaturverzeichnis
  9. 1 Zur Reform des Gemeindehaushaltsrechts
  10. 2 Haushaltsplanung
  11. 3 Haushaltsausführung
  12. 4 Jahresabschluss
  13. 5 Erste Eröffnungsbilanz
  14. 6 Gesamtabschluss
  15. 7 Steuerpflichten kommunaler Leistungen des Kernhaushalts
  16. 8 Prüfungswesen
  17. 9 Aufstellung, Feststellung und Bekanntgabe von Jahresabschluss und Gesamtabschluss
  18. 10 Abschließende Bemerkungen und Ausblick
  19. Stichwortverzeichnis