Feministische Bibelwissenschaft im 20. Jahrhundert
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Feministische Bibelwissenschaft im 20. Jahrhundert

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About this book

Der Band führt eine innovative und kritische Konzeption der Bibelwissenschaft bis in die Gegenwart weiter, die mit der Frauenbewegung begann. In den einzelnen Beiträgen wird der Schlüsselbegriff "Feminismus" nicht im engeren Sinn von Frauen- oder Geschlechterforschung verstanden, sondern er benennt performativ unterschiedliche soziokulturelle und theoretisch-religiöse Standorte. "Feministisch" umfasst gender- und befreiungstheologische, postkoloniale, queere und interreligöse Forschungen und viele andere patriarchatskritische Perspektiven. Das Thema "Frauen und Bibel" wird zwischen den internationalen Frauenbewegungen und der akademischen Erforschung biblischer und anderer heiliger Texte situiert.

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Information

1. Eine Karte feministischer Bibelwissenschaften auf dem Globus zeichnen

Bewegung und wissenschaftliche Anfänge: Die feministische Bibelwissenschaft in den 1970er Jahren in den Vereinigten Staaten

Judith Plaskow
Manhattan College
Die Geschichte der feministischen Bibelwissenschaft in den 1970er Jahren in den Vereinigten Staaten ist untrennbar mit der Geschichte der feministischen Bewegung insgesamt verbunden. Ihre Entstehung war Folge und Ausdruck des neuen Bewusstseins, das in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren aufkam, als Frauen anfingen, ihre tradierten Rollen in Familie, Gesellschaft, Politik und Religion zu hinterfragen. Auf bewusstseinsbildenden Treffen in Kleingruppen begannen Frauen, Aspekte ihres Lebens zu ergründen und zu analysieren, die sie zuvor für selbstverständlich gehalten hatten. Während sie allmählich einen Zusammenhang zwischen ihren individuellen Erfahrungen und den größeren institutionellen Strukturen herstellten, von denen sie geformt und klein gehalten wurden, begannen FeministInnen die unzähligen Strukturen zu benennen und zu hinterfragen, mittels deren die genderrollenspezifische Sozialisation erzwungen und die männliche Dominanz perpetuiert wurde. Biologie war kein Schicksal; die Unterordnung der Frauen war nicht unvermeidlich. Sie war ein Produkt sozialer Prozesse, die untersucht und verstanden und demnach auch aufgehalten und verändert werden konnten. Es ist schwierig, die aufgeregte, energiegeladene, festliche, zornige, erschrockene und zutiefst hoffnungsvolle Stimmung zu beschreiben, die diese Erkenntnisse begleitete. Plötzlich wurden soziale Arrangements in Frage gestellt, die jahrtausendelang in Kraft gewesen waren. Nichts war von der kritischen Befragung ausgenommen; alles war möglich.1

1. Erste Rufe nach Veränderung

Angesichts der wichtigen Rolle, die religiöse Institutionen, Texte und Symbolsysteme bei der Schaffung und Rechtfertigung der männlichen Herrschaft spielen, betraf diese breit angelegte Kritik an kulturellen Ideologien und sozialen Strukturen unweigerlich auch die Religion. Während Frauen über Generationen hinweg ihre untergeordnete Stellung in Kirche und Synagoge schlicht als gegeben hingenommen hatten, wurde ihnen im Lauf der 1960 Jahre ihre Ausgrenzung zunehmend bewusst und zum Ärgernis. Zwei Bücher, die am Ende dieses Jahrzehnts veröffentlicht wurden, vermitteln einen Eindruck von der zornigen Energie der Frauen im akademischen und religiösen Bereich. Mary Dalys 1968 erschienenes The Church and the Second Sex war eine mitreißende Anklage an die Adresse der katholischen Kirche und ein kraftvoller Aufruf zur Veränderung. Darin legte Daly eine, wie sie selbst es nennt, „Sammlung von Widersprüchen“ vor, die bei der Bibel beginnt und sich durch die Moderne hindurch fortsetzt: eine Auflistung von Widersprüchen im Frauenbild der Kirche und eine Dokumentation des dadurch verursachten Schadens. Obwohl Daly selbst das Buch später als Artefakt einer vergangenen Ära abtat, deutet sich darin doch bereits die Schonungslosigkeit ihrer späteren Sprache an, wenn sie etwa die Kirche dazu aufruft, den Mythos des „Ewig-Weiblichen“ „auszutreiben“, oder wenn sie ihr vorwirft, sie habe den Beziehungen zwischen den Menschen und der Fähigkeit der Frauen, sich selbst zu verwirklichen, mit „teuflischen Verzerrungen“ geschadet.2 In Sarah Bentley Doelys 1970 erschienener Sammlung Women’s Liberation and the Church verfassten protestantische und katholische Autorinnen gemeinsam „ein schriftliches Testament und Zeugnis von Frauen, die in der christlichen Kirche von heute um ihre Freiheit kämpfen“. Kapitel für Kapitel beschrieb der Band die Unterordnung der Frauen in der christlichen Praxis und Theologie und sprach „ein unmissverständliches ‚Nein‘ zu den [derzeitigen] Werten, Normen und Strukturen der Kirche“.3 Die vielleicht tiefsten Einblicke in die Stimmung der damaligen Zeit vermittelt Peggy Ways abschließender Beitrag „An Authority of Possibility for Women in the Church“. Die Autorität des Dienstamts der Frau, so Way, wurzele nicht in der Schrift, der Kirchengeschichte oder konfessionellen Strukturen, sondern dort, wo sich ihre eigene religiöse Erfahrung mit den genannten Realitäten überschneide.4 Wie viele Veröffentlichungen, die in den 1970er Jahren noch folgen sollten, stießen auch diese beiden Werke insofern an die für große Teile der frühen feministischen Analyse typischen Grenzen, als sie fast gänzlich von weißen Frauen verfasst waren, die Erfahrungen von Frauen vereinheitlichten und sich auf die genderbedingte Unterordnung konzentrierten, andere Achsen der Unterdrückung wie etwa die Ausgrenzung aufgrund von ‚Rasse‘, Klasse oder Sexualität hingegen außer Acht ließen. Gleichwohl bereiteten ihre bahnbrechenden feministischen Erkenntnisse nicht nur den Boden für spätere, komplexere Forschungen, sondern trugen auch dazu bei, sowohl in den religiösen Institutionen als auch in der akademischen Religionsforschung tiefgreifende Veränderungen herbeizuführen.

2. Das Aufkommen der feministischen Religionswissenschaften

Die 1970er Jahre waren ein ganz entscheidendes Jahrzehnt. Im Juni 1971 finanzierte das Alverno Research Center on Women am Alverno College in Milwaukee, Wisconsin, eine zweiwöchentliche Theologinnen-Konferenz, auf der 22 Theologinnen und Religionswissenschaftlerinnen verschiedener Konfessionen und akademischer Einrichtungen zusammenkamen, um die spirituellen und religiösen Erfahrungen von Frauen zu thematisieren. Für die Feministinnen, die bisher isoliert geforscht hatten, war dies nicht nur die erste Gelegenheit, die aufkommenden Ideen mit ihren Kolleginnen zu teilen und zu diskutieren – außerdem wurde auf dieser Konferenz auch die wichtigste Einzelentwicklung in der Geschichte der feministischen Religionswissenschaften initiiert.5 Etwa in der Hälfte der gemeinsam verbrachten Zeit beschlossen die Teilnehmerinnen, dass Frauen im Bereich der Religionsforschung einen Frauenausschuss brauchten, wie sie auch in den anderen Fächern nach und nach eingerichtet wurden. Carol P. Christ telefonierte mit Harry Buck, damals geschäftsführender Direktor der American Academy of Religion, und bat ihn um Berücksichtigung im Programm der Jahresversammlung 1971.
Die Frauen, die im November 1971 in Atlanta zum gemeinsamen Treffen der American Academy of Religion und der Society of Biblical Literature zusammenkamen, gründeten sowohl einen Ausschuss, der die politischen und beruflichen Belange von Akademikerinnen wahrnehmen sollte, als auch eine Arbeitsgruppe – die Working Group on Women and Religion –, um sich über die neuesten Forschungsansätze auszutauschen. Carol P. Christ (für die AAR) und Elisabeth Schüssler Fiorenza (für die SBL) teilten sich den Vorsitz des Frauenausschusses, und Mary Daly fungierte als erste Vorsitzende der Arbeitsgruppe. Der neue Ausschuss nominierte Christine Downing als Gegenkandidatin des einzigen männlichen Kandidaten für den Vorsitz der AAR – mit Erfolg: Sie wurde zur ersten Präsidentin der AAR gewählt. Rita Gross vermittelt einen Eindruck von der Bedeutung dieser Ereignisse:
Vor dem Treffen hatten vereinzelte, relativ junge und nicht etablierte Wissenschaftlerinnen darum gekämpft, zu definieren, was es hieß, über Frauen und Religion zu forschen, und zu zeigen, warum dies so wichtig war. Nach dem Treffen hatte sich ein starkes Netzwerk von Gleichgesinnten etabliert, und wir hatten damit begonnen, die AAR und die SBL auf unsere Anwesenheit und Agenda aufmerksam zu machen.6
Von da an folgten die Zusammenschlüsse, Ideen und Veranstaltungen Schlag auf Schlag. Im Juni 1972 trat in Grailville in Loveland, Ohio, eine zweite Konferenz zum Thema „Women Exploring Theology“ zusammen; diesmal war der Sponsor Church Women United. 63 Frauen, manche Akademikerinnen und viele im kirchlichen Dienst, trafen sich eine Woche lang zu Workshops, Gremien, liturgischen Feiern und Großgruppenerfahrungen. Für viele der anwesenden Frauen war diese Gelegenheit, gemeinsam mit anderen Frauen Fragen von tiefer persönlicher und beruflicher Bedeutung auf den Grund zu gehen, eine Erfahrung, die ihr Leben verändert hat. Eine Liste von Wörtern und Wendungen, die die Gemeinschaft auf einer ihrer letzten Großgruppensitzungen erstellt hat, zeugt sowohl von der Wirkung dieser Woche als auch von der Energie und Erregung dieses historischen Augenblicks:
Neue Bilder/Sprache, Engagement … sowohl/als auch, Yeah/Yeah … Tanz, Spontaneität, Freiheit, Ganzheit, Erfahrung als Basis, raus aus der Unterordnung … Autorität von innen, Übergang: Verwirrung Frustration, unsere eigene Macht erkennen, Erneuerung, Ausprobieren … Gott hat nicht nur meinen Kopf erschaffen, sondern auch meinen Arsch … Erdboden/energetisieren/beteiligen/erschaffen … Träume träumen, wiiiiiuuuu wuuuuschschschschsch (Klänge des Geistes) … Mitschöpferinnen der Wirklichkeit….7
Im November 1972 fanden auf dem Jahrestreffen der AAR/SBL die ersten Sitzungen der Working Group on Women and Religion statt. Wieder ist es schwierig, die Intensität dieser Sitzungen und die Ahnung der Teilnehmerinnen in Worte zu fassen, dass hier, in der Enge dieser Räume, die viel zu klein waren, um allen Interessierten Platz zu bieten, etwas Großes geschah und dass die Religionswissenschaften danach nicht mehr dieselben sein würden. Mary Daly legte den Entwurf ihres späteren Buchs Beyond God the Father vor, während andere so unterschiedliche Themen wie Abtreibung, Phallusverehrung, das Frauenbild in der altbuddhistischen Literatur oder die ethischen Aspekte der Frauenbefreiung ansprachen.8 Die Leiterinnen der Arbeitsgruppe luden Referentinnen aus einer Vielzahl religionswissenschaftlicher Forschungsbereiche ein, weil sie es als ihre Aufgabe ansahen, das gesamte Fach zu verändern. Und tatsächlich bewilligte das Planungskomitee der AAR der Working Group 1974 den Status einer Sektion – Sektionen waren etabliertere Arbeitsgruppen, denen bei der Planung eine größere Zahl von Sitzungen eingeräumt wurde –, den diese mit der Begründung beantragt hatte, dass sie sich mit der gesamten Themenpalette der AAR beschäftigen müsse. 1975 präsentierte das Eröffnungspodium der neuen Sektion Women and Religion die Methoden, die man in den vorangegangenen vier Jahren erarbeitet hatte, und rief zu einem Paradigmenwechsel auf: weg von einem androzentrischen Menschheitsmodell, in dem nur Männer das Menschliche repräsentieren, hin zu einem Modell, in dem Frauen und Männer „gleichermaßen Möglichkeiten des Menschseins und daher gleichermaßen Gegenstände der […] Forschung sind“.9
Zur selbe...

Table of contents

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Danksagung
  5. Inhaltsverzeichnis
  6. Einleitung
  7. 1. Eine Karte feministischer Bibelwissenschaften auf dem Globus zeichnen
  8. 2. Feministisch hermeneutische Räume von Religion schaffen
  9. 3. Anders lesen: Methoden der Interpretation
  10. 4. Für Veränderung und Umgestaltung arbeiten
  11. Bibliographie
  12. AutorInnen