Fidel Castro
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Fidel Castro

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Fidel Castro

About this book

White hope of the third world or inconsiderate despot? Fidel Castro, MĂĄximo LĂ­der of the Cuban revolution, polarises more than any other figure of the 20th century. He survived countless assassination attempts, the terms of ten US presidents and the fall of the Soviet Union. This biography shows how Castro was able to found and strengthen his charismatic rule amongst the conflict area of the superpowers, and to extend it into today despite several crises. Here, the author presents new sources and evaluates Spanish secondary literature for the first time, which lets Castro appear in a different light.

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Information

Publisher
Kohlhammer
Year
2014
eBook ISBN
9783170250758
Edition
1

1 Einleitung

Als der schwerkranke Fidel Castro am 24. Februar 2008 offiziell seine RegierungsĂ€mter abgab, hatte er insgesamt 49 Jahre und 55 Tage geherrscht und damit die Amtszeit von zehn US-PrĂ€sidenten und fĂŒnf GeneralsekretĂ€ren der KPdSU ĂŒberlebt. Dennoch nimmt der Kubaner unter den am lĂ€ngsten amtierenden StaatsoberhĂ€uptern des 20. Jahrhunderts nur den dritten Platz ein – hinter dem thailĂ€ndischen König Bhumipol Adulyadej und der britischen Königin Elisabeth II.
Unschlagbar ist Castro dagegen als Redner – diese Gabe bescherte ihm sogar einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde, als er am 26. September 1960 vor der Vollversammlung der UNO genau vier Stunden und 29 Minuten sprach. Seine lĂ€ngste Rede hielt er jedoch am 25. Februar 1998 vor dem Plenum der Nationalversammlung in Havanna. Erst nach sieben Stunden und 15 Minuten endete er mit seinem traditionellen Kampfruf ÂĄPatria o muerte, venceremos! (»Vaterland oder Tod, wir werden siegen!«)
»Seine Leidenschaft fĂŒr das gesprochene Wort ist fast magisch«, bemerkt der LiteraturnobelpreistrĂ€ger Gabriel GarcĂ­a MĂĄrquez (1927– 2014) ĂŒber seinen Freund; als Rhetoriker verfĂŒge er ĂŒber eine »erstaunliche VerfĂŒhrungskraft«, und
»nie hat man ihn eine dieser PappmachĂ©-Parolen der kommunistischen Scholastik aufsagen hören [
] Er ist der Antidogmatiker schlechthin, dessen schöpferische Fantasie sich an der Grenze zur HĂ€resie bewegt.«1
Castro hatte weder einen Redenschreiber noch einen Pressesprecher. Mit seinen Reden, die er ĂŒberwiegend frei und oftmals vor Hunderttausenden hielt, zog er das Publikum mĂŒhelos in seinen Bann. Es ist keine Anmaßung, wenn er selbst sagt: »Ich erinnere mich nicht daran, jemals vor einem Publikum gestanden zu haben, das einzuschlafen oder zu ermĂŒden drohte.«2 Das lag nicht nur an seiner rhetorischen Brillanz, sondern auch daran, dass seine Reden fĂŒr die kubanischen BĂŒrger eine der wichtigsten politischen Informationsquellen darstellten. Außerdem vermittelte Castro seinem Massenpublikum die Illusion einer aktiven Teilnahme. Bildhaft beschreibt Ernesto Che Guevara die charismatische Interaktion zwischen dem RevolutionsfĂŒhrer und seinen AnhĂ€ngern:
»Auf den großen öffentlichen Veranstaltungen lĂ€sst sich so etwas wie das Zusammenwirken zweier Stimmgabeln beobachten, deren Schwingungen sich im Redner fortsetzen. Fidels Dialog mit der Masse beginnt zu vibrieren, gewinnt zunehmend an IntensitĂ€t und erreicht ihre Klimax in einem abrupten, durch unseren Kampf- und Siegesruf gekrönten Finale.«3
Ein wirklicher Dialog fand allerdings nicht statt, Castro ging es vielmehr um Akklamation. Auch in kleinerer Runde war es hauptsĂ€chlich er, der sprach. Das erlebte beispielsweise Willy Brandt (1913–1992), der in seiner Eigenschaft als PrĂ€sident der Sozialistischen Internationale im Oktober 1984 von Castro in Havanna empfangen wurde. Der kubanische Staatschef »hĂ€lt lange Monologe und bietet ihm in sieben Stunden gerade einmal eine Tasse Kaffee an«, notiert Brandts Biograf Peter Merseburger.4
Das Charisma Fidel Castros – nicht nur als Redner – ist unumstritten. Auf den »Höchsten FĂŒhrer« der kubanischen Revolution – den LĂ­der MĂĄximo – trifft in besonderem Maße zu, was Max Weber in seinen herrschaftssoziologischen Schriften formuliert hat:
»Die charismatische AutoritĂ€t ist [
] eine der großen revolutionĂ€ren MĂ€chte der Geschichte, aber sie ist in ihrer ganz reinen Form durchaus autoritĂ€ren, herrschaftlichen Charakters.«5
Der kubanische Essayist IvĂĄn de la Nuez etwa sieht den LĂ­der MĂĄximo als eine Art »König Utopus, der ĂŒber ein Volk herrscht, das eine abstrakte und konkrete Einheit zugleich bildet.«6 TatsĂ€chlich machte Castro sein Volk der eigenen, absoluten Utopie untertan. »Wir haben keine andere Alternative, als zu trĂ€umen und weiterhin zu trĂ€umen«, sagt er im GesprĂ€ch mit dem nikaraguanischen RevolutionsfĂŒhrer TomĂĄs Borge (1930–2012).
»Wir trĂ€umen von der Hoffnung, eine bessere Welt zu verwirklichen, und dafĂŒr kĂ€mpfen wir [
] FĂŒr eine Utopie zu kĂ€mpfen bedeutet, sie teilweise schon zu verwirklichen.«7
Wenngleich Castro in seiner Weltanschauung soziale Gerechtigkeit verfocht und sich zuweilen als radikaler Demokrat darstellte – was ihn zunĂ€chst in Kuba, spĂ€ter besonders in der Dritten Welt zu einem HoffnungstrĂ€ger erhob –, so war sein Handeln doch despotisch. Daher könnte man ihn, der ungarischen Philosophin Ágnes Heller folgend, als einen »abstrakten Enthusiasten« bezeichnen, fĂŒr den Heroismus, Askese, MĂ€rtyrertum und Fanatismus charakteristisch sind. Den »abstrakten Enthusiasten« vergleicht Heller mit einem »Albatros der Grenzsituationen, dort kann er fliegen, im Alltagsleben kann er höchstens mĂŒhsam stolpern.«8 Beides hat der LĂ­der MĂĄximo immer wieder vor Augen gefĂŒhrt.
FĂŒr seine Gegner – zu denen auch ehemalige KampfgefĂ€hrten gehören – ist Castro schlichtweg ein Diktator. HĂ©ctor PĂ©rez Marcano, der Mitte der 1960er Jahre in Havanna lebte und als venezolanischer Guerillero in den Genuss von Castros Waffenhilfe kam, fĂ€llt ein bitteres Urteil:
»Fidel war einmal der geliebte Held; heute ist er ein Tyrann, der sich in die lateinamerikanische Tradition von Diktatoren wie Gómez, Somoza, Pinochet, Trujillo und Pérez Jiménez einreiht.«9
Doch von den genannten MilitĂ€rdiktatoren unterschied sich Castro schon Ă€ußerlich. Weder trug er deren typische Sonnenbrillen noch Ordenslametta an der Brust. Das Abzeichen des höchsten militĂ€rischen Rangs, den Castro als Oberbefehlshaber – Comandante en Jefe – einnahm, bestand lediglich aus einem fĂŒnfzackigen Stern auf schwarz-rotem Rhombus, dem 1973 noch Lorbeeren hinzugefĂŒgt wurden. Wesentlich sind jedoch zwei weitere Unterschiede: Castro kam nicht durch einen Staatsstreich, sondern durch eine von der Mehrheit der Bevölkerung getragene Revolution an die Macht, und er war der erste Herrscher in der Geschichte Lateinamerikas, der seine Macht nicht dazu nutzte, sich persönlich zu bereichern. Gabriel GarcĂ­a MĂĄrquez schreibt:
»Ich halte ihn fĂŒr einen der großen Idealisten unserer Zeit, und dies ist vielleicht seine grĂ¶ĂŸte Tugend, obwohl darin auch seine grĂ¶ĂŸte Gefahr bestand.«10
An der Art und Weise, wie er seine Ideen als Machthaber durchsetzte, wie er mit seinem politischen Sendungsbewusstsein auch ins Weltgeschehen eingriff, scheiden sich jedoch die Geister. Fidel Castro polarisiert wie kaum eine andere Figur der Zeitgeschichte.
FĂŒr Biografen stellt seine Person eine besondere Herausforderung dar. Bereits 1964 hatte der linke italienische Verleger Giangiacomo Feltrinelli eine Autobiografie Castros geplant, die bis zur Raketenkrise (oder Kubakrise) reichen sollte. ZunĂ€chst war er beeindruckt vom Redefluss des Comandante – »unser Mann redet wie ein Wasserfall, und um ihn zu unterbrechen, muss man brĂŒllen« –, dann aber verlor der Autor Castro »das Projekt trotz seiner Begeisterung aus dem Auge, denn er hat stĂ€ndig etwas anderes zu tun.«11
Der New York Times-Reporter Herbert Matthews, der 1969 die erste Castro-Biografie vorlegte, war mit einem anderen Problem konfrontiert:
»Es wird weder jetzt noch in Zukunft leicht sein, ihn zu erforschen. Fidel [
] ist ein Mann, der kaum zugelassen hat, dass man etwas Persönliches aus seinem Leben erfĂ€hrt.«12
FĂŒr ihre 1991 veröffentlichte Biografie durchforstete Georgie Anne Geyer nach eigenen Angaben 600 BĂŒcher und 700 Artikel, zusĂ€tzlich fĂŒhrte sie in 28 LĂ€ndern 500 Interviews – ohne allerdings mit Castro selbst sprechen zu können. In der Zeit vor seiner Krankheit stapelten sich im kubanischen Außenministerium jĂ€hrlich bis zu 300 Interview-Anfragen von internationalen Journalisten, doch nur wenigen war es vergönnt, den so glĂ€nzenden wie ausschweifenden Redner unter vier Augen zu treffen. Castro suchte sich seine GesprĂ€chspartner selbst aus, sie mussten ihm politisch genehm sein. Dazu gehörten Gabriel GarcĂ­a MĂĄrquez, der italienische Journalist Gianni MinĂ , TomĂĄs Borge und zuletzt der spanische Publizist Ignacio Ramonet. Ihnen vertraute Castro in zum Teil tagelangen GesprĂ€chen, die spĂ€ter als BĂŒcher erschienen, auch einige private Dinge an. Nur zwei Biografen wurde ein Ă€hnliches Privileg zuteil: dem New York Times-Reporter Tad Szulc, der 1961 die Invasion an der Schweinebucht auf die Titelseite seiner Zeitung gebracht hatte, und der brasilianischen Journalistin Claudia Furiati, die zuvor im Archiv des kubanischen Geheimdienstes ĂŒber den Mord an John F. Kennedy (1917–1963) recherchiert hatte.
»Das Privatleben«, sagt Castro zu Borge, »darf weder von der Werbung noch von der Politik instrumentalisiert werden, wie das in der kapitalistischen Welt geschieht, die ich so sehr verachte.«13 Jean-François Fogel und Bertrand Rosenthal, von 1987 bis 1992 als Journalisten in Havanna akkreditiert, merken dazu an:
»WĂŒrde man es wagen, einen Artikel ĂŒber das Privatleben Fidel Castros zu veröffentlichen, wĂ€re dies eine Tabuverletzung und zöge ein Arbeitsverbot in Kuba nach sich.«14
Castros strahlende personale Herrschaft stand also im Kontrast zu seiner PrivatsphÀre, die der Líder Måximo sorgsam im Schatten verbarg. Nicht ganz zu Unrecht folgert Geyer in ihrer Biografie:
»Das Fehlen von persönlicher Information, die aus Fidel einen Menschen und nicht nur einen Mythos machen wĂŒrde, ließ ihn unfassbar und somit allmĂ€chtig erscheinen.«15
Der Schriftsteller Norberto Fuentes wiederum, der Castros Freundeskreis angehört hatte, bevor er 1989 in Ungnade fiel und ins Exil flĂŒchtete, versuchte sich in der »ModalitĂ€t eines historischen Romans«, um dem »eigenen besessenen Streben nach Wahrheitstreue« gerecht zu werden. Doch in seiner opulenten, mit intimen Details aus dem Leben des Herrschers gespickten Autobiographie des Fidel Castro kommt er zu dem Schluss:
»Die wahre Geschichte des Fidel Castro verbirgt sich in einem Bereich, der vollkommen abgeschirmt ist und unter seiner absoluten Kontrolle steht, in seinem Gehirn.«16
In den letzten 40 Jahren ist weniger als ein Dutzend umfangreicher, grĂŒndlich recherchierter Castro-Biografien erschienen. Dazu zĂ€hlt das Werk des Journalisten Volker Skierka von 2001, das lange Zeit ĂŒber den deutschen Sprachraum hinaus richtungsweisend war. Seitdem gab es jedoch einige historische Wendepunkte – etwa Fidels MachtĂŒbergabe an seinen Bruder RaĂșl –, außerdem hat sich die Quellenlage verĂ€ndert. Immerhin drei Personen wurde inzwischen der Zugang zum Historischen Archiv des kubanischen Staatsrats gestattet, um dort einige der streng gehĂŒteten Dokumente, allesamt PrimĂ€rquellen der Revolutionsgeschichte, einzusehen. Dadurch gelang es der kubanischen Journalistin Katiuska Blanco, die widersprĂŒchliche Geschichte von Castros Ursprungsfamilie zu erhellen; die amerikanische Historikerin Julia Sweig konnte ansatzweise die bislang vernachlĂ€ssigte Rolle des stĂ€dtischen Untergrundkampfs gegen die Batista-Diktatur aufarbeiten; der kubanische Historiker Heberto Acosta war in der Lage, die zuvor kaum gewĂŒrdigte Etappe Castros im mexikanischen Exil zu rekonstruieren, die immerhin die Weichen fĂŒr die Revolution stellte. Sweig weist allerdings darauf hin, dass die unzĂ€hligen Briefe, OperationsplĂ€ne und militĂ€rischen Memoranda nicht katalogisiert seien und dass »all diese Dokumente im verschlossenen Archiv dem Publikum offiziell nicht zur VerfĂŒgung« stĂŒnden.17 Die Forschung zur kubanischen Revolution steckt also noch in den Kinderschuhen.
Auch das ist vor allem Castros Kontrolle geschuldet. Von Beginn an hielt der LĂ­der MĂĄximo das nationale Informationsmonopol ĂŒber alle relevanten Belange der Revolution. Ebenso verstand er seine spĂ€rlichen Selbstzeugnisse als eine politische Handlung: sie dienten der Rechtfertigung, der Verteidigung, manchmal auch dem Angriff gegen ideologische Positionen des Gegners. Dabei ließ sich der im Umgang mit den Medien Ă€ußerst versierte Castro nie das Heft aus der Hand nehmen. Den Text des langen Interviews, das er zwischen 2003 und 2005 mit Ramonet gefĂŒhrt hatte, redigierte er, in seinem Krankenbett, wie ein politisches VermĂ€chtnis. Dort gab er auch Blanco ein Interview, aus dem zwei autobiografische BĂ€nde entstanden, die Castro im Februar 2012 der Öffentlichkeit vorstellte. »Wir alle bangten um ihn, denn Fidel ist unsere Geschichte«, notiert Blanco im Vorwort.
»Ich erinnere m...

Table of contents

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. 1 Einleitung
  6. 2 Rebell
  7. 3 RevolutionÀr
  8. 4 Guerillero
  9. 5 LĂ­der MĂĄximo
  10. 6 Patriarch
  11. 7 AbkĂŒrzungsverzeichnis
  12. 8 Bibliografie
  13. 9 Anmerkungen